D0) N ® Q a [ m; . Dia, R y Bi. 2 AR v u bl A ner ABHANDLUNGEN DER MATHEM.-PHYSIKALISCHEN CLASSE DER KÖNIGLICH BAYERISCHEN AKADEMIE san WISSENSCHAFTEN. FUNFTER BAND, DIE ABHANDLUNGEN VON DEN JAHREN 1847— 49 ENTHALTEND. IN DER REIHE DER DENKSCHRIFTEN DER XXII. BAND. MÜNCHEN. AUF KOSTEN DER AKADEMIE. 18550. GEDRUCKT IN DER J. G. WEISS’scnuex BUCHDRUCKEREI. « FAN Li ‘ Di, f k -. re i . ar -R Pi wre ] h u % - n.43 j _ Pen\ i S Ai e Marvanoanın AU 2 De na 1er Beet ee ner fi ß WER metanaa aau varsoR 0 & a | Y NER mBarn .w un Inhalt des V Bandes Resultate des magnetischen Observaloriums in München während der dreijäh- rigen Periode 1843, 1844, 1845. Von dem Akademiker und Conserva- tor Lamont. Mit einer lithographirten Tafel. (Taf. I. des Bandes.) . Beiträge zur Kenntniss der Säugelhiere Amerika’s. Von dem Akademiker und Conservator Dr.\sAndr. Wagner. Erste Abtheilung. Mit 3 litho- graphirten Tafeln. (Taf. I. II. IV. des Bandes). . . » 2.2... Beschreibung des Skeletes von Gymnarchus nilotieus, nebst Vergleichung mit Skeleten formverwandter Fische. Von Prof. Dr. Mich. Pius Erdl, aus- serordentl. Mitgl. der Akademie. Mit einer lithographirten Tafel. (Taf. V. des Bandes.) . Ueber die Beslimmung der Brechungs- und Zerstreuungs- Verhältnisse ver- schiedener Medien. Von dem Akademiker Dr. ‚Steinheil und dem Prof. ‚Seidel. Beiträge zur Kenntniss der Säugelhiere Amerika's. Vom Akademiker Dr. ) Andr. Wagner. Zweite Abtheilung.. Mit 3 Tafeln. (Taf. VI. VI. VII. des Bandes.) Ä ee Fi: Urweltliche Säugethier-Ueberreste aus Griechenland. Beschrieben vom Aka- demiker Dr. .Andr. Wagner. Mit 4 Tafeln. (Taf. IX. X. XI. XII. des Bandes.) . BR ER ITEN Note über eine Eigenschaft der Reihen, welche discontinuirliche Functionen darstellen. Von Ph. L. Seidel... . . . R % Seite 119 209 233 269 333 379 IV Observationes eirca germinationem in Nymphaea et Euryale. Seripsit Z. ©. Treviranus, Prof. Bonn. Cum tabula lapidi incisa. (Taf. XIII. des Bandes.) Beiträge zur Kenntniss der Säugelhiere Amerika's. Vom Akademiker Dr. Andr. Wagner. Dritte Abtheilung. Mit einer Tafel. (Taf. XIV. des Bandes.) Bo 5}, ER Die ‘Muskel-Irritabilität. Von Dr. Z. Harless. Die fossilen Ueberreste gavialarliger Saurier aus der Lias- Formation in der kön. palaeontologischen Sammlung zu München. Beschrieben von Dr. ‚Andr. Wagner, ord. Mitgl. der Ak. Mit 8 Tafeln. (Taf. XV—XXII des Bandes.) . Beschreibung und Vergleichung der galvanischen Telegraphen Deutschlands, nach Besichtigung im April 1849. Feststellung der vortheilhaftesten Sy- steme. Angabe einer Verbesserung des Morse'schen Apparates. Von C. A. Steinheil, ord. Mitgl. der Ak. . Ueber den Zahnbau von Myliobates und dem verwandten Rochen Trikeras. Von Dr. Z. Harless. Mit 3 Kupfertafeln. (Taf. XXI. XXIV. XXV. des Bandes.) . PL ET e Ueber die Uebereinstimmung des Pygopterus lucius Agass. mit dem Archego- saurus Dechenii Goldf. Von Dr. @. Jäger, ausw. Mitgl. der Ak. Mit einer Tafel. (Taf. XXVI. des Bandes.) } Seite 395 405 481 511 607 841 877 ABHANDLUNGEN DER MATHEM.-PHYSIKALISCHEN CLASSE DER KÖNIGLICH BAYERISCHEN AKADEMIE mr WISSENSCHAFTEN. FÜNFTEN BANDES ERSTE ABTHEILUNG. IN DER REIHE DER DENKSCHRIFTEN DER XXIL, BAND. MÜNCHEN. 184%. AUF KOSTEN DER AKADEMIE. GEDRUCKT IN DER J. GEORG WEISS’scuex BUCHDRUCKEREI. VA9INUAaUVAHHA _ AU E a "Yr] a! u: a rn RE eV Pina De x ABEND VAHOZLIAMETHI-MAHTAMO ’ f Be FAMAINALER RE ERT u. f > ” p" ‘ 1 w pe * ni Hi KATAAHDRRAAELE. a0 EEG T aowad 111% ni axremnaaseuu an ara win" er za de ek ‚ABnHazaa Aa VaTZORmOR ER ratsam SERUHOUE Kuna BRETT TORONTO! .L mia MM FORMEN ABHANDLUNGEN DER MATHEM. - PHYSIKALISCHEN CLASSE DER KÖNIGLICH BAYERISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. FÜNFTEN BANDES ERSTE ABTHEILUNG. # Ran won “= rt ” ee er aa N a 2 Inhaäalk Resultate des magnetischen Obseryatoriums in München während der dreijährigen Periode 1843, 1844, 1845. Von dem Akade- j miker und Conseryator Lamont (mit einer lithographirten Tafel). . e 5 . A R & ‘ Beiträge zur Kenntniss der Säugethiere Amerika’s. Von Professor Dr. A. Wagner. Erste Abtheilung. (Mit drei lithographirten Tafeln.) . . . . c ® . . . . - Beschreibung des Skeletes von Gymnarchus niloticus nebst Verglei- chung mit Skeleten formyerwandter Fische. Von Professor Dr. M. P. Erdl, Adjunkt der anatomischen Sammlung des Staates. (Mit einer lithographirten Tafel.) , A E Seite 115 209 r lea Zelt: AE "noitolie aulrenugd nor unniehe. ei PN 7, mn land marsto sl zul. & A Resultate des magnetischen Observatoriums in München während der dreijährigen Periode 1843, 1844, 1845. Von dem Akademiker und Conservalor Lamont: Abhandlungen d. II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. V. Bd. ]. Abthl. 1 u =. = Resultate des magnetischen Observatoriums in München während der dreijährigen Periode 1843, 1844, 1845. Von J. Lamont, 1» Einleitung. Der ursprünglichen Bestimmung zufolge hätte mit Ende des Jahres 1842 die dreijährige Reihe magnetischer Beobachtungen, welche die britische und russische Regierung an verschiedenen Punkten ihrer europäischen und aussereuropäischen Gebietstheile haben ausführen lassen, und wodurch an mehreren anderen Stationen, namentlich an der hiesigen k. Sternwarte die Herstellung Corre- spondirender Beobachtungen veranlasst wurde, geschlossen werden sollen. Schon während des Verlaufes der Beobachtungen liess sich in- dessen voraussehen, dass die Resultate nur unvollständig den beab- sichtigten Zweck erfüllen würden, da überall ein Theil der Zeit mit Einrichtung der Anstalten, ein Theil wohl auch mit Ex- perimenten in Anspruch genommen wurde, insbesondere aber in 1* 4 Russland die Entfernung der Stationen und die Schwierigkeit der Communication zur Folge gehaht hatte, dass kaum der dritte Theil der beabsichtigten Arbeit hat ausgeführt werden können. In Anbetracht dieser Umstände wurde die Fortsetzung der Beobachtungen auf weitere drei Jahre zuvörderst durch die Ge- lehrten Englands und Russlands heschlossen, und ‘die brittische Regierung hat sich bei den übrigen theilnehmenden Staaten auf diplomatischem Wege dafür verwendet, dass sämmtliche Anstalten fortdauern sollten. Seine Majestät unser allergnädigster König hat sich bewogen gefunden, auch den Fortbestand des hiesigen Observatoriums wäh- rend der Periode 1843 — 1845 zu genehmigen. Die Resultate der in dieser Periode gemachten Beobachtungen beabsichtige ich in der gegenwärtigen ‚ Abhandlung darzustellen, nachdem ich vorher das Nöthige über Methoden und Instrumente entwickelt habe. 24 Variations- Instrumente. Was. die Instrumente im. Allgemeinen. betrifft, so ist ‚dasselbe System beibehalten worden, . welches ‚ich durch: vielfache ‘im Jahre 1841 und seitdem angestellte Versuche als das zweckmässigste erkannt habe: darnach werden Nadeln von ohngefähr 3 Zoll Länge (Big. 1) gebraucht, die in. der, Mitte einen’ runden ‚Spiegel, von»acht Linien Durchmesser‘ tragen und. an einen feinen, Ooconfaden, ‚auf- gehängt sind. Die Gehäuse schliessen luftdicht, ‚und ‚sind so eng, ‚dass der 5 Nädel nur ‚der ‚zu einer Bewegung von etwa‘ 10° nötbige Raum übrig..bleibt. , Das Letztere ist nach. meinen Versuchen eine wesent- liche‘ Bedingung und hat’ den Zweck, dem schädlichen Einflusse. von Luftströmungen ‚vorzubeugen, welche in jeder grössern Luft-Masse bei. Temperatur-W echseln entstehen. Das Gesagte, enthält Alles, was nötbig ist, um von dem. De- clinations-Instrument eine. Vorstellung ‚zu geben. Bezüglich auf. die Messung der Intensitäts-Variationen bemerke ich, dass ich. dazu eine Nadel ns (Fig.2) brauche, welche durch zwei symmetrisch beider- seits festgemachte, Magnete M,. M’‘ unter einem Winkel von ohnge- fähr 52° vom magnetischen Meridian abgelenkt gehalten wird. Die fixen Ablenkungs-Magnete haben eine ‚Temperatur-Compensation; jeder besteht nämlich aus zwei Magneten (Fig. 3) N S und N’ S“, welche ihre Nordpole in N und. N’ haben, so dass, wenn die magnetischen Momente mit M und m,, die Temperatur-Coeflicienten mit @ und; «die Temperatur. mit £ bezeichnet werden, das Moment des Systems — M — m — («e.M — e' m) t wird, mithin. die Temperatur keinen Einfluss, hat, wenn «@ M — «' m —.o ist. ‚Bei dem vom 19. März 1843 an gebrauchten Magneten ‚ergab sich für den Ben = -+.0,00000194,, und ‚für den andern — + 0,00000429 d. h. beide waren etwas übercompensirt. ‘Die damach nöthige Correction von — 0,0139 '"Theilstrichen des Instrumentes für jeden Grad Temperatur-Brhöhung habe ich nicht für nöthig 'ge- halten, in Rechnung zu bringen. einen Am Anfange der dreijährigen Periode, wovon die Resultate bier mitgetheilt werden sollen, habe ich auch ein Instrument aufge- stellt, um die bis dahin nicht berücksichtigten Variationen des dritten Elements, der Inclination, zu beobachten, uud dazu nach Lloyds Prinejp die. Induction weicher, Eisenstäbe gebraucht: die besondere Weise, ja, weleher ich dieses Prineip. angewendet habe, zeigt 6% Fig. 4. Eine Nadel, deren‘ senkrechten Durchschnitt am vorstellt und die den Spiegel s trägt, wird durch den indueirten- Magnetis-: mus zweier seukrechter und symmetrisch beiderseits aufgestellter Eisenstäbe A B, 4’ B' d. h. durch eine dem vertieal: wirkenden Theile des Erdmagnetismus proportionale Kraft‘ vom Meridian’ abge-: lenkt, während der horizontale Erdmagnetismus sie in den Meridian zurückzuführen strebt. Die Bewegung der Nadel zeigt demnach die Aenderungen des Verhältnisses der beiden auf sie wirkenden Kıäfte, d. h. die Variationen der Inclination. Um den absoluten Werth der Theilstriehe der Scala zu be- stimmen, habe ich einen Hilfsmagnet @ b angewendet, der senkrecht über dem Instrumente sich befindet, und um seine Mitte c, in einer auf die Länge der Nadel’ senkrechten Ebene herumgedreht werden kann. Hat der Hilfsmagnet die Lage «' b‘, so lenkt er die Nadel ab, und die Grösse der Ablenkung giebt das Maass seiner Kraft an: bringt man ihn in die Lage a b, so hat er auf die Nadel keinen direeten Einfluss, inducirt aber Magnetismus in den Eisenstäben und bringt dadurch eine Ablenkung der Nadel hervor. Man weiss demnach, welche Bewegung der Nadel mittelst Induction hervorge- bracht wird durch eine vertical wirkende Kraft von bekannter Grösse, oder mit anderen Worten durch‘ eine gegebene Zunahme des verticalen Erdmagnetismus. Die weiteren Bestimmungen führe ich hier nicht an, weil sie, und zwar mit! Bezug, auf dasselbe In- strument, womit die folgenden Beobachtungen: gemacht wurden, be- reits in den Gel. Anzeigen (Juli 26 — 28. 1843) mitgetheilt sind. 3. Magnetischer Theodolit. Zur ‚Messung der absoluten Declination und Intensität ist ein magnetischer Theodolit gebraucht worden. Die frühere Einrichtung 7 dieses Instrumentes \setze ‚ich. 'als bekannt voraus und erwälne hier nur diejenigen Aenderungen, welche im ‚Verlaufe ‚der Zeit daran gemacht worden sind, Bei ‚den absoluten Declinationsbeobachtungen habe ich theils eine einfache Nadel (Fig. 5), theils ’eine doppelte (Fig. 6) ge- braucht; das Gehäuse und die Aufstellungsweise der Letztern wird durch Fig. 7 dargestellt. Die Nadel wird Behufs der Collimationsbe- stimmung aus ihrem Gehäuse nicht herausgenommen, sondern das Ge- häuse selbst umgelegt und ‚das Rohr, worin der Faden sich befindet, an das andere Ende des Gehäuses angeschraubt. Die Einstellung geschieht, wie. bei allen Messungen, mit dem Theodoliten in’ der Weise, ‚dass die Albidade gedreht wird, bis der Faden des Fernrohrs mit seinem vom Magnetspiegel refleetirten ‚Bilde ‚coincidirt, d. h. bis (die opti- sche Axe des Fernrohrs ‚auf der ‚spiegelnden Fläche senkrecht ist. Zur Beleuchtung ‚des Fadens ist zwischen dem 'Ocular und dem Faden ein Spiegel n angebracht, ‚der das vertical ’einfallende Licht gegen das Objectiv: reflectirt. Was die: Intensitätsbestimmungen betrifft, so habe ich bereits im Jahre 1842 nachgewiesen, dass man durch eine Combination von Ablenkungen Ost und West mit Ablenkungen Nord und Süd das zweite Glied in der Entwickelung von , in so 'weit dieses Glied vom Ablenkungsmagnet abhängt, eliminiren und wenn man dann noch die freie Nadel sehr klein im Verhältniss zum Ablenkungsmagnet macht, theoretisch eine hinreichend sichere Bestimmung des noch übrig bleibenden Theiles vom zweiten Gliede erlangen könne; *) *), In den Annalen f. Meteorologie und Erdmagn. Heft XI. S. 242. habe ich die Umstände erwähnt, welche die Bestimmung des zweiten Gliedes nach dem früher gewöhnlichen Verfahren unsicher machen. 8 "um diese Methode auszuführen, habe ich dem Theodoliten die Fig. 10 ‘dargestellte Einrichtung gegeben. Zur Erklärung der Beobachtungs-Methode wird es hinreichend seyn, folgende Punkte zu bemerken: Die Ablenkungs-Schiene 44 lässt sich um den auf der Alhidade feststehenden Aufsatz BB dre- hen. Auf diesem Aufsatze wird der freie Magnet in dem Gehäuse KK aufgestellt: der Spiegel befindet sich in dem viereckigen Theile des Gehäuses über dein Magnet und 'macht mit diesem einen'Winkel von 45°. Die Zeichnung stellt die Schiene vor, ‘wie sie für Ab- lenkungen Ost und West gestellt wird, senkrecht auf dem‘ freien Magnet, dessen Richtung die Linie «’a‘ anzeigt. Der Ablenkungs- Magnet auf seinem Schlitten*) befestiget, hat die Lage mm. Will man Ablenkungen Nord ‘und Süd‘ vornehmen, so dreht ‘man nach der auf dem Aufsatze BB befindlichen Kreistheilung die Schiene um 90°, so dass sie in die Lage «'a' kommt; zugleich dreht man den Ablenkungs-Magnet auf dem Schlitten um 90 9%; ‚seine Richtung wird somit senkrecht auf die Länge’ der Schiene. Was durch diese Einrichtungen bezweckt wird, erklärt sich am Besten durch folgende theoretische Entwickelung: Zuvörderst bemerke ich, dass wenn es sich darum handelt, blos Intensitätsbe- stimmungen zu machen, die. Drehung der Ablenkungs-Schiene nicht gebraucht wird: dieselbe bleibt senkrecht auf die Länge des freien Magnets (weil in diesem Falle das Verhältniss zwischen Ablenkung ‚und Distanz für die Beobachtung das vortheilbafteste ist) und man *) Die feine Einstellung des Schlittens geschieht dureh die Schrauben P, P‘. Jede von diesen bewegt nämlich ein dünnes Messingstück welches unter der Schiene angebracht ist. Der Schlitten hat zwei Lappen, die beiderseits von der Schiene heruntergehen und gegen, das Messingstück sich federn, 9 nimmt in einer bestimmten Distanz eine Ablenkung vor, welche den Werth von u durch folgende Gleichung giebt: M e® sing =, = ner. 1 N ie ’ Hier bedentet e die Distanz, 9 den Ablenkungs-Winkel und A eine Constante, die von der Distanz und den magnetischen Momenten abhängt, die jedoch unverändert bleibt, auch wenn die Kraft der Magnete sich ändert. Die Grösse % zu bestimmen, ist unsere ge- genwärtige Aufgabe; dazu wird folgendes‘ Verfahren angewendet. Man beobachtet, ausser der Ablenkung p in der Distanz e, noch in einer grössern Distanz E eine zweite Ablenkung y, daun dreht man die Schiene um 90° und beobachtet in denselben Distanzen die Ablenkungen g' und w. Die erste und dritte Operation geben die Gleichungen ee 1 m, m, zye np —A1— AH 3EF)H 1 Mm M, M' 45 M’. la +) +. X . 1y3M 6m x) En De ze mi 5 (55 =- - 1 yl5M, 45 M, M', =’ e\s m 2 mM + 15 u Ar Multiplieirt man die erstere Gleichung mit 3, die letztere mit 4 und addirt sie, so hat man x & ) = 51 m, Erg —_ re 7° (a sp „re — sing Bun um: 1 (3 M, ke Mm, Mm, 615 7, EWR e \4 Mm ‘ 56 Der Kürze wegen setze ich 15 Mt, 3M, 135M, m 615 m, — er Hund ——— — = ——- 7 Mm Dar 7 mm Ar 56 m % so dass die Gleichung die Form erhält x Ze Bsiny +8 np) =Z1 + 5 +... - Abhandlungen d. II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. V. Bd. I. Abthl. 2 10 Die Verbindung der aus der zweiten und vierten Operation hervor- gehenden Gleichungen giebt das analoge Resultat: 7, EG sny +sy)=<1+ +5... Es ist hier vorausgesetzt, dass die Winkel g, g/, w, ' auf gleiche Intensität und Temperatur reducirt, ausserdem wegen der Aender- ungen der Declination und wegen der Ungleichheit der Ablenkung- en*) corrigirt sind. Eliminirt man aus den Gleichungen I, U, III die Grösse 4 und q und setzt F = n, so erhält man: Tag LE er |; (3 siny—+8 siny) — (3Sng +8 sing] = —A +# ar In diesem Ausdrucke bleibt uns noch die Grösse p zu bestimmen übrig. Wäre das Gesetz bekannt, nach welchem die magnetische Kraft in den Stäben vertheilt ist, so könnte man p aus den Di- mensionen berechnen: das Vertheilungs-Gesetz können wir aber nur näherungsweise bestimmen, und zwar so, dass wir die Grän- zen, innerhalb welchen es liegt, angeben. Das Wesentliche der Me- thode, die ich hier entwickle, hesteht nun darin, die Dimensionen der freien Nadel so zu wählen, dass eine approximative Kenntniss des Vertheilungs-Gesetzes hinreicht, dem Endresultat' alle erforderliche Sicherheit und» Genauigkeit zu geben. Nehmen wir an, dass der ganze Magnetismus in den beiden Enden der Nadel sich befinde, so haben wir py — 2e !2, wenn I *) Gewöhnlich wird der Schlitten vom Anfange so gerichtet, dass die Correction wegen Ungleichheit der Winkel wenigstens sehr gering ist. Eine Tabelle, nach welcher die Correction, wo eine solche er- forderlich ist, leicht berechnet werden kann, findet sich am Ende, (Tab. XVII.) 11 die Länge der Nadel bedeutet. Dieses Resultat ist entschieden zu gross und bildet die eine Gränze des Vertheilungs-Gesetzes. Nehmen wir dagegen an, dass die magnetische Kraft von der Mitte aus, in geradem Verhältnisse wie die Entfernung, zunehme, so ergiebt sich p = 5, 72. Dieses Resultat kommt dem wirklichen Gesetze näher, als das vorhergehende, ist aber, wie ich anderwärts gezeigt habe,*) kleiner, als die Beobachtung giebt; es kann dem- nach als die zweite Gränze betrachtet werden. Nimmt man das Mittel aus den vorbergehenden Bestimmungen, nänlich » — 3 I? bei der Berechnung an, so muss der Fehler in der Bestimmung von X notwendig kleiner bleiben, als 7.3.82 Ui Kam So lange wir nicht mehrere einwirkende Ursachen, insbesondere den Einfluss der bei den Schwingungs-Versuchen mitschwingenden Lufimasse berücksichtigen, so bleiht es ganz unnütz, den Werth der absoluten Intensität auf mehr, als den ıo000,Sten Theil angeben zu wollen: soll demnach der oben bemerkte grösste Fehler den 104mSten Theil des ganzen Werthes nicht übersteigen, so darf 1E nicht grösser seyn, als Gen, Für 7 kann man, wenn eine vor- theilhafte Bestimmung erlangt werden soll, nieht wohl mehr, als ih annehmen, woraus dann folgt, dass die Länge des freien Magnets nicht über 4 der kleineren Ablenkungs - Distanz betragen dürfe. Nach den Grössen-Verhältnissen, die ich den Theilen des magneti- schen Theodoliten gegeben habe, beträgt dieser Gränzwerth 20 bis 22 Millimeter. *) Annalen f, Met. u Erdmagn. H. IV, S. 220. 2* 12 Welche Grösse eine Nadel noch haben müsse, wenn sie mit der nöthbigen Sicherheit jedesmal in die wahre magnetische Richtung sich einstellen soll, ist eine Frage, worüber die Erfahrung entschei- den muss. Natürlich hängt die Entscheidung wesentlich von der Grösse des Spiegels, den die Nadel tragen soll, und von der Sus- pension ab. Ich habe bei meinen Versuchen Spiegel von 6‘ Durch- messer, und zum Aufhängen einen feinen Concoufaden gebraucht, und nach und nach die Länge der Nadeln bis auf drei Pariser Li- nien vermindert, ohne dass bei wiederholten Einstellungen die min- deste Unsicherheit wahrzunehmen gewesen wäre: ich glaube, dass man in der Verminderung der Dimensionen noch weiter gehen kann, habe aber selbst dies nicht versucht, da schon diese Grösse weit unter der durch die obige theoretische Untersuchung festgesetzten Gränze steht. Es möchte noch zweckmässig seyn, der oben gefundenen Gleichung für % die Form zu geben, welche zur Berechnung am Geeignetsten ist: zu diesem Zwecke bezeichne man die Grösse (7 +3 S ) (1 — n*) n?, die bei Wiederholung der Messung immer dieselbe bleibt, und die man desshalb nur ein für allemal zu berechnen hat, mit €, alsdann erhält man log. k = log. + log. sing—log. [3 sin y—-8sinw—n? (3sing-+-8sin „)] Zur Erläuterung des Gesagten führe ich hier als Beispiel die Mes- sungen an, welche am 24. Juni 1844 mit dem Magnete No. IIL. im hiesigen Observatorium gemacht wurden: 1844 Juni 27. D=n338. = 22,758” = 33. 52. 56. Wr 5. 0. we A. nl 13 e Era Freie, Daraus folgt: log. © = 0.831928 log. © + log. sing = 0.55983 log. (3 siny + 8siny))—n? (3 sing + 8 sin 9)) — 0.52461 Dift.: — 0.03522 — log. k. Man erleichtert die Reduction der Winkel und vermehrt die Sicher- heit zugleich, wenn man, nachdem die oben angezeigten vier Ope- rationen ausgeführt sind, dieselben in umgekehrter Ordnung wieder- holt, und aus den erhaltenen Ablenkungs-Bestimmungen die arithme- tischen Mittel nimmt: auf solche Weise ist bei dem eben gegebenen Beispiele verfahren worden. Eine zweite eben so ausgeführte Bestimmung gab: log. k — 0. 03527 und eine dritte einfache Bestimmung: log. k — 0.03550. Man kann hieraus ohngefähr auf die Sicherheit der Bestimmungen schliessen. Bei Entwickelung der oben gebrauchten Gleichungen II und II werden einige Bedingungen, bezüglich auf die Vertheilung des Magnetismus in den Magneten vorausgesetzt, über deren Stattfinden in Strenge die Nachweisung gefordert werden könnte. Ich glaubte dieser Forderung am Besten dadurch zu genügen, dass ich für fünf verschiedene Ablenkungs-Magnete, wovon jeder ‘andere Dimensio- nen und einen andern Grad der Härte hatte, die Constanten bestimmte, und dabei zwei verschiedene freie Nadeln gebrauchte, die eine *) Die Schiene war nicht nach’ bestimmtem Masstabe, sondern in will- kührliche Theile getheilt, wovon 1329, 55 —= 1 metre waren, 14 ohngefähr zu 7, die andere zu 43 Millimeter Länge, dann die Inten- sitäts-Bestimmungen verglich. Der Erfolg zeigte zwischen den durch die verschiedenen Magnete erhaltenen. Intensitäts-Bestimmungen nur solche Unterschiede, wie sie in Folge von Beobachtungs - Fehlern gewöhnlich zwischen wiederholten Bestimmungen mit demselben Magnete sich zeigen, z. B.: absolute Intensität für 0 vom Variations-Instrumente 1845 Jan. 9. No. IX - © - „1.9425 Jan. 10. No. IH h & 5 1.9415 Zee; 0. 0a6 BERN a > ER, 1, ae Pet. GER RN a Ausser der eben beschriebenen Aenderung in der Einrichtung des Theodoliten habe ich auch eine bequeme Vorrichtung angebracht, um den Temperatur- und Inductions-Coefficienten zu messen, welche in Fig. 11. vorgestellt ist. Ein Magnet, der mit seinem Spiegel einen Winkel von 45° macht, befindet sich in dem Gehäuse KK, so dass der Spiegel dem Fernrohr gegenüber steht. Zur Bestimm- ung des Temperatur -Coefficienten wird die hölzerne Schiene HH mit der Schraube A’ geklemmt, und trägt den zu untersuchenden Magnet mm, der in einem Wassergefäss N eintaucht. Die Unterlage des Wassergefässes und dieses Gefäss selbst kann man entfernen, und ein Gefäss mit Wasser von verschiedener Temperatur an des- sen Stelle bringen, ohne den Theodoliten zu erschüttern. Es sey nun, wenn der Magnet in Wasser von der Temperatur # steht, die Ahlesung, des Theodoliten v‘, und wenn ein zweites Gefäss mit Wasser von der Temperatur f substituirt wird, verändere sich die Ablesung in v”, endlich habe man, wenn der Magnet mm ganz ent- fernt wird, die Ablesung v, so ist M (1 —ef) —a sin (W"— v), M(1-— et) =asin (0 — v), wo M das magnetische Mo- ment von mm, « dessen Temperatur -Coefficient und «eine Con- stante bedeuten, Die Division der zwei Gleichungen giebt 15 1—at! __ sin p!—n) 1—at snw@—o) woraus mit einer für alle Fälle hinreichenden Genauigkeit folgt: sin (vo — v"') e — @_Ndg! (vi tor m). Dass zur genauen Bestimmung des Temperatur - Coeflicienten eine Wiederholung der Operation nöthig ist, braucht kaum bemerkt zu werden. Derselbe Apparat giebt den Inductions-Coefficienten, wenn man die Schiene HH entfernt und den Ring RR auf die drei Punkte n n' n“ auflegt, so dass die innere Fläche gegen den Stiften » ansteht. Der zu untersuchende Magnet ns wird auf der senkrechten Schiene AB angeklemmt, und sollte in die zwei sym- etrisch entgegengesetzten Stellungen ns und n‘s‘ (Nordpol in n und »') gebracht werden, so dass die Entfernung der einzelnen Elemente des zu untersuchenden Magnets und der freien Nadel in beiden Stellungen vollkommen dieselbe sei. Diess lässt sich, falls der Apparat vollkommen berichtiget ist, auf zweifache Weise er- zielen, nämlich durch Umlegen des Ringes, so ‘dass die Seite die oben war, jetzt auf die drei Punkte n n’ n" zu liegen kommt, oder durch Verlegen des Magnets von der untern Hälfte der Schiene A auf die obere B. In der ersteren Lage wirkt das permanente magnetische Moment M und das von dem verticalen Erdmagnetis- mus Y indueirte Moment « Yin gleichem, in der zweiten Lage im entgegengesetzten Sinne, und man erhält daher, wenn die Einstel- lung v‘ auf die erste Lage, v“ auf die zweite sich bezieht und » dieselbe Bedeutung hat, wie oben, M+uYz a sin w — v), M— uY za sin (w"— v).. Daraus folgt, wenn man 4 (v + v"— 2 v) — 9, v! —v' — gl. und Y— X tg: setzt, und den Inductions-Coefficienten mit x bezeichnet, yet tg} 59 i — —_ A M Kigptg: 16 Da indessen der Apparat niemals genau berichtiget seyn wird, so müssen acht Einstellungen gemacht werden, wie folgt: Nord unten?) . . . vw Nard oben „en... W Nord unten . . . . vw Magnet auf Seite A, Nord inwendig Magnet auf Seite B, Nord inwendig | Nord oben - EBENEN, 5 - Nord unten . . . . vw Magnet auf Seite B, Nord auswendig 2 s MWotd’unehr ... . 200, Nord wten . . . . vw Magnet auf Seite A, Nord auswendig | Nord oben, , . . „ag Die obige Formel giebt alsdann den Inductions- Coeficienten, wenn man ya hu Fr tt dd U du) und y=z4wmw u, +, -y u = u 4% 9%) setzt. 4. Magnetischer Reisetheodolit. Die folgenden Blätter enthalten ausser den im Observatorium vorgenommenen Bestimmungen auch Resultate von Messungen, die theils in der Nähe der Sternwarte zur Entdeckung etwa vorhande- ner Lokal-Einflüsse, theils auf Reisen gemacht worden sind; hiezu wurde ein transportabler magnetischer Theodolit oder Reisetheodo- lit gebraucht, dessen Construction hier in Kürze angegeben werden soll. Das Gestelle dieses magnetischen Reisetheodoliten - unterschei- *) Die Stellungen „Nord unten‘‘ und „Nord oben‘‘ werden dem Magnet durch Umlegen des Ringes gegeben. 17 det sich von dem im vorhergehenden $ beschriebenen Instrumente nur durch kleinere Dimensionen: der Kreis hat blos 4 Zoll im Durchmesser. Ein Magnet von ohngefähr 24 Zoll Länge mit einem Spiegel versehen, hängt an einem Coconfaden auf der Mitte der Alhidade, dem Fernrohr gegenüber. Das Magnet- Gehäuse trägt eine Querschiene von ohngefähr zwölf Zoll, welche die Stelle der Ablenkungsschiene vertritt. Die von mir gebrauchte Form der Magnete und Magnet-Gehäuse ist im Wesentlichen durch Fig. 12 und 14 dargestellt. Ist dasInstrument vollkommen berichtiget, so hat man die wahre horizontale Richtung der magnetischen Kraft, wenn man die Alhidade dreht, bis Faden und Fadenbild im Fernrohr coineidiren; entfernt man dann das Magnetgehäuse und stellt das Fernrohr auf ein Ob- jeet von bekanntem Azimuth ein, so ergiebt sich der Winkel der magnetischen Richtung mit dem Objeete, mithin auch die magnetische Declination. Unterdessen ist das Instrument niemals so vollkommen berich- tiget, dass durch die erste der eben angedeuteten Operationen die magnetische Richtung unmittelbar gegeben wäre, sondern es sind zwei Correctionen anzubrivgen, die eine wegen des Collimations- Fehlers, die audere wegen der Torsion des Fadens, an welchem der Magnet hängt. Die Collimation kann bei einigen der von mir gebrauch- ten Theodoliten durch Umlegen des Magnets bestimmt werden, bei anderen ist zum Umlegen keine Vorrichtung angebracht, son- dern ‚die Collimation wird dadurch . bestimmt, dass man mit dem Instrumente Messungen macht in einem Observatorium, wo die Declination bereits genau bekannt ist. Die erstere Construc- Abhandlungen d. II, Cl. d. k. Ak. d. Wiss. V. Bd. I. Abth. 3 18 tion ist in Fig. 12. dargestellt: die Form des Magnets und die Verbindung mit dem Spiegel ersieht man aus Fig. 13; ein läng- licher Spiegel geht nämlich durch den Magnet, so dass die Hälfte des Spiegels oben, die Hälfte unten sich befindet, und durch das Umlegen die obere Hälfte vor das Objectiv des Fernrohrs kommt, wo zuerst die untere Hälfte war. Die zweite Construction wird im Wesentlichen durch Fig. 14. deutlich gemacht; Fig. 15. stellt den Magnet und den Spiegel dar. Diese Construction ist für den Ge- brauch die hequemste; eine Aenderung des Collimations-Fehlers ist, wenn der Spiegel mit der nöthigen Sorgfalt befestiget wird, nicht zu befürchten. Die Torsion des Conconfadens, an welchem der Magnet hängt, ist ein sehr veränderliches Element: Temperatur und Feuchtigkeit haben grossen Einfluss darauf, auch nimmt die Torsion gewöhnlich in dem Maasse zu, oder ab, wie sich der Faden dehnt; eine all- mälige Dehnung des Fadens findet aber jedesmal nach der Auf- stellung des Instrumentes statt.*) Für richtige Messung ist es da- her wesentlich, dass die Torsion während der Messung bestimmt werde. Diess lässt sich dadurch erzielen, dass man mit der Declina- tions-Ablesung auch die sonst für Intensitäts-Bestimmung erforderli- chen Ablenkungen unmittelbar verbindet, und daraus den Einfluss der Torsion berechnet. Hat nämlich der Faden eine gewisse Dreh- ungskraft, so wird dadurch der Magnet mehr aus seiner Richtung gebracht, wenn er vom Meridian abgelenkt ist, als wenn er im Me- *) Wie lange es dauert, bis der Faden eine constante Länge erlangt, lässt sich nicht wohl angeben; jedenfalls reicht die Zeit, die zu einer Messung gewöhnlich verwendet wird, nicht hin, um einen constanten Stand herbeizuführen, 19 ridian steht, weil im ersteren Falle die Directionskraft kleiner ist: aus der Differenz zwischen der beobachteten Richtung der freien Nadel und der Mittelrichtung, ‘welche aus der östlichen und west- lichen Ablenkung folgt, lässt sich demnach der Betrag der Torsion berechnen. Was die Intensitätsbestimmung betrifft, so dient, wie oben be- reits bemerkt wurde, die Querschiene bb (Fig. 12 und 14) zu den Ablenkungen, diese werden jedoch nur in einer Distanz, vorgenom- men, dabei ist die Stellung des Magnets durch ein Widerlager be- stimmt (aa Fig. 16), gegen welches er durch eine kleine Feder f angedrückt wird, oder durch einen festen Stift a (Fig. 17), oder durch ein conisches Loch (Fig. 18), in welches ein in der Mitte des Magnets befindlicher stählerner Conus hineinpasst. Die Schwing- ungen sind in zweifacher Weise beobachtet worden; Anfangs wurde der Magnet mit einem Spiegel versehen, und unter einer Glasglocke (Fig. 9) auf der Mitte des Theodoliten aufgestellt; später, nachdem ich durch Versuche mich überzeugt hatte, dass die Schwingungen mit freiem Auge eben so genau, wie mit dem Fern- rohre beobachtet werden können, gab ich der letztern Methode durchgängig den Vorzug; die dabei angewendete Einrichtung — ein Kästchen, worin der Magnet hängt, mit einem gläsernen Deckel — ist aus Fig. 8 zu ersehen. Im erstern Falle war keine Reduc- tion auf unendlich kleine Bögen nöthig, da der Schwingungsbogen aur etwa 15 — 20 Minuten betrug; im letztern Falle wurde die Reduction nach den weiter unten folgenden Vorschriften ausgeführt.*) Unter Berücksichtigung der bisher angeführten Verhältnisse und *) Die Entwickelung ist in dem Anhange gegeben: die Reduction selbst geschieht mittelst der Tab. XVII, 3* 20 sonst bekannter Bedingungen werden für die mit dem Reisetheodo- Jiten gemachten Beobachtungen folgende Regeln gelten: Die Beobachtung giebt zwei Ablenkungen östlich uns zwei Ablenkungen westlich v3, 9,5 die Richtung des freien Magnets, oder Einstellung ohne Ablenk- ungsmagnet v; die Schwingungsdauer des Ablenkungsmagnets, (redueirt auf unendlich kleine Bögen) T endlich (falls in einem mit Variations -Instrumenten versehenen Observatorium beobachtet wird), die magnetischen Variationen und die Temperatur nach folgendem Schema: Ablesung des Gleichzeitige Ablesung 5 Eee ne Temperatur Theodoliten des Decl.-Instr. des Intens.-Instr. Be ges tesete: Zt ei lie ulaälte AIR, on chneigke: 4ün OT WERIOREE REN DE, Fe nal t, v, . N, Dar BI ner + 2016 u. 3 N; Eh m ’ : t, UNE, en m; 0. t, Anfang le RR neo BEE re DET Ausserdem muss die Richtung des astronomischen Meridians auf dem Theodolitenkreise — U — und der Winkel der magnetischen Axe des freien Magnets mit der auf den Spiegel senkrechten Linie 4, dann der Werth eines Theilstriches des Declinations- und Intensi- täts-Instruments & und ö und der Temperatur-Coefficient des Ab- lenkungsmagnets © bekannt seyn. Behufs der Rechnung setze man:* v — vw, = dv v..— ud *) Im IX. Hefte der Annalen für Meteorologie und Erdmagnetismus _c05p Sigp +4 colgp = A, ng = B dam. 4 +2) 4m, +7, — 2): — Adv! zu ww +v)— in, +2,— 2n)2+ Adv? so ee die Torsion & —— a Te U 6 + ht i = Br 4 f @ co 4 yp + m mm 2, — Mm; Got 4 en und die absolute Declination, welche dem Theilstriche n des Variations- Instrumentes entsprict =uv + 9+ 9— U ferner den Ablenkungswinkel 9 = # (u — u). Diesem Ablenkuugswinkel entspricht die Temperatur "4b ru, 4er) und die Intensitäts-Ablesung m — Alm, tm, + m, + m;); in gleicher Weise hat man für die Schwingungsdauer 7' die correspondi- rende Temperätur t=4l,+1,) und die correspondirende- Intensitäts-Ablesung m — 4 (m, + m,). Darnach erhält man die absolute Intensität, welche dem Theilstriche 4 (m + m‘) des NAEH DRBRNe entspricht Constante ei AH ß' pl 3ß 7 1 4 & [£ © 2) < DV ug Hier sind £ und ß° die Ausdehnungs-Üoefficienten des Messings und Stahls und « der Temperatur-Coefficient des Magnets. Hat man aus unvollständigen Beobachtungen — blossen Ablen- kungen oder blossen Schwingungen — die Intensität zu berechnen, so ist es nöthig das magnetische Moment (eigentlich nur eine dem magnetischen Momente proportionale Grösse) « einzuführen, so dass man hat S. 290 — 299 haben die Ausdrücke eine etwas verschiedene Form, welche jedoch sehr leicht auf die hier gegebene, practisch beque- mere Form zurückgeführt werden kann. 22 =? (1 +BU43B0 + Hefe +1)+4 m—m]i) Den Werth von u berechnetman für frühere und spätere Zeitpunkte aus den vollständigen Beobachtungen, und interpolirt ihn hieraus für den ge- suchten Zeitpunkt: alsdann hat man, wenn aus der letzten Gleichung der Werth von Vsin g, und 7' in die vorletzte substituirt wird, x ma+RP+eN X = Constante x —- 1 —- BP+e] sın 9 Ausser den oben angezeigten Correetionen bedürfen noch die Beobachtungen einer Verbesserung, wegen des durch die Erde in den Magneten indueirten Magnetismus. Bei den Schwingungen fin- det sich der Magnet (wenigstens sehr nahe) im magnetischen Meri- dian, und sein Magnetismus wird durch die Induction vermehrt um z M X: bei den Ablenkungen macht der Magnet den Winkel 90 — 9 mit dem magnetischen Meridian, und der Südpol ist dem magnetischen Norden zugewendet, demnach wird M vermindert um z M Xcos (p — 90) = xMXsing. Die Verbesserung der be- rechneten Werthe von X ist daher: — 41: (1 + sap), —x I, je nachdem X aus Ablenkung und Schwingnng, oder aus Schwin- gung allein, oder aus Ablenkung allein abgeleitet worden ist.*), x: X? sing, >. Controlle der Beobachtungen. Als ich in den Jahren 1840 und 1841 mit Instrumenten von ver- schiedener Construction und unter verschiedenen Umständen aufge- stellt, Versuche machte, um die Bedingungen festzusetzen, unter welchen *) Es ist vielleicht nicht unzweckmässig, hier noch nachträglich zu be- merken, dass bei Bestimmung des Werthes von k (8.9 — 13) die In- duction unberücksichtiget gelassen werden kann. Bei allen Intensi- täts-Bestimmungen (wie z. B. S. 14) ist die Induction bereits einge- rechnet, ohne dass es übrigens für nöthig gehalten worden wäre, diess ausdrücklich zu erwähnen. 23 richtige Bestimmungen erlangt werden, hatte ich Gelegenheit, die mannigfaltigen störenden Einflüsse kennen zu lernen, wodurch die Resultate mehr oder weniger fehlerhaft werden. Ein grosser Theil dieser Einflüsse lässt sich durch zweckmässige Construction der Instrumente entfernen, andere, wie z. B. die Torsion des Fadens, können vom Anfange unschädlich gemacht werden, aber im Verlaufe der Zeit wieder bervortreten. Die Sicherheit, dass alle störenden Einflüsse beseitiget sind, kann man nur auf eine Weise erlangen, nämlich dadurch, dass man mit verschiedenen Instrumenten überein- stimmende Ergebnisse erhält. Den Grundsatz, dass eine magnetische Bestimmung nie auf der Ablesung eines einzelnen Instruments be- ruhen soll, habe ich seit der oben erwähnten Epoche stets festge- halten. Die Sicherheit, welche auf solche Weise erlangt worden ist, betrachte ich als einen wesentlichen Vorzug der hier mitgetheil- ten Beobachtungs-Resultate. Für die Declinations- und Intensitäts-Bestimmungen ist insbeson- dere während der Periode 1843 — 1845 stets eine zweifache Con- trolle angewendet worden: Fürs Erste waren ausser den gewöhn- lich beobachteten Variations- Instrumenten, die im westlichen Theile des Observatoriums sich befanden, ein Declinations- Instrument und ein Iutensitäts-Iustrument im südlichen Theile aufgestellt und es sind bald mehr, bald weniger häufig gleichzeitige Ablesungen auf- gezeichnet worden. Eine zweite Controlle gewährten die absoluten Beobachtungen, die an einer andern Stelle des Observatoriums und mit ganz andern Instrumenten gemacht worden sind. Bei den letzteren sind wieder im Ganzen drei verschiedene Instrumente für Declination, dann für Intensität fünf Hauptmagnete, und zwei freie Nadeln gebraucht worden: auch das Trägheitsmoment der Hauptwagnete beruht auf Beobachtungen mit drei verschiedenen Ringen. Was die Inclinations-Variationen betrifft, so ist nur eine 24 Bestimmung des täglichen Ganges beabsichtiget gewesen: in Folge dieses Umstandes und der Hindernisse, welche durch das Local dargeboten waren, ist nur ein Instrument aufgestellt worden; eine Controlle gewährten übrigens bis auf einen gewissen Grad die In- tensitäts-Variationen, die in so genauem Zusammenhange mit denen der Inclination stehen, dass eine eingetretene Unordnung des Inchi- nations-Instruments schon hiernach nicht hätte unbemerkt bleiben können. 6. Local-Einflüsse. Eine im Laufe des Jahres 1845 vorgenommene Untersuchung hat gezeigt, dass der aus Backsteinen und hydraulischem Kalk beste- hende, und ausserdem starke Messingtheile enthaltende Pfeiler, in der Mitte des Observatoriums, wo die Messungen mit transportablen In- strumenten gemacht worden sind, magnetische Anziehung ausübt, und dass die Resultate verschieden ausfallen; je nachdem das In- strument auf die Mitte des Pfeilers oder ausser der Mitte hingestellt werde. Um die Grösse dieses Localeinfusses festzusetzen, sind auf der Mitte des Pfeilers, dann an verschiedenen Stellen in der Nähe der Sternwarte auf freiem Felde Beobachtungen mit dem Rei- setheodoliten vorgenommen worden, woraus sich ergab, dass die Declination auf freiem Felde um 2° 18“ und die absolute Intensität um 0,0014 grösser ist. Ob die Declination und Intensität im nörd- lichen Theile des Observatoriums, wo bei absoluten Messungen die Magnete auf hölzernen Postamenten aufgestellt werden, genau über- einstimmen mit den auf freiem Felde gemessenen Werthen, ist nach den vorliegenden Bestimmungen als wahrscheinlich anzunehmen, aber noch nicht durch hinreichend zahlreiche Messungen entschieden wor- den; so viel hat sich indessen durch wiederholte sorgfältige Versu- che herausgestellt, dass ein naher Localeinfluss in dem nördlichen 25 Theile des Observatoriums nieht vorhanden ist, und an verschiede- nen Stellen ganz dieselben Resultate erlangt werden. Es schien mir zweckmässig, das Vorhergehende hier anzuführen, hauptsächlich in der Absicht, die Bemerkung daran zu knüpfen, dass kleinere Lo- kaleinflüsse weit häufiger vorkommen mögen, als gewöhnlich ange- nommen wird, und zwar nicht blos in Observatorien, wo die Bau- materialien sehr leicht magnetische Theile enthalten können, sondern auch im Freien. Beispiele letzterer Art sind mir mehr als einmal vorgekommen, namentlich kann eine Stelle nordwestlich von der hiesigen Sternwarte bezeichnet werden, wo die Declination entschie- den kleiner, als sonst in der Umgegend, gefunden wird. Es ist dem- nach nothwendig, bei jeder Messung die Stelle, wo sie gemacht wurde, genau zu bezeichnen. Das Resultat wird alsdann, mit künf- tigen Bestimmungen verglichen, über mehrere in der magnetischen Untersuchung sich darbietende Fragen eine Entscheidung gewähren, insbesondere aber der Ermittelung der Secular- Aenderung zur Grundlage dienen können, selbst wenn es in Folge eines Local- einflusses als eigentliche magnetische Bestimmung des Ortes nicht gelten dürfte. Die Aufgabe Desjenigen, der magnetische Beobacht- ungen herstellt, bezieht sich zunächst darauf, an einzelnen genau an- sugebenden Punkten die Bestimmungen vorzunehmen ; die Untersuchung der Localeinflüsse ist eine Aufgabe, die viele Beobachtungen erfor- dert, und, wie jedes Detail, erst im Verlaufe der Zeit erschöpfend ausgeführt werden kann. i» Absolute Werthe der magnetischen Elemente für München, ihre jährliche Periode und Secular - Aenderung. Aus der Tabelle I. mit Zuziehung der frühern Beobachtungen Abhandlungen d, II. Cl. d. k. Akad. d. Wiss. V. Bd. I. Ahthl. 4 26 erhält man folgende absolute Bestimmungen *) für die einzelnen Jahre. abs. Declination abs. Intensität 184er.» RE Bien. — 1BAQIESIE 719 u 4788er era I 1,9318 1843 wat 40,66 1x1: Re nel 93 18410 nur. I 33 ae 49374 satin & 27,035! - Aslıeamar 1,9388 Die absolute Inclination ist nur für eine Epoche, nämlich für den Monat Juli 1845 mittelst eines der Prager Sternwarte gehörigen Repsold’schen Inclinatoriums bestimmt worden: es ergab sich 65° 10° eine Bestimmung, die auf sehr oft wiederholten Messungen mit zwei Nadeln beruht, und von Lokaleinflüssen frei ist, weil die Beobacht- ungen theils auf freiem Platze, theils im magnetischen Observato- rium gemacht worden sind. Aus den obigen Zahlen ergiebt sich die Secular-Abnahme der Declination. 1841. — 142... .. ,. 6,48 1842,43. , » 2,602 1843 — 44 . .. 6,8 dans Ay... 2 28 Man sieht, dass in neuerer Zeit die Abnahme ziemlich gleich- mässig geworden ist: die schnell wachsende Progression, die vor '*) Bei Berechnung der Mittelwerthe sind nur die Beobachtungen der geraden Stunden berücksichtiget worden. 27T 10 Jahren statt fand, hat seither aufgehört. Das Mittel aus den Jahren 1841 — 1845 giebt nach Monaten: abs. Declination Jan.. 159 Fehr, März April Mai Juni Juli Aug. Sept. Oct. Nov. Deecbhr. 43,53 . 42,99 42,53 42,07 -» 41,45 40,95 40,33 . 39,85 33,93 38,30 . 37,95 37,36 abs. Declin. reducirt auf Juni 16° 40,73 40,75 41,15 40,95 40,92 40.95 40,95 40,97 40,51 40,54 40,75 40,72 ‚Um die in der zweiten Columne gegebene Reduction auf den Mo- nat Juni zu erhalten, ist die Secular-Ahnahme zu 0,56 für jeden Monat festgesetzt worden. berechtigen uns diese Zahlen nicht, obwohl das Maximum im März und das Minimum im September merkwürdig sind, besonders da die einzeluen Jahrgänge ziemlich grosse Uebereinstimmung zeigen. Zur Aunahme einer jährlichen Periode Die Secular-Zunahme der Horizontal-Intensität ist sehr unre- gelmässig, die obigen Zahlen geben näwlich 1842 — 1843 0,0038 1843 — 1844 0,0021 1844 — 1845 0,0014 Vereinigt man die Resultate der vier Jahre 1842 — 45, so ergiebt sich folgende Zusammenstellung nach Monaten: 4* Jan... Febr... März. zulyiem ic 4,9348 April Mai. „Juni wos jelnie 4,9357 Juli: Ang, 'Sepe esEgsr.. 19356 Oct. "Noör.;«Dee.: unzunstt 2449365 Wenn man nun sämmtliche Bestimmungen, unter Voraussetzung einer gleichmässigen Zunahme von 0.0023 jährlich, auf die Mitte Februar reducirt, so erhält man die Reihe 1,9348 . . 1,9351 . . 1,9345 . » 1,9348. Im Ganzen deuten die bisherigen Intensitäts-Beo- bachtungen an, dass die Secularänderung sehr beträchtlichen Schwank- ungen unterliegt, und dass, falls eine jährliche Periode vorhanden ist, sie durch die bisherigen Hülfsmittel kaum mit Sicherheit er- mittelt werden könne. 8. Tägliche Variation der magnetischen Elemente. Die Ergebnisse der Beobachtungen findet man in Tab. I — V. Handelt es sich darum, das Charakteristische der magnetischen Be- wegungen im Allgemeinen hervorzuheben, so lehrt schon ein flüchti- ger Ueberblick, dass die Sommermonate eine entschiedene Aehnlich- keit miteinander haben, ebenso eine nahe Uebereinstimmung in den Bewegungen der Wintermonate vorhanden ist. Darnach kann man füglich das Jahr in zwei Hälften, eine Sommer- und eine Winter- hälfte eintheilen. Aus den eben angeführten Tabellen gehen folgende Bestimmungen hervor : 29 Declination Stunde (Minuten) Sommer Winter Horiz.-In- tensität. (Zehntausendstel) Sommer! Winter Inelination (Minuten) Total-Intens. (Zehntausendstel) \ Sommer, Winter | Sommer Winter Morg. 1" | 222 | 0,76 | 13,77 5,06 | 0,02 ae; 2,05 | 0,98 | 13,11 4,46 | 0,14 yo 1,30 | 1,49 | 12,35 | 6,00 | 0,22 | N 0,52 | 1,47 | 10,11 .6,79 | 0,54 | 22 0,00 |.1,37 |.,7,47 #,75,|.0,95 u 0,03 | 0,47 | 3,35 5,19 | 1,54 ne 1,33 | 1,19 | 0,42 3,61 | 1,89 „ 10 3,73 | 2,39 | 0,00" 0,50 | 1,95 BR 6,47 | 3,98 | 13,01 | 0,00 | 1,65 ae 8,70 | 5,28 | 5,59 | 1,85 | 1,27 | Ab. 1 9,58 | 5,56 | 930 3,41 | 0,90 | a 9,04 | 4,84 [110,71 | 3,32 | 0,77 | ar la 7,67 | 3,47 | 11,96. | 2,76 | 0,70 | ». "&,; | 085 | 2,43] 11,3%] 4,32,] 0,75.) „5 4,38 | 2,06 | 13,03: 2,16 | 0,69 | ar 3,41 | 1,45. | 13,88, 3,23 | 0,54 | rt 2,56 | 0,60 | 15,37 | 3,65 | 0,07 | 1, 2,23 | 0,00 | 15,29 5,34 | 0,00 BERN. 2,14 | 0,44 | 14,28) 5,45 | 0,08 | Man sieht, dass es ein doppeltes System von Wendepunkten nämlich für: 0,27 0,34 0,12 0,00 0,02 0,25 | 0,61 0,92 1,07 0,88 0,76 8,03 7,70 7,18 5,90 4,34 2,15 | 0,33 0,00 | 1,15, 3,36 | 5,49 6,96 8,00 8,07 8,25 8,43 9,32 9,09 8,39 | 2,99 2,39 311 3:90 3.54 2,66 1,22 0,00 0,00 1,15 2,43 2,97 2,36 2,07 1,87 2,46 2,90 2,99 2,90 giebt, Declin. maxima 5" Morg.* 1" Mitt. — minima 8" Morg. 10: Ab.* Intens. maxima 6 Inelin. maxima 10 Total-Int. max.10 scr11 Ab, ” 4 ” Me ar — minima 10 minima 7 Ab. 7 Morg.“— minima 10 „ ” ” b} 11 E „ * BI 2 Morg.* In den Sommermonaten verschwinden die mit * bezeichneten Wen- depunkte, oder. treten nur schwach, hervor, und es bleibt nur ein Fig. 21. stellt die Bewegung Maximum und ein Minimum übrig. des Nordendes der Nadel im Sommer und Winter vor. Will man theoretische Untersuchungen über die Resultate ver- 30 schiedener Orte anstellen, in der Absicht, einen Zusammenhang mit der täglichen Bewegung der Erde zu erkennen, so ist die obige Form der Variationen nicht anwendbar, man muss vielmehr 3 Coor- dinaten-Axen wählen, deren Lage durch die geographische Position des Ortes bestimmt ist. Zu diesem Zwecke ist es am Geeignet- sten, eine verticale Variation der magnetischen Kraft 0 Z, eine Variation in der Richtung des astronomischen Meridians d A, und eine Variation senkrecht auf den Meridian d Y anzunehmen, und dabei die Richtungen, abwärts nördlich und westlich, als positiv zu betrachten: unter diesen Voraussetzungen erhält man folgende Ta- belle, wobei die Horizontal-Intensität — 10,000 gesetzt ist. X oY zZ Scmmen | Winter | SommerT Wimbe"| Bomfler || Winter” 148 75 | 90 I 20 | 00 || 1,0 aan rt er ee) 1 4 13,3 7,8 7,4 4,3 0,0 0,7 se [127 | 86 | 32°] 251 05 | 04 04 BGB 885-6 a Bi 0% 8 9 n = =} = us > 6,6 7,4 0,0 23,7 2,3 0,0 4 3,7 484 %7 2,5 1,8. 1.04 „40 0,3 Kar 93 5,3 1,8 1,9 3 00 | 00 | 175 9,6 1,2. 10% BR. 1,6.1..07 | 248. | 13,7 27-40 Ab. 1 4#1..90.1983 | Ron 5,6 By areas I 972 | 12,9 | "355g [N Se! 8,6 81- 1"98,7 9,0 „,t ! 60 4 99.35 | 186) 59.1 57. 25 Br 11,3 3,6 | 145 49 | 70 | 66 ENIR 12,91 52 | 12,1 3sal 65 ı 78 „ee 16,0 6,3 | 10,4 4,1 4,1 1,9 „10 16,21 84 | 95 DOM AS 49 15,3 8,1 8,9 1,3 1,9 1,4 Eine der merkwürdigsten Eigenthümlichkeiten der täglichen Beweg- 31 ung ist, dass ihre Grösse einer periodischen Aenderung unterliegt, so fand Kreil in Mailand in den Jahren 1837 bis 1833 die mittlere tägliche Bewegung der Declination im Sommer 15‘,28, und im Win- ter 9,38, die mittlere Bewegung der horizontalen Intensität im Som- mer 23,0, und im Winter 13,6 (in Zehntausendstel ausgedrückt). Die entsprechenden Grössen nach meinen Beohachtungen sind: 9,6 und 5,6 für Deelination, und 15,2 und 5,3 für Horizontal-Intensität. Die sehr regelmässige Aenderung der täglichen Declinationsbeweg- ung während des letzten Decenniums zeigen die Göttinger Beo- hachtungen; die mittlere Differenz zwischen 8" Morg. und 1 Nachmittags ist: TS3LE TI II Mr. 8025 1335 — 36 . . . 10,04 1836187 107771721V12,90 San n38 Min. 120012,29 1835 FUENM 10, 912,16 1839 — 40 2. "11,05 1840 — Al. 27% 009,80 1341 — 42 . . 2.800 1812 43 5" 508 18413 = 4. 3. 007,63 1844 ,— 45.7.0 1741. Die drei letzten Jahre sind aus den hiesigen Beobachtungen ergänzt, unter der Voraussetzung, dass die tägliche Bewegung in Göttingen um +2, grösser ist, als in München. Nach dem Vorhergehenden hat man Grund zu glauben, dass die Grösse der täglichen Bewegung bei allen magnetischen Elementen nach gleichem Verhältnisse mit der Zeit sich ändert, und dass ge- genwärtig das Minimum erreicht ist. 32 9. Störungs-Verhältnisse. Im Jahre 1837 hat Kreil nachgewiesen, dass magnetische Störungen, sowohl was Richtung, als was Häufigkeit betrifft, von der Tageszeit abhängen; seine neuere Untersuchung, so wie die analogen Arbeiten von Sabine haben dieses. Resultat nicht nur be- stätigt, sondern auch gezeigt, dass in den verschiedenen Welttheilen die Störungen in gleicher Weise von der Tageszeit abhängen. Mit Beziehung auf diesen Umstand habe ich die hiesigen Beobachtungen einer umfassenden Bearbeitung unterworfen, ohne übrigens dabei gerade den Weg zu verfolgen, der von den obengenannten Ge- lehrten gewählt worden ist; es schien mir nämlich, dass es hier nicht um zufällige Ereignisse sich handle, deren Wahrscheinlich- keit zu bestimmen sey, sondern um eine Kraft, die bestimmten Ge- setzen unterworfen ist, aber nicht beständig wirkt, und wobei zu- nächst die mittlere Grösse und Richtung und die Häufigkeit ihres Vorkommens zu den verschiedenen Tageszeiten festzusetzen wären. Da die monatlichen Resultate bereits bekannt gemacht sind*), so begnüge ich mich damit, hier eine allgemeine Uebersicht zu geben. Ich bemerke dabei, dass die auf Störungsverhältnisse sich beziehen- den Tabellen in so ferne von den übrigen verschieden sind, als die vorkommenden Bestimmungen in Scalatheilen des Declinations- Instruments ...r..., Scalatheilen des Intensitäts-Instruments ...n’..., Scalatheilen des Inclinations-Instruments ....n.... ausgedrückt werden. Die Bedeutung dieser Scalatheile ist aus folgenden Reduc- tionsformeln zu entnehmen: Declinations-Variation in Minuten — 1,05 x Intensitäts-Variation in 9449 der Intensität — 1,2 w Inelinations- Variation in Minuten — 0,02288 n' + 0,2326 »“. Die aus den drei Jahren abgeleiteten Mittelwerthe der geraden Stunden, für Sommer und Winter, sind wie folgt: *) Annalen der k. Sternwarte bei München. ir Bd, 33 Halbjährige Summen der Abweichungen von den monatlichen Mitteln. Declination H. Intensität Sommer | Winter |Sommer | Winter = —— r Morg. 2" „y„ A „ 6 ” 5) 10) | Ab. 2 ”„ 4 „6 „ 163 192,9 | 193,2 192,0 | 146,6 213,9 | 126.4 204,2 | 140,3 208,8 . 1485 211,7 | 168,6 233,5 | 1985 200,3 | 170.9 171,4 | 209,7 191,2. | 2112 196.8.| 243.0 195.0 | 214,0 563,0 593,5 661,1 739,4 821,1 727,6 761,8 696,1 631,2 613,4 559,1 541,6 610,6 994,4 632,7 623,4 695,3 681,0 763,9 755,9 762,2 659,1 ı 606,1 os Inchnation ‘Sommer | Winter 589,0 |.500,6 566,7 | 501,8 611,5 | 583,0 715,8 | 551,7 756,1 | 646,0 736,9 | 716,2 729,4 | 757,0 683,2 |, 766,0 640,5 | 766,1 616,3 | 709,2 579.0 1.099,0 551,0 | 554,5 » | 201,2 | 180,9 | 659,1 |. 675,0 | 647,7 | 649,2) Halbjähriger Ueberschuss der Zahl der negativen Abweichungen über die Zahl der positiven. Declination H. Intensität Inclination Sommer Winter Sommer Winter Sommer Winter Morg. 2 — 34,4 — 49,0 — 50 — 185 — 16,7 + 54 „iA — 03— 644 03 — 170 — 183 — 0,5 „6 + 297 + 323,0 — 6,7 — 90 0,0 + 1,5 „8 + 206 + 23,5 — 80 — 24,0 — 83 — 34 „10.4170 + 13,5 — 13,3 — 20,0 + 83 + 180 „412 + 83 + 16,0 — 1,0— 135 + 30 + 134 Ab. 2 + 14,0 + 18,5 — 17,3 — 24,5 + 74 + 25,0 „ 4 + 16,3 — 26,0 — 5,6 — 323,0 + 3,6 + 26,5 „= 6 — 13,3 — 44,0 — 12,7 — 37,0 + 18,4 + 29,5 „ 8 — 403 — 73,5 — 123,6 — 28,5 + 10,3 + 28,0 „ 10 — 58,3 — 60,0 + 3,0 — 185 — 3,4 + 13,0 „ 12 — 46,7 — 61,0 — 1,3 — 13,5 — 6,7 — 3,0 Summe — 87,4 — 217,4— 88,9 — 255,0 — 234 + 140,0 Abhandlungen d. II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. V. Bd. I. Abthl, d 34 Das Vorhandensein einer regelmässig wirkenden: Ursache: mit eier Periode von 24 Stunden ist in allen’ Columnen der vorhergehenden Tabellen unverkennbar. — Vergleicht man die Wendepunkte in_der letzten Tabelle mit der oben in $. 6 gegebenen Zusammenstell ing, so gelangt man zu der für die Theorie wichtigen Folgerung, dass die nur im Winter hervortretenden Wendepunkte jdentisch sind mit denen, die sich in der Häufigkeit der Abweichungen zeigen. | Deninach besteht die tägliche Bewegung aus einem Theile, der von der Wirkung der Soune herrührt, und nur ein Maximtm und ein Minimum hat; dann aus einem ebenfalls periodischen Theile init einem Maximum und einem Minimum, der von irgend einer ‚andern Ursache herrührt, und den man, um eine kurze und bequeme Be- zeichnung zu haben, als Wirkung des Nordlichts betrachte kann. Um die Störungs-Verhältnisse weiter untersuchen zu können, ist es nöthig, die grösseren Abweichungen besonders darzustellen, Als Gränze zwischen den grösseren und. kleineren Abweichungen. nehme ich an für Declination 2 Thkeilstriche für Intensität Ei: Er i für Inclination 5,5 > Die Zahl und Summe der über diese ‚Gränzwerthe gehenden, Ab- weichungen überhaupt, und der Zahl und Summe: der negativen Ab- weichungen insbesondere, findet man in den obenerwähnten monatli- chen Resultaten. Die, Zusammenstellung ‚der halbjährigen, Resultate für die geraden Stunden ist, wie folgt: Halbjährige Anzahl der grösseren Abweichungen von den Monatnitteln. | Deelination | H.Intensität. | Inclination Abweichungen Abweichungen Abweichungen über? Th. über6 Th. über 5,5 Th. Ban | Winter Sommert Winter [Sommer! Winter; Winter Sommer | Winter Ti 21,3!| 2%,5:| | 25,7 | 23,5 | 284 | 26,5 4 23,7. | 13,5 | 22,6 ! 23,0 317 25,0 6 24,0 | 10,0 | 33,0 | 25,0 | 33,6 | 30,0 8 24,0 | 10,5 | :39,0 | 25,5 | 46,0 | 25,5 10° | 29,3 | 135 | 50,0 | 36,0:1-53,0 | 33,0 12° | 31,0) 18,5.| 48,0 | 37,0 | 49,0 | 45,0 2 33,0 | 19,0 | 41,4 | 38,0 ! 46,0 | 45,0 4 30,0) 21,5] 34,7 || 37,5 | 37,6 | 42,0 6 17,3 | 24,5 | 31,0 | 41,0 | 39,4 | 44,0 8.129,31] 223,5] 25,6 | 33,0| 29,3 | 35,0 10 16,7 | 30,5 | 23,0 | 30,5 | 28,0 | 35,0 . ı 12 a 33,51 122%,41| 21,5 1| 123,6 224 | 21,5 | 23,6 | 85,5 Mittel | 24,4 | 19,9 | 330.1 30,9 | 371] 3507| Deelination H. Intensität Inclination | Abweichungen Abweichungen ae | Bee" Abweichungen | über2 Th. über 6 Th. über, 5Th. | [Sommer [Winter | Sommer | Winter Sommer | Winter ISommer | Winter ‚Morg. 2% 753 | 89, | 8991] 2 215,3 | 221, ‚6 244,4 | 212,0, A 4 79,9 | 46,3 | 212,1.) 213,2 | 262,1 213,5, Yy 6 37,0 | 44,3:1 292,3 | 239,9: | 281,4 | 250,7 s„. 80] 737 | 36,51] 344.8 | 236,5 | 383,1 | 209,8 "1001 80,6 | 38,7 | 465,9 | 337,6 | 436,6 | 287,1 ‚Mtig. 12 33,2 49,4 | 438,2:| 357,2 | 422,3 ı 396,4 Ab. 02 | 106, 1 74,6 | 390,9 | 388,8 | 404,7 | 420,1 „04: 9858| 83,71] 310,5| 379,9 | 353,7 | 414,7 3 6 6655 :| 103,2 1 295,4 | 404,3 | 355,3 | 413,4 ss 8 82,7:| 90,1] 253,8 | 321,6 | 239,0 | 342,2 Ihri9 10 72,0 | 111,6 | 220,5 | 293,6 | 265,3 | 305,8 Min 120] 834 | 97,5] 196,9 | 221,4 | 204,1 | 221.5 Mittel | 82,4 | 71,9] 303,0 1301,3.] 325,1 | 307,3 | 5* 36 Halbjährige Anzahl der grösseren negativen Abweichungen von den Monatmitteln. Declination | H. Intensität | Abweichungen Abweichungen über2 Th. über 6 Th. [Sommer] Winter 'Sommer| Winter Inclination Are über5,5T Sommer | Winter — 21 Ih m DER DODORr Mittel 14,3 12,0 | 14,5 11,0 11,3 | 13,0 9,7 17,3: , 14,0 9,0° 18,7 | 14,0 19,3 24,7 | 17,0 15,3 24,3 | 18,5 14,3 20,7 | 19,5 13,7 18,7 | 22,5 8,0 17,0: | 24,5 15,0 11,3 | 19,0 13,7 9,0. | 18,5 14,5 10,7 13,5 | 185 15,7 | 13,0 179: 12,5 16,3 | 17,0 284 | 130 26,3 | 16,0 24,7 21,0 | 23,0 | 22,0 17:8 19,0 18,7 | 20,0 13,3 16,0 | 15,3 17,0 11.3 | 230 Mittel | 143,3] 42,1 | Declination | H. Intensität Inclination Abweichungen Abweichungen Abweichungen über 2 Th. über 6Th. über5,5 Th. Be ee Sommer | Winter 54,2: | 68,4 108,0 | 146,4] 138,6 | 99,5 38,9 | 21,5 | 119,9 | 123,0 | 143,8! 104,6 26,7 8,3 1 165,6 | 146,1 | 130,4 | 126,8 2157 A 176,3 | 144,6] 208,5 | 95,3 30,6 4,4 | 246,6 | 187,4] 207,8 | 112,9 39,1 | 12,2 | 239,4 | 208,7 | 205,5 | 152,9 42,3 | 24,2 | 216,7 | 242,4] 188,0 | 165,8 36,6 | 52,3 167,1 | 261,0 | 154,6 | 146,4 34,9 | 70,7 -| 170,9) 277,7) 158,9 | 151,0 59,0 | 77,9 | 131,4 |217,9| 123,6 | 124,6 rn 61,8) 922 96,2 | 183,2] 143,2 | 137,7 | Mttn. 12 | 61,7 | 75,0 | 100,8 | 136,9| 103,9 | 112,1 | 161,6 | 189,6] 158,8 | 127,5 | Auch in diesen Tabellen stellt sich das Periodische der Störungen unzweideutig heraus: die Ableitung theoretischer Folgerungen wird indessen erst dann mit Nutzen unternommen werden können, wenn wir analoge Bestimmungen von nördlicher gelegenen Punkten be- keit von der Jahreszeit betrifft, so ergiebt sich als Resultat 18 oe > Was die Abhän der drei Jahrgänge folgende Zusammenstellung sItzen. awung Abw. ination 1187 | negativ dwwng grössere der Inel über- haupt 11eZ Ywung SONO MmOMnıNnD MIND ONOoosannd STZAOITNODTTION DAHArSssrishä-- art maaaann negalıv 1qez BENDER AIRTIITQ & > Stizindnacn ‘e Abw. awwng ne Bunnisgohegicsk- rn stsahngin.n ran 9 ON Bst Sr un = der H. Intensität grösseı Abw. ination Non = ANNIE NSEZSSÄTTRFUTE AN A CD SmnDmo ISFmasshäs-«tn SEI SNUTHEIN cngaÄndgg- 25 oo er >, :) nr -yoramgqy "Sau ap. [geZ uoneurougf ap 'Aqy Jap awung usdun -IaAgqy 'Zau aap [gez AFISLOIDIEH dp 'aqy dop awwmg uadun -yoramqy Sau ap jez uo1jeuf99(] Jap 'nqy dep Awung DOMAIN DNMMNMDINOHD SANFTEN TH - _ u - m u 37 38 Merkwürdig ist der ruhige Stand im Monat Juni. Eine entschieden hervortretende Periode bemerkt man in diesen Zahlen nicht: dadureh wird man auf den mit dem Früheren übereinstimmenden Schluss hingewiesen, dass die Ursache der Störungen mit der Bewegung der Sonne nicht zusammenhängt. Es scheint, dass zwischen den Störungen der Declination. und denen der übrigen Elemente ein "bestimmter Zusammenhang nicht besteht. Dagegen zeigt Tab. XXIV, dass alle grösseren Aender- ungen der Intensität und Inclination in genauem Verhältnisse stehen, und zwar ergiebt sich das Verhältniss n“: m’ im Jahre 1843 wie 1: 1,148 9:9 ..1844°, 1:1,150 9.5. 1845 „ 4: 1,056 | e Mittel ...... 1:.1,116 Der Sitz der Kraft, wodurch die Störungen der Intensität und Inclination hervorgerufen werden, ist demnach gegen Norden 430 22%‘ unter dem Horizont im magnetischen Meridian zu ‚suchen; senkrecht auf dieser Richtung findet keine Kraftstörung statt. 10. Ergebnisse der im Jahre 1844 zwischen München und London vorgenommenen magnetischen Messungen. i Die im Jahre 1840 begonnene allgemeine Untersuchung des Erdmagnetismus umfasste zunächst die Bestimmung der-magnetischen Constanten und die Ergründung der täglichen und jährlichen Aen- derungen an den wenigen Punkten, wo Observatorien erbaut wur- den. Kaum war diese Untersuchung in regelmässigen Gang gebracht, so fieng man an, der Aufgabe ihre weitere Entwickelung dadurch 39 zu geben, .. dass man. die Vertheilung der magnetischen Kraft auf der Erdoberfläche ‚durch Beobachtungen zu ermitteln sich, bemülhte, Ausgedehnte Arbeiten dieser Art hat man in den ‚britischen Inseln und Colonieen ausgeführt; die grossen Entwürfe Kupffers sind in Russland ‚eben in. Ausführung begriffen; auch in den mittleren Thei- len'.des,, europäischen Continents sind hie und da ‚magnetische Mess- ungen zu Stande, gekommen. Unter ‘den Jetztern sind vorzüglich zwei zu erwähnen, die ‚zu der biesigem Anstalt in näherer ‚Bezieh- ung, ‚stehen ; nämlich. ‚die magnetischen Messungen, ‚die Kreil im Jahre, 1843 1 in Böhmen. begonnen hat. und seither im Auftrage, der östreichischen Regierung über, sämmtliche Provinzen der, Monarchie auszudehnen, beschäftigtiist, dann ‚die Beobachtungen, welche in dem Jahre 1844 Dr. Angström an verschiedenen Punkten. zwischen München und Paris gemacht, und später bis an die nördlichsten Theile Schwedens fortgesetzt hat. Beide Operationen sind mit magnetischen Theodoliten ausgeführt worden, welche vor dem Ge- brauche mit den Instrumenten des hiesigen Observatoriums vergli- chen waren, so dass die hiesige Anstalt. als eine der Hauptstatio- nen in beiden, Fällen betrachtet werden kann. Auf solche Weise ist unsere Anstalt mit vielen auswärtigen Punkten in Verbindung gekommen, dagegen fehlte noch immer der‘ Anschluss an die 'brit- tischen Bestimmungen, der um so wichtiger schien, als dadurch zu- gleich die eben angeführten Operationen "mit > den britischen 'Arbei- ten in, Verbiudung ‚gebracht werden sollten. Dieser Umstaud bewog mich zu dem Entschlusse, vergleichende Messungen in München und London vorzunehmen, und, zu gleicher“ Zeit, an verschiedenen Punk- ten zwischen den- beiden genannten Orten ‚die, magnetischen, Con- stanfen zu bestimmen. _ Die Ausführung dieses, Unternehmens ‚hatte ich auf, ‚dew, Sommer des. Jahres ı 1844. festgesetzt; verschiedene Hindernisse traten indessen dazwischen, und erst zu Anfang des Winters wurde es mir möglich, die Reise anzutreten. So wenig die raube Jahreszeit zu magnetischen Messungen geeignet schien, so wollte ich doch den einmal entworfenen Plan nicht länger auf- 40 schieben, und trat am 22. October die Reise an, hielt es aber für nöthig, die Arbeiten, die ich mir vorgenommen hatte, einigermassen zu beschränken und mich insbesondere blos mit Declinations- und Intensitäts- Bestimmungen zu beschäftigen. Das dabei gebrauchte Instrument war ein magnetischer Reisetheodolit, dessen Beschreibung und Theorie in $. 4 bereits gegeben sind, so dass ich hier nur die Constanten beizufügen habe. Der oben mit q bezeichnete Winkel der magnetischen Axe der freien Nadel mit der auf dem Spiegel senkrechten Linie wurde zu 14° 54" festgesetzt, um so viel müs- sen die Declinations-Ahlesungen vermehrt werden. Zu den Intensi- täts-Bestimmungen warden drei Magnete (mit M. L, M. I, M. III, bezeichnet) angewendet, für welche folgende Temperatur- und In- ductions-Bestimmungen erhalten wurden: Temperatur- Inductions-Bestimmung Coefficient @ Coefficient x gleichzeitiger Werth von M Maguet I . . 0,000494 . . 0,000114. . 9,35994 » I . . 0000574. . . 0,000138.. . 9,40986 », IM . . 00005455 . . 0.000138. . 943008 Bei dem geringen Betrage der Induction habe ich die deshalb nö- thige Correction als für alle Orte ‚gleich augenommen, und in die Intensitäts-Constanten eingerechnet. Die Formeln zur Berechnung der absoluten Intensität sind: No. I log. X—.0,58641 — log. T—4 log. sing — 0,8% + 11,31 (E—t) II log. X—0,53404— log. T— 4 log. sing — 0,82” + 13,04 (Et) . II log. X—0,58540 — log. T—4 log. sing — 0,8% +12,40 (1) Vom 13. November*) aber angefangen, gelten die Ausdrücke: *) Die Aenderung der Constanten kommt daher, dass der Magnet II 41 No. I log. X = 0,58614—log. T— 3.log. sing — 0,824: + 11,31 (Ef) II log. X — 0,58430 —log. T— 4 log. sinp— 0,82!’ 13,04 (tt) II log. X — 9,58507 — log. T — 4 log. sing — 0,82‘ + 12,40 (t—t') Für die Intensitäts-Bestimmung durch die Ablenkungen allein hat man die Formeln No. I log. X —= Const. + log. M, — log. sing — 24,17 U log. X — Conust. + log. M, — log. sing — 27,62 II log. X = Const. + log. M, — log. sing — 26,37# wobei die Constanten dieselben sind, wie in den vorhergehenden Formeln und mit demselben Unterschiede bezüglich auf die Zeit. Endlich findet man für die Momente die Formeln No. % I log. M, = 4 log. sing — log. T + 0,82% + (& + E) 11,31 I lg.M, =#]1 og. sinp— log. T + 0,82% + (t + 1) 13,04 II log. M, = 4 log. sing — log. T + 0,82 + (& + 1) 123,40 Bei allen diesen Ausdrücken sind die Temperatur-Correctionen in Ein- heiten der fünften Logarithmenstelle ausgedrückt. Berechnet man nach den vorhergehenden Constanten unterBerücksichtigung der Aenderung, etwas länger war, als die übrigen und deshalb bei den Ablenkungs- Versuchen das Ende, welchesgegen dieFedernanlag (Fig.14u 16.), etwas hinaufgedrückt wurde, so dass der Magnet nicht in horizontaler Stellung sich befand. Diesen Uebelstand bemerkte ich erst in Brüs- sel, und beseitigte ihn durch Biegen der Federn; dadurch veränderte sich die Constante für den Magnet II beträchtlich, auch für die übri- gen Magnete entstand eine merkliche Aenderung. Abhandlungen d. II. Cl. d. k. Ak. .d Wiss. V, Bd. I. Abth. 6 42 die nach dem 6. November vorgenommen wurde, die in München gemachten Beobachtungen (Tab. VII), und reducirt sie auf den 4. Januar 1845, so erhält man Declination Reduction mitt. Declination Beobachtung. Torsion. Collimation.*) für 1. Jan. 1845 Oct. 21. 16°.10,3 + 9,0 + 17,2 — 633. - » 16,029',2 i6., 7a. 8042. 3,3... 46. 0 16. 13,9 +10,3 + 1,2 — 8,9. . .16. 31,5 16. 19,7 # 9,64 14,2 -100. . . 16. 36,5 Die Torsion corrigirt De Sa en a a ID 10..802 eo TE. 0, BE Dec. 26. 16. 11,5 + 12 + 172 0." 16. 29,5 Dec. 1. 26.181 #48 + 7,2 43. v06808 16. 13,6. 14 4172 = 2,001. 1. 16. 3032 1845 Jan! 9. 16 41,54 17-472 =030.! 2. 18 3055 Bee ee. ara 16. 133-280. EN Mittel, .. =") 21. 1...,.1.16.,,80,6. Absolute Intensität reducirt auf 1. Januar 1845. I u IE 1844 Oct. 1. . 1,9376 1,5371. 1,9374 1,9376 = 1,9382 *) Mit Einschluss des Local-Einflusses; die Beobachtungen sind auf dem mittleren Pfeiler (gemacht. 43 I I II 1844 Oct. 22. . 1,9384 1,9386 1,9382 Dec. 26. . 1,9374 — — 31. . 1,9385 _ 1,9370 1845 Jan. 9. — 1,9374 1,9382 Feb. 7. . 1,9380 : 1,9382 1,9385 Diese Beobachtungen deuten den Grad der Schärfe an, den man in einem Observatorium bei strenger Berücksichtigung der Variatio- nen erreichen kann. Bei Beobachtungen im Freien, wo die Tem- peratur gewöhnlich wechselnd ist,-und die Variations-Instrumente fehlen, muss man natürlich mit viel geringerer Genauigkeit sich be- gnügen. Um die während der Messung vorkommenden Aenderungen der Temperatur und der magnetischen Kraft so viel als möglich unschädlich zu machen, habe ich das Mittel aus zwei Declinations- Ablesungen mit der dazwischen genommenen Ablenkung, Behufs der Torsions-Bestimmung combinirt: aus ähnlichem Grunde ist jede Ab- lenkung, wo es thunlich war, in umgekehrter Ordnung wiederholt worden und bei der Berechnung aus beiden Resultaten das Mittel genommen. Was die Schwingungen betrift, so ist es nur äusserst selten möglich, sie ganz in freier Luft zu beobachten, da durch jeden kleinen Luftstoss merkliche Schwankungen veranlasst, auch die Schwingungen deshalb gestört werden, weil die Glocke nicht luftdicht schliesst. Nur an zwei Stationen habe ich Schwingungen im Freien beobachtet, nämlich in Tübingen und Leiden. In beiden Fäl- len können die Resultate auf wenig Sicherheit Anspruch machen.*) *) Die auf der Reise gemachten Erfahrungen haben mich übrigens ver- anlasst, die Glocke und den Spiegel zu beseitigen, und die Einricht- ung zu treffen, dass grosse Schwingungsbögen genommen, und die Durchgänge über die Mittelrichtung mit freiem Auge beobachtet werden, 6* 44 Nach dem Vorhergehenden ist eine Kenntniss des magnetischen Moments der Nadel. nötbig, wenn. die Intensität aus Ablenkungen allein abgeleitet werden soll. Zu diesem Zwecke führe ich die aus den einzelnen Beobachtungen berechneten Werthe für log M, an: für Magnet 1. 1844 Oct. 21. log. M, = 965872 9,65818 Aal sonen. 60938 22000020 9,65938 Nov. 4. eur. 9,60458 durch Berührung geschwächt Nov 2. a ERRATD den 7. Nov. durch Berührung geschwächt Nov. 8.2.0.2... 960840 9,60860 and ae a Andere AO 5 Almaınt amamanı HB0758 BanilÄene fin 1° aatant : 7900795 RR, TEEN SADTRE EEL N: N\> Te Een TA are BR Dec. : 7... ..1.0 « 960718 3 Alk Sum uERBAD ir: m ne 2 ER OBER layer rnnOKRE gilodg. us lounig uch by6066R für Magnet I. Ocrbee 2 9,062734 45 absichtlich geschwächt 1844.Oct. 2% 0.14.08 il. 62290 Brei Biere Navara 77» 9622239 durch Berührung geschwächt Nov. &. 20.0. 0. 9,58865 durch Berührung geschwächt Nov. &. . 2 20. 9,57836 9,57880 für Magnet IH. Det. 212 ich um lorı 965304 9,65241 absichtlich geschwächt Our 964057 durch Berührung geschwächt Nagy. Bo Sin ua a Son Aa tert nen snntantnade il AT» 065 Kalsım mer un00DB8LO » AS Bi. - nur » 80. IE - J32:019,08679 Dee. 16. 2... 9,58648 Die unmittelbaren Beobachtungsdata findet man in Tab. VII. Die daraus für die einzelnen Stationen ‚abgeleiteten Resultate, mittelst der Münchener Beobachtungen auf 1. Januar 1845 reducirt, *) lasse ich hier folgen: *) Diese Reduction ist: 'nur eine provisorische, bis das Verhältniss der magnetischen Bewegungen ‘an verschiedenen Orten ermittelt wird. Um übrigens insbesondere für die Declination über die wahrschein- 46 Stuttgart. Die Beobachtungen wurden auf einer Anhöhe süd- lich von der Stadt gemacht. Die Declinations-Messungen übergehe ich bier, weil ich bisher über die Richtung des Meridians keine Bestimmung habe erlangen können. Was die Intensität betrifft, so erhält man, wenn bei M. I eine Abnahme von 42, bei M. II eine Abnahme von 11 Einheiten der 5. Logarithmenstelle täglich ange- nommen wird: 1844 Oct.24. 3: 10... 4,8847° —- 0,0027 27% 1,8874... . I 45 ... 1,8844 -+ 0,0022... . 1,8866 .... I Obwohl die Resultate hinreichend gut übereinstimmen, so bleibt lichen Fehlergrenzen etwas festzusetzen, habe ich den Stand der Declination in den 13 letzten Tagen des Monats Juli 1842 für Prag, Brüssel, Greenwich und Christiania aus den Münchener Beobacht. ungen abgeleitet, unter der Voraussetzung, dass an allen Orten eine parallele Bewegung statt finde: die so berechneten Stände wurden » mit den wirklich beobachteten verglichen, und es ergab sich unter 100 Fällen eine Differenz von mehr als 1 Minute bei Prag . . 15 Mal » Brüssel . 34 „ ı Greenwich 47 ,„ „ Christiania 36 ,, dann eine Differenz von mehr als 2 Minuten bei Prag . . 1 Mal „ Brüssel . 9 „ » Greenwich 15 „ »„ Christiania 14 „ Im Allgemeinen kann man also sagen, dass die Unsicherheit der Re- duction weit geringer ist, als die Unsicherheit der Beobachtungen, selbst, wenn diese nicht unter besonders günstigen Umständen gemacht sind. 47 die Bestimmung, selbst wegen einer Unsicherheit der Temperatur- Angabe wenig zuverlässig. Tübingen. Diese Station gehört zu denjenigen, die ich am sorgfältigsten zu bestimmen gesucht habe, theils, weil treflliche Ge- legenheit sich darbot, und ich insbesondere der freundschaftlichen Mit- wirkung des Herrn Professor Nörrenberg mich zu erfreuen hatte, theils, weil Hoffnung vorhanden ist, dass an die nun angefangenen magnetischen Messungen spätere angeknüpft, und so die ohnehin so wenig zahlreichen magnetischen Punkte in Deutschland eine gewiss wünschenswerthe Vermehrung erhalten werden. Die ersten Beobacht- ungen in Tübingen nahm ich auf dem Schlossberge, westlich vom Schlosse vor; die Entfernung vom nördlichen Pfeiler der Sternwarte betrug etwas über 1900 würtembergische Fuss, und das Azimuth war 729 52° vom Südpunkte gerechnet. An dieser Station: wurde Kornbühl als terrestrische Mire gewählt, und nach einer vorläufigen Bestimmung das Azimuth von Kornbühl — 12° 23‘ 46“ östlich vom astronomischen Meridian angenommen. Die Declinations-Bestimmungen geben in dieser Voraussetzung: Beobachtung. Torsion. Collimation. Reduction. mitt]. Declin. 1. Jan. 1845 1844 Oct. 26. 9+ 56° 170.31,5 +1,11 +14,9 — 3,1 179.44,4 10 37 17. 3,4 +25 + 149 — 47 17. 45,1 11 5 17. 33,6 +14 + 149 .— 6,0. 17. 42,9 Oct. 27., 9 415 17.-24,3 + 26 + 149 — 0,6 17. 41,2 Die mittlere Declination wäre demnach 170 4354 Was die Intensität betrifft, so kann man voraussetzen, dass das magnetische Moment von No.I vom 22. — 28. October gleichmässig 48 abgenommen hat, bei No. II aber das magnetische Moment dasselbe war am 26. wie am 28., alsdann erhält man: 1844 Beobachtung. Reduction. mittl. Intensität für 1. Jan. 1845. Oct. 26. 9" 56° 1,8921 + 0,0047. 1,8968 1 magn. Störung 10 ..37..1,8883 +... 02 020. = +. +...» magn. Störung 11.5 1,8881. + 0,0101 1,8982 U Oct. 27. 9. 15 1,8949 + 0,0028 1,8977 1 Es trat am 26. während der Zeit der Beobachtung eine starke magnetische Störung ein, welche in München erst von 11" an continuirlich beobachtet wurde, deshalb kann die zweite Be- stimmung vorläufig nicht reducirt werden. Aus dem Endresultat, wofür man 1,3976 erhält, kann man schliessen, dass hier die Inten- sität etwas schwächer ist, als an der zweiten Station. Die zweite Station in Tübingen war die in einen Garten ver- wandelte Bastei, wo der Reichenbachische Kreis unter einer kleinen Kuppel aufgestelltist. Theils das Eisenwerk, theils diezweiaufderBastei noch befindlichen eisernen Kanonen, schienen einen Einfluss auf die Messungen hervorhringen zu können; die vorhergehenden Messungen auf dem Schlossberge hatten den Zweck, hierüber Gewissheit zu erhalten. Der Beobachtungspunkt im Garten lag genau in der Richt- ung zwischen dem Reichenbachischen Kreise und Kornbühl. Die Declination fand sich wie folgt: Beobachtung. Torsion. Collimation, Reduction. mittl. Declin. 1844 1. Jan. 1845. Oct. 28. 10'30'. 170.27,8 + 2,2 +4 1459 — 255. . 170.42,4 11 30. 4170°.31.1 43,8 + 14,9 — 40.. 17. 458 Die Intensitäts-Messungen gaben: Beobachtung. Reduction. mittl. Intens. für 1. Jan. 1845. 0ct.28. 10* 0. 1,8986 + 0,0023 . . 1,9009 I 1,3930 -- 0,0023 . . 1,9003 U 49 An der Stelle, wo diese Messungen ausgeführt wurden, hatte Herr Professor Nörrenberg vor meiner Zurückkunft von London ein magnetisches Cabinet erbauen lassen, worin ich mit aller Bequem- lichkeit die. Beobachtungen wiederholen konnte. Die Ergehnisse waren: Declination. Beobachtg. Torsion. Collimat. Reduction, mittl. Declination 1844 1. Jan, 1845. Dec. 15.10:50' 170.33,1 + 275,4 + 14,9 — 1',8, 17.4856 11 6 17. 34,6 + 1,6 + 14,9 Re 3 5 17. 3,4 4 1,9, 149 + 3,9 17. 52,1] magn. 317 17. 33,0 + 1,6 + 14,9 2,7 17. 52,2) Störung Dee. 16.1042 17. 34,1 + 3,7 —+ 14,9 1,4 17. 50,83 11.0 17. 83,9 + 3,4 +4 14,9 — 1,6 47. 50,5 1110 17. 35,5 + 39 — 14,9 — 1,9 17. 51,4 11 24 17. 35,7 + 30 + 14,9 — 23,3 17..50,3 Dec.23. 2 52 17. 2,0 +29 + 149 + 0,1 17, 44,5 a1 Or a Mag 04 217,48, 1 Zur Zeit, als ich die letztern zwei Bestimmungen machte, waren im Observatorium die Variations- Instrumente bereits aufgestellt, wesshalb eine Correction von 2,65 den Declinations-Messungen bei- gefügt werden musste. Aus sämmtlichen Beobachtungen erhält man die mittlere Declination für den 1. Januar 1845 17°. 50,05. Die Intensitäts-Beobachtungen geben: ++ 1844 Beobachtung. Reduction. mitt]. Intensität für 1. Jan. 4845. Dee. 15. 11" 30° 1,9008 + 0,0020 1,9023 I 2 50 1,8967 + 0,0072 1,9039 I magn. Störung er 162 10,080 1,9017 -—- 0,0020 1,9037 I 10 24 1,9012 + 0,0020 1,9032 HI a RT 1,9023 —+ 0,0010 1,9033 I Abhandlungen d. II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. V. Bd. I. Abth.| T 50 Bei der letztern Bestimmung ist wegen Nähe der Variations-Instru- mente der Ahlenkungswinkel um 1,2 zu vermindern, die Schwing- ungsdauer dagegen um 0,0002 zu vermehren; in dem angegebenen Resultate sind diese Correctionen schon berücksichtiget. Im Mittel erhält man die Intensität für den 1. Januar 1845 1,9034 Ausserdem wurden am 23. December mit dem magnetischen Theodo- liten des Herrn Professor Nörrenberg zwei Messungen gemacht, welche auf den 1. Januar 1845 reducirt, 1,9016 (No. 2) und 1,9027 (No. 3) gaben. Mannheim. Als Beobachtungspunkt in Mannheim wählte ich eine freie Stelle auf dem linken Rheinufer, ohngefähr 300 Fuss vom Ufer entfernt, und sehr nahe in der Linie zwischen der Mannheimer Sternwarte und dem südlichen Thurm von Oggershein. Die De- clinations-Bestimmungen geben: Beobachtung. Torsion. Collimation. Reduction. mittl. Declin. 1844 1. Jan. 1845. Oct. 31. 1%:52° 189.06 + 23,9 + 14,9 — 641 180.12,3 17 17.596 #03 +14,9 — 6,1 18. 81 137 1.587 +64 #149 — 58 18. 14,2 152 17.5753 +53 +1,90 — 5,6 18. 11,9 Bei der Unsicherheit, welche in Beziehung auf die Torsion in der zweiten Beobachtung obwaltet, scheint es am Besten, diese Bestimm- ung wegzulassen, alsdann erhält man als mittlere Declination für den 1. Januar 1845 180 1248. Da zur Bestimmung der Intensität nur Ablenkungsversuche vorge- nommen werden konnten, so müssen aus der oben gegebenen Ta- 5l helle die magnetischen Momente durch Interpolation abgeleitet wer- den. ‚Nimmt man an, dass der Magnet No. I von Tübingen bis Bonn täglich 12 Einheiten der fünften Logaritbmenstelle verloren, der Magnet No. I aber unverändert geblieben ist, so erhält man: 1844 Beobachtung. Reduction. Intensitätfür 1. Jan. 1845. Oct 31. .1F 0' 1,3574 + 0,0005 1:8979:0E a: 1 1.45 1,8554 -—- 0,0003 A || Im Mittel wäre also die Intensität 1,8568. Bonn. In Bonn wählte ich einen Standpunkt vor dem Ein- gange des, südwestlich von der Sternwarte, im Garten erbauten mag- netischen Observatoriums, und erhielt daselbst folgende Declinations- Bestimmungen, bezogen auf eine terrestrische Mire: Beobachtung. Torsion. Collimation. Reduction. mittl.Declin. 1544 1. Jan. 1845. Nov. 4. 94 15° 260.8,6 + 9,9 ...149 — 0,4. . 260.26,,0 9 5 26.874 2%34...149 — 07..%6. 35,2 10 .°8°%26.9,7 +1,99. . 1,9 — 083..%. 35,7 107267 '26- 9,3 2,8 2.1.14, 9. — 35.2.2 26. 24,5 4 18 26.413,38 + %2...149 Bei den vier ersten Beobachtungen war der Theodolit auf einem Dreifusse aufgestellt, welcher, wie spätere Untersuchung zeigte, ringsum mit kleinen eisernen Stiften besetzt war. In Folge dieses Umstan- des kann das Resultat nicht als sicher angesehen werden, obwohl bei der Eutfernung der Stifte und ihrer symmetrischen Vertheilung ein nachtheiliger Einfluss unwahrscheinlich ist. Die letzte Bestimm- ung ist in dieser Hinsicht keiner: Unsicherheit unterworfen, kann aber vorläufig nicht redueirt werden, weil zu dieser Zeit eine im un 52 Münchener Observatorium nicht beobachtete Störung stattfand. Was die Declinations-Messungen vom 10. December betrifft, so wurden sie unter den unvortheilhaften Umständen, nämlich bei Sonnenschein und bei—6° angestellt. Daher kommt es denn auch, dass, obwohl an der Suspension von Mitte November bis Eude der Reise nichts verän- dert worden war, die Rechnung den Betrag der Torsion zu mehr, als 19 Minuten angiebt, ein Betrag, der die möglicher Weise an- zunehmende äusserste Gränze weit übersteigt. Ich habe es des- halb für das Beste gehalten, die Beobachtungen wegzulassen. Wollte man übrigens mit der Torsion, wie sie in Mitte zwischen den Brüs- seler und 'Tübinger Bestimmungen sich ergiebt, die Reduction vor- nehmen, so würde man den mittlern Declinations-Winkel finden 269 24,9 also sehr nahe mit der frühern Messung übereinstimmend. Die In- tensitäts-Bestimmungen geben: 1844 Beobachtung. Reduction. mitt]. Intensit.für 1. Jan. 1845. Nov. 4. 16: 4° 1,7940 -+- 0,0004 15794. 18. HU A .3.. 1,2916 _ -- 0,0024 1.4937 a2: ge Die. „A044 37 1,7937 -+- 0,0006 1,7943... Die nach 3 Uhr genommene Schwingung von No. I kann mit der vormittägigen Ablenkung nicht verbunden werden, weil inzwischen die Magnete in Berührung gekommen waren, und sich gegenseitig beträchtlich geschwächt hatten. Aachen. Die Beobachtungen sind nahe an der Pyramide auf dem Louisberg unter hinreichend günstigen Umständen angestellt, und geben den Winkel zwischen dem magnetischen Meridian und dem Kirchthurm von Wurselen: 53 Beobachtung. Torsion. Collimation. Reduction. mitt. Deelin. 1844 1. Jan. 1845. Nov. 6. 84.,48° 650.34,8 +43 + 1449 ı— 05 . ..650.53%5 9 4,.69.33,85 +42 +14,9 — 1,6... 65..51,3 14 42 65. 37,9 + %4 +4149 — 3,1... 65. 52,1 Nimmt man an, dass das magnetische Moment der Nadel dasselbe geblieben. ist, wie in Bonn, so erhält man: 1844 Beobachtung. Reduction. mittl. Declin. 1. Jan. 1845. MmursG., 9® 11° 1,7814 + 0,0004 . . . . 1,7818 10 42 1,7794 + 0,0008... . . 1,7802 Brüssel. In Brüssel gewährte die Sternwarte, wo Herr Que- telet bereits seit vier Jahren mit eben so viel Sorgfalt als Eifer das vollständige Beobachtungs-System der brittischen Observatorien ausgeführt hat, einen vorzüglich geeigneten Beobachtungspunkt. Da- selbst wurde mir durch die Gefälligkeit des Herrn Quetelet alles zum Erfolge der Messungen Erforderliche, insbesondere der Gebrauch eines trefliichen englischen Chronometers' zur Verfügung gestellt. Die Beobachtungen machte ich im Garten der Sternwarte, und zwar die Ablenkungen vor dem magnetischen Cabinet, die Schwingungen in dem Cabinet selbst. In dem Cabinet befand sich kein magneti- sches Instrument: die zu den täglichen Beobachtungen verwende- ten Stäbe, (ein Göttinger vierpfündiger Declinationsstab, und ein kleinerer englischer Bifilarstab von ungefähr $ Pfund), sind in dem südöstlichen Saale der Sternwarte aufgestellt, und können bei der beträchtlichen Entfernung wohl keinen merkbaren Einfluss da aus- üben, wo das magnetische Cabinet sich befindet: eben so wenig ist von dem Eisenwerk des Sternwartgebändes und der Einzäunungen Einfluss zu erwarten. Nördlich von der Sternwarte aber, wo ich nahe am Gebäude in dem Meridian des Gambey’schen Mittagrohres eine Messung am 15. November machte, gaben die Resultate Grund, 54 das Vorhandenseyn eines sehr beträchtlichen magnetischen Einflus- ses zu vermuthen: ich fand auch am 8.December durch Vergleich- ung zweier unmittelbar nach einander gemachten Bestinimungen die Declination um 8’S kleiner, als in der Nähe des magnetischen Cahinets. _ Behufs der Declinations-Bestimmung wurde als Mire der Meridianfaden des Gambey’schen Mittagrohres genommen. Beobachtg. Torsion. Collimation. Reduction. mittl. Declin. 1844 auft. Jan. 1815. Nov.15. 227° 200.51,8—0,4 + 1449 — 245 210.338 nördl. v.d. al au 50, Pepe 1,7 21 0% 24.125891: 2,9 La 1 409 ,5,5 3.157 1416 210,9 Lay or gr 159 1 A, los, SP ar Er MAN — 4,6. 21. 14,8 Dec. 7. 1 33° 20. 5,4-110,7 4 14,9 — 3,9 9. 19,4 153 20.5.2189 1 109.26 9.1.8 271 20.901.092, 3.140. 9,3 94. 159 Vermehrt man dem Obigen gemäss die ersten zwei Messungen um 8'8, so ergiebt sich die mittlere Declination in Brüssel für den 1. Ja- nuar 1845 21° 1551. Die absoluten Intensitäts-Messungen geben folgende Resultate: 1844 Intensität. Reduction, mittl. Intensität 1. Jan. 1845. Nov. 8. 11"53° 1,7651 — 0,0005 - . - 1,7646 I 1152 1,7648 — 0,0004 .... 1,7644 I 13. 12 52 1,7646 + 0,0012 . . - 1,7658 1 116 1,7653 + 0,0014 « . . 1,7667 U 14. 10 46 4,7658 4 0,0013 « ... 1,7671. 1 1115 1,7661 + 0,0010 . . .1,76741 IH 15. 3.10 1,7685 + 0,0011... (1,7696) I nördt. 24, 1.51. 1,7632 + 0,0058... . 1,7690 I smaen, Dec. 7.. 221 1,7668 + 0,0008 .. » 1,7676. 1 55 Die Ablenkung vom 15. November ist, wie ich bereits oben bemerkt habe, nördlich von der Sternwarte gemacht worden, wo ein be- trächtlicher magnetischer Einfluss vorhanden zu seyn scheint: schliesst man diese, so wie die vom 24. wegen der beträchtlichen magneti- schen Störung aus, so ergiebt sich im Mittel 1,7662. Mit dem magnetischen Theodoliten der Sternwarte fand sich am 14.November 1,7680 (No. 2) und am 15. November 1,7676 (No. 2) 1,7677 (No. 3). Utrecht. In Utrecht wurde durch Herrn Rueb, an welchen Herr Professor van Rees seit Kurzem die dortige, nach alter Bau- art eingerichtete Sternwarte übergeben hat, und dem ich die zur Meridian-Bestimmung nöthigen Data verdanke, ein geeigneter Platz für die magnetischen Beobachtungen ungefähr 720 Metres südlich von der Sternwarte ermittelt. Wir fanden daselbst die Declination: Beobachtung, Torsion. Collimation. Reduction. mittl. Decl. 1844 1.Jan. 1845. Nov. 19. 10'20° 200.5,4 + 15,8 + 14,9 — 98 . . 200.193 10360.20. 5,8 Ha EARTH. 20,199 Pa Eee ee Im Mittel hat man also für den 1. Januar 1845 20° 190. Da keine Schwingungen beobachtet werden konnten, so ist es nö- thig, das magnetische Moment der Nadeln zu bestimmen: nimmt man desshalb vom 14. bis 21. November eine gleichmässige Abnahme an, so ergiebt sich: Beobachtung. Reduction. mitt]. Intensität 1.Jan. 1845. or. N aa eg a I 112 1,7250 + 0,0008 ..1,7%58 ... I 56 Im Mittel hat man‘ demnach 1,7278. Leiden. In Leiden wurden die Beobachtungen im botanischen Garten vorgenommen, und zwar die Ablenkungen gegen das nord- westliche Eck, ungefähr 30 Schritte vom Glashause und eben so weit von der westlichen Mauer entfernt, die Schwingungen ganz nahe an der westlichen Mauer. Der starke Wind war für die Schwingungen im Freien sehr ungünstig; auch wurden die Ablenk- ungen durch die von Zeit zu Zeit hervortretende Sonne gestört. Herr Professor Kaiser bestimmte von der Sternwarte aus die Richt- ung des Meridians, wornach die Declination sich ergieht: Beobachtung. Torsion. Collimation. Reduction. mittl. Declin. 1344 4. Jan. 1845. Nov. 21. 957° 200.33,1 + 3514 — 14,9 ... 058 .. 200.503 105922 20.230,20 701,27 441,90.2. .1,,22..020.248,1 11 80 20. 33,4.— 3,6 — 14,9... 2,8... 20,43, 4 Im Mittel ergiebt sich 20° 4743. Wahrscheinlich würde aber das Resultat richtiger seyn, wenn man die letzte Beobachtung, bei welcher die Torsions-Bestimmung kaum richtig seyn kaun, wegliesse. Das Ergehniss der Intensitäts-Mess- ungen ist: 1844 Beobachtung. Reduction. mitt]. Intens. 1. Jan. 1845. Noy. 21. 12° 30' an | 1020221. OlaRre 2.1,7229 .... sl 11 85° 1,7233 + 0,0007 „. . 1,7240..... IH Die mittlere Intensität wäre biernach 1,7234. London. Die Bestimmungen für London habe ich au zwei verschiedenen Punkten vorgenommen, nämlich auf der Sternwarte in Greenwich und neben dem Landhause des Obersten Sabine in Woolwich. Auf der Sternwarte iu Greenwich bat Herr Airy südöstlich vom Hauptgebäude ein magnetisches Observatorium schon im Jahre 1337 erbaut, und im Jahre 1841 mit dem von ihm eben so grossartig als wirksam eingerichteten Beobachtungs-System der Sternwarte. auch zweistündliche magnetische Aufzeichnungen verei- nigt. Noch etwas weiter südöstlich, als das magnetische Observa- torium, ist das für Inclinations-Beobachtungen bestimmte Cabinet: hier wurden sämmtliche Schwingungs-Versuche gemacht. Was die Ablenkungen betrifft, so wurden sie am 27. November vor dem Eingange des eben erwähnten Cabinets, am 28. aber in dem Parke, und zwar 10N Schritte von der südlichen Einfriedung, im Meridian des Passage-Instrumentes vorgenommen. Nur auf der letzten Be- obachtungs-Station ist die Declination bestimmt worden. Die Resultate sind: Beobachtung. Torsion. Collimation., Reduction. mitt. Deelin, 1. Jan. 1845. 1844 Noy.28., 110°. 220.535 + 2,2 4 14,9 — 78... 230.2,8 1.20 OA. — 80... 23:47 TEEN EEE 1a 00 Et Diese Winkel sind noch um 14” zu gross, weil der 'Theodolit nieht genau im: Meridian des Passage-Instruments stand; mit Be- Abbandlungen d. II. Cl. d. k. Al, d. Wiss. V. Bd. I. Abthl. 8 58 rücksichtigung dieser Correetion findet man im Mittel die Deelination in Greenwich für den 1. Januar 1845 230 34,9 Die Intensitäts-Beobachtungen geben folgende Resultate: Beobachtung. Reduction. mitt. Intensität1. Jan. 1845. 1844 Noy. 77. 311° 1,7238 + 0,0017 .. 1,7255 I vr 1,7245 + 0,0017... 1,7262 Im 2 1,7240 IH 28. 2 34 1,7200 + 0,0040 .. 2 1 ung 1,7212 0,0086 2.14,7248 0.01 Im Mittel erhält man demnach für den 1. Januar 1845 1,7250. In Woolwich erhielt ich durch die Gefälligkeit des Herrn Obersten Sabine vorzügliche Gelegenheit, magnetische Messungen auszuführen: nördlich von seinem Landhause findet sich nänlich das transportable magnetische Cabinet aufgestellt, welches Capitain Ross auf der Südsee-Expedition gebraucht hat: in diesem werden jetzt die auszusendenden magnetischen Instrumente untersucht, und absolute Werthe bestimmt. Hier war demnach der geeignete Punkt, eine Vergleichung mit den brittischen Bestimmungen zu erhalten. Die Declinations-Bestimmungen geben, (vorläufig auf die Mire be- zogen): mittl, Decli- Beobachtung. Torsion. Collimation. Reduction. nation 1. Jan. 1845. 1844 Nov. 30. % 13° 30,508 342° + 14,9 — 144 049,745 8 23 3:50,80 E98 0-014,0 0 1,4 4.7,0 59 Das Mittel’ also - 49.7.2 Die Resultate der Intensitäts-Messungen sind: Beobachtung. Reduction. mittl. Declin. 1. Jan. 1845 1844 Nov. 30. 1.+34' 1,7173 —+ 0,0020 1,7195 111 1. 23 1,7178 —+ 0,0021 1,7199 IH Die mittlere Intensität für den 1. Januar wäre demnach 1,7197 oder nach den in England eingeführten Einheiten 3,7311. 60 Anhang. Verbesserter Schwingungs- Apparat Zur Bestimmung der magnetischen Intensität auf Reisen. Von den verschiedenen Hilfsmitteln, welche gebraucht worden sind, um die magnetische Intensität der Erde zu bestimmen, hat keines so viel noch zur Kenntniss dieses Elements beigetragen, als gerade das unvollkommenste, nämlich eine kleine Magnetnadel an einem Coconfaden aufgehängt, deren Schwingungsdauer beobachtet wird. Viele unserer vorzüglichsten Physiker: A. v. Humboldt, Hansteen, Sabine, Forbes, Onetelet, Lloyd, Erman und Andere haben auf ihren Reisen mit Schwingungs-Apparaten Bestimm- ungen der Intensität gesammelt, und Seefahrer und Reisende haben uns von entfernten Welttheilen alle Bestimmungen, die wir besitzen, mit solchen Hilfsmitteln verschafft. Die Beobachtung der Schwingungs-Dauer einer Nadel habe ich vorhin das unvollkommenste Hilfsmittel der Intensitäts-Bestimmung genannt, weil es noch Niemanden gelungen ist, einen Magnet herzustel- len, dernicht im Verlaufe der Zeit unregelmässige Aenderungen er- 61 litten, ohne dass es möglich wäre, nach Vollendung einer Reise genau anzugeben, wann und wo sie vorgegangen. Die- ser Umstand, der am Ende immer einige Unsicherheit übrig lässt, und der einem sonst so höchst einfachen und praetischen Apparate einen Theil seines Werthes entzieht, hat mich ver- anlasst, ein Mittel zu suchen, wodurch man, ohne die erwähnten Vorzüge zu beeinträchtigen, denEinfluss der Aenderımgen der Mag- nete beseitigen könnte, und ich bin dabei auf eine Einrichtung verfallen, welche, wie ich glaube, diesen Zweck erfüllt, und die ich hier, weil der Gegenstand mit dem Inhalte der vorhergehenden Abhandlung so'nahe verwandt ist, auseinander zu setzen beabsichtige. Das Instrument stellt Fig. 19. dar. Es besteht in einem zum Horizontalstellen eingerichteten Fusse von Messing (der zum Behufe des Trausportes zerlegt werden kann), und einem: hölzernen Kästchen*), worin man einen Magnet an einem Coconfaden aufhängt. Ein gläserner Deckel hält die Luftvihrationen ab. DasWesentliche der Methode besteht darin, zwei Nadeln A und B, jede für sich unter dem Einflusse des horizontalen Erdmagnetismus, dann die eine Nadel 4 unter dem combinirten Einflusse des Erdmag- netismus und der Nadel Bschwingen zu lassen. Man erhält auf solche Weise drei Gleichungen, aus welchen die magnetischen Momente der zwei Nadeln eliminirt werden können, und wodurch man, wenn eine Coustante gegeben ist, den absoluten Werth der horizontalen Inten- sität findet. Die Constante hängt insbesondere von der Entfernung x *) Eine wesentliche Bedingung bei allen Schwingungs - Beobachtungen ist, dass der schwingende Magnet wenigstens 3 Linien von dem Boden des Rästchens oder überhaupt von den einschliessenden Wän- den entfernt sey; auch die Spitze des Magnets muss ein paar Linien vom Kreisbogen, auf welchem die Schwingungs- Weite beobachtet wird, abstehen. Vernachlässigt man diese Bedingung, so erhält man eine ganz unrichtige Bestimmung der Schwingungs-Dauer. 62 der Nadeln bei der letzten Operation ab, und es ist deshalb nöthig, dass diese Entfernung bei jeder Beobachtung dieselbe sey. Zu diesem Zwecke ist die Stellung der fixen Nadel B durch ein Wi- derlager oder sonst in der oben 8. 19. angegebenen Weise bestimmt; damit der schwingenden Nadel 4 immer dieselbe Stellung gegeben werden könne, hat sie unten in der Mitte bei z eine feine Spitze, (in vergrössertem Maasstabe in Fig. 20 dargestellt), welche genau über einen auf dem Kegel verzeichneten feinen Strich » zu stehen kommen soll. Diess bewerkstelligt man vermittelst der Fussschraube F, und bedient sich dabei einer in der Seitenwand des Schwing- ungs-Kästchens befindlichen Loupe 1. Bei der oben angegebenen dritten Operation braucht man blos die eine Nadel A schwingen zu lassen; gewöhnlich lässt man aber auch die Nadel B unter dem combinirten Einflusse des Erdmag- netismus und der Nadel 4 schwingen, und erhält alsdann zwei unab- hängige Werthe der absoluten Intensität. Eine vollständige Be- obachtung umfasst demnach folgende Data: 1. Die Schwingungs-Dauer 7', des Magnets A für sich allein; 2. dieSchwingungs-Dauer 7', desselben Magnets, wenn der Magnet B (auf das Gestelle hingelegt, wie Fig. 19. zeigt), auf ihn eiuwirkt. 3. die Schwingungs -Dauer T, des Magnets B für sich allein; 4. die Schwingungs-Dauer 7’, des Magnets B, wenn der Ma- gnet A auf das Gestell gelegt ist. Bezeichnen wir die magnetischen Momente von A und B mit M und M‘, den absoluten horizontalen Magnetismus der Erde mit X, das Moment, welches bei der zweiten und vierten Operation der feste Magnet auf den schwingenden ausübt, mit AMM, 63 k'M M', so erhalten wir durch diese Operationen die vier Gleichungen: ’ — ER MN — Er MELEMM—T = T,: M A == ee ß TIER MXEKNMNM=T7 wobei vorausgesetzt ist, dass die Schwingungszeiten auf unendlich kleine Bögen reducirt sind. Die drei ersten Gleichungen geben VEIT M mark 4% 403 \ Aus den zwei letzten Gleichungen und der ersten erhält man auf ähnliche Weise x _eYER ,vV®zı T,* Vv u ı© Ti? —d Nothwendig ist es, noch auf die Temperatur Rücksicht zu nehmen. Nennen wir desshalb M,, Mg, has Kos Ko; K', die Werthe, welche der Temperatur 0° entsprechen, und £ die Temperatur, bei welcher die Beobachtungen vorgenommen wurden, so müssen wir 64 M=ZM,(i— ei) M,.= MM, —.eH k=K&k, (4 — 3ßi) K Zk, (1 — 3ß0 KR RM, 4 290 K=R, Mi 289 setzen. Dabei bedeuten «, « die Temperatur- Coefficienten der Magnete A und B; P, £' die Ausdehnungs - Coefficienten des Mes- sings und Stahls. Setzt man nun, um die Formeln so viel als möglich zu vereinfachen so hat man 0 MZGB-BHE] T; tgr “= Elt+ @#48+B) 1 x aeg T, tge' r „= +le+4B+B N. Es versteht sich wohl von selbst, dass auf Reisen die hier ange- gebenen Operationen nicht etwa an jeder Station, sondern nur an den Hauptstationen auszuführen sind: an den Zwischenstationen begnügt man sich mit einer einfachen Schwingungs- Beobachtung, wie sie eben in der ersten und dritten Operation beschrieben wor- den: man interpolirt alsdaun den Werth von «, oder uw,’ aus den Beobachtungen der Hauptstationen, und berechnet die absolute In- tensität nach den Formeln x A en (+ +29 #) Re Bunter (BE u, T, 65 Bei diesen Formeln ist vorausgesetzt, dass keine Aenderung in dem Stande der Temperatur und magnetischen Intensität, während der Beobachtungen, vorgegangen ist, auf welche es nöthig wäre, Rück- sicht zu nehmen; ferner, dass der Einfluss der Induction. immer derselbe, und die deshalb nöthige Correetion in die Constanten ein- gerechnet sey. In den am gewöhnlichsten vorkommenden Fällen werden diese Voraussetzungen eintreffen, mithin auch die ganz ein- fachen Formeln, wie sie oben dargestellt sind, anzuwenden seyn. Will man aber auf die Aenderungen der Temperatur und Intensi- tät, und auf die Induction streng Rücksicht nehmen, so verwandeln sich die ursprünglichen vier Gleichungen in folgende: Eee ee K,(i+2B't,) Ms 1 M, X, U —et,) ((+n, ( 1+: x -+ os et MM, et) et JO BBt)(i+ Re + 3) =® RK, (1 + 2#'t,) I, 2 RU im (lite na MX, A — et) Ha) (+ te) Mm o —k HM, (—at, 1—et,) A-3Bt) AH + = m) m, I Fein: Hier sind die Ablesungen des Variations-Instrumentes mit n, n,...- die Temperaturen des Magnets A mit f, £,...., die Temperaturen von B mit #, #,.... bezeichnet und angenommen, dass das messin- Abhandlungen d. I. Cl. d. k, Ak d. Wiss. V. Bd. I. Abthl. 9 66 gene Gestell dieselbe Temperatur, wie der darauf liegende Magnet habe: ferner bedeutet 7 den Werth eines Theilstriches des Variations- Instruments und 2X das durch den horizontalen Erdmagnetismus in 4 indueirte magnetische Moment*). Die analogen Bezeichnungen z’X, zkM... bedürfen kemer besondern Erklärung. Betrachtet man die Factoren I+kGH 4a, I Hk +: welche der Natar der Sache zufolge immerhin sehr nahe constant seyn werden, als in %‘,, k, eingeschlossen und setzt 0s2—% (+de +), —,))ı+4a, —n,))A—?hr a cosz’ —. (+ Üe+Pylt, —t,)) (1 +3 (n,—n,):) A—R? 2) so ergiebt sich == 1 ur 3 a (r; ee ",)) [ei 5 pr t,) di za Pr,) este 3) — ki m) (1—-4@ +n2,);) wetter, +) A+EBF,)A + PR) Kl u a wet t+r3m—n,) i) *) Hier hat # dieselbe Bedeutung wie u oben S. 15. 67 = eh (1+$e(, —t)) a +PBt)Ga — Pt, A—HX (tm) - Ak) —t@, +n,),;) we Otte HI AHER) A HB) (+4 Ku) mer =) (+40, —.n,):) Hiebei haben die Grössen Ü',, Ü, u, w#, dieselbe Bedeutung, in welcher sie oben bereits gebraucht worden sind. Es ist vortheil- haft für die Rechnung, und auch möglich, die zwei Magnete so nahe gleich zu machen, dass die vorhergehenden Formeln eine viel ein- fachere Gestalt annehmen. Nachdem nun die Form der Gleichungen entwickelt ist, wo- durch man eine Bestimmung der absoluten Intensität erhält, so bleibt noch übrig anzugeben, wie man die darin vorkommenden Constanten bestimmen könne. Zu diesem Behufe ist es zu- erst nöthig, die Schwingungen eines Magnets zu untersuchen, auf welchen ausser dem Erdmagnetismus ein, nach der oben beschriebenen Art, festgemachter Magnet einwirkt. Es sey ab (Fig.22) der magne- tische Meridian, N 8 ein schwingender, N 8’ ein festgemachter Magnet, e und c‘ ihre Mittelpunkte, «' b‘ die Linie, in welcher der Magnet N S’ zuletzt zur Ruhe kommt, und man setze « cc — 5, a sauer AB= Bo, cc = Ac=zrnrBc = r. Werden die magnetischen Elemente A und B mit dm und dw‘ bezeichnet, so hat man ihre Anziehung =. Au Ze u und das Moment der Drehung um den Punkt — aan (PD Nun ist aber 0 — AD? + BD, BD — p# n ® 1 esin (u — $) + vr sin(u —g), AD=e cos (u — 5) + r’ cos (u — 9) — r, also das obige Moment g* dm dm! [er sin (u — &), + pr sin (u — e)] le + 2 er cos (E— 0) — 2 er cos (u— &)— 2 rr' cos (a—o) Hr? +r2]3 3 Integrirt man diesen Ausdruck für die ganze Länge der beiden Magnete, und setzt das von dem Erdmagnetismus ausgeübte Dreh- ungsmoment MX sin (u— vw) hinzu, so hat man das vollstän- dige Moment, womit der Magnet NS sich der Mittelrichtung «'b’ zu nähern sucht: und dieses ist der Beschleunigung — K TE gleich, wo K das Trägheitsmoment des Magnets bedeutet. Mul- tplieirt man die hieraus hervorgehende Gleichung beiderseits mit du, und integrirt, so erhält man: Re = = Const. + MX cos (u— y) dm dm! N: V 14 27° cos en) cos u — &) — am cos ROTEN —— — Const. + MX cos u cosy + MX sin u sinw e dın dm! MV Rene HE en) co vodlz 4 Fur sinn ("sin &4 sing) Entwickelt man diesen Ausdruck nach Potenzen von sinz und cosu, so erhält man, da die geraden Potenzen von r und r’ durch die Integration wegfallen 4K“: — Const. + 4 cos u +Bcos® ut cs u-+. Me + 4 sinu + B: sin 3u + U sin du +... 69 Eine Vereinfachung wird noch möglich durch die Bedingung, dass der freie Magnet in der Linie a’ b’ zur Ruhe kommt; in Folge dieser Be- . apa d2 : dingung muss nämlich 7, — 0 seyn, wenn «u — 0 ist, wornach man erhält A’ — 0. Was die übrigen mit höhern Potenzen von sinz multiplieirten Glieder betrifft, so enthalten sie Producte von sing und sin 5, in derselben Dimension, wie sinw, und können, wenn jene Winkel innerhalb der Gränzen bleiben, die unser ge- ‚genwärtiger Zweck voraussetzt, vernachlässigt werden. Man hat also ur dın dm! 0 cos &-+ =; 605 e) 41=MXcosy— 2 GET e: ji gi rr' dm dm! En cos & EL cos e)" B>- = — re ee} _-rr! 5 dm dm! cos & — eos o C=—8% < 8 r?-+r'? wi ig > + 2T 00s (9) + — und wenn Ah den Schwingungsbogen bedeutet du: 1 RT — A(cosu—cosh)+B(cos?u—cos?h)+C(cos >u—cosöh)—+.. woraus, weni cosu—=1-— «@?sin?2r und cosh = I — «e? gesetzt wird, folgende Gleichung hervorgeht: at dr (1 —la2sin?2) 2 VK VAFSB+50- er BB+1 0) Fein“r)Fa' (BF 10C) (I-Fein a4 sin'e). 70 Hier ist A +3 B + 5 Ü das Moment, welches der Erdmagne- tismus und der feste Magnet auf den freien ausüben, wenn dieser in unendlich kleinen Bögen schwingt, und daher dem obigen Aus- drucke MX + %k M M' gleich. Wir wollen der Kürze wegen dafür im Folgenden Q setzen. Integrirt man die eben gefundene Gleichung zwischen den Grenzen u — + Ah, u — — h, oder 3 B-H10 n - 7 — 4 n, 2 3. g,und seizt = PNE — 4, so erhält man die Be- I stimmung der Dauer einer Schwingung T' wie folgt: WO— 11402 (+6m) +6 7m? -—-13m— 400 — 5t9+- ayK wofür ich der Kürze wegen schreibe He ER —=1-+ ta ?e+bet Um nun weiterhin zu entscheiden, welche Glieder in der Ent- wicklung einen merklichen Einfluss haben, nehme ich au, dass die Entfernung e des festen Magnets seiner doppelten Länge gleich sei, wobei MX = Em — 0, seien, wornach man hat: seyn soll, dass ferne $ = v= 9 em mm! m M, -15M,M, | 45M, — jr Na aM, ; =, Az [2 nr ni m + ei C m: mm + sm) emmert 5a | B= es > M ze 2m MMm' ) 22mm 365.1 Mm, C e® I6n er Mm Setzen wir in dem Gliede 5 «* den Schwingungsbogen — 20°, so erhalten wir: b«* —0.00319 m? -— 0.000738 m — 0.022725 —+ 0.000127 71 Wäre nun die ganze Kraft in den Endpunkten der Magnete ent- halten, so hätte man sehr nahe D 2 “1°. n =4, 2 = 2, mithit 2 m 100° b e* — 0.0008 — 0.0003 — 0.0004 + 0.0091 = + 0.0002. Wäre dagegen die Kraft gleichmässig von der Mitte zunehmend, C so hätte man nahe » — 0,28, 0 = 745, mithin b «* — 0.0002 — 0.0002 — 0.0002 + 0.0001 = 0.0001 Bekanntlich ist die Vertheilung der magnetischen Kraft in den Nadeln verschieden, aber jedenfalls so, dass das Resultat der Mo- menten-Berechnung zwischen den beiden erwähnten Hypothesen ent- halten ist. Der Einfluss des Gliedes b «* ist demnach, wie auch immer der Magnetismus vertheilt seyn mag, so gering, dass man ihn füglich vernachlässigen kann; es muss überdiess bemerkt werden, dass der Einfluss noch viel kleiner wird, als die obige Rechnung giebt, wenn man immer mit nahe gleich grossen Schwingungsbögen beobachtet; in diesem Falle ist der vernachlässigte Einfluss des Gliedes b«* in die Constante % eingerechnet. Die Gleichung wird also seyn: wobei man den Bogen für den Sinus nehmen darf, weil der Unter- schied noch bei A = 20° wohl ausser der Beobachtungs-Grenze fällt, und überdiess der Einfluss auf die eben angedeutete Weise com- pensirt wird. Bekanntlich nehmen die Schwingungsbögen in geometrischer Pro- gression ab: nennt man also den Quotienten, der immer wenig von 72 der Einheit sich entfernt, g, den ersten Schwingungsbogen A, und S, das Zeitintervall zwischen dem ersten und »ten Durchgang, so hat man [E) s,vo a ige En. NE ge an » Bedeutet S,, das analoge Intervall zwischen dem zweiten und (n + 1)ten Durchgang und wird nur jeder rte Durchgang beobach- tet, so hat man Werden die Intervalle S,, S,, Sy » - - S;_, zusammengesetzt, so ergibt sich: StHSs +. 208-0 VO for a2 1-p?n In zYK - & m Ss 1 > [3 S,+ 8, +8. +84 In Die Grösse ist die aus zwei Beobachtungs- reihen unmittelbar abgeleitete Dauer einer Schwingung. Bezeichnen . . . 2 P wir diese mit © und den Factor von = mit 42 und setzen anstatt 0 seinen Werth, so erhalten wir MX+ MM ( 1+54+% + My or eine Gleichung, welehe der Form nach mit den am Anfange gegebenen Gleichungen (2) und (4) und wenn man M' — o setzt auch mit (1) und (3) übereinstimmt: wir schliessen daraus, dass die reducir- o a = x a ’p il Tr = ar ten Schwingungszeiten 7, T, T, T, die Form ER 173 Was die Grösse. H betrifft, ‘so: ist sie kleiner, als der An- fangshogen und grösser, als der Endbogen, und wird daher irgend einem Bogen zwischen dem Anfange und dem Ende gleich seyn. Wir wollen 7 den Reductionsbogen nennen und annehmen, dass dieser Bogen nach der »nten Schwingung ‚eintreffe, demnach. wird H — hg", und dem Vorhergehenden zufolge q 2m seyn, worans dann der Werth von »» abgeleitet werden kaun. Ich habe durch vielfache Versuche gefunden, dass der Werth von q für denselben Magnet constant bleibt: diesen Umstand kann man be- nützen, um den Schwingungs-V ersuchen eine bequemere Einrichtung zu geben, als früher gewöhnlich war. Anstatt nämlich die Schwingungs- weite am Anfange und Ende zu beobachten und daraus die Reduction zu berechnen, kann man nach dem Vorhergehenden den Reductions- bogen H unmittelbar beobachten, und mit dem Argumente « H die Re- duction sogleich aus Tab. X entnehmen. Die Berechnung des Werthes von m, die nur ein für allemal vorzunehmen ist, erleich- tert Tab. XI. Was die Grösse « betrifft, so ist sie — 1, wenn auf den schwingenden Magnet nur der Erdmagnetismus einwirkt: unterliegt der schwingende Magnet zugleich der Anziehung eines zweiten Magnets, so hat a einen Werth, der’ grösser ist, als die Einheit, den man aber nieht wohl theoretisch bestimmen kann. Es ist aber nicht schwierig, durch Beobachtung dazu zu gelangen. Hat man nämlich bei einem grösseren Bogen MH die Schwingungsdauer 9', und bei einem kleineren Bogen H die Schwingungsdauer © ge- funden, so ist f q a nn — ee woraus «4? — 16 mn BE Abhandlungen d. II. Cl. d. k. Ak..d Wiss. V. Bd. I. Abth. 10 74 Die bisherige Entwickelung setzt uns in den Stand, die wahre Schwingungsdauer eines Magnets aus der unmittelbar beobachteten abzuleiten, und somit die Werthe von 7, T,, T,, T,, welche in den Intensitäts-Formeln vorkommen, zu bestimmen. Diese Formeln enthalten ausserdem noch Constanten, welche theils von der Distanz der Magnete, theils von ihrem Trägheits-Mo- mente abhängen. Es wäre nun zwar nicht schwierig, den Apparat so einzurich- ten, dass er auch zur absoluten Bestimmung dieser Grössen dienlich wäre, dadurch würde er aber gerade seinen Hauptvorzug, die Einfachheit verlieren. Es ist desshalb zweckmässig, die Constanten dadurch zu bestimmen, dass man Beobachtungen in einem Observa- torium vornimmt, wo. die Intensität bereits genau. bekannt ist. Wir haben noch über die Grenzen und den Einfluss der Winkel w,g.5, das Erforderliche festzusetzen. Was den Winkel y betrifft, so kann man dem Instrumente ohne Schwierigkeit eine Lage geben, wo er — o wird; giebt man alsdaun (worauf bei der Construction des Instruments Bedacht genommen ist), dem festen Magnet immer dieselbe Stellung, so haben 5 und g constante Werthe, und wenr man die höheren Glieder vernachlässiget, so erhält man für den ge- genseitigen Einfluss der Magnete einen Ausdruck von der Form pMMW 4 MM [3 cos (5 — y) cos & — cosgy]; setzt man alsdann A— p'+ 3cos(£ —g) c0osE— cosg, so bleiben die obi- genFormeln sämmtlich ungeändert. Die Winkel g und 5 (so lange sie natürlich in den hier leicht erreichbaren Grenzen eingeschlossen sind), haben also nur auf die Constanten-Bestimmung, nicht auf die Intensitäts-Messungen selbst, Einfluss. 75 Ich habe viele Versuche angestellt, um den praetisch leicht er- reichbaren Grad von Genauigkeit zu ermitteln, und halte es immer- hin für möglich, bei vortheilhafter Einrichtung der Beobachtungen und unter günstigen Umständen mittelst des Schwingungs-Apparates, die horizontale Intensität bis auf einige Einheiten der fünften Zif- ferstelle bestimmen zu können. Die am häufigsten vorkommenden Umstände, die man als ungünstig zu betrachten hat, sind: schnell wechselnde Temperatur, schnelle Aenderungen der Intensität selbst und starke Luftbewegung, wodurch ein Schwanken des schwingen- den Magnets und eine unregelmässige Abnahme der Schwingungen bewirkt wird. Was die vortheilbafte Einrichtung der Beobachtung betrifft, so begreift sie in sich ausser den gewöhnlichen Bedingung- en, insbesondere die Grösse der Schwingungsbögen. Ist der Schwing- ungsbogen zu klein, so kann man nicht mit der nöthigen Schärfe die Durchgänge schätzen, und ist er von bedeutender Grösse, so wird die Reduction auf unendlich kleine Bögen unsicher. Mau darf annehmen, dass bei Bestimmung des Schwingungsbogens immerhin ein Fehler von 4° leicht möglich ist, nun entspricht ein Fehler von 40, wenn a — 1 istund der Bogen 25° beträgt, dem 4000sten Theil der ganzen Schwingungsdauer: ist aber, (wie bei meinen Anpa- raten) @ = 2,85, so macht 4° bei einem Schwingungsbogen von 20 ® schon 4, und bei 10° noch z,';5 aus. Bestimmte Vorschriften sind bier nicht festzusetzen, weil die Abnalıme der Schwingungen verschieden ist: es wird übrigens genügen, die Wichtigkeit dieses Umstandes angedeutet zu haben. Folgendes Beispiel wird das Verfahren erläutern. Als Constan- ten des angewendeten Schwingungs-Apparates hatte ich gefunden: & = e#=>0.0008 ;@ 72,855 RER, =" 0.029710 ferner war gegeben: P = 0.000045 = 0.00002335 ? = 0.000112: 10* 76 Daraus findet man, (ohne Rücksicht auf Induction) log. cos e— log. 7', —logT', + 9,2 (f, —t,) + 2,6 (n, —n,). le. X — 0.02910 — log. T, — log. tgx 7 8,7 (f, — t,) N re Ba I a log. w, — log. tgz — log. DT, + 87 (f, + %,) 1548, + 06 f, + 36 (n, — n,)- Die Coeflieienten der verschiedenen Correctionen sind in Ein- heiten der fünften Logmarithmenstelle gegeben. Folgende Beobachtung wurde am 28. Februar 1845 gemacht: Magnet A. allein f. Reihe » +» 2, Reihe --.» 3. Reihe -:»- 4. Intervall » + + 2. Intervall 9113.29. 18.46%,7 24.2947 543,8 5.43%,0 13,1 57,0 40,0 43,9 43,0 23,4 7,2 "50,1 43,8 42,9 34,0 17,6 0,7 43,6 43,1 44,1 27,9 10,8 43,8 42,9 54,5 38,2 21,2 43,7 43,0 4,8 48,3 31,2 43,5 42,9 15,1 58,8 41,9 43,7 43,1 25,5 9,0 52,9 43,5 43,0 36,0 19,4 2,3 43,4 42,9 9416.10” 9u2155" 5.43,67 5.412,98 Bogen — 130 Bogen = 7°,5, Das erste Intervall giebt (nach Abzug des Reductions-Logarithmus 0.00139) für T, log. T, = 0.53475; aus dem zweiten Intervall erhält man log. T, = 0.53480 im Mittel also log. T, 0.53478. Auf ähnliche Weise wurde für die Schwingungsdauer des Magnets A mit B gefunden log. T, — 0.25626 77 und für die Schwingungsdauer des Magnets B allein log. T, — 0.5309. Die Temperatur war 00,0 und änderte sich während der Dauer der Beobachtungen nicht merklich: eben so hatte keine merkliche Variation der Intensität statt. Aus den vorhergehenden Zahlen folgt: X — 1.9375 log. u, = 9.67998. Tabellen. Monatliche Mittel der Declination und Horizontal-Intensität. Tabelle 1. | Deeclination | H. Intensität | | 1843 | 1844 1845 | 1843 | 1544 | 1545 Januar . |16°. 43,22'16°. 36,83 16°. 29,84 1.9335, 1.9379| 1.9376 Februar 42,43 36,16) 29,55| 1.9329, 1.9369) 1.9393 März Ar 22,9) 35,67] 29,31] 1.9338) 1.9365 1.9396 April .. 41,98, 35,35 28,25| 1.9347) 1.9364, 1.9385 Mai. .. 41,73 34,17 28,06 1.9360 1.9375! 1.9390 Juni 41,36 34,12 27,50] 1.9362| 1.9380) 1.9386 Juli... 40,89 33,13) 237,18] 1.9359! 1.9386| 1.9390 | August . 40,11. 32,90 26,73 1.9360 1.9380] 1.9391 Septembr. 39,44 34,52 25,58] 1.9349| 1.9374) 1.9380 October . 38,58 32,28 24,46! 1.9360) 1.9368) 1.9385 33,35, 31,63 23,84] 1.9366, 1.9371! 1.9397 37,36, 30,98 — | 1.9368) 1.9373) —— November December 18 (Stunden Morgens.) Mittel | | | | | | | | Monat. jderger., 14 | 1a 116% | Zul 86 7 gen Th 12% le |. [80 0) 0 | Tabelle II. £ Täglicher Gang der Declination 1843 | Januar - + | 1.37 ‚0.65 1.2112.05[1.73/1.60 1.21 11.0611.9513.35| 4.10 ‚Februar . 1 1.87 !0.80.0.96/0.9911.03/1.13|1.27|1.4512.34 3.76, 4.84 März... | 2.28 '1.15.0.91/0.90|1.19)1.00!0.05|0.00|1.52'3.99| 6.19 April ...1 3.18 12.05|2.15|1.4610.76/0.83 0.0010.77[|3.06 6.19| 8.57 Mai ... | 3.57 /2.10|2.0611.97|1.0410.011|0.00 1.27|3.32|6.67| 8.60 Juni .... 1 4.01 12.81,2.51/1.9610.57/0.01/0.0010.81|3.34.6.19| 8.66 Juli... 1 3.64 |1.99|11.77\1.68,0.65|0.00 0.3811.43/3.23|6.01| 8.31 August... | 3.64 2.32 2.15/1.84/0.80/0.00/0.04|1.83/4.27,6.93| 9.15 ‚September 2.57: 1.20 .1.382)1.6210.69/0.29/0.0810.73|3-15/5.85| 8.16 October 2.22 11.1411.12]1.59)1.47/0.88|0.07[0.28\2.45/5.68| 7.11 November | 1.85 ‚0.84|1.51/1.441.08|1.21,0.89|1.07|2.313.59| 4.67 December | 1.82 11.10 1.89|1.73,1.77/1.57 1.481.36 2.40 3.24) 4.09 1544 Januar .. | 1.76 0.89 1-20,1.68! 1.50 1.62|1.5511.95|2.58|3.40| 4.14 Februar 1.73 |0.300.68|1.2011.11'1.2811.4511.82)2-4813.63| 4.68 März . 2.06 1.55.0.90/0.3911.1811.25)0.09|0.10 2.16 |4.65| 6.47 April 1.331 2.30|1.50/1.73|1.69/0.49/0:00/0.58|2.5415.41! 8.18 Mai ... | 3.13 [0.8411.6211.55/0.52)0°02|0.00[1.03 3.139.45, 7.47 ‚Juni 4.22 |3.142.77\2.16,0.61/0.00/0.5312.01 14.36 1.03) 8.94 Juli. 3.71 |2.61|2.52\2.11|0.00/0.09/0.53|2.11/4.04 6.47| 8.24 August 1 3.50 ,1.95,1.94|1.29|0.430.00/0.17 12.52/4-.95|7.21| 9.06 September | 2.92 11.44 1.49 1.60/0.940.54|0.60|1.86 4.36 7.16| 8.87 October .. | 2.38 ‚1.40,1.48 2.83[2-95|2.1411.22)1.04 2 955.60 7.33 November | 2.19 '0.3911.1312.15/2.1712.2812.04|2.25 3.13)4.60| 5.65 December | 1.71 '0.88|0.792.05|1.82}1.81 11.46 1:50 .2.2813.08| 4.22 1545 Jannar 1.96 0.76 0.384,1.20 2.07 2.36 2.34|3.26 3.86 4.27! 4.86 Februar 1.68 '0.36.0.88|1.39|0.88|1.20.0.9311:23)2.08 3.38 5.26 März . 2.57 \1.47|1.2711.40|1.59 .0.78'0.000.35|1.98/4.33|. 6-82 April 4.64 3.59|3.1312.99| 2.34 11.2210.00 '0.4013.33 6.58110.32 Mat“. 4.37 \3.40 2.95: 2.95 0.77 '0.00 0.06 2-44 5.30,8.13110.25 Juni ... | 5.10 14.24|3.36|2.74,0.40.0.00 0.46 2.11 5.08|8.16 10.31 19 (Stunden Abends.) | | 4b | Jh ah | in Minuten 1843, 1844, 1845. 1.76 2.10 2.20 2.82 3.49 4.07 | — | 0.69 0.29 0.01 0.71) 0.72 1.46. 1.05] 2.951 2.46 3.24| 3,41 4.00 2.43| 2.02 3.31 2.36| 2.69 2.08) 1. 0.08) 0.00 1.81) 0. 0.57| 0.00 1.76| 0. 0.00) 0.42 1.06| 1.0: 0.06 4.36 3.16 5.08| 3.83 7.05, 6.06 9.24 7.43 h 8.99| 7.59|-5. 14.10.06 8.78 .48| 8.24 1-62 6.23 4.30) 2.53 2:72 = + sen nn J-voeonveo nos re = > VOLVO =- I VD ROT BERN Siömanpr» 2.15 2.14] 2.05\ 1:70) 0. 0.00 3,13) 2.02) 1: { u 0.00 4.73| 3.13 2.02) 0.95) 0. 0.62 7:42) 5.67| 4:4l 3. % 1.98 2.18 6.86| 5:57| 4.36| 3.48) - 2.68 2.11, 1.67 8.00| 6.69| 5.21| 4.4 | 3.76 3.46 7.53) 6.00) 4.77| 4.36 2.93 2.62 7.53| 5.35| 4. D} 1.96. 2.24 6.25) A21| 2.47 2 1.26 1.23 5.10) 3. 242. 0.00 0.55) 3.63| 2. .06| 1.72) 0.02! 0.00 2.66| 1.71| 24: Bi i 0.07| 0.00 454 3.81 2:89) 2.78) 2.58) 1.241 — | 0.54 -— 0.02) 0.07| 0.00 5.62| 4.78 3.40| 1.83| 1.931.291 — | 0.46) — 0.00 0.14 0.38, 8.26 7.39 6.32] 3.97| 2.32) 1.64 — | 1.56 — | 0.681 0.82) 1.48 11-.93|11-:57| 9.53 7.38) 5.97) 4.34 — |'3.65| — | 3.22] 3.36] 3.44 10.94|10.07| 9.22) 7.08) 5.451 414 — | 4.04 — | 3.76) 3.74] 3.54 11.19/11.09| 9.34| 8.00) 6.64) 5.37) — | 4.88] — | 4.64| 4,59! 4.36) Novemb. | 2.31 | 1.60 aA 2. 15 1.77 1.20 1.39)1.80 3.34 4.83| 5.66 F (Stunden Morgens.) 1 2 RR Monat |d. ger-| 1 "d p* | a" | Bat az Ba, ao: [aa 12 I tund | | | | | ER 1825 | | Rs | a EE Soli... 14.18] 2.921 2 = 2.62) 0.61, 0.13 et 3.49 August . | 4-47 | 2.87| 2.50) 2.94) 0.85 0.00 0.90 2.6215.09 7.89 10.18 Septemb. | 2.46] 1.51 0.98 0.90| 0.34| 0.09| 0.00|1. October | 2.63 | 0.85) 1.40] 1.98] 1.85] 1.03| 0.00/0.16.2 415.54 7.42 December = —| — |) —'0.51 0.47] 0.35/0.00 0.59|2 16) 3.14 Tabelle IH. Täglicher Gang der Horizontal- 1843 Januar 2.23] 260, 2.74| 4.08| 5.54 6.32 D- 1 3. 06 0.96, 0.17 0.00 Fehruar | 2.51| 3.74) 2.65| 2.41| 3.28 3.53| 3.42)1.69 1.21 0:00 0.57 April . 1:98] 9. np] 9,48| 8.22) 8.29) 7.63 5.65'1.48.0.00/11.74| 4.66 Mai... | 9.31111.03 10.08| 9.46) 7.46, 4.07| 1.48:0.00 1.142.80| 6.22 Juni . . 110.70113.62 12.12]12.0510.52) 8.17, 4.72 .1.30.0.00/0-.97| 3.67 Juli... . |11.44115.77 14.82|13.98/11.76) 9.67, 6.19 2.76 0.00 0.12] 3.38 August . 113.19|17.83 15.9615.59111.6210.08 5. 21'1.98.0.00 2.57| 7.79 ‚Septemb. 11.20]14.63 15.07114.60 12.89) 9.98 6.012.483 0.00 1.51) 6.60 ‚October | 9.35|12.60 12.02|12.63|13.60111.23 6. 812. 370. 290.00, 2.76 'Novemb. | 3.86] 4.49 5.28! 6.08 6.71| 7.00 4 9112.09 0.36 ‚0.00. 1.46 December! 2.80) 1.94, 2.41| 4.99) 6.01! 7.43 7.134. eb 1.01 0. 73|' 1:82 1844 Januar . | 3.59] 3.07, 2.75| 4.66) 6.72) 7.02 .08 2 ı4/0.00) 1:93 Februar | 2.08 2.02 0.72) 2.00) 3.94) 3.82 95 1.91.0.73) 1.09 März .:. || 6.12] 8.47) 5.74] 7.03| 7.01) 7.00 73 0.32.0.00, 2.39 April . . | 9.94]14.04 13.11110.3912.36) 8.34 520. .00 1.94| 4.37 Mai .. | 8.70110.52, 9.74| 8.40) 7.63| 5.02 .00 0.97 3. 02) 5.69 Juni... |10.18112.48.12.53/12.05) 9.26) 6.68 | 3.47| 4.91 Juli .. 111.01j13.78,13.52,13.55| 9.82| 7.55 5.1.21.0.00:1.64| 5.05 August . |13.50 17.89)16.27114.85,11.12| 8.57 Septemb. | 9.85j14.14.13.26,14.35 11.32 7.99 October 9.30112.23,12.31/14.5213.01 10.72 Novemb. | 3.59] 4.94 4.55] 6.23) 6.24 71.50 December] 3.22) 3.48, 3.47| 5.08) 7.08) 6.98, 00 1.2314.24 8.80 .29 0.000.744 4:78 .53 .0.00/0.32| 3.82 .14'2.3511.74 1.85 .08'3.7613.08| 3.56 BROSTFTUDOOTO—n ee — 10 Morgens | — 20.8 | + 18.6 15. 3 Abends — 5 Abends — 1635| + 15.5 Fu. a Lat — 107 fe) Er) a; 10 „ -- 20.2 —— 19.6 Be er 17 7 » — 98 > —175| + 144 Abhandlungen d. II. Cl. d. k. Akad. d. Wiss. V. Bd. I. Ahthl. 12 Zeit 1843 Octobr. 16. 10" Abends Novbr. 1844 Febr. 26. 27. 7. 13. 12 Mittags 1 Abends 41 Morgens 2 Abends ” Morgens Abends ” > N acıhik Abends Morgens Nachts Abends ” Nachts Morgens ” ” Abends ” 3 7 4 8 3 i>) 4 7 2 3 6 2 2 1 5 6 7 0 3 2 7 8 g 1 3 5 8 2 4 ” — 12% Nachts ” Morgens - 2 10 5 10 Po ei fein ABO HIUMrMOSOWD UIID UWON mi Abends ” Morgens Abends ” „ Morgens Abends Morgens „ Abends ”„ „ Nachts Abends Morgens ” Morgens | Intensität +++ | ET LS Teer ee Inclination | 1844 März 30. April 2. Juni Juli 17. Zeit 7" Morgens 8 » 10) 7 „ 10) Gupn 4 Abends 6 Morgens „ Mittags Abends [N ” Morgens Abends Morgens Mittags Abends ” fin je IQOWVvVvrvVr- Van <= ” Morgens „ ”„ 12 Mittags 11. Abends 6 Morgens 12 Mittags 12 ” ” 2 Abends 6 Morgens 12 Mittags 11 Morgens . 12 Mittags redete 9 Morgens 10 „ 12 Mittags 9 Morgens 12 Mittags 6 Abends 8 Morgens ”„ ” Abends ”„ 1 > DAVOR VOVVVUIMrrDTRrODUI DV RrIODDDT OD Morgens Abends ” ” Morgens Abends Morgens Abends Morgens Abends „ Morgens Abends ”„ ” Intensität | Inclination HH HH HIHI TH IHHIH | 21.7 16.3 15.1 19.8 23.2 17.5 41.0 44.2 35.4 22.3 29.1 16.7 15.3 16.7 25.8 16.8 26.2 25.9 17.1 20.5 15.6 15.1 15.3 23.3 16.0 18.2 19.6 19.2 17.0 17.4 16.2 18.5 16.1 18.5 2] IIFFIPI I Me ala De ii * 9 | | | | 92 Intensität |Inclination | 1844 August 1. 3"Abends — 5"Abends +.21.0 | — 155 - » 6 » — 18.6 | + 16.9 4. 7 Morgens — 9 Morgens | — 16.2 | + 11.5 9. 2 Abends — 4 Abends —+ 19.0 | — 12.5 18. 12 Mittags 12 „ 4173| —4230 22. 2 Abends — 4 — 41.8 | 416% 23.—1| sau 3- ung Bu | — 158 a ee 7 ET. 29.401 „u —42-Nachis |’ + 155 | — 15.4 30.. 6 Morgens — 8 Morgens | — 19.2 | + 14.1 7 = 9 u — 21.6 | + 16.6 2 Abends — 4 Abends + 195 | — 141 Septhr.. 1. 8 Morgens — 10 Morgens | — 15.6 | + 10.1 15.68. ud 8 —.42.2 | + 182 12 Mittags — 2 Abends + 16.1 | — 12.0 20... 9 Morgens — 11 Morgens | — 19.7 | + 16.2 10 »“ — 12 Mittags — 176 | + 15.4 42 Mittags — 2 Abends + 20.3 | — 15.6 | 1 Abends — 3 Ar + 163 | —124 1! | 8] augıoli 2 10- ug 41.481 | — 16.3 22. 2 Morgens — 4 Morgens | + 26.2 | — 26.7 | al abosdir .6- , 20.6 | + 20.6 | BB 19:2 | 4.457 gl engyroltt 10- ch H-.4638| — 142 | 35.46], au 8. — 24.0... .-+-: 20,7 2 Abends — 4 Abends —.15.3| + 154 27. 11 Morgens — 1 2 +.15.6 |" — 18.7 29.7 an — 9 Morgens —:20.5 | + 15.7 Octohr. i. 4 ri — 6 5 —.23.9 |: 4 17.2 1 Eee Se a — MI | + 225 | 1 Abends — 3 Abends +.17.7 | — 13.5 | 6) „ — 10 ” + 22.4 | — 19.5 | ww, 8, „u. AO 49,9 | +.19,7 21.. 2 Morgens — 4 Morgens | + 20.3 | — 20.4 93 Zeit Intensität Inclination 1844 Octohr. 21. 25. 7 Morgens 26. 9 " 11 „ . 27. 10 Abends 28.12 Nachts Novbr. 3. 7 Morgens 12... -3 Abends 23. 8 Morgens Dechr. 14. -4 Abends Sc 8 ger 15. 12 Mittags 1 Abends 16. -3 " 20H en 29. 12 Mittags 1 Abends 2 ” 4 „ 30. 6 3 1845 Januar 9.8 h 9.— 10. 11 » 10. 2 Morgens 19. 3 Abends 0.1 „ 22. 10 Morgens 23. 12 Nachts 1 Abends 24. 2 Morgens 4" Morgens 6 8 9 ” 12 Mittags ”„ ”„ 4 ”„ 6" Morgens 3 10 „ Abends Morgens 1 Abends Nachts Morgens Abends Morgens Abends „ {=>} 10 a. „ Morgens Abends ” Morgens Abends Mittags Morgens Abends Morgens m - ORPRODVVVDUIBPODTDR WU UL Wm ” er THE TH AFFE ee Le BLOND a a EB Be er ET a EEE ee ee gr 4 a ji mp DR m 94 1845 Januar 24. 24. — 25. 28. 29. 24. 25. 26. März 14. 17. 18. 20. 24. Zeit 4" Abends 6 11 2 3 - on nm ”„ Morgens Abends Nachts Abends Nachts Abends m - EN MED DOORDODOVDD TV DDIE Morgens Nachts Abends Morgens Abends Morgens Abends ” ” [res 4 Morgens 3 Abends 12 Nachts 6" Abends 8 „ 1 Morgens 4 Abends B2 ” 12 Nachts 8 Abends 10 2) 12 Nachts 5 Abends ” „ Morgens ” ” Abends Morgens Abends ” Morgens m De oOoDvOorRWDIDvr-ounmn „ Abends Nachts Morgens Abends Morgens Abends ” ” Morgens ES - or Dt rhbomn— Abends 2 Morgens Intensität dee relt L LEELETTELET LIE 18.7 16.5 20.5 15.8 18.5 20.6 11.9 28.8 17.0 18.7 19.5 20.5 18.4 26.5 19.0 14.8 23.9 15.9 14.2 21.9 17.5 15.8 16.0 22.3 33.0 24.1 16.8 29.8 30.2 21.4 14.6 16.4 15.5 34.2 Inclination 16.8 13.7 17.2 15.9 16.7 21.3 16.5 29.6 14.9 19.2 20.6 21.9 18.4 22.4 19.7 15.6 20.5 11.7 15.2 19.9 14.8 14.7 14.9 21.1 28.5 20.0 14.8 29.6 30.4 21.6 15.3 15.5 13.3 23.8 HH HH HH HH IH IH I 95 Intensität | Inclination 1845 April 19. 2»Morgens — 4"Morgens 15.4 | = + 13:7 20. 7 ” Ze, ” F— 18.2 + 16.4 3 ” — 10 „ — 17.7 + 16.5 10 „» — 12 Mittags + 155 | — 14.8 | 27. 8 Abends — 10 Abends + 16.8 | — 45.7 10 e — 12 Nachts — 19.0 | + 14.6 Mai 5. 12 Mittags — 2 Abends | — 19.8 | + 22.3 3 Abends — 4 er + 26.2 | — 26.3 11. 2 „ — 4 „ + 15.7 | — 12.8 14. 4 » 43 „ + 180 | — 13.7 16. 3 5 ralo 3 +.22.8 | — 19.0 19... 2 Morgens — 4 Morgens | — 20.4 1 0#+ 1.4 24. 10 500 12 Mittags’ | +.15.0 | — 419 11 PN — 1 Abends +151| — 114 Juni 4. 3 Abends — 5 „ — 16.2 | + 14.0 5. 10 Morgens — 1? Mittags + 16.0 | — 14.3 7.11 “ — 1 Abends 4.150 | — 111 Juli 31. 10 „ — 42 Mittags + 163 | — 134 August 1. 3 Abends — 5 Abends —: 29.31) + 25.8 3. 10 Morgens — 12 Mittags + 180 | — 14.7 4.6 » — 8 Morgens | — 16.9 | + 15.7 7.6 h — 8 7; — 22.5 | + %.7 8.7 „ I „5 — 146 | + 16.4 15. 4 Abends — 6 Abends —:15.9 | + 10.9 17. 12 Mittags — 2 B + 20.6 | — 18.7 19. 11 Morgens — 1 r + 197 | — 184 26. 3 Abends — 5 a — 199 | + 19.7 30. 12 Nachts — 2 Morgens | — 16.5 | -+ 12.6 6 Morgens — 8 Ä — 224.1 90,5 31. 8 Abends — 10 Abends + 156 | — 14.3 10: 12 — 12 Nachts — 16.2 | + 13.4 Septbr. 8. 7 Morgens — 9 Morgens | — 15.9 ! + 16.6 18. 6 „ — 8 ” — 15.3 | - 16.9 ANE me MB — 15.6.) + 147 ı 96 . Zeit Sn] tens tion Inclination 1845 Septbr. 25. 6" Morgens 8S}Morgens | — 17.1 | + 16.7 i 12 Mittags 2 Abends —.18.6 | + 26.0 2 Abends 4 > + 11.0 | — 15.7 3l 25 a st 17,3 | 190 al ch 6 2 6 3 EL a9 | 2 Octohr. 20. 1 b 3 % —.152 | + 18.3 al 5 4 a — 16.81 16.5 DR RE +.121| — 15.0 auc Y, h 1.48.0 | — 188 21. 10 Morgens 12 Mittags —.458 | + 17.7 Novbr.. 3. 7 5 g Morgens —.148| + 15.1 5 2 Abends 4 Abends —.13.6 | + 16.1 17. -8 Morgens 10 Morgens | — 28.0 | + 28.7 7) 11 — 4541 [us 173 18. 4 Abends 6 Abends +.12.9 | — 15.5 28. -8 Morgens 10 Morgens | — 18.9 | + 16.7 9 3 11 —.15.9 | + 16.0 Dechr. 3. -2 Abends 4 Abends’ | — 43.0 + 41.1 3 5 5.262 | + 281 13. 10 Morgens 12 Mittags —.175| + 17.41 11 en 1 Abends —.14.8| —+ 15.8 15. 10 12 Mittags | —.21.0 | + 18.0 30. 12 Mittags 2 Abends — + 16.0 17.0 97 Tabelle VH. Beobachtungen mit dem Reisetheodoliten im magnetischen Observatorium in München angestellt zur Bestimmung der Constanten. Die Intensitäts-Zahlen n‘ nehmen ab, wenn die Kraft zunimmt. Absolute Intensität October — 1.9379 — 0.00023 (nm — 1,5). December — Februar — 1.9379 — 0.00023 (n’ — 18,3). AbsoluteDeclinationOctoher —December — 169.313 + 1505 (n— 30). Januar und Februar — 16.31,9 +1,05 (n— 30). Azimuth der Mire — 110°. 56’. 48”. Beobachtete Winkel Zeit und Schwingungs-Intervalle n' ton —n Intensität Declina- 1844. October 21. Magn. IH. 100 Schw, 3 30”,99 100 I, 3 31, 07 Magn. III. Ablenkg. (| 272° 49 212 45 145 50 146 Declination . . . 209 NEE ee 304 Magn. II. 100 Schw. 100 Schw. Magn. IH. Ablenkg. | { Magn. I. 100 Schw. 100 „ 95 Beobachtete Winkel | Zeit Magn. I. Ablenkg. (| 2739.46 275 14 40 | 14ds «087 43 | 143 58 23 Deelination 209 40 55 Mireu,d 8 04- % 304 29 . 1508 Magn. IE, A Schw. ERBEN, ule 3 DD Magn. IH. "Ahle. 145° 46! 30” 14% AR 10 271 29 13 273 45 33 Declination 209 46 37 ‚Mire . F 304 30 23 Magn. DI. "100 Schw. 2:0 1810.20 'Magn. I. 100 Schw. 37. mau, 12 100 3 39, 06 | Magen. I. Ablenke. 275° 5% m“ f \ 273 49 33 146 13 (0) | 143 4 3 Declination 209 47 4a Mire 304 30 1% October 22. ‚ Magn. IL 100 Schw. Pe: [0 100 2 3 are 5 ag IL. Ablenkg,. (13550 57 30" | 356 16 7 | 107 29 50 108 34 20 ‚ Magn. IH. 100 Schw. 3 3363 100, }, 3 33, 64 und Schwingungs-Intervalle ‘ 53” Tempe- ratur Intensität Declina- |tion—=n [6 Ko) oo 80,0 Le) [we] < or Oo od Zeit Magn. IH. Ablenkg. 100: Schw. | 100 „ Mag». L. Abhlenkg. ‚ Declination Mire . Magn. 1. Declination Mire December 26. Magn. I. 100 Schw. 100%= ;, ‚Mire R ‚ Declination ‚Magn. 1. Ablenkg. | Declinätion | Magn. I. Ablenkg. | | Declination | Mire December 31. ‚Magn. I. 100 Schw. 100 ” I Beobachtete Winkel und Schwingungs-Intervalle 1120 2% 104 111.2 40 352 36 30 3 8 57 52 A 17 146 48 30 329,65 3.29, 61 1160 31° zu 116 51 20 3418.38 3 346 2 43 52 4 N) 146. 8 37 30. 41,84 3. 41, 75 3190 26. 49" 2... Al 23 7629 10 280 44 10 173 8 17 168: 44 37 22n. 8 23 168. 44 57 173 6 N) 23018 37 76.27 47 294 -; 40 17 31905 22 3° 42440 3 10 90, 43 I | ‚Tempe- ratur Intensität. 710,8 +1,4 99 n' Declina- tonzn! | a u an Re) 100 Zeit Magn. I. Ablenkg. | \ ' Declination Maren: 2 5.020% Magn. IH. 100 Schw. 100 |, Magn. II. Ablenkg. Magnet IH. Ablenkg. \ m Declination Mire 4845. Januar 9. ‚Magn. IH. 100 Schw. 100 Magn. IH. Ablenkg. | mn Declination ie EDS. Magn. II. 100 Schw. 100-7 Magn. I. Ablenkg. Beobachtete Winkel 170° 171 230 276 224 319 au 3 174° 174 275 273 273 275 174 174 224 319 20 273 176 175 rn und let 2 S|.5 | Schwingungs-Intervalle ron E | 2 E 10, 204 35,2 24,5 55 3 2.034,01 24,5 ni 30 |+ 1991350 25.0 39 3 30,9 | 25,5 42 47 25,0 97 24 47,13 . [379 a7, 12 + 15 [360 40. 13% 29.9 | 26,1 43 40 229,0 | 26,5 33 37 |t 30 98.3 |a6,8 57 50 98.8 | 26,6 59 57 33,6 | 26,0 36 37 34,7 26,0 40 37 It %0 13579 | 960 35 57 35.6 26,1 44 23 96,2 27 5 46,66 13,0 46, 67 0,0 | 13,0 | g 40" 14,1 123,9 16 7 14,1 | 23,6 54 20 14.0 |24,0 24 47 14,1 124,0 42 20 | 23,6 97 37 48,93 16.41 48, 96 0,0 | 462 591 20” 15,3 | 24,1 14 47 15,2.|242 | 37 o.\#. 011521243 51 13 15.3 24,3 | 101 Beobachtete Winkel Wetipe = Iu& ! -|Z85 P a Io di ratur 5 | S = Schwingungs-Intervalle 185 Declination Er 2249,42 40” 24,1 ara Son. i0 NSS 319 27 40 Magn. II. 100 Schw. 3”. 48,91 +03 14,2 100*%7%, 3 48, 97 7 [14,9 , Magn. U. Ablenkg. \ 2720... An 47 | 26,3 | 27,0 1 273 44 30 30,8 | 2491 176 14 50 + 86 | 989 | 97.4 176 18 3 27,8 | 27,6 Deelination . . . 224 46 7 2:3 Declination . . . 224 47 0 25,1 Mire 4.0.6 Bar iRn> 319 3 17 Tabelle VIH. Beobachtungen mit dem Reisetheodoliten an den Stationen zwischen München und London. Die Declinations-Einstellungen sind mit D, die Miren-Einstellungen mit M bezeichnet: die übrigen Winkel sind Ablenkungen. Neben je zwei östli- chen oder westlichen Ablenkungen findet sich die Correction wegen Un- gleichheit der Winkel, dessgleichen auch die Temperatur bemerkt. Bei den Schwingungs-Intervallen ist die Zahl der Schwingungen angegeben. Die Stun- den (mittlere Zeit) werden von Mitternacht bis 24h gezählt. Die näheren Be stimmungen finden sich in den Anmerkungen. = Be- ; | Be- Ort u. Zeit =3 re merk- |Ort u. Zeit se merk- E ne ungen t | October October Stuttgart Stuttgart 24. iin 45 1 13390 2,0|M. a. |24. 14n45' 3 12500264 M. c. 2 |334 33,0,M. b, 4 | 37 565 D. | 4 102 Ortu. Zeit; October Stuttgart 24. 1445 ® I. 16° — Tübingen 26. 12: 26‘ : Fortlauf. Zahl 5.1060 2,5] 6 U I) 10 11 12 13) 14 15 16 17 18 19 20 21 20. Station: nannt. Die Miren waren a) Kirchthurm im Weiler Berg; der Stiftskirche in Stuttgart; c) Thurm der Spitalkirchein Stuttgart. 9) Beohacht- | ® ung | ! 104 1334 325 37 350 392 40 93 I 96 343 340 40 352 341 336 248 14,6 45,8 ne: ungen — 1453 +149,0 SEELE) | Ort u. Zeit | October Tübingen ‚26. 12"26‘ 1. 12546’ 136::9/ 13 15° 1. = 4 M. a. M. b. D. Pfeiler auf der Sternwarte. liche Voreilung — 12". I. Die Zeit ist in Sternzeit angegeben nach einem der Tübinger Sternwarte gehörigen Chronometer von | Kessels, dessen Correction am 28. October = — 20'.4'', und täg- | 315 183 180 1248 ‚158 63 248 248 183 179 315 316 316 306 190 191 191 190 Anhöhe südlich von Stuttgart, Haasenberg er. "0. 10. Nach dieser Beobachtung das Stativ verändert, . 21 — 54. Station auf dem Schlossberge: Mire a— Kornbühl; Mireb | = südlicher Pfeiler auf der Sternwarte; Mire e — nördlicher | Nro. 29. Das Stativ nach dieser Beobachtung verändert. Be- : |Beobacht- j | merk- ung ungen 3150 37/0 41,8 57 23,0 46,2 %2 38,2 45,5 45,9 45,8 15,3 14,6 18,3 16,3 92,7 25,7 35,4 32,7 18,6 b) Thurm N x 103 _| Be- | 2; Be- merk-| Ort.u. Zeit | == merk- 5S/ ung | ungen | iz ungen a EEE ne] October ' Tübingen 26. 13'15411306048/,6| oA ‚8. 11" 23): 60) 3° 40,51) 100.1, 42/306.) 8,8 ar 1. | 61313 gg 14" 16° 1,43|248)46,3| D. 621347 38,1 ı zuge 44158 16,2| M. b. 631121,.57,0 7. 0,% | 51 163:037,311M. a. | 641122) 56,51 9° 127. 9 | 4611680 18,1|D. | E.1165[122.58,8| 4.5, 1..15421220034,8| 9.5 0611224 4,617 50,1 48123 089,8 1 70.0) 6M347..86,0| 7 9, 49 :99.130,8 145 68 391 40,0, 50| 9590 13,2 5111660 18,3| D. IL; 701357 521339 4,8|M. a, 711359540,9| 1 22°, 53| 73 49,41 Me. 72|113:.27.2 Ay 543390 15,2) M. a. 731114 5,6 ’ 128. 12% 4: 1:55/10°43“,10) 302. I. II: | 741140 6,3| IMgA, 56) 41 46,40] 50. „, 75/413 26,0 1 50,5 + 4%,5.1157) 15 18,90] 150. „| 76\359 19405 5811 :46,40| 50. „ 7171357. 158,5 ” 11%23% | 59] 1 :50,30| 50. II. 78|5616,1)D. I Nro. 55 — 79. Station im Garten der Sternwarte zwischen dem Reichen- bachischen Höhenkreise und Kornbühl: Beobachtungen ‘nach dem Chronometer der Sternwarte. DasResultat der Schwingungen ist in mittlere en verwandelt. genommen; ‚ die Zeit int nicht näher bemerkt. 1 |Nro. 72. Im Tagebuche 116°, ohne Zweifel ein Schreibfehler. | Neo. 79. Die Mire ‚war. der Mittelfaden des Reichenbachischen Kreises, der 22’ 23‘ westlich von Kornbühl gerichtet war. Azimuth von Kornbühl —= 7° 41' 38“ westl. | 104 S_ Be- | FE Ort u. Zeit 33 Be merklilOrensZieit| 23 peohncht, |. jerkD A ung eS| uns le > | ungen | ee > ungen October | | | Oct. Nov. | Tübingen Mannheim | 28. 11"23/| 79 490 46,3) M. 31. g97| 2503052 1707 Mannheim 981139 51,0 us 991144 49,5 ’ 31. sol 82 425ID. | 1001 82 39,6 D. KR. - I. 1101144 40,8 R. 82 15 16,4 a 102/139 51,3 mi): 83|152° 32,7) 7. 103! 25 34,5 140,0 84150 55,9 2 - 404! 20° 0,5 ’ 85 82? 40,3|D. 14" 0’ 1105| 82 38,8) D. II. | 86150 49,2] __ ug 1061151 0,1[M. b. 87152 53,5 18,6 1071330 58,2 M. a. 8815239 5.4], Don sol 1 ag tr © n 90 82 40,7!D. 4. 9° 30° 11081145 39,1|D. 911150 59,7|M. b. 9" 36° |1091145 39,3| D. 92330 58,0 M. a. I. 110225 94,0 93151 0,0)M. b. 111217 48,7 1508 94330 57,9|M. a 112) 73 59,9 154.6) 13" 30° | 95| 82 39,6 D 113| 64 15,0) 79% c ANh Mi AA MAR | 1. 96) 20 63 +3 10" 0‘ [1141145 39,0! D Nro. 80 — 107. Station am linken Rheinufer, ungefähr 300 Fuss vom Damm entfernt, nahe in der Linie zwischen der Sternwarte (Mire a) und dem südlichen Thurme von Oggersheim (Mire b); diese Linie durchschneidet der astronomische Meridian des Beob- achtungs-Punktes unter einem Winkel von 86° 18' 27", eine Be- stimmung, welche nach den, im topograph. Bureau des k. bayer. Ge- neral-Quartiermeister-Stabes, vorliegenden Vermessungs-Resultaten vom Herrn Hauptmann Fıhrn. v. Varicourt mitgetheilt worden ist. Die Zeit ist ungefähr mittlere Mannheimer Zeit. Nro. 108 — 148. Station im Garten der Sternwarte vor dem Eingange u sl Be- F Be- | E= - 007 = ‚Ort u. Zeit == Beokächı merk- | Ort u. Zeit 33 ei»), merk- | Me 5 | ungen Be ka ungen November November Bonn Bonn 4. 10" 0°. 1115! 649 16,5 15445 4. 10" 47'\1134119030‘,7|M. a. I. 1116| 73 59,2 + 50,4 1216‘ |135/12/53%,80) 342. 117217 53,4 nz) + 5%1 |136| 5 39,26) 150. „ Fe 10,7 2 137) 5 39,39] 150. » 1191145 39,4|D. 15" 50° 13818 51,10 500. 1. 1201119 30,4|M. a + 40,7 1139| 5 48,32] 154. „ 121/119 28,3| M. b 16" 14° |140|,7 32,16) 144. 11. 1221119 30,5] M. a + 59,8 141 D .88,86| 192. „ 10% 30° 1123145 40,5 D. 16 40° 1142/161024,6' D. II. 1124211 22,3] 73 1. 11431219 54,0 —_ ug 125206 47,4 150,0 144/214 56,7 E 405 126| 83 22,5 1147 1451108 20,8 14149 127) 81 10,3 2 146102 8,9 ? 104) 47° roh 145 40,0/D. 147/161 22,3) D. It. 129) 1 Ir 148135 9,9|M. a. ; ; 3 131l208°°48,2| + 3,;0| Aachen 132/211 16,2 ’°° 6. 8" 17°.1149)319 11,1\D. 133145 39,7) D I. 150/250 53,8 + 847 des magnetischen Observatoriums. N Berührung, und schwächten sich gegenseitig. Nro. 149 — 177. dem Louis - Berg, und zwar Nro. Abhandlungen d. II. Cl..d. k. Ak. d. Wiss. V. Bd. I. Abth. Die Declination ist bezogen auf die zwei kleinen Thürme der Hauptkirche (Mire b rechts). Correetion des Chronometers — 29'20”. Tägliche Voreilung 3,5. Bei den Beobachtungen Nro. 108 — 134 stand der Theodolit auf einem Dreifuss, worin kleine eiserneStifte eingeschlagen waren. Nach der Beobachtung Nro. 137 kamen die Magnete mit einander in, Diese, Messungen wurden neben der Pyramide auf. 149 Nro. 156 — 164 und, nach veränderter Stellung des Theodoliten, 155 14 an einer 106 = Be- | = | Be- A . As a Ort u. Zeit == Beobacht merk- |Ort u. Zeit 2 Beobach. merk- AS ung EI tung. 1 ungen | 64 ungen November November Aachen Aachen 6. 5:17 1151/2550 44,4 0%.6.10"10'H.|172\330037 7 ' 1152| 26 35.0 15.5 173/330 42,1| | 600 153| 22 56,7 ? 1741218 57,317 146 8" 39° 11541319 10,0| D. 175/216 36,5 ’ 155,253 35,7)M. 104 85° 11761274 16,2 D. - 9» 04 156/253 10,2) D. 177|208) 37,9 M. I. 1157318 57,9] „, 1 158/318 50,7 Des is | 159/318 33,81 0,3 18. 10420 |178| 7° 444,97] 200. I. 160318 53,9 ? + 6%,81179) 3 52,42) 100. „ 1611193 230 19549 1801 5 48,64 150. „ 162179 38,4 99° 40" 49 ist] S -0,37| 200. U. 95 96° 163,253 11,3 1 60,81182| 4 0,20) 100. „ 8 1641187 37,3 183 0,19 200. „, 165.252 53,5 11. 1843090474 1045 166.187 19,6 185/311 6,0 3. D M D M. > 10" 10‘ 1167 274 15,3, D. 186) 59: 31,8) +18 25 1. IL |168 216 34,1 187) 1610045,2) 7 19 169 318 53,4 15815 33,6 D. 170330 45,3 - m. 1150| 61 495 En Ar 0,0 ( = — 145 I 36,5 190| 59 we. ı I Nro. 165 und 166 an einer zweiten, endlich Nvo. 167 — 177 an einer dritten Station angestellt; als Mire diente der Kirch- |} thurm von WVurselen, dessen Azimuth erst zu bestimmen ist. Nro. 157 und Nro. 158, (derselbe Winkel wie Nro.160), wurden bei der Beobachtung für nicht hinreichend sicher erachtet, und sind auch bei der Berechnung weggelassen. Die Uhrzeit ist mitt- lere Aachener Zeit, bedarf aber einer Correction von -- 20’. Nro. 178 — 247. Station im Garten der Sternwarte, und zwar die Schwing- | U; 107 Be- v0 Be- Beobacht- merk- Eur zit 33 Be | nerk- ung ' ungen | | 5 | ungen 1 November | November Brüssel | Brüssel S. 10"49° [19113110 1948 1.046 |13- 12° 481212] 180 545 192309 47,7 14. 9446‘ 1213 5'48“81| 150.1. I. 1193301 15,3 1643 +79%7 12145 49,16) 150. „ 194305 30,7 | 70,7 215] 7 44,87| 200. „ 1951,67032,3| "9.9 | 216 7 44,90| 200. „, 196) 67 38,3 "1,10" 44° 1217, 7 55,24) 200. Ip 197) 5. 32,9 D. Lee 218 7 55,21| 200. „ 1. 1198| 67 32,8 : 12192180 74,1 ch 1991087024,4| | 50", 220923 157,51 1400, 200 305 138,8] | 5,3 221346 5,81. 9,0 201/301 20,2 ; 222343 36,9 : 13. 12:18/202) 7°44”82| 200. I I. 1223340 5,2) go —- 7,4 |203|3 52,40) 100. ,, 224340 2,3 1400 12" 48° 1204| 8 0,10 200. I 225227 28,71, 95 —- 79,4 1205| 23018,,0 198 226 224 28,9 . 206) 26 40,0 +.90,71 15. 227 291 59,9, M. 207262 17,0 4949| 1417 1228132 523,4D. 2081259 43,7 ? 229132 52,1|D. 1. 1209267 59,5 „, I. 12301 69 1,6 ; 2101267 50,9, 03, 231) 7335,01 1,09 211l 18. 43] 195 2321194 4331 % | ’ | | 3. „2 gen Nro. 227 — 292, ler Sternwarte gehörig). ungen sämmtlich im magnetischen Observatorium, die Ablenkun- gen vor dem Eingange desselben, mit Ausnahme der Beobachtun- welche nördlich von der Sternwarte im Meridian des Gambey’schen Meridiankreises gemacht wurden. Die, Mire war der Meridianfaden des eben erwähnten Instrumentes. | Das gebrauchte Chronometer war Molyneuz Nxo.979, (der Brüsse- 14” 108 Ort u. Zeit ahl Fortlauf. Z Beobacht- ung November Brüssel 15.14" 17233/1930 574,4 14: 37° 12341132 52,1 235292 1,0 236 292 1,0 15% 00]23711327152,5 1. 12381194 35,5 2391193 53,5 2401 73 2,2 1241,69 49,5 1242132 51,9 2431292 3,2 2441292 3,6 15 35° 1245| 3'52",70 + 89,6 1246| 7 44,99 247| 3 52,52 Utrecht. 19. 24822701%,2 1. [2491165 5,2 250160 45,5 fest stand, fernt ist, Be- merk- | Ort u. Zeit ungen November Utrecht 19. D. M. 10% 28° M. T. D. — 0,2 +100,3 4344 D. M. II. M. 100.1 200. 100. | I. D. — 6,6 4 70,8 ET welche von der Meridian - Linie selbst De == FR FR EB IBeobächt- ung 2351/2890 52,,0 252292 253 227 254 292 255,289 256]160 257 258 259 260 261 262 263, 165 227 207 227 168 167 285 51,8 13,1 53,3 55,8 38,7 3,3 13,0 9,9 11,4 24,8 41,3 42,0 264 265 266 267 268 269 270 256 236 235 167 168 227 207 49,1 50,4 46,1 39,6 22,1 12,3, 9,8 Nro. 234. Nach dieser Beobachtung das Instrument horizontal gestellt: der Wind ging 5o stark, ‘dass das Instrument nicht mehr hinreichend Nro. 248 — 270. Station 720 metres (nach Angabe des Herrn Rxeb) süd- lich von der Sternwarte, und im Meridian des Mittagsrohres. Mire wurde die rechte Seite des Meridian-Ausschnitts gebraucht, 525 millimetres ent- Be- merk- ungen Als 109 Ort u, Zeit|= Zahl Fortlauf. INovember | Leyden | I | 28: 9" 40° 1% 271 272 273 274 1275 276 10" 15° 1277 1. 1278 279 280 281 282 283 11" 9° 1284 IH. 285 286 287 288 289 290 . 10%50° II. | Nro. 271 — 300. Station im botanischen Garten. Beobacht- ung 1709 55,0 281 344 347 215 214 281 214 218 347 344 251 170 281 340 339 223 220 220 223 6,8 1,4 14,9 25,7 26,5 _Be- merk- ungen Ort u. zer Noventber Leyden 21. 11" 9° 13053 + 79,9 14" 53° -- 79,6 Brüssel 24. 12"49' I. 302 13% 8 I. z Beobacht- ung 291133904745 292/340 56,4 293,281 7,6 296 6 397, 7 298 8 299 4 0,26 3002 58,95 ‚160 143 16 303] 20 3041254 305 252 306 316 3071252 i Br 20,5 301) 294170 58,7 295 18°56°%,S6 4 1,33 15 56,81, 0,58 : Be- merk- ungen Die Ablenkungen auf einem Grasplatze, wo das Instrument nicht so fest stand, als zu wünschen gewesen wäre; die Schwingungen nahe an der westli- chen Mauer. Instruments der Sternwarte, Als Mire diente das Objectiv des tragbaren Passage- dessen Azimuth nach Angabe des Herrn Professors Haiser — 89° 35' 12“ (von Nord über Ost). Die Schwingungen wurden nach dem Chronometer der Sternwarte be- obachtet, welches 130 Schläge in der Minute macht. Nro. 301 — 323. Station neben dem magnetischen Observatorium für die | Tan eG SET 1: PT rer RL LEE Ort u. Zeit SE |Beobacht- merk- |Ort u. Zeit == Beobacht- merk- E® | u) mmeen EN uns ungen je = 1! u > cher | Noveniher | Brüssel London 24. 13'S‘ |309| 20037461 „,,|2%.14"181.|330,2490 45',3 5 310460561 7.0 331248 10,9 Wien 136,25 13111316 1,7 D. 332423 12,21 1 5,9 312/294 58,6) M. 333/414 123,6 | 13" 34° 13131316. 0.7D. 334123 97 L 3141,16 51,3) 9, 335/248 13,7 = e 7 "RT ’ n Y eat mh 317251.56,7,7 977 "13381242 1,3 13" 50° 1318316 0,2 D. 3391126 53,4 841 319294 58,7,M. 340121 51,6 ; 320| 3°52°,77! 100.1. 3441| 50 20,7, D. + 40,3 |321| 7 45,05| 200: „|| 28. IL. 1342350 28,0 Loy 322 5 48,70) 150. „ 343|350 57,7 155,0 323| 5. 48,78) 150. „ 344110.39,11 [7 0,7 = A „e London 345,109 12,4 346| 5021,55 D. 27. 1418/3246 0,62) 150.10 13° 17° 1347109 13,8 9, 3251 4.29,29| 102. 111. 13481110 .39,317 + 60,0 1326| 8. .0,71| 200. 349350 59,0, gu 327 7 50,32| 200. I. 350350 231 7% + 60,0 |328| 5 52,61| 150. 351 50 AD. 329| 4.:56,04| 126. 352| 27. .27,4|M. Ablenkungen, und im magnetischen Obseryatorium für die Schwing- ungen. Die Mire war der Meridianfaden des Gambey’schen Kreises. Nro. 320 wurde bei der Berechnung weggelassen, weil der Magnet zu sehr schwankte. Nro. 324 — 374 auf der Sternwarte in Greenwich, und zwar Nro, 324 — 329 im Cabinet des Inclinatoriums; Nro. 330 — 340 vor dem nn i Be- =“ Be- Ort u. Zeit == |Beobacht- , Ben. Ort u. Zeit <= Beobacht- merk sn ung | es ES ung | ungen # ungen | November November London London 28. 13" 171353] 97097,6|M. |29. 12% 51.373] 5°52%,64) 150 354] 50 22,5ID. 374 7 50,19) 200. 1.1355 343 37,9 15 30.11" 524375 4 1,09) 100. IH 356 346 42,4 1 500 +20,9:.1376116 3,99 400. sat asd 137710 2,41) 250. 3581113 8,7 . 3781 6 1,50) 150 14" 11°. 1859| 50 41,9 D. | , 124 46° 1379) 3 55,721100. I 1. 18601413 9,3) „9 |. + 209 1380 5 53,74 150 3611417 493, >09 ‚381] 7 51,50) 200 3621346 44,7 Ta 382 5 53,61| 150. 363 343 33,9) H 3° | 1353” 138311370189 D. 14% 25° 1364 50 21,2) D. I. 384201 E24 365 27 27,5 M. 1385) 202 55,9 ı 90,7 15" 46‘ 1366| 4’ 0,73) 100. IH 386) 74 5,7] , 1387| 69 57,4 6 I +49,4.1367)°6 1,03| 150. 29. 12517368) 8 0,00 204. I. 385,137 19,0 D. + 3°,3.1369| 7 53,91 I. 389) 69 59,5 370 3 56,37 © 3901 70 40T 90 371) 9 47,94| 250. 13911202 57,7 4 37218 ; 55,14) 100. vg 201 46, a Eingange desselben; Nro. 341 — 365 im Park, im Meridian des Mittagsrohres; Nro. 366 — 367 auf der Südseite des vorher er- wähnten Cabinets; Nro. 368 — 374 im Cabinet. Als Mire am 28. November diente das Mittagsrohr; einen Faden konnte ich übrigens nicht unterscheiden, sondern stellte auf die runde Oeff- nung des über dem Meridianfaden befindlichen Oculars ein. Die Ablesung der Mire muss 14” vermehrt werden, wegen der Ent- fernung des Theodoliten von der wahren Meridian-Linie. ro. 375 — 404 in Woolwich hinter dem Landhause. des Herrn Oberst 112 = Be- = Be- Ort u. Zeit == Beobacht-\ \erk- |Ort u. Zeit Es BEokEht, merk- ers 3 ungen | 2 uns | ungen November December London Brüssel 30. 14" 2139313701846] D. 7. 13443 141225701945] 30 III. 13941197 30,61 _ 944 13133 2941 54, 395196 24,6 + 414129 23 - 396, 738 7,4] 94 4151193 58,2) D. lat L 4161129 47,9) |. 14" 36° 13981137 19,5) D. 417133 16,5 U 908 III. 1399 7723] 1.9. 14181257 37,6, 34] 400 78: 6,7) 1 905 4191254 40,2 ; 4011196. 27,4 N: 14" 22° 14201193 58,2] D. 4021197 29,8 ; 421/173 1,0!M. 14%. 48° 14031137 18,6) D. 14" 50° 422) 548,20) 150.1 4041133 28,2] M. — 19,7 |423| 5 48,16| 150. 424) 5 48,16| 150. December Bonn In 10. 425| 280179) M. Brose) 13". 30° 1426| 54 18,9 D. 2.13" 23° |4051930567| D. I. 14271113 39,6) 0445 1. 1406129 22,3] | „u4 428.115 28,5) 90.9 4071133: 121,2] 20 > 4201355 84], 4: 408[257 (18,81 9. 430351 24,6 ? 409|254- 52,5 ’ 431| 54 21,7|D. 13" 43° [4101193 58,2) D. 13% 49° 14321351 28,6 1.. 411/254: 53,1 = 1...1433|356 9,3 — 43 lenkungen schien die Sonne auf das Instrument, Sabine, in dem daselbst aufgestellten transportablen Observatorium, welches Capitän Ross auf der Südsee-Expedition gebraucht hat- Mire: der Thurm in Sir Th. Wilson’s Park. Nro. 405 — 424 im Garten der Brüsseler Sternwarte, unter denselben Um- ständen, wie am 24. November. Nro. 425 — 444. Dieselbe Station wie am 4. November. Bei den Ab- 113 Beobacht- ung Ss. Ort u. Zeit | = EN [= ‘| December Bonn 10. 13"49'434/1115041%,7 4351113 46,5 436| 54 24,6 437113 48,0 4381115 38,5 4391355 24,3 440/351 49,8 441| 54 25,3 442| 28 18,2 443/11 '30“,91 444| 5 45,49 14" 6‘ I. 14: 23° 14" 50° 1. u 59,4 Tübingen 15. 16"55° 446 I. 1447 445| 75047;,9 82 34,9 25 10,7 448 29 14,5 | 4491138 30,7 450137 9,0 451| 82 35,9 I. 4521137 8,0 4531138 28,5 454 29 21,0 | | | | am 15. December, und einer täglichen Voreilung von 12”. Resultate der Schwingungen sind in mittlere Zeit verwandelt. INro. 445, 457, 465. Faden des Reichenbachischen Kreises, der 5’ 22” Be- Ss, merk- |Ort u. Zeit ES | Pr December Tübingen = 3,15. 16° 55.1455 Hl 174 27° \456 D. 457 184 6° \458 +43| _409 la59 — 49,0 ee — BA og age last D. — 09,8 \462 M. 463 300. 464 150. 465 I. 1466 467 m. 468 D. 469 ,a| 21% 27° 1470) 5, L 471) 18 472 D. 474 Ä 475 = u 16. 15"51.476 al +94 j477 westlich von Kornbühl zeigte. Abhandlungen d, II. Cl. d. k. Akad. d. Wiss. V. Bd. I. Abthl. Be- merk- | ungen | |Beobacht-) ung 2501549 82 38,01 D. 75 48,41 M. 5'36",65| 150.1. 3 44,39) 100. 3 44,39) 100. 3 44,77) 100.1. 7 29,66| 200. 7 29,51| 200. 69° 8,3|M. 75 53,91 D. 130 47,9| 0 131 40,6 7 109 8 "3 + 358 D. 54,8 40,7 + 348 — 0,2 22,4 D. 42,0 44,8 150. IH 250. 56,1 544,63 9 34,18 Nro. 445 — 515 auf derselben Stelle wie am 28. October; es war daselbst in der Zwischenzeit ein magnetisches Cabinet gebaut worden. Chronometer ging nach Sternzeit mit einer Correction von — 28'30' Das Die Ä 15 114 Ort u, Zeit December Tübingen 16.16" 25° + 10,6 16% 55° 17° 10° I. 17% 25 I. Nro. 480 un Nro. 515. 1. [43821316 . 1496 |Beobacht- De = = eo. EIS! u je 4718| 3° 44,64 479| 7 29,32 4801187051,,0 481) 14 44,3 29,4 32,5 8,3 18,8 45,1 24,0 36,0 18,5 36,9 46,1 37,4 18,4 37,2 24,1 13,6) _ 4831322 484| 70 485| 69 486| 14 487| 65 488| 66 4891324 490322 4941| 14 4921322 493/324 494| 66 495| 65 63 d 501. - a merk- ungen Kornbühl. Mire im Schlosshofe 95° 15‘ 35” westlich von Kornbühl. Be- | Er Ort u. Zeit December Tübingen . 116. 17% 25° 17% 50° I23. 213 + 09,1 1. Fortlauf. = |Beobacht- Zahl 497| 7102247 4981321 323,3 499317 48,4 500| 14 46,4 5011187 51,2 502) 729,12 503| 3 44,54 5804| 5202044 5051359 6,9 506 355 17,9 507/105 38,8 208|109 8,8 8509| 52 20,8 510109 0,7 5111105 48,9 5121355 9,3 5131359 12,5 514 52 21,2 515130 18,5 Ras mer k- ungen Tabelle IX. Coefficienten zur Berechnımg der Ablenkungs-Correctiou und Torsion. Es ist vorausgesetzt, dass die Ungleichheit der Ablenkungen in Graden ausgedrückt sey. Ablenkungs- 2% Winkel Diff. für 10 |B= | Diff für 10 2sin? io Tabelle X. Reduction der Schwingungsdauer auf unendlich kleine Bögen. log. 1.42 h2 a? h er A+15a?’h? 0,000019 | 0,00001 0,000305 | 0,0001 3 0,000076 | 0,00003 0,000475 | 0,00021 | 8 0,000171 | 0,00007 0,000685 | 0,00030 | 116 Dif. if Ber: log. 2 PIE log. ee ah| „za:h IE ya Dr: sh sa? (nam 5 1 I 7° 0,000933 | 0,00041 | 11,5| 34° | 0,022007 | 0,00945 | 55,0 8 |.0,001218 | 0,00053 | 13,0 35 | 0,023320 | 0,01001 | 57,0 9 | 0,001541 | 0,00067 | 15,01 36. | 0,024671 | 0,01059 |58,0 | 10 | 0,001904 | 0,00083 | 16,51 37 | 0,026063 | 0,01117 159,5 | 11 | 0,002304 | 0,00100 | 18,0) 38: | 0,027490 | 0,01178 |61,5 | 12 | 0,002741 | 0,00119 | 20,0) 39 | 0,028954 | 0,01240 | 62,5 13 | 0,003218 | 0,00140 | 21,5):40 | 0,030463 | 0,01303 | 64,0 14 | 0,003731 | 0,00162 | 23,0) 41 | 0,032001 | 0,01368 | 66,0 | 15 |: 0,004232 |:0,00186 | 24,5) 42 | 0,033581 | 0,01435 67,0 | 16 | 0,004872 | 0,00211 | 26,0) 43 | 0,035196 | 0,01502 |68,5 17 | 0,005502 | 0,00238 | 28,0| 44 | 0,036856 | 0,01572 |70,5 18 | 0,006168 | 0,00267 | 29,5) 45 - | 0,038550 | 0,01643 \723,0, 19 | 0,006872 | 0,00297 | 31,0) 46 | 0,040244 | 0,01714 173,0. 20 | 0,007615 | 0,00329 | 33,0) 47 | 0,042054 | 0,01789 | 75,0 | 21 | .0,008396 | 0,00363 | 34,5) 48 | 0,04386i | 0,01864 76,0 22 | 0,009214 | 0,00398 | 36,5) 49 | 0,045710 | 0,01941 77,5 23 | 0,010090 | 0,00436 | 38,0, 50 | 0,047594 | 0,02019 | 79,0 24 | 0,010966 | 0,00474 | 39,0) 51 | 0,049515 | 0,02099 | 80,5, 25 | 0,011879 | 0,00514 | 41,5| 52 | 0,051479 | 0,02180 82,0 26 | 0,012868 | 0,00557 | 43,5) 53 | 0,053476 | 0,02263 | 83,0 27 | 0,013877 | 0,00599 |44,0| 54 | 0,055512 | 0,02346 84,5 23 | 0,014926 | 0,00643 | 45,5) 55 | 0,057590 | 0,02432 | 86,0 29 | 0,016010 | 0,00690 | 47,5| 56 | 0,059702 | 0,02518 | 87,5 30 | 0,017134 | 0,00738 | 48,5 ' 0,061853 | 0,02607 | 89,0 31 | 0,018293 | 0,00787 | 50,5 0,064044 | 0,02696 | 90,0 32 | 0,019494 | 0,00839 | 52,0 0,066270 | 0,02787 | 91,5 33 | 0,020730 | 0,00891 | 53,0 0,068534 | 0,02879 & Ott Ott Oo OO OOXUımnOo 117 Tabelle XI. Bestimmung der Zeit, um welche der Reductions-Bogen zu beobachten ist. Folgende Tabelle giebt an, nach wie viel Schwingungen ... m ..., der Reductions-Bogen zu beobachten ist: %,und A, bedeuten die, am Anfang und Ende eines Intervalls von 100 Schwingungen, beobachteten Bögen, und 8 ist aus der Gleichung log. (1 + s) = —— abgeleitet, Werth von » für ein Intervallv.100Schw, ho | ai 2 + |wenn jeder|wenn jeder 1 3te Durch- Ste Durch- gang beob- gang beob- achtet wird achtet wird) 1,1 | .0,00095 62,1 | 12.1 000182. | 84 | 61,4..|. 704 13 | 0,0083 | 77 | 60,6 | 693 1,4 | 0,0337 | 71° | 600 1 685 15 | 00006 | 67 | 503 | 678 16 | 0001 | 63 | 588 | 672 17 | 000532 | 59 | 582 | 665 1,8 |. .0,09590 | 56 | 57,7 .|. 660 1,9 | 0,00644 57,2 | 65,4 | Wenn der Schwingungsbogen h bei der m’ten Schwingung be- obachtet wurde, und hätte bei der mten heobachtet seyn sollen, so hat man den wahren Reductions-Bogen — Ah (1 + 9)"-n—h (1 + [m‘ — m] s), demnach: Correction des Bogens — + (m' — m) sh Correction des Reductions-Logarithmus — + 2 (m! — m) s x log. Druckfehler der vorhergehenden AbhandInug. Seite 9 Zeile 44 von oben # 5 e sp =1-+ = .. lese - e? sing =1+3%... „» 9 letzte Zeile I lese: 4 e et „ 10 letzte Zeile Tab. XVII. lese: Tab. IX. „ 12 Zeile 3 von unten 330 5% 56" lese: 13° 52° 56". ‚15 Zeile 11 von oben symetrisch lese: symmetrisch. Zeile 3 von unten g@ö’ lese: dp. 19 letzte Zeile Tab. XVII. lese: X, 39 Zeile 13 von oben Angström lese: Ängström. „‚ 44 Zeile 16 von oben Theils das Eisenwerk lese: Theils das Eisenwerk der Kuppel. „ 53 Zeile 8 von oben mittl. Decl, lese: mittl. Intens. Beiträge zur Kenntniss der Säugthiere Amerika’. Vom Professor Dr. ) A. Wagner. 0 Erste Abtheilung. Mit drei Kupfertafeln, Beiträge zur Kenntniss der Säugthiere Amerika’s Dr. ‚A. Wagner. Schon im zweiten Bande der „Abhandlungen der mathematisch- physikalischen Klasse der K. B. Akademie der Wissenschaften“ habe ich Beiträge zur Kenntniss der warmblütigen Wirbelthiere Amerika's mitgetheilt.. Seitdem,hat sich wieder viel Material an- gehäuft, das der Bekanntmachung würdig erachtet werden dürfte. Den .reichlichsten. Beitrag hiezu hat mir die Reise, des Kustos-Ad- jnnkten Johann Natterer durch Brasilien geliefert. Wie ich schon in einem früheren Berichte an die K. Akademie *) anseinanderge- setzt habe, hatte ich mich bereits vor vier Jahren mit dem gedach- ten Reisenden ‚über die gemeinschaftliche Bearbeitung, einer Säug- thier-Fauna Brasilieus verständigt, wobei mir hauptsächlich die Be- schreibung der leiblichen Gestaltungsverhältnisse, meinem F'rreunde und Mitarbeiter die Schilderung der Lebensweise und der geogra- pbischen. Verhreitung der brasilischen Sängthiere, zugefallen wäre. - e fa niasız h „ Ä NE- ‘*) Münchner gelehrte Anzeigen XVI. S. 73. Abhandlungen d, Il. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. V. Bd. I. Abih. 16 122 Binnen achtzehn Jahren, in welchen er Brasilien fast in seiner gan- zen Ausdehnung von Südost nach Nordwest durchwanderte, hatte Johann Natterer in allen Thierklassen, so auch insbesondere an Säugthieren eine Sammlung zusammengebracht, die an Fülle Alles übertraf, was bisher aus diesem reichgesegneten Lande nach Eu- ropa übergeführt worden war. Und nicht blos die Menge der Ge- genstände ist es, welche dieser Sammlung ihren Werth verleiht, sondern auch die Art, in der sie angelegt wurde. Durch die Mu- nifizenz der K. K. österreichischen Regierung wie durch eigne An- strengungen hatte Johann Natterer hinlängliche Zeit und Mittel, um an allen wichtigen Punkten nach Gutdünken zu verweilen und nicht blos die Thierbevölkerung derselben zum Behufe seiner Sammlungen auszubeuten, sondern sie auch in ihren Lebensverhältnissen, in ih- ren Alter- und Geschlechtsverschiedenheiten zu erforschen. Um diese reiche Sammlung kennen zu lernen und mich über die Art und Weise der Bearbeitung mit meinem Kollegen zu verständigen, hatte ich mich im Herbste 1842 nach Wien begeben. Die ganze Aus- beute an brasilischen Säugthieren wurde von uns gemustert, und da- runter die Arten, die wir für neu erklärten, ausgeschieden, um zu- vörderst beschrieben zu werden. Da meine Zeit nicht ausreichte, um auf einmal das ganze grosse Material zu gewältigen, so wurde mir in zwei Sendungen das Uebrige, darunter alle Handflügler, Beu- telthiere und Nager, hieher zugeschickt, um es mit grösserer Musse und mit Vergleichung der hiesigen Sammlung bearbeiten zu können, Vor drei Jahren schon bin ich mit dieser Arbeit fertig geworden, und eine nochmalige Reise nach Wien war verabredet, um gemein- schaftlich die letzte Hand ans Werk zu legen und es dann der Publikation zu übergeben. Indess, der Mensch denkt's, Gott lenkt's. Die Wahrheit die- ses alten Spruchs habe ich bei dieser Gelegenheit ebenfalls zu er- fahren gehabt. Ein plötzlicher Tod raffte meinen Freund dahin, 123 noch ehe er dazu gekommen war, die in seinen Tagebüchern vie- dergelegten Notizen auszuarbeiten, und somit ist ein grosser Theil seiner Beobachtungen, die nicht dem Papiere, sondern dem Gedächt- nisse anvertraut waren, zugleich mit ihm zu Grabe getragen und die Herausgabe einer besondern Fauna mmammalium brasiliensium ist nunmehr auch vereitelt. Um nun aber die viele Mühe und Zeit, die mir diese Arbeit kostete, nicht fruchtlos aufgewendet zu haben und zugleich dem verstorbenen Frennde ein ehrendes Andenken zu si- chern, benütze ich die Gelegenheit, welche mir die Königliche Aka- demie, deren Mitglied zu seyn ich die Ehre habe, durch ihre Denk- schriften darbietet, um auf diesem Wege die von Johann Natterer in Brasilien entdeckten und von mir zur Zeit blos noch handschrift- lich beschriebenen zahlreichen neuen Säugthier-Arten, von denen ich 'einstweilen nur zur. Sicherung unserer Prieritätsrechte in dem Archive für Naturgeschichte seit dem Jahre 1842 kurze Diagnosen mittheilte, in ausführlicher Darstellung bekannt zu machen. Ich habe die Beschreibungen so eingerichtet, dass sie fortwährend eine ver- gleichende Rücksicht auf die schon länger bekannten Arten nehmen, und indem ich ihre Uuterschiede von letzteren scharf hervorgehoben habe, sind Abbildungen der Species zum grossen Theil entbehrlich geworden, und ich habe daher zu bildlichen Darstellungen vorzugs- weise die Verhältnisse des Knochengerüstes und des Zahubaues ausgesucht. In gleicher Weise habe ich es auclı hinsichtlich der Abbildun- gen bei den übrigen neuen Säugthier-Arten, die mir nicht aus der Reise Natterer's, sondern auf andern Wegen und meist auch aus andern Ländergebieten des grossen amerikanischen Kontinentes zu- kamen, gehalten. Es ist mir insbesondere geglückt, von mehreren seltenen amerikanischen Nagergattungen, deren osteologische Ver- hältnisse bisher nieht bekannt waren, Exemplare in Salz oder Wein- geist aufbewahrt zu erlangen, um von ihnen Skelete anzufertigen, 16* 124 ‚deren Beschaffenheit in den vorliegenden Mittheilungen auseinander ‚gesetzt werden soll. Die Originale sind alle. in. der hiesigen zoo- Jogisch-zootonischen Sammlung aufgestellt, zu deren schätzbarsten Bereicherungen sie gehören; denn wie‘ das Skelet dem Körper Form und Haltung gieht, so gewährt es auch der wissenschaftli- chen Anschauung der höheren Thierwelt den nächsten und sicher- sten Stützpunkt, für Vergleichung mit den Ueberresten einer aus ‚dem Leben verschwundenen älteren Fauna ohnediess den einzigen Maasstah. Ich habe in den vorliegenden Beiträgen die Gattungen und Ar- ten, die einer und derselben Ordnung angehören, auch immer. in eine gemeinschaftliche Abtheilung zusammengefasst; die Ordnungen selbst aber so aufeinander folgen lassen, wie ich sie bei der letz- ten Revision vorgenommen habe, um dadurch mir nicht die Gele- genheit zu versperren, bei einem für den nächsten Sommer heab- sichtigten Besuche der Wiener Sammlung noch die Lücken zu er- gänzen, die meiner Arbeit in etlichen Abtheilungen geblieben sind, 125 | Erste Ordnungs Beutelthiere. mes hat von dieser merkwürdigen Gattung keine anderen Formen als die der sogenannten Beutelratten aufzuweisen, welche ein Theil der Zoologen sämmtlich unter der einzigen Gattung Didel- phys zusammenfasst, während andere eine Art davon unter dem von Dliger gegebenen Namen Chironectes abtrennen.. Ich werde zeigen, dass zu einer solchen Sonderung weit mehr Grund als zu ihrer Vereinigung mit den andern Beutelratten vorhanden ist, und bei dieser Gelegenheit die Irrthümer berichtigen, welche neuerdings erst über dieses, in den Sammlungen höchst seltne Thier in Um- lauf gebracht worden sind. I. DIDELPHYS. Beutelratte. Zu dieser artenreichen Gattung ‘können ‚wir zu den schon be- kannten nicht weniger als 10 neue, sämmtlich von Natterer in Bra- silien entdeckte Arten beifügen, und zugleich von etlichen andern Species, die bereits früher beschrieben wurden, Beiträge zu einer genauern Charakteristik derselben mittheilen, so dass wir im Ganzen 13 Arten hier zur Sprache. zu bringen haben. Wie höchst selten diese neuen, meist im Innern Brasiliens gesammelten Arten sind, er- hellt daraus, dass in der von Waterhouse begonnenen Natural. Hi- story of the Mammalia, die mit fleissiger Benützung der grossen englischen Samnlungen, wie der des Pariser Pflanzengartens bear- beitet wird, und von der so eben die beiden Hefte (das 10. und 11te), welche die Beutelratten abhandeln, ausgegeben worden sind, von den durch uns aufgestellten Arten, die ihm aus den Diagnosen im Wiegmann’schen, Archive bekannt waren, keine einzige als in den erwähnten grossen Sammlungen vorhanden aufgeführt wird. 126 Von den 13 hier in Rede kommenden Arten gehören nur drei [Didelphys poecilotis, Philander und dichrura] der Abtheilung an, bei denen die Weibchen mit einem Beutel versehen sind; die 10 andern reihen sich bei der Abtheilung ein, deren Weibchen keinen Beutel, sondern blos Hautfalten zur Fassung der Zitzen haben. Wollen wir sie nach natürlichen Verwandtschaften gruppiren, so stellen sie sich folgendermassen: a) Didelphys poecilotis. b) Didelphys Philander, dichrura und affinis. c) Didelphys lanigera und ochropus. d) Didelphys murina, maerotarsus und microtarsus. e) Didelphys unistriata, domestica, glirina und velutina. 1.Didelphys povecilotis Narr. Die ohrfleckigeBeutelratte. D. Cuniculi magnitudine, pilis laneis albidis, sericeis plerumque basi albis, apice nigris, nonnullis totis albis ; auriculis albido-carneis, basi nigro-maeulatis, gastraeo albido. Didelphys poecilotis. A. Wagn. im Arch. für Naturgesch. 1842. S. 358. Wie bei mehreren anderen Beutelratten sind auch bei der Di- delphys Azarae etliche Arten bis auf die neueste Zeit miteinander vermengt und verwechselt worden. Temminck, der sie zuerst ab- sonderte, liess sie gleichwohl noch mit dem von Azara”*) beschrie- benen Micoure proprement dit beisammen, was nicht zu billigen ist, da sowohl Azara als Rengger**) und Waterhouse ***) diesem *) Ess. 1. p. 233. **) Säugth. v. Paraguay. $. 243. **2) Marsup. p: 83. Tab, I. 127 Thiere röthlichweisse Ohren mit schwarzer Basis zuschreiben, wäh- rend die brasilische D. Azarae und eanerivora in all den vielen Exemplaren, die ich gesehen habe und womit auch der Prinz von Neuwied übereinstimmt, schwarzbraune Ohren zeigt. Behält man für diese brasilischen Exemplare den Namen D. Azarae bei, so muss dem von Azara beschriebenen Thiere, als einer davon verschiedenen Species, ein anderer gegeben werden; der Name Didelphys leucotis möchte der bezeichnendste seyn. Von den grossen schwarzöhrigen brasilischen Beutelratten ist aber weiters noch eine andere, jedoch ebenfalls Brasilien angehörige Art zu sondern, welche in der Färbung der Ohren ganz von dieser abweichend, an die von Azara beschriebene erste Beutelratte sich anschliesst. Wenn ich sie gleichwohl nicht mit dieser spezifisch vereinige, so kommt diess nicht blos aus der Bedenklichkeit her, dass mir die angeführte paraguay’sche Beutelratte aus Antopsie nicht be- kannt ist, sondern noch mehr desshalb, weil ich bei Vergleichung unserer Exemplare mit den vorliegenden Beschreibungen auf etliche erhebliche Differenzen gestossen bin, von denen am Schlusse die Rede seyn wird. Der Kopf ist spitz, die Nasenkuppe unterwärts breit ausgehölt; die Schnurren lang und steif; die Ohren gross und fast ganz nackt. Die Hinterfüsse sind kurz, mit grosser Spannhaut zwischen dem Dau- men und der zweiten Zehe; die Zehen sehr spärlich behaart, die Sohlen ‚nackt. Dem weichen Wollpelz sind auf dem Rücken 14 bis 2“ lange Stichellaare eingemengt, die an der Seite weit spärlicher und kürzer sind. Der Schwanz ist durchgängig geschuppt, was an der Wurzel auf eine gute Strecke hin durch lange Stichelhaare ziemlich verdeckt wird; wo diese aufhören, folgen nur noch kurze angedrückte Härchen. Die Farbe der Wollhaare- ist gelblich weiss. Die langen Sti- chelhaare des Rückens sind in ihrer untern kleinern Hälfte weiss, 128 in der obern schwarz, doch sind ihr einige ganz weisse Stichelhaare, aber sehr spärlich, eingemengt. An den Seiten herrscht die gelb- lichweisse Farbe vor, indem die Stichelhaare hier nicht blos seltener, sondern auch mit kürzern und heller schwärzlichen Spitzen versehen sind, überdiess ein guter Theil von ihnen ganz weiss ist. Die ganze Unterseite des dichtbehaarten Unterleibes ist einfarbig gelblichweiss, indem hier Woll- und Stichelhaare ihrer ganzen Länge nach gleich- förmig gelblich weiss sind. Der ganze Kopf‘ und Hals ist’ ebenfalls von Jetztgenannter Karbe, was nur durch 3 Längsstreifen unterbro- chen wird. Der mittelste beginnt am hintern Ende des Nasenrückens, zieht als ein schmaler schwarzer Streifen zwischen den Augen und Ohren hindurch, breitet sich auf. dem, Hinterkopf etwas aus, verengt sich dann in eine schmale Linie auf dem: Hinterhalse, und indem er sich am Nacken wieder ausbreitet, verbindet er sich mit der schwarzen Rückenfarbe.. Die Augen liegen in einem schmalen braunen Ringe, der sich etwas rück- und vorwärts in einen verwischten lichtbräun- lichen: Streif verlängert. Die Schnurren ‚sind schwarz; die Ohren weisslich fleischfarben, mit ‚grossem schwarzem Fleck am. Grunde. Die Gliedmassen sind in ihrem untern Theile schwarz behaart. So weit der Schwanz. an seiner Wurzel mit langen Stichelkaaren bedeckt ist, sind diese schwarz und haben nur im Anfange eine kurze weiss- liche Basis. Wo sie aufhören, was unten eher eintritt als oben, ist der Schwanz auf eine kurze Strecke schwarz, und die kurzen angedrückten Borstenhaare sind es ebenfalls; die grössere End- hälfte ist aber weisslich Deischfarben und ihre Borsten sind, schmutzig weisslich, ” Körper, arın d das on marlatsenätun ash A SCHWwaDz \ 220m NE Ar FEB 9 H Behaarter Theil desselben oben olıngefähr . 3 9 Weisses Endstück des nackten Theils . 6) 3 : 4 Von der Nase zum Auge 129 Von der Nase zum Ohre . . . . ine 40H Ohrardl). 1b baum ayanswdıd nb. 1 7 Hinterfuss 0»... 00 sun pn 1 34 Natterer brachte zwei gleichgrosse Weibchen dieser Art. von Angaba mit, die beide mit einem Beutel versehen sind. Dass diese Didelphys poecilotis von D. Azarae wie von D. can- crivora spezifisch ‘abweicht, wird nicht wohl bestritten werden kön- nen. Nicht so leicht ist die Entscheidung in Bezug auf D. leucotis, zu der sie in nächster Verwandtschaft steht. Als Unterschiede habe ich folgende aufgefunden. Azara, Waterhouse und Rengger geben gleichmässig an, dass bei ihrer Art nur die kurzen Wollhaare schwarzspitzig, die langen Stichelhaare dagegen sämmtlich weiss sind; bei unserer Art dagegen sind die Wollhaare weisslich und die langen Stichelhaare schwarzspitzig; nur einzelne, höchst seltene von letzteren sind ganz weisslich. Ferner geben Rengger und Water- house den Bauch als schwarz oder braun an, während er bei unse- rer Art weiss ist. Endlich nimmt nach des Letzteren Angabe die weisse Schwanzspitze nur 4 der ganzen Schwanzlänge ein, während sie bei unserer Art über die Hälfte misst. Ich bin daher der Mei- nung, dass unsere D. poecilotis nicht sowohl als eine constante Va- rietät von der D. leucotis, sondern als eine selbstständige Art an- zusehen ist. Markgraf's Tai-ibi Brasiliensibus, Lusifanis Cachorro do mato, scheint am besten auf unsere Didelphys poecilotis zu passen; die weissen Ohren wenigstens, die er ihr zuschreibt, kommen bei kei- ner andern bekannten brasilischen Art vor. Auch Lund's*) Didel- phys albiventris, die ich erst jetzt in Vergleichung habe nehmen können, und aus denselben Gegenden, wo Natterer’s Exemplare her- *) Det K. Danske Vidensk. Selsk. Afh. VIII. p. 236. Abhandlungen d. Il. Cl. d. k, Ak. d. Wiss. V. Bd. I. Abthl. 17 130 rührt, wird wahrscheinlich identisch mit‘unserer D. poecilotis seyn, obwohl er die Länge des Schwanzes und der Ohren anders an- giebt, indem er die ganze Länge zu 22” festsetzt, wovon der Kör- per die eine Hälfte (also der Schwanz die andere) wegnimmt, und die Höhe der Ohren zu 2% 3 bestimmt. Ob in dieser Beziehung ‚Lund oder wir uns geirrt haben, kann ich dermalen nicht ent- scheiden. 2. Didelphys Philander Liss. Die langschwänzige Beutelratte, D.Oposso major, supra fulvo- aut cano-rufescens, subtus albido- lutescens ; rostro abbreviato tristriato; cauda corpore multum longiore, basi longius pilosa, dein nuda, albido-carnea, initio supra sublusque fusco maculata, dimidio exteriore immaculata. Didelphys Philander. Liss. XO. p. 72; ed. Guer. I. p. 103. — Scures. Säugth. II. S. 541. tab. 147. — Temm. monogr. IL. p. 43. tab. 6 (mit Skelet). — A. Waen. in Schreb. Suppl. II. S. 45. — Warern. marsup. p. 102 (zum Theil). Didelphys Cayopollin. Scures. Säugth. HI. S. 544 tab. 148. (fig. Buff.) — Lass. Guer.I. p. 106. — Georrr. catal. p. i42 (zum Theil). — Cvv. regn. anim. I. p. 177. — Desmar. mamm. p. 257. Mus americanus. Sera thes. I. p. 49. tab. 31. fig. 4. Mus africanus Kaiopolin dictus. Sera thes. I. p. 49. tab. 31. fig. 3. Cayopollin. Burr. hist. nat. X. p. 350: tab. 55, Dausent. p. 353. Faras ou Ravale. Gumux. Orin. II. p 238? Unter der Benennung Didelphys Philander sind mehrere Arten confundirt worden, wie diess Temminck gründlich auseinander gesetzt 131 hat. Aber auch nachdem man mit diesem Naturforscher die gehöri- gen Berichtigungen vorgenommen hat, können noch 3 Arten als Di- delphys Philander miteinander verwechselt werden. Zwei davon sind eine Entdeckung von Johann Natterer; die eine von ihnen gehört dem Süden, die andere dem Westen Brasiliens an. Schon aus dieser Angabe der Lokalitäten geht es hervor, dass erwähnte beide Arten den älteren Naturforschern nicht wohl bekannt seyn konnten, da Brasilien bis auf die neuesten Zeiten ganz gesperrt war. Auf die ächte Didelphys Philander werden daher alle ältern Autoritäten bezogen werden dürfen, da diese Art dem nordöstlichen Amerika angehört, was seit zweihundert Jahren fortwährend oder doch zeitweise zugänglich gewesen ist. Aus dem eben angeführten Grunde wird man wohl ‚Seba's *) Mus africanus, Kayopolin dictus, mas, so wie seinen Mus s. Sorex silvestris, americanus mas, hieher rechnen dürfen, da der gefleckte Schwanz und die Form und Streifung des Kopfes entschieden auf eine der drei genannten Arten hinweist, ohne dass jedoch die Zeich- nungen von Seba die nöthige Genauigkeit hätten, um unter ihnen sicher die wahre Species auszuwählen. Dagegen gehört sein Tai- bi #°*) weder zu unserer Art, noch zu Markgraf's ***) Tai-ibi; auch ist dieser nicht, wie Lichtenstein und Fischer meinen, .mit un- serer D. Philander identisch, sondern zu jener Abtheilung von Beu- telratten zu zählen, welche durch D. Asarae und cancerivora reprä- sentirt wird. Dagegen kann man mit Sicherheit hieher rechnen Buffon’s und Daubenton’s Cayopollin, wie diess aus der Angabe des Fleckenbe- satzes des Schwanzes und seiner relativen Verhältnisse zur Kör- *) Thesaur. p. 49. tab. 31. fig. 3 und 4. *) A. a. 0. $. 57. tab. 36. fig. 4. ++) Hist. Bras. p. 223. 47? 132 perlänge am Deutlichsten hervorgeht *). Die geringere Grösse dieses Exemplares rührt von seinem jugendlichen Zustande her, da der Oberkiefer noch nicht einmal sämmtliche Backenzähne aufzuweisen hatte. Geoffroy vermengt unter seiner D. Cayopollin zwei oder mehrere Arten, indem er zum Buffon'schen Exemplare auch noch ein Weibchen ohne Beutel stellt. ‚Schreber’s D. Philander ist die unse- rige, und nach einem Originale von ihm beschrieben; seine D. Cayo- pollin beruht grösstentheils auf der von Buffon, doch mit unrichtigen Zusätzen, wie unter andern der von dem Mangel des Beutels. Des- marest wiederholt nur Daubenton’s Beschreibung, spricht also. auch von unserer Art, Linne’s D. Philander ist dagegen nur muthmass- lich hieher zu rechnen. Unzweifelhaft beziehen sich die eitirten neuern Beschreibungen auf unsere D. Philander. Diess ist der Fall bei dem Prinzen von Neuwied und bei Temminck. Meine Beschreibung in Schreber's Supplementen ist gleichfalls von einem ächten Exemplare dieser Art entnommen; auch die Hauptbeschreihung von Waterhouse bezieht sich auf dieselbe. Da demnach diese Beutelratte durch die angeführten Beschreibungen hinlänglich charakterisirt ist, so brauche ich im Nach- folgenden nur auf ihre Hauptmerkmale aufmerksam zu machen; zu- vörderst will ich indess auf die Kennzeichen hinweisen, welche einerseits die drei verwandten Arten mit einander gemein haben, und welche andrerseits sie von einander unterscheiden. Ihre Grösse geht von der der Ratte bis über die des Opossums hinaus. Der Kopf ist abgekürzt und mit drei dunkeln rosthraunen #) Die Körperlänge giebt Daubenton in gerader Linie zu 7 3' an, den Schwanz zu 11” 5 Vom nackten Theil des Schwanzes sagt er, dass er braune Flecken auf gelblichem Grunde hat, während die Schwanzspitze ganz gelblich ist. Im Oberkiefer waren jederseits nur 6 Backenzähne vorhanden. 133 Längsstreifen bezeichnet, ohne die weissen Augenflecke des Opos- sums. Die Ohren sind gross, nackt, nur am Grunde der Hinterseite mit Wolle besetzt. Der Schwanz ist so lang oder länger als der Körper, an der Wurzel auf eine ziemliche Strecke von dem Rücken- pelze überzogen, der plötzlich und gleichförmig aufhört, indem er auf der obern Seite soweit als auf der untern vorreicht. Der übrige Theil des Schwanzes ist nackt, mit kleinen Schuppen bedeckt, ohne Härchen, licht fleischfarben und verschieden gefleckt. Die Färbung des Pelzes ist auf der Oberseite roströthlich, auf der untern gelb- lich weiss. — Die Unterschiede der drei Arten begründen sich hauptsächlich auf das Verhältniss der Schwanz- zur Körperlänge, auf die Art und Weise seines Fleckenbesatzes und auf das Vor- handensein oder den Mangel eines Beutels bei den Weibchen. Didelphys Philander hat unter den drei verwandten Arten die ansehnlichste Grösse. Der Schwanz ist bei ihm weit länger als der Körper, sein nackter Theil anfangs auf eine ziemliche Strecke dun- kelbraun, dann weisslich fleischfarben, mit braunen Flecken oben wie unten besetzt, zuletzt mit langer, ungefleckter, einfarbig lichter Spitze. Das Weibchen ist mit einem Beutel versehen. Bei Didelphys dichrura ist der Schwanz so lang als der Kör- per; sein nackter Theil oben mit rundlichen schwarzen Flecken besetzt, die aber der ganzen Unterseite, so wie der Schwanzspitze ringsum, völlig fehlen. Das Weibchen hat einen Beutel. Bei Didelphys affinis hält die Schwanzlänge das Mittel von den beiden ersten Arten. Als Grundfarbe des nackten Theils des Schwanzes ist die dunkelbraune anzusehen, welche der ganzen Länge nach bis zur Schwanzspitze, oben wie unten, mit weisslich fleisch- farbigen Flecken besetzt ist. Das Weibchen ist ohne Beutel. Vermittelst dieser Merkmale kann man die drei verwandten Arten leicht von einander unterscheiden, Was unsere Didelphys 134 Philander insbesondere anbelangt, so ist noch zu bemerken, dass das Exemplar der Münchner Sammlung, so wie zwei der Wiener (ein altes Männchen und Weibchen) auf der Oberseite schön rost- falb gefärbt sind, was auf dem Vorderkopf, den Seiten, Gliedmassen und dem Schwanze lichter wird, während ein anderes Männchen eine licht röthlichgraue Färbung hat. Die Unterseite ist an allen Exemplaren schön lichtgelb, um den Beutel der Weibchen rostig goldfarben. Ohren und Sohlen sind ziemlich hellfarbig; die Krallen weisslich. Von einem sehr grossen Weibchen der Wiener Sammlung, aus der Gegend von Borba, habe ich folgende Maasse abgenommen. BEUHNTer ‚090 ‚2190, MAUER na0Ey „Na 179 90% See 15 0 Behaarter Theil desselben. 2 8 Von der Nase zum Auge. . . TR ke uf e = Ohre, 2 .. 2 1 ehr: RN TR Hinterhand . . . . 1 6 An einem Männchen misst der Körper 9“, der Schwanz 14“, der behaarte Theil desselben 2% 3“. Natterer hrachte 2 Exemplare von Borba und eines vom Rio Branco, also aus den nordwestlichen Theilen Brasiliens, mit. 3. Didelphys dichrura. Narr. Die hlassfarbige Beutelratte. D. Philandro affinis at minor, supra cano-rufescens, subfus al- bido-lutescens; capite abbreviato tristriato; cauda longitudine corporis, basi pilosa, dein nuda, albido-carnea, supra fusco- maculata, subtus apiceque immaculata. 135 Didelphys dichrura. A. Waen. im Archiv f. Naturgeschichte. 1842. S. 358. Durch die bei Didelphys Philander angegebenen Merkmale ist diese Art leicht von ihr, so wie auch von D. affinis zu unterschei- den. Sie ist eine der vielen Entdeckungen Natterer’s und scheint bisher von keinem Schriftsteller erwähnt worden zu seyn. Sie ist bedeutend kleiner als die vorige Art, der Kopf eben so verkürzt, die Furchung der Nasenkuppe, die Schnurren, Ohren, Hände und der Beutel der Weibchen von derselben Beschaffenheit. Der Pelz ist fein und weich; der nackte Theil des Schwanzes wie bei D. Philander beschuppt. Die Farbe aller mir vorliegenden Exemplare ist lichter als bei D. Philander und affinis. Sie ist auf der Oberseite licht rostig grauröthlich, was auf dem Kopfe am lebhaftesten ist, an den Seiten aber bald in’s Grauliche fällt; die Keulen und die Aussenseite der Gliedmassen ist licht gelbgraulich. Die ganze Unterseite des Kör- pers, nebst der Innenseite der Beine, ist schön ockergelblich, was bei den Weibchen an dem Rande des Beutels in ein dunkleres Roth- gelb übergeht. Die Haare der Oberseite sind in ihrer untern Hälfte schiefergrau, und diese Farbe ist viel weiter an ihnen ausgebreitet als bei D. affinis; auf den Gliedmassen sind nur die Spitzen licht- gelblich, das Uehrige ist trübgrau. Auf der Unterseite sind die Haare einfarbig. Die Kopffärbung ist wie bei D. Philander und affinis: ein älmnlicher Längsstreif von der Stirne zur Nasenkuppe nebst einem gleichfarbigen Augenringe, der jedoch rückwärts nicht, wie bei letzterer Art, zum Ohre fortgesetzt ist, auch vorwärts ziem- lich matt ist. Die Schnurren sind gleichfalls schwarz; die Ohren scheinen röthlich fleischfarben gewesen zu seyn. Die Sohlen sind licht; die Nägel weisslich. Die vorherrschende Farbe des Schwanzes 136 ist weisslich fleischfarben, auf der Oberseite mit schwarzen Flecken, die allmählig spärlicher werden, der Unterseite aber, wie überhaupt der ganzen Schwanzspitze, völlig fehlen. Von einem erwachsenen Weibchen sind folgende Maasse abge- nommen worden. Wen). ae nie, 2 neo 8” 6 Schwanz. aEru: 9 Behaarter Theil desselben. 1 Von der Nase zum Auge. . - 0 8 » on» „ „,;‚Öhre , 1 Ohr 1 0 Hinterhand . 1 3 Nach Natterer's Abnahme maass an einem andern Weibchen der Körper 104“ und der Schwanz ebensoviel; an einem Männchen der Körper 83“, der Schwanz 113“, wovon auf den behaarten Theil 14“ Wiener Maass kam. Natterer fand diese Art nur um Ypanema (im südlichen Brasi- lien), wo sie häufig vorkommt. 4. Didelphys affinis Narr. Die scheckschwänzige Beutelratte. D. Philandro affinis, at minor, supra rufescens, subtus albido- lutescens ; capite abbreviato tristriato; cauda corpore paululum longiore, basi longius pilosa, dein nuda, fusca subtusque usque ad finem albido-maculata. Didelphys affinis. A. Waen. im Archiv für Naturgeschichte. 1842. 8. 358. 137 Diese Art, welche ebenfalls Natferer entdeckte, ist mit Didel- phys Philander, noch mehr aber mit Didelphys dichrura, mit der sie auch in der Grösse übereinstimmt, verwandt *), unterscheidet sich aber von beiden schon dadurch, dass die Weibchen keinen Bentel haben, wie sich Natterer hievon an zwei frischen Exemplaren ver- sichert hat und ich mich ebenfalls durch Untersuchung der Felle von diesen überzeugt habe. Die Grösse ist ohngefähr die einer Ratte. Der Kopf ist kurz; die nackte Nasenkuppe mit deutlicher Längsfurche; die Schuurren und Ohren wie bei den verwandten Arten. Die vier Hände haben nur einen sehr spärlichen und feinen Haaranflug. Der Pelz ist so weich als bei D. dichrura und hüllt die Schwanzwurzel in glei- cher Weise ein, reicht aber um etwas weiter vor; der übrige Theil ist ganz nackt und mit kleinen Schuppen besetzt. Die Farbe der Oberseite ist rostbraunröthlich, was auf dem Scheitel und Hinterkopfe niehr in’s Röthliche, auf den übrigen Thei- jen mehr in’s Rostbräunliche fällt, an den Seiten, heller und auch auf dem Rücken durch die glänzenden hellern Haarspitzen Jlichter wird. Die ganze Unterseite des Körpers nebst der Innenseite der Beine ist schön lichtgelblich; da den Weibchen der Beutel fehlt, so ist auch an der Stelle, wo er bei andern Arten sich findet, keine dunklere rostrothe Färbung sichtlich. Die Haare der Oberseite sind an ihrem Grunde grau, werden dann rostfarbig und ihre Spitzen *) Es scheint fast, als ob Waterhouse unsere D. affinis mit D. Piilander zusammengestellt hätte. In seiner Nal. hist. of Marsup. sagt er näm- lich |S. 103] in der Beschreibung von D. Philander, dass er in Paris ein Exemplar gesehen hätte, an welchem der Schwanz fast ganz schwarz sei, indem er nur einige weisse Flecken hätte, Diess kann nicht wohl eine andere Art als unsere D. affinis seyn. Abhandlungen d. IL. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. V. Bd. I. Abth. 18 138 sind lichter und glänzender. Auf der Unterseite sind die Haare ein- farbig. Wie bei D. Philander und dichrura verläuft von der Stirne ein rostbrauner Längsstreiff zur Nasenkuppe und die Augen liegen in einem gleichfarbigen Streifen, der sich rückwärts bis zum Ohre, vorwärts bis zu den Schnurren erstreckt; letztere sind schwarz. Der Zwischenraum zwischen jedem Augenkreise und dem Längs- streifen ist graulich weiss. Die Ohren scheinen im Leben fleischfar- ben gewesen zu seyn und sind am Grunde der Hinterseite mit gelb- licher Wolle besetzt. Die Aussenseite der Gliedmassen ist leicht roströthlich, auf den hintern mit viel Graulichweiss untermischt. Die Sohlen sind fleischfarben; die Nägel weisslich. Der nackte Theil des Schwanzes ist dunkelbraun, und seiner ganzen Länge nach bis zur Spitze, oben wie unten, mit weisslich fleischfarbigen, meist klei- nen Flecken besetzt, die im Anfange spärlich, gegen das Ende häu- figer sind. Körper) un. en ul sn In 8" 0% Schwanz. 5 ie: Behaarter Theil desselben. . . 1: Von der Nase zum Auge . 0 ” „ „ „ Ohre . . . 4 Ohr da oA, wohn, 1 Hinterhand . 1 DOoSE®2 An einem anderen Weibchen misst der Körper 9“, der Schwanz 10”. Natterer brachte diese Art in zwei Exemplaren aus Mate grosso mit, also aus den westlichsten Gegenden des mittlern Bra- siliens. 139 5. Didelphys laniger@ Desm. Die grosse Woll- Beutelratte. D. Oposso major, lanuginosa, supra bruneo-fulvescente, subtus .e lutescente albida ; occipite, nucha artubusque anterioribus ru- bello-fulvidisz lateribus albidis; cauda supra usque. ad ultimum quadrantem. pilosa, infra per tres quadrantes nuda albida. Didelphys lanigera. Desmar. mamm. p. 258. — Rexscer's Sängth. v. Paragnay. 8. 225? —A. Waen. in Schreb. Supplem. II. S. 46. — Warern. marsup. p- 98.; nat. hist. of Mammal. I. p. 491. Micoure second ou Micoure laineux. Azar. essai I. p. 275. Dass das von Natterer witgebrachte Exemplar, nach welchem nachstehende Beschreibung, entworfen ist, mit Asara's Micoure laineux zu einer Art gehört, ist mir.nicht zweifelbaft; dagegen bin ich im Ungewissen, ob Rengger's D. lanigera ebeufalls hieher zu rechnen ist, da seine Beschreibung in der Grösse, Färbung und Schwanzbehaarung merkliche Differenzen von Azaras und meinen Angaben darbietet. Wuterhouse hatte kein Original- Exemplar vor sich und konnte daher nur Azara's und Rengger's Beschreibung wiederholen. Da unser Exemplar gegenwärtig. vielleicht das ein- zige ist, das in einer europäischen Sammlung existirt, so will ich dasselbe umständlicher beschreiben, um ‚hiernach. die Arts-Merkmale genau festzusetzen. Der Pelz ist sehr weich und reichlich, und fühlt sich so linde wie Wolle an. ‚Wie gewöhnlich sind die Gliedmassen dicht damit besetzt, während die vier Hände nur ganz fein und spärlich mit an- liegenden Härchen bekleidet sind. Die Nasenkuppe ist, nackt und längs der Mitte gespalten, Die, Schnurren reichen bis etwas hinter das Ohr und sind an der Wurzel ziemlich starr; über dem Auge 18* 140 entspringen noch zwei kürzere Borsten und tief unter denselben drei andere. Die Ohren sind gross, oval, nackt, nur in der untern Hälfte ihrer Hinterseite mit Wolle bedeckt. Die Sollen sind nackt, der Hodensack mit einigen Härchen beflogen. Der Schwanz ist an der Wurzel dick und wollig behaart, was auf der Oberseite über drei Viertel von seiner Länge bedeckt; auf der Unterseite dagegen ist der Schwanz nur in seinem ersten Viertel mit Pelz besetzt, das übrige nackt. Ganz nackt ringsum ist also nur das letzte Viertel des Schwanzes; der nackte Theil desselben ist mit kleinen gekörn- ten Schuppen, die gegen das Ende glätter werden, versehen. Die Farbe der Oberseite ist licht rosthrämlich falb, was an den Seiten noch viel hlässer wird, am Hinterkopfe, dem Nacken und der Aussenseite der obern Gliedmassen aber schön zimmtroth ist; etwas lichter und mit mehr Braun gemengt ist diese Farbe auf den vier Händen und auf der untern Hälfte der Hinter- und Vorderseite des Unterschenkels. Die Farbe der ganzen Unterseite des Kör- pers, so wie der Innenseite der Gliedmassen ist gelblichweiss; der gelbliche Anflug ist sehr lebhaft am Unterkiefer, Vorderhalse und dem Unterbauch, dagegen an den Leibesseiten kaum merklich, wo die Farbe, ohne scharf abzusetzen, in die der Oberseite übergeht. Die Haare der Ober- wie der Unterseite sind gegen ihren Grund russig graubraun, was auf jener dunkler, als an dieser ist. Von der russig zimmetröthlichen Stirne verläuft ein trüb roströthlicher Längsstreif gegen die nackte Nasenkuppe; ein ähnlicher umgiebt das Auge und breitet sich, blasser werdend, über die Seiten der Schnautze aus. Die Stelle jederseits zwischen dem Längsstreif und Augenring ist graulich weiss; die ganze untere Hälfte der Kopf- und Halsseiten ist weiss. Die Schnurren sind glänzend schwarz, die Nasenkuppe scheint, gleich den Sohlen der Hände, im Leben licht fleischfarben zu seyn; die Ohren haben eine dunkle Farbe. Die hintern Gliedmassen sind auf der Aussenseite sehr licht falb- 1Al bräunlich, mit viel Weiss untermischt. Der Pelzbesatz auf dem Schwanze ist licht rostgelblich, wobei die Haare nur am Grunde etwas dunkler sind; der nackte Tlreil ist weisslich fleischfarben. Zur Vergleichung füge ich meiner Maass- Ahnahme die von Aszara hei. Eigene Nach Messung. Azara, Karpas oh, ad wen And - 12” 3 8" te u Schwanz. . ... ERETTOR 0 13 6 Behaarter Theil ec, has ia tete Vosulh 6 ) 0 sy Rt >, unten. >» . 3 3 4 6 Kopf = h 2 6 2 3 Von der Nase zum innern Auyenwiükel 1 0 I RE „ Ohre 2 1 Bbelsngalhönmmie une Blade tie 1 2 1 0 Ohrbreite.. 1, 314% he en 0 (6) 0 6 Hinterfuss mit Mittelkralle . 1 s Als Heimath war bisher nur eben bekannt. Azara hatte ein Exemplar von Caazapa, 50 Stunden von Asuncion, ein anderes von dem Dorfe St. Maria erhalten. Rengger bemerkt, dass er seine D. lanigera blos in den Missionen und bei Villa Rica angetroffen hat. Durch Natterer ist es nun nachgewiesen, dass sie auch in den südlichen Provinzen Brasiliens vorkommt, indem er ein Exem- plar in Caigara erhielt. 6. D. ochropus Narr, Die kleine Woll-Beutelratte. D. lanigera minor, lanuginosa, subcrispa, supra ferrugineo- ru- fescens, subtus albida, lateribus canescentibus; cauda supra paululum ultra dimidium pilosa. Didelphys ochropus. A. WAss. im Arch. f. Naturgesch. 1842, 8.359. Diese neu entdeckte Art, zur Zeit nur durch ein männliches Exemplar bekannt, hat mit der Didelphys lanigera die grösste Aehn- 142 lichkeit, unterscheidet sich jedoch durch geringere Grösse und einen andern Farbenton. Der Pelz ist weit mehr wollartig als bei dieser, indem er nicht blos sehr weich sich anfühlt, sondern zugleich etwas kraus ist. Und während der grossen Woll-Beutelratie längere Haare, die über den Pelz vorragen, fast ganz abgehen, sind sie bei der kleinen in grosser Anzahl vorhanden und stehen in ziemlich ge- rader Richtung weit über den Pelz vor. Ohren, Schnurren, Nasen- kuppe und Hände sind wie bei D. lanigera beschaffen, doch sind Finger und Zehen weit mehr von Haaren entblösst. Die wollartige Behaarung des Schwanzes reicht anf der obern Seite etwas über die Hälfte hinaus, auf der unten Seite nimmt sie kaum das erste Viertel ein; der nackte Theil ist mit kleinen ‘körnigen Schuppen besetzt. Die Färbung der Oberseite ist licht rostig zimmtröthlich, was gegen die Kruppe und Schenkel blasser wird, und auf dem Hinter- kopfe, Nacken und der Vorder-, auch zum Theil der Aussenseite der vordern Gliedmassen am lebhaftesten ist. Die Unterseite läugs ihrer schmalen Mitte, so wie die Innenseite der Gliedmassen, ist gelblich weiss; ihre breiten Seitentheile, so wie die des Kopfes sind licht grau. Von derselben licht aschgrauen Farbe ist ein grosser Fleck, der etwas über dem Ellenbogen beginnt und den hintern Theil des Vorderarms bis zu dessen Mitte abwärts einnimmt. ‘Der Oberkopf hat einen ähnlichen dunkel rostbraunen Bängsstreif und Augenkreise, dazwischen mit lichtgraulichem Zwischenraume wie bei D. lanigera aufzuweisen; Nasenkuppe, Ohren und Sohlen scheinen aber etwas dunkler; die Schnurren sind ebenfalls schwarz, doch häufiger mit helleren Spitzen; der Hodensack hellfarbig. Die Hin- terbeine sind an der Seite mit viel Grau gemischt; die Unterschen- kel an der untern Hälfte weiss roströtblich; die Krallen weisslich. Die Haare sind an ihrem Grunde dunkler als bei voriger Art. Der behaarte Theil des Schwanzes ist ganz licht roströthlich, mit bräun- 143 licher Beimischung; der nackte Theil ist weisslich fleischfarben; doch zeigt er seitwärts von der Behaarung dunkle, fast zusammen- fliessende Flecke. s Die Maasse von dem einzigen Exemplare, einem Männchen, das Natiterer einbrachte, sind folgende: Körper ER Schwanz. 2 A 13 7 Behaarter Theil desselben, oben. 7 9 ee 44 .. unten. 3 0) Von der Nase zum Auge . 0 84 ” 7 ” ” Ohre 1 1 94 Ohr, ohngefähr. 1 0 Hinterfuss . . 1 6 Die Heimath des erwähnten Exemplares ist Barra do Rio Negro, so dass also diese Art als der nördliche Repräsentant der südlichen Didelphys lanigera anzusehen ist. 7. Didelphys murina. Lass. Die lichtschwänzige Beutelratte. D. Nitelae magnitudine, supra cano-fulvescens, subtus e lutescente albida; oculis limbo fusco eircumdatis; auriculis minoribus; pedibus posterioribus gracilibus ; cauda gracili, corpore paulu- lum longiore, basi anquste pilosa, parte nuda unicolore rubello- albida. Didelphys murina. Lass. XU. 1. p. 72. — Scures. Säugth. IH. S. 545. tab. 149. — Desmir. mamm. p. 259. — Temm. monogr. I. p- 50. — Prinz v. Neuw. Beitr. II. S. 411. — Ciovy. regn. anim. I. p. 177. — A. Waen. in Schreb. Suppl. I. S. 49. [zum Theil]; Archiv für Naturgesch. 1842. 8. 359. — Warern. marsup. p. 105. 144 Marmose. Borr. hist. nat. X.p. 335. tab. 52, 53; Daussxt. p. 338? Wie bei Didelphys Philander giebt es auch bei gegenwärtiger Beutelratte drei Arten, die ächte D. murina, dann die D. macro- tarsus und D. microtarsus, die leicht mit einander verwechselt wer- den können. Weun diess bisher nicht öfters geschehen ist, so liegt der Grund davon wohl nur in dem Umstande, dass die beiden letzt- genannten Arten erst durch Natterer im Innern entdeckt wurden, während die D. murina an der Küste bis nach Guiana sich zieht, und daher wohl die einzige von diesen Beutelratten seyn wird, die schon in frühern Zeiten nach Europa gebracht wurde. Alle drei Arten stimmen darin miteinander überein, dass sie ohngefähr die Grösse des Gartenschläfers haben, ferner einen spitz zulaufenden Kopf, einen breiten schwarzen Streif, der jederseits von dem Ursprunge der Schnurren an durch das Auge verläuft und dazwischen den lichtgelben Schnautzenrücken frei lässt, der von keinem Längsstreif, wie bei D, Philander durchzogen wird. Aus- serdem ist die Schwanzwurzel nur in einem ganz schmalen Ringe vom Rückenpelze umfasst; der übrige Schwanz nackt und einfarbig. Die Oberseite ist graulichfalb gefärbt, die untere gelblich weiss. Die Weibchen haben keinen Beutel. Diess sind die wesentlichen Merkmale, in welchen die drei nahe verwandten Arten miteinander übereinstimmen; ihre Hauptunterschiede liegen in der Grösse der Ohren, der Länge und Breite der Hinterhände, und in der Färbung des Schwanzes. Als die länger bekannte Art ist die ächte Didel- phys murina wohl unter den Beschreibungen der älteren Schriftstel- ler zu suchen; doch lässt sich hierüber nicht mit Sicherheit abspre- chen. So ist z. B. gleich Bujfon's und Daubenton’'s Marmose nicht mit Evidenz einer der drei Arten zuzuweisen, da die Färbung des Schwanzes nicht angegeben ist; aus der Grösse der Hinterfüsse und Ohren möchte man fast auf D. macrotarsus schliessen. Auch bei 145 Pennant ist nicht sicher auszuscheiden, und Shaw hat offenbar etliche sehr verschiedene Arten zusammen geworfen. Desmarest hat nur die Beschreibung von Daubenton wiederholt, daher dieselbe Unge- wissheit. Schreber scheint unsere Art vor Augen gehabt zu haben; diess ist unbestreitbar der Fall bei dem Prinzen von Neuwied, Temminck und Waterhouse. Ich dagegen habe in meinen Supple- menten zu Schreber nur die D. macrotarsus zur eigenen Verglei- chung vor mir gehabt, so dass ich wegen der ächten D, murina auf die eben genannten Gewährsmänner verweisen muss. S. Didelphys macrotarsus Narr. Die langpfotige Beutelratte. D. supra cano-fulvescens, subtus e lufescente albida; oculis limbo fusco eircumdatis, auriculis majoribus; pedibus posterioribus elongalis robuslis; cauda gracili, corpore longiore, basi an- guste pilosa, parte nuda omnino calva, saturate rubello-cinerea. Didelphys macrotarsus. A. Wacx. im Arch. für Naturgesch. 1842..,.8.,.359. Diess ist diejenige Art, welche ich in meiner Fortsetzung des Schreberschen Werkes, ans Mangel eines ächten Originals von Di- delphys ınurina, mit dieser noch unter einer Art zusammengestellt und von ihr die Maasse angegeben habe. Die Untersuchungen in der Wiener Sammlung haben mich von meinem Irrthume überführt, und vermittelst der hier mitgetheilten Diagnosen und Beschreibungen wird es von nun an ein Leichtes seyn, diese D. macrotarsus so- wobl von D. murina als von D. vnicrotarsus sicher zu unter- scheiden. : Gestalt und Grösse ist wie bei voriger, aber die nackten Ohren sind ansehnlich grösser, und die Hiuterfüsse länger und robuster, Die Nasenknppe hat eine Längsfurche; der Pelzbesatz des Unter- Abhandlungen d. II. Cl. d. k. Akad. d. Wiss. V. Bd. I. Abth. 19 146 schenkels hört bald unter dessen Mitte auf; die Füsse sind dünn behaart. Der Schwanz ist wie bei D. murina nur an der Wurzel auf eine ganz schmale Strecke vom Rückenpelz überzogen, dann ganz nackt, ohne Haaranflug. Die Farbe der Oberseite ist trüb rostbräunlichfalh, was an dem Vorderkopfe, den Seiten und auf den Gliedmassen lichter wird, und hier mehr mit Grau überlaufen ist. Die Unterseite ist weiss mit gelblichem Anfluge; der Hodensack der Männchen mit gelblichweis- sem Haaranfluge. Die Haare der Oberseite sind im grössten Theile ihrer Länge schieferfarben, nur die Spitzen sind rostfalblich; die der Unterseite sind einfarbig. Der Augenring, der sich vorwärts in einen breiten Streifen fortsetzt, ist schwarzbraun; der Schnautzen- rücken ist von licht rostgelblicher Farbe, die beiderseits scharf von den erwähnten Streifen absetzt. Die Schnurren sind schwarz, Sohlen und Füsse lichtfarbig. Der Schwanz ist auf seinem nackten Theile einfarbig dunkel röthlichgrau. Von zwei Männchen habe ich nachfolgende Maasse entnommen: Körper ag zu gi SUN EN d [&} 6 0 Behaarter Theil desselben. 0 3 0) 34 Von der Nase zum Auge. 0 64 0 64 ER) ” ” „ OÖhre . 1 2 Ohr ) 8 0 8 Hinterhand . 0) 8 ) g4 MNatterer entdeckte diese Art während seiner Flussreise den Madeira hinab. 147 9. Didelphys microtarsus Narr. Die kurzpfotige Beutelratte, D. supra saturate fulvescens, subtus lutescens, oculis limbo fusco circumdatis, auriculis majoribus, pedibus posterioribus abbre- viatis gracilibus; cauda gracili, corpore longiore, basi anguste pilosa, parte nuda saturate rubello-cinerea, subtus tenuissime albido-pilosa. Didelphys mierotarsus. A. Wacx. im Arch. für Naturgesch. 1842. 8.359. Die kurzpfotige Beutelratte kommt mit der langpfotigen in der Grösse der Ohren und der Färbung des Schwanzes überein; aber ihre Hinterhände haben die kleinere zierliche Form der D. mu- rina und die Färbung der Ober- wie der Uuterseite hat mehr Roth beigemischt und ist daher gesättigter als bei den beiden an- dern Arten. Die Farbe der Oberseite ist rostig bräunlichroth, was auf den Seitentheilen Jichter wird, am hellsten aber auf dem Schnautzen- rücken ist, der dadurch sehr von der schwarzen Augenbinde ab- sticht. Die Unterseite ist ockergelb, an den Seiten hie und da mit rostigem Anfluge. Nicht nur die Haare der Oberseite sind im gröss- ten Theil ihrer Länge schieferfarben, so dass das äussere Farben- kleid blos von den Haarspitzen ausgeht, sondern auch die der Un- terseite sind in ihrer untern Hälfte schieferfarben. Durch letzteren Umstand unterscheidet sich D. microtarsus ebenfalls von D. macro- tarsus, bei welcher die Haare der Unterseite einfarbig sind; ein weiterer Unterschied ist der, dass bei dieser die Schieferfarbe viel lichter, bei unserer D. microtarsus dagegen ungleich dunkler und schieferblauschwarz zu nennen ist. Nur Jängs der Mitte des Vor- derhalses sind die gelhen Haare einfarbig. Der Hodensack ist mit 19* 148 ziemlich langer weisslicher Wolle dicht besetzt. Der Pelzbesatz des Unterschenkels erreicht die Ferse nicht. Die Schnurren sind schwärzlich, die Füsse lichtfarbig, die Nägel weisslich. Der Schwanz ist in seinem nackten Theile einfarbig dunkel röthlich grau, in der letzten Hälfte seiner Unterseite mit kurzen, anliegenden, bräunlichen Härchen besetzt, was bei D. macrotarsus nicht der Fall ist, Körper sr Sr ker Pr ee IRRE Au 3 Schwanz ee IE us Behaarter Theil desselben. . . . . . Von der Nase zum Auge . . ... use alle Ohren den, oe DHL a a ee - nee, Aare. Hinterhandieg. nette an an ie LS m DT m .Im Ol Natterer fand diese Art blos um Ypanema im südlichen Brasilien. 10. Didelphys unistriata Narr. Die einstreifige Beutelratte. D. supra e ferrugineo et cano mixta, subtus lateribusgque ferrugineo- rufescens ; stria dorsali impressa obscuriori; capite abbreviato, auriculis breriusculis; cauda dimidio corpore breviore, pilosius- cula; vellere brevissimo. Didelphys unistriata. A. Wass. im Arch. für Naturgesch. 1842. S. 360. Der Habitus dieser Art ist ganz wie der von Didelphys gli- rina, aber die Grösse ist etwas geringer, der Schwanz von anderer Beschaffenheit. Der Körper ist langgestreckt und kurzbeinig. Der Kopf ist etwas dick und dabei kurz, die Nasenkuppe gefurcht, die Schnurren 149 kurz und fein; die Ohren klein, nicht über den Scheitel vorragend, halbrundlich, unten ausgeschnitten und nackt, mit einem zarten Haar- anfluge. Die Vorderfüsse sind robuster als die hintern, welche fein und schmal sind. Der Schwanz ist noch nicht halb so lang als der Körper, an der Wurzel etwas vom Rückenpelze bedeckt, dann bis an seine Spitze mit abstehenden Härchen ziemlich dicht besetzt. Von dem Schwanze der D. glirina und velutina weicht er darin ab, dass er an der Basis nicht so dick und..überhaupt nicht kegelför- mig gestaltet, seine Behaarung nicht angedrückt, sondern abstehend und rauher ist; endlich dass er nicht, wie bei jenen, gerade ausge- streckt, sondern am untern Ende hakenförmig eingekrümmt ist. Aus dieser Umbiegung, die man dem Schwanze der D. glirina, brachyura, velulina und domestica nicht geben könnte, scheint mit ziemlicher Sicherheit hervorzugehen, dass der Schwanz der D. wnistriata zum Greifen stimmt ist, was auch noch dadurch bestätigt werden möchte, dass die Haare auf der Unterseite der Schwanzspitze mehr ange- drückt sind. Der Hodensack ist dicht behaart. Das Weibchen ist noch nicht bekannt, wird aber wohl ohne Beutel seyn. Die Behaa- rung ist sehr kurz angedrückt und fühlt sich nicht weich an. Die Farbe der Oberseite ist rosthraunroth mit feiner weisslicher Sprenkelung. Die sämmtlichen Seitentheile und die ganze Unterseite ist einfarbig und licht roströthlich, was von der Rückenfarbe scharf ahschneidet und auf der Unterseite etwas heller wird. Vom Wi- derrist bis zur Schwanzwurzel verläuft ein etwas eingedrückter schmaler Streifen von einfarbig dunkel rosthraunrother Farbe. Die gesprenkelten Haare des Oberkopfes und Rückens sind in ihrem untern Theil grau, dann gelblich mit rostbraunrothen Spitzen; die Haare an den Seiten und dem Unterleib sind einfarbig, doch gegen ihre Wurzeln lichter. Der Kopf ist ohne besondere Auszeichnung; die Schnurren sind schwärzlich, die Wangenborsten weisslich. Die Gliedmassen sind rostfalb wie die Seiten, doch zieht sich au der 150 Aussenseite der hintern die gesprenkelte Rückeufarbe etwas herab. Die Krallen sind gelblich weiss mit dunklem Fleck. Der Schwanz ist oben dunkel rostbraun, unten schmutzig rostgelb behaart. Der schwarze Hodensack ist mit rostgelblichen Haaren bedeckt. Die Sohlen scheinen im Leben fleischfarben zu seyn, ÜELpr ee we age yet ET RENTE Te 2 5 Von der Nase zum Auge . 0 64 ar ee Wlre 272: 2. 1 1 NENNE TEN 0 5 Hinerhand 200.2 a0 2 o2 a 0 63 Von Natterer bei Ytarar& im südlichen Brasilien gefunden. 11. Didelphys glirina Narr. Die Bilch-Beutelratte. D. Nitelae magnitudine, supra cinerascens, subtus cano-lutescens, lateribus pallide rutilo-ochraceis; capite abbreviato, aurieulis mediocribus; cauda abbreviata, basi anguste pilosa, dein nuda, acuminala, pilis nonnullis subtilissimis adpressis obsita. Didelphys glirina. A. Waen. im Archiv für Naturgeschichte. 1842. S. 359. Diese Art ist der Didelphys brachyura sehr nahe verwandt, welch letzterer es wie andern Beutelratten gegangen ist, dass unter ihr mehrere verschiedene Spezies zusammen begriffen worden sind. Zuvör- derst ist zu bemerken, dass die Beschreibungen, welche Schreber *), *) Säugih. III. S. 548. Die Farbe des ganzen Ihieres, sagt ‚Schreber, sieht kaffeebraun, auf dem Rücken dunkler, auf dem Bauche etwas heller. Die Haare sind in ihrem untern Theile aschgrau, an der 151 Geoffroy*), Temminck**) und Waterhouse***) von der D. brachyura gegeben haben, weder unter sich zusammen stimmen, noch auch auf unsere Art, die ihrem ganzen Habitus nach zu dieser Gruppe ge- hört, passen. Letzteres ist am wenigsten zu verwundern, da unsere Art, als den westlichsten Theilen Brasiliens angehörig, wohl erst Spitze dunkel. rothbraun, die längern Rückenhaare mit schwarzen Spitzen. Der Schwanz ist nicht merklich schuppig, am Anfange oben mit langen Haaren bedeckt, welche im Fortgange immer kürzer werden. Körper 3 2'", Schwanz 1" 8". #*) Catal. des Mumm. p. 145. Pelage marron fonce& [roux fonc&], blan- chätre en dessous; queue tres-grosse a son origine et de moitie moins longue que le corps, velue en dessus jusqu’aux deux tiers de sa lon- gueur; ses poils se perdent insensiblement dans les &cailles. Körper 6". **) Monograph.1.p.53. Parties superieures d’un gris-fauve jaunätre ä peu pres de la m&me teinte que le Surmulot ou Mulot; cötes, cuisses et base de Ja queue d’un roux assez vif, ou couleur de rouille; parties inferieures d'un roux jaunätre. Queue £paisse ä la base et terminde en pointe, poilue a sa base seulement, le reste couvert d’un petit poil tres ras. Körper 4 3’, Schwanz %' 3%. Gemein in Surinam; ein Exemplar von Monte-Video?, ein anderes aus Brasilien. ##*) Marsup. p. 1l1.; 2001. of Ihe voy. of Beagle. mamm. p. 97. tab.22, Fur erisp; the upper surface ashy-grey, grizzled with yellowish-white; het sides and under parts rusty yellow; the eye is encircled with rusty- yellow. Tail clothed with short stiff hairs and exhibiting scales. Fur of the back greyish at the base, that on the belly uniform. Körper 6”, Schwanz 2” 8", Ohr 3°/,'". Von Maldonado am la Plata. Man sieht auf den ersten Anblick die grosse Verschiedenheit in den Angaben, und dass diese ebenfalls auf keine unserer neuen Ar- ten Anwendung finden. Am ersten könnte noch Schreber’s und Temminck's Beschreibung zusammen passen und für diese der Name Didelphys brachyura beibehalten werden. Hievon ist aber Waterhouse's D. brachyura zu tvennen, der man dafür den Namen D. dimidiuta bei- legen könnte. 152 durch Nafterer ihren Weg in ein europäisches Museum gefun- den hat*). Der Kopf unserer D. ylirina ist kurz, ebenso die Schnurren und nackten Ohren. Die Beine sind kurz; die Hinterhände ziemlich schmal. Der Schwanz ist kürzer als der halbe Körper, nur an der Wurzel auf eine sehr kurze Strecke vom Rückenpelze und zwar oben wie unten gleichförmig bedeckt, dabei in diesem Theile von gewöhnlicher Dicke, die auf dem nackten Theile immer mehr ab- nimmt, so dass die Schwanzspitze ziemlich dünn wird. Auf dem nackten Theile sieht man feine Schuppenringe, die aber von einem zarten anliegenden Haaranfluge meist verdeckt werden. Der Ho- densack ist kugelig; das Weibchen noch unbekaunt, sicherlich aber ohne Beutel. Die Färbung der Oberseite ist schwarzgrau mit feiner lichtgrau- licher Sprenkelung; die Seiten sind abgeschossen roströthlich, was am lebhaftesten an den Halsseiten und den Hinterkeulen auftritt; die Unterseite ist blass graugelblich. Alle Haare sind in ihrer untern Hälfte schiefergrau; auf der Oberseite folgt dann schwarzbraun mit licht graulichgelben Spitzen, an den Seiten sind die Spitzen rost- röthlich, auf der Unterseite hellgelb. Der Kopf hat auf der Ober- | seite die Färbung des Rückens; Augenringe oder ein mittlerer Längs- streif fehlt ganz. Die Wangen fallen in's trüb Rostgelbliche, was hinterwärts lebhafter, unterwärts hlasser wird. Der Vorderhals hat einen ‚stark ockergelblichen Anflug, während der Unterleib nur blass graugelblich ist. Die Aussenseite der Gliedmassen ist wie die Sei- ten blass roströthlich mit Grau gemischt, die Vorderhände sind licht- %#*) Wahrscheinlich wird aber auch die von Waierhouse in seiner Natural History of the Mammalia I. S. 523 beschriebene lichtere Abänderung von D. drachyura nicht dieser, sondern unserer D. glirina zuslän- dig seyn. 153 bräunlich, die Hinterbände schmutzig weisslich; die Nägel hell gelb- lich; die Nasenkuppe dunkel. Der behaarte Theil des Schwanzes ist roströthlich, oben mit dunklerer Schattirung; der nackte Theil ist oben schwärzlich braun, unten und an den Seiten lichtbräunlich. Der Hodensack ist schwarz, mit dichtem weisslichem Haaranfluge. Körper et sont ae, + ua 6“ au! Schwanz Bee 2 6 Behaarter Theil desselben . 0 44 Von der Nase zum Auge . 0 7 „u 3 bie ». Ohre. 1 2 Ob ua ei are 0 6 Hinterhand . 0 8 Das einzige Exemplar wurde von Natterer bei Cachoeira do Pau grande am Mamore gefunden. 12. Didelphys domestica Narr. Die Haus-Beutelratte. D. Ratto minor, supra sordide einerascens, subtus lateribusque lutescens; capite haud striato, aurieulis majusculis; cauda ab- breviata, incrassata, pilis albidis brevissimis adpressis vestita. Didelphys domestica. A. Waex. im Arch, für Naturgesch. 1842. 8. 369. Leib und Kopf sind langgestreckt, die Gliedmassen kurz und dick, die Hinterhände schmal. Die Schnurren sind kurz und schwach, die Nasenkuppe nackt und in der Mitte getheilt; die Ohren sind gross und nackt. Der Schwanz erreicht nicht die Hälfte der Kör- perlänge, ist dick, nimmt nur wenig an Umfang gegen die stumpfe Spitze ab, ist ohne merkliche Beschuppung, scheint im Leben licht lleischfarbig gewesen zu seyn, und ist mit kurzen, feinen, anliegen- den Härchen beflogen, die unten und an den Seiten weisslich, oben Abhandlungen d. II, Cl. d.k.Ak.d. Wiss. V. Bd. I. Abthl. 20 154 schwärzlich sind und bei ihrer Kürze und Spärlichkeit die nackte Haut nicht verdecken können. Die Männchen hahen: einen volumi- nösen Hodensack; die Weibchen sind ohne Beutel. Der Pelz ist verhältnissmässig kurz und glatt anliegend; an den Gliedmassen läuft er, immer kürzer werdend, bis zu den Fingern und Zehen herab, die nur einzelne Härchen aufzuweisen haben; die Schwanzwaurzel ist von ihm nicht überzogen. Die Farbe der Oberseite ist aus Schwarz und schmutzig Gelb- lich gesprenkelt, was einen trüben Ton bat und wobei die erstere Farbe vorherrscht. An den Seiten gewinnt bald die graulichgelbe Farbe die Oberhand und die ganze Unterseite ist schmutzig gelb, was am Unterkiefer in's trüb Weissliche fällt. Die Haare sind in ihrem untern Theile grau, was auf der Oberseite einen ‚grössern Theil ihrer Länge, auf der untern einen kleinern wegnimmt. Die Haar- spitzen sind hiernach länger oder kürzer gelb, und indem sich auf dem Rücken und Oberkopfe viele ganz schwarze Haare einmengen, erlangen diese Theile eine gesprenkelte Färbung, während die Sei- ten nebst der Unterseite, wo die schwarzen Haare fehlen, einförmig schmutzig gelb sind. Der Kopf hat keine Auszeichnung, indem ihm sowohl Augenringe als Längsstreifen abgehen. Die Aussenseite der - Beine zieht in’s licht Braungraue mit lichten Haarspitzen; die Hände sind weisslich behaart, die Krallen gelblichweiss. Die Nasenkuppe ist dunkel, die Sohlen sind lichter. Der Hodensack ist schwarz, dicht mit weisslichen Härchen bewachsen. Die Schnurren sind schwärz- lich, zum Theil mit hellen Spitzen. Körper AIR ER. EP EL, Ad zu 0“ Schwanz. 2.2. 2 4 Von der Nase zum Auge. Bi. ” „ „ ” Ohr-9i! sis 1 64 Ott ask Nun ser, 0 9 Hinterhand . 0 st 1 5 or Natterer entdeckte diese Art in Cuyaba in der Provinz Mato grosso, wo sie häufig in den Wohnungen gesehen wird. 13. Didelphys velutina Narr. Die Sammet-Beutelratte. D. Musculi magnitudine, mollissima, supra umbrino-fusca, subtus abrupte lutescens; capite acuto, auriculis majusculis; cauda corpore paululum breviore, basi anguste villosa, dein nudius- cula, obscura, acuminata, pilis brevissimis glabris adpressis vestita, Didelphys velutina. A. Wascx. im Archiv für Naturgeschichte. 1842. 8. 360. Der Habitus dieser Beutelratte ist ganz der einer jungen Didel- phys murina, auch die Färbung hat viele Aehnlichkeit, aber der Schwanz ist völlig verschieden und bringt unsere Spezies in Ver- bindung mit D. brachyura und den damit verwandten Arten. Der Kopf läuft spitz zu, und die Nasenkuppe ist in der Mitte gefurcht. Die Schnurren sind kurz und schwach, die Ohren ziem- lich gross, nackt, oval und über den Scheitel weit überragend. Die Füsse und Hände sind klein und zierlich. Der Schwanz, welcher dem Körper an Länge etwas nachsteht, ist nur an der Schwanz- wurzel auf eine ganz kurze Strecke vom Rückenpelz umhüllt. Sein entblöster Theil, der anfangs verhältnissmässig dick ist, spitzt sich allmählich zu, zeigt keine merkliche Beschuppung und ist mit kurzen, fest angeklebten Härchen besetzt. Der Pelz ist glatt, reichlich, ziemlich lang ‚und fühlt sich so weich wie Sammet an, am Unter- schenkel hört er auf, bevor er dessen unteres Eude erreicht. Der Hodensack ist dicht mit zottigen weisslichen Haaren besetzt. Das Weibchen ist noch unbekannt, wird aber wohl ohne Beutel seyn. Die Farbe der Oberseite ist fein braunschwarz und licht gelb- 207 156 bräunlich gesprenkelt; die Seiten und der Unterleib sind hell isa- bellgelb. An der Grenze beider Farben verläuft an den Rumpfseiten eine schmale, verwischte, licht roströthliche Binde, die an den Hals- seiten mehr Lebhaftigkeit gewinnt und sich breiter ausdehnt; auch der Vorderhals hat einen rostigen Anflug, während Kehle und Un- terkiefer ins Gelblichweisse erblassen. Die Haare sind dem gröss- ten Theile ihrer Länge nach dunkel schieferhlauschwarz; auf der Oberseite mit bräunlich gelben und schwarzbraunen Spitzen, auf der Unterseite mit gelben. Die Augen liegen in einem schwarzen Ringe, der übrigens weder vor- noch rückwärts in eine Binde ausläuft. Son- stige Abzeichen am Kopfe sind nicht vorhanden. Schnurren und Ohren sind ziemlich dunkel. Die Hinterbeine sind auf der Aussenseite von der Farbe des Rückens, die vordern gehen bald in's trüb Isa- bellfarbige über; die Zehen sind schmutzig weisslich, die Nägel weisslich mit dunklerem Fleck; die Sohlen hellfarbig. Der Schwanz hat auf der obern Seite eine etwas fettige russbraune Farbe, die unten merklich lichter ist. Der hellfarbige Hodensack ist mit weiss- lichen Zottenhaaren besetzt. Böcper ;«,,. .Injisilar -uab aadlis hs Schwanz „ut <.deitusin che Behaarter Theil desselben . Von der Nase zum Auge . ” ” „ ” Ohre Ohr ohngefähr . . . - Binterhand . » 2 2. = 2.0058 ot Von Natterer bei Ypanema im südlichen Brasilien entdeckt. 157 IT. CHIRONECTES. Schwimmbeuller. Als ich in meiner Fortsetzung des Schreber'schen Werkes der Reihenfolge gemäss die Gattung Chironectes in Bearbeitung nehmen musste, war es mir nicht möglich eine vollständige Schilderung zu liefern. An Originalbeschreibungen lagen nur zwei vor, nämlich von Buffon*) und Ogilby***). Ersterer hatte blos ein junges Thier vor sich; letzterer gab ebenfalls nur nach einem solchen von dem Gebisse eine Beschreibung, welche ‚der von Fr. Cnxier%#*) und Otwen+) hierüber mitgetheilten Notiz bezüglich der Zahl der Lücken- und ächten Backenzähne geradezu widersprach; auch hatte er das Vor- kommen von sehr grossen Backentaschen belfauptet, was bisher we- der von dem Schwimmbeutler, noch‘ von irgend einem andern Beutel- thier bekannt war und daher höchst zweifelhaft erscheinen musste. Die von meinen Vorgängern gelassenen Lücken auszufüllen oder das Zweifelhafte sicher zu stellen, war mir damals nicht möglich, da ich von dem Sehwimmbeutler kein Exemplar zur eignen Untersuchung auftreiben konnte, Auch die bald darauf erschienene Beschreibung von Waterhouse-;7), so genau sie auch die äussere Beschaffenheit erörtert, vermochte doch nicht die durch Ogilby angeregten Bedenk- lichkeiten zu lösen, da er in allen englischen Sammlungen nicht mehr als ein unvollständiges Exemplar auffinden konnte, Das schöne Material, welches Nafterer auch von dieser Gat- *), Suppl. III. p. 159. tab. 22. **) Lond. and Edinb. Phil. Mag. IX. (1836) p. 510; Proceed. IV, p. 56. *#*) Dents des mammif. p. 75. +) Odontograph. p. 381. ir). Marsup. p. 112. tab. 4.; ganz neuerdings in der Nat. Hist. of the Mammal. I. p. 529. 158 tung zusammenbrachte, lässt alle Zweifel beseitigen, und eine genaue Beschreibung dieses merkwürdigen, und in den Sammlungen noch höchst seltnen, Thieres mit besonderem Bezug auf die erwähnten strittigen Punkte entwerfen. Mit solehen Hülfsmitteln versehen, wird überdiess über die Berechtigung des Schwimmbeutlers als eigne Gat- tung im Systeme Platz zu nehmen, eine sichere Entscheidung her- beigeführt werden können. Der äussere Habitus des Schwimmbeutlers ist der der lang- schwänzigen Beutelratten, wie es schon von meinen Vorgängern be- merklich gemacht worden ist, daher es auch keiner ausführlichen Beschreibung desselbei, sondern nur einzelner Bemerkungen bedarf, hauptsächlich solcher, welche zur Entscheidung über die Gattungs- Ansprüche dieses Thieres hervorgehoben werden müssen. Vorder- wie Hinterfüsse sind mit 5 Zehen versehen. Die Zehen der Vor- derfüsse sind lang, schmächtig, ganz von einander getrennt, mit sehr schwachen Krallen, die über die breiten angeschwollenen Ballen nicht vorragen, noch weniger sie der Breite nach überdecken, son- dern in diese eingebettet sind. Der Daumen an den Vorderfüssen ist verhältnissmässig lang und hat eine ähnliche Kralle. Einen auf den ersten Anblick sehr befremdlichen Eindruck gewährt es, dass hinter dem fünften Finger ein Anhängsel mit knöcherner Ausfüllung zum Vorschein hommt, das wie ein kleinerer sechster Finger, jedoch ohne Kralle, aussieht. Owen hat uns indess schon belehrt, dass dieser scheinbare Finger lediglich durch die ungewöhnliche Ent- wicklung des Erbsenbeines hervorgebracht wird. Die Handsohlen sind sehr angeschwollen und nackt. Die Hinterfüsse sind kurz, und, abgesehen vom Hinterdaumen, erinnern sie gleich durch ihre ungemein breite platte Form, die gros- sen Schwimmhäute und ihre angeschwollenen nackten Sohlen an die der Biber; es sind also Schwimmfüsse im vollkommensten Sinne dieses Wortes und hiedurch von den Füssen aller Beutelratten we- 159 sentlich verschieden. Die Schwimmhaut, welche alle Zehen eines jeden Fusses einschliesst, reicht bis gegen die Wurzel der Krallen vor, Die Krallen sind stärker und läuger als an den Vorderfüssen, über die Ballen vorragend, sichelförmig, von beiden Seiten ganz schmal zusammengedrückt; der ansehnlich lange und nicht so weit als bei den Beutelratten abgerückte Daumen ist nagellos. Der lange Schwanz ist nur an seiner Wurzel vom Rückenpelz bezogen, der in gleicher Erstreckung, oben wie unten, plötzlich auf- hört. Der ganze übrige Theil des Schwanzes ist nackt, im Leben oben eylindrisch gewölbt, unten flach gedrückt, dabei nach unten ge- krümmt; derselbe ist mit lauter kleinen, meist etwas rhomboidalen Schuppen bedeckt, die jedoch keinesweges in wirtelartige Reihen gestellt sind; zwischen ihnen kommen, zumal auf der Unterseite, ein- zelne kurze anliegende Härchen zum Vorschein, die erst bei näherer Besichtigung in die Augen fallen *). Die Männchen haben den gewöhnlichen hängenden Hodensack der Beutelratten; die Weibchen, wie wir diess zum erstenmal durch die von Natierer gesammelten Exemplare in Erfahrung bringen, einen vollständigen Beutel. Der Pelz ist sehr dicht und weich, namentlich auf der Unter- seite, wo er sich wie die feinste Baumwolle anfühlt und einen sei- denartigen Glanz hat, Auf der Oberseite sind ihm viele längere steifere Borstenhaare eingemengt, die auf der Unterseite weit selte- ner sind. An den Gliedmassen hört der Pelz am Hand- und Fuss- #) Wie Ogilöy vom Schwanze des Schwimmbeutlers sagen kann, dass dieser dem des Hydromys chrysogaster so vollkommen gleiche, dass man diese Theile, wenn sie von den Thieren getrennt wären, un- möglich zu unterscheiden vermöchte, ist nicht wohl begreiflich. 160 Gelenke auf; nur die Mittelhand ist auf der Oberseite etwas mit Härchen besetzt. Die Ohren sind kahl. Schnurrhaare finden sich nicht nur an den Nasenseiten, hinter dem Auge und auf den Wangen, sondern auch am Unterkinne. Der Hodensack ist dicht filzig behaart. Ogilby schreibt, wie erwähnt, dem Schwimmbeutler grosse Backentaschen zu. Da gedachter Naturforscher keine frischen Exem- plare untersuchen konnte, sondern nur 2 Bälge, wovon der eine, nach dem hauptsächlich seine Beschreibung entworfen ist, von Nat- terer ihm zur Ausicht bewilligt worden war, so ist nicht abzusehen, wie sich Ogilby einer solchen Thatsache versichern konnte. An unsern Exemplaren konnte er wenigstens solche nicht ausmitteln, und von Natterer rührt eine derartige Mittheilung auch nicht her, da er keine Backentaschen beobachtet hatte. Die Angabe von ihrem Vorkommen fusst demnach auf keinem Grund. Vom-Gebisse geben, wie erwähnt, Fr. Cuvier und Owen an, dass es sich ganz wie das von Didelphys verhalte, nämlich: 1 Schneidezähne, 44 Eckzähne, 33 Lücken- und #4 ächte Backen- zähne, im Ganzen 50 Zähne. Ogilby zählt dagegen nur 42 Zähne, indem ‘er in jeder Kieferhälfte blos 2 Lückenzähne und 3 Backen- zähne aufführt. So verschieden diese Angaben klingen, so sind doch beide gleich richtig; die Differenz ist aber dadurch verursacht, dass die beiden erstgenannten Zoologen alte Thiere vor sich hatten, Ogilby dagegen nur ein junges, noch nicht erwachsenes. Ich habe das nämliche Exemplar, das ihm Natterer zur Ansicht verwilligt hatte, zur Vergleichung benützt und dieselbe Anzahl von Zähnen, wie Ogilby an ihm gefunden; allein dass es ein nieht erwachsenes, noch nicht mit allen seinen Zähnen versehenes Thier ist, geht evi- dent aus seiner geringen Grösse hervor, die nicht einmal 9% Zoll 161 vollständig ausmacht, während ein altes Thier eine Körperlänge von 13“ und eine Schwanzlänge von fast 12” erreicht. An erwachsenen Exemplaren habe ich, in Uebereinstimmung mit Fr. Cuvier und Owen, gleichfalls in jeder Kieferhälfte 3 Lückenzähne und 4 ächte Backen- zähne gezählt. Komnt also gleich der Schwimmbeutler mit den Bentelratten in der Zahl der Zähne überein, so entfernt er sich doch von den letz- teren in der eigenthümlichen Bildung seiner Füsse dermassen, dass wir vollkommen berechtigt sind, ihm die Rechte einer Gattung zuzu- gestehen, die übrigens nur eine einzige Art, den Chironeetes varie- gatus Iruse., aufzuweisen hat. Abhandlungen d. IT. Cl. d. k. Ak d. Wiss. V. Bd. I. Abth. 24 162 Zweite Ordnung» Handflügler. Natterer hatte auf seinen Reisen den kleinen Säugthieren ein eben so lebhaftes Interesse als den grösseren zugewendet, und da- durch glückte es ihm auch unter den Handflüglern eine ansehnliche Anzahl von neuen Arten zu entdecken. Etliche andere, welche die hiesige Sammlung durch ihre anderweitigen Verbindungen erhielt, sind hier gleichfalls aufgenommen. I. PHYLLOSTOMA. Blattnase. Zu dieser den tropischen Gegenden Amerika’s angehörigen Gat- tung bin ich im Stande 10 neue Arten hinzuzufügen, die, mit Aus- nahme von Phyllostoma calcaratum, durch Natterer zusammen ge- bracht worden sind. Eine A1te Art, Phyllostoma lineatum, ist zwar schon früher beschrieben worden, aher so wenig ausreichend, dass ich die Gelegenheit,. sie vollständig zu charakterisiren, nicht unbe- nützt lassen wollte. Noch hat Natterer mehrere Exemplare mitge- bracht, die sich an Ph. perspicillatum anreihen, jedoch mancherlei Abweichungen darbieten; ich bin indess nicht mehr dazu gekommen, sie einer genauern Prüfung zu unterwerfen und muss sie daher vor der Hand unberücksichtigt lassen. 163 a) Cauda patagio inlerfemorali brevior (Vampyrus Spiz.). 1. Phyllostoma longifolium Narr. Die langblättrige Blattnase. Ph. supra fuscum, subtus pilis basi fuscis, apice flavidis; dorso stria longitudinali canescente notato; auriculis elongatis; prosthemate angusto, longissimo; cauda elonyata; patagio interfemorali am- plissiıno truncato. Phyllostoma longifolium. A.Waex. im Arch. f. Naturgesch. 1843. S. 365. Eine kleine, aber sehr ausgezeichnete Art. Untere Schneidezähne sind nur 2 vorhanden. Die Ohren sind gross, au der Spitze abge- rundet, am äussern Rande nicht ausgeschnitten, am innern unterhalb der Mitte bogenförmig erweitert, dabei mit feinen Härchen beflogen, während die Wurzel auf der Hinterseite mit dem laugen Pelze des Kopfs überzogen ist. Die Klappe reicht bis gegen die Ohrmitte, ist am innern Rande gerade, am äussern bogenförmig und hier mit drei Zähnen versehen; das Ohrende läuft in eine schmale Spitze aus. Das Nasenblatt ist sehr lang und schmal, mit starker Mittelrippe, an den Seitenrändern ganz, aber durch Härchen bewimpert. Der Schwanz ist verhältnissmässig sehr lang (nächst dem von Ph. ma- erophyllum am längsten), indem er die Mitte der Schenkelflughaut erreicht, und 4 Wirbel zeigt, von welchen der letzte frei hervor- ragt. Die Schenkelflughaut ist ausserordentlich gross und am Ende gerade abgeschnitten; die Sporen sind ebenfalls von bedeutender Länge. Die Flügel sind nackt, auf der Innenseite um den ganzen Körper mit vielen Punktreihen besetzt, die namentlich fast die ganze Schenkelflughaut bedecken; die Flügel setzen sich etwas unterhalb der Fusswurzel am Mittelfusse an. Die Farbe der Haare ist auf der Oberseite dunkelbraun, wo- N 21 * 164 bei die Wurzeln in’s Weissliche fallen; sehr bezeichnend ist ein schmutzig 'grünlichgrauer Längsstreif, der über dem Rücken längs des Rückgraths verläuft. Die Unterseite hat einen trübgelben Ton, der jedoch an dem Unterkiefer und den Halsseiten lebhaft rostgelb wird. Die Haare des Unterleibs sind am Grunde braun mit gelben Enden. Die Flughäute fallen in's Dunkelbranne. Vom Scheitel zum Steiss 1” 11” | Schwanz .....1......0% 84 Kopf. . Zuu.520r »50...94.|Schenkelflughant. ... . . 14 (GiIren "SP B nee 4R, RER (UNE I NRSDEGATE SE RCREET STOLLEN Nasenhlatk Ss, zeige „u. 0. 54] Vorderarm ;....... Sue; rU0N Grösste Breite desselben O0 13|Flugweite . . . ... 11.7 Die Heimath ist Villa Maria in der Provinz von Mato grosse, wo Nafterer diese Art entdeckte. 2. Phyllostoma amblyotis Nırr. Die grossohrige Blattnase. Ph. castaneo-fuscum, subtus pilis bruneis, basi paululum. albidis; auriculis amplissimis, cauda brevi, calcaribus longis, alis me- tatarso affixıs. Phyllostoma amblyotis. A. Wasn. im Archiv für Naturgesch. 1843. S. 365. Aus zwei Exemplaren (einem ausgestopften und einem in Brannt- wein aufbewahrten) ist mir diese von Netterer entdeckte Art be- kannt, die mit Ph. bidens in nächster Verwandtschaft steht, aber durch ausreichende Merkmale von ilım verschieden ist. Zwischen den starken Eckzähnen sind unten ebenfalls nar zwei Schneidezähne eingeschoben. Die Olıren sind ungemein lang, ziemlich weit, dünn, oval, abgerundet, an den Seitenrändern nicht ausgeschnitten, sondern hier in der Mitte erweitert; nur gegen die Basis des äussern Ran- 165 des findet sich ein kleiner Einschnitt, wodurch ein kurzer Ohrlappen entsteht. Gegen den innern Rand verläuft auf der Innenseite eine Längsfalte, und die innere Ohrenwand ist von schwachen Querfur- chen durchzogen. Die kurze Klappe ist stumpf zugespitzt, in der untern Hälfte ‘des äusseren Randes mit drei kleinen Zacken ver- sehen, während der innere Rand unterhalb seiner Mitte nur eine schwache Kerbe zeigt. Das Nasenblatt ist kurz, ziemlich breit, oval, zugespitzt und ganzrandig. Die Unterlippe zeigt vorn ein Dreieck kleiner Warzen, innnerhalb welchem noch einige kleinere stehen. Der Schwanz ist ganz kurz, besteht aus drei Gliedern, und ragt mit einem kleinen Knöpfchen aus der Schenkelflughaut heraus. Die Flügel sind breit, nackt, und unterhalb der Ferse auf dem Mittel- fusse (also etwas tiefer als die Sporen) angeheftet. Die Schenkel- flughaut ist sehr gross, den Schwanzstummel weit überragend, am Rande fast gerade, indem sie zwischen den ziemlich langen Sporen nur ganz schwach concay ausgeschnitten ist. VomSchwanzende verläuft auf der Schenkelflughaut längs ihrer Mitte eine dünne Rippe, welche sich am Ende spaltet. Höher am Schwanze geht noch ein Paar feiner Rippen gegen die Wurzel der Sporen ab, und andere Rippen ziehen sich von den Schenkeln gegen den Rand der Schenkelflug- haut. Diese Rippen kommen übrigens auch andern kurzschwänzigen Arten zu. Die Behaarung ist weich und reichlich, auf der Oberseite hell kastanienbraun, auf der Unterseite lichtbräunlich. Auf der Oberseite sind die Haare am Grunde weisslich, dann kastanienbraun und meist mit ganz kurzen lichtern Spitzen. Auf der Unterseite sind die Haare lichtbräunlich, was am Grunde in’s schmutzig Weissliche über- geht. Die Flügel sind dunkelbraun. Das ausgestopfte Exemplar zeigt folgende Dimensionen: 166 Vom Scheitel zum After, 2 6|Schwanz.. . . An Kopf. . . © 2.*... 2.0. |Schenkelflughaut ren Ohren „ey ie; , AD der Mitte . ERE | Breite derselben ac der SROTER 4: art Krümmung . . - 0 9 | Vorderarm, BERUTER BER Höhe des ehe 0 4 |Unterschenkel. . . » 1 0 Grösste Breite desselben O0 _ 24 |Flugweite . N Von Phyllostoma bidens verschieden durch noch grössere Ohren, kürzeren Daumen (um eine Linie kürzer in seinem frei vorragenden Theile), tiefer angesetzte Flügel (bei Ph. bidens nur an der Fuss- wurzel), kürzere Sporen, auf der Innenseite ganz nackte Flügel, während sie bei Ph. bidens um die Arme und den Leib dicht wollig behaart sind. Endlich sind bei PA. ‘amblyotis auf der Unterseite die Haare einförmig lichtbräunlich, während sie bei Ph. bidens ent- schieden zweifarbig sind. Genauer: als am ausgestopften Exemplare sind nachfolgende, von einem in Branntwein aufbewahrten weiblichen Individuum ent- nommene Dimensionen. Vom Scheitel zum After 2” 5“ |Schwanz . . . . ..0% 53" Kopf) aan 0 A 1 | Schenkelflughaut. . . 1 44 Ohren . . 1 2 | Sporen. 8 Breite derselben . 0 91 | Morderamn.-t, 1er sd Höhe des Nasenblatts O0 5 | Unterschenkel . . . 0 1144 Breite. 0 3 ‚IElugweie,sinn 5000 nn 6 Die Heimath des letzt erwähnten Exemplares ist Mato grosso; vom ausgestopften Exemplare habe ich sie nicht aufgezeichnet. 167 3, Phyllostoma discolor Narr. Die missfarbige Blattnase. Ph. bicolor, supra saturate castaneo-fuscum, pilis basi albidis, apice fuscis; gastraeo sordide albicante; capite supra casta- neo; auriculis mediocribus, cauda calcaribusque brevissimis. Phyllostoma discolor. A. Waen. im Archiv für Naturgeschichte, 1843. 8. 366. Ist zwar mit Ph. bicolor sehr nahe verwandt, doch durch mehrere Merkmale specifisch verschieden. Die Gestalt ist robust; der Kopf lang und dick. Die Eckzähne sind stark; die untern weit genug von einander gerückt, um 4 kleinen Schneidezähnen da- zwischen Platz zu lassen. Die Ohren sind bedeutend kürzer als der Kopf, oben in eine Spitze auslaufend, am Aussenrande oberhalb der Mitte stark ausgeschnitten, so dass hier die untere Hälfte bogen- förmig gewölbt ist; am Innenrande zieht eine Längsfalte herab. Die Klappe ist kurz, erreicht nicht die Mitte des Ohrs, ist zugespitzt, am äussern Rande in der untern Hälfte gezackt. Das Nasenblatt ist kurz, breit und ganzrandig. Die Unterlippe trägt vorn einen drei- eckigen Besatz von Warzen. Der Schwanz ist sehr kurz und ragt am Ennde mit einem dicken Knöpfchen frei hervor. Die Schenkel- flughaut greift über ihn noch weit hinaus und ist schwach concav ausgeschnitten. Die Sporen sind sehr kurz. Die Flughaut ist breit und nackt; die Flügel sind an der Ferse angeheftet. Die Farbe der Oberseite ist dunkel kastanienbraun, wobei die Haare am Grunde gelblichweiss sind, was wie gewöhnlich am Halse durchschimmert, Die ganze Unterseite ist schmutzig gelblichweiss mit bräunlichem Anfluge, der namentlich an den Seiten hervortritt. Die Oberseite und Seitentheile des Kopfs sind gleich dem Rücken kastanienbraun, Die Flughäute sind dunkelbraun. 168 Vom Scheitelzum Steiss 12” 74 | Schwanz... 1. 2 ..,..0% 3. Kopf ur. 1 44.) Schenkelfugbaut. . . 0 8 Ohren D: 778 Elster. ne 0 Nasenblatt. UOTE UNV orderarm?: Tu, wg 2 Grösste Breite dessel- Flugweite . Sad er u a ned) wrong 2 Ph. discolor ist grösser als Ph. bicolor; die Oberseite einfar- big dunkelkastanienbraun, indem der lichte Grund der Haare nur am Nacken durchschimmert, während bei Ph. bicolor die Haare drei- mal geringelt sind, wobei am Oberkörper dasWeisse so vorherrscht, dass der Kopf fast ganz weiss ist, indess er bei Ph. discolor dun- kelbraun sich zeigt. Ohren und Flughäute scheinen bei PA. bicolor *) lichter gefärbt zu seyn. Natterer hat diese Art beiCuyaba in der Provinz Mato grosso entdeckt. 6) Cauda nulla, palugium interfemorale distinctum. 4. Phyllostoma calcaratum Waen. Die langspornige Blattnase. Ph. supra fuliginosum, pilis albidis, apice basique fuscis; subtus brunescens, pilis fere unicoloribus; prosthemate elongato, an- ‚pP ? :gato, gusto, lanceolato; calcaribus longissimis. *) Hinsichtlich der als Phyllostoma bicolor von mir bezeichneten Art, die ich (in der Fortsetzung von ‚Schreber's Säugth. Suppl. I. $. 400) nur nach einem einzigen ausgestopften Exemplare der hiesigen Sammlung beschreiben konnte, muss ich bei dieser Gelegenheit bemerken, dass wahrscheinlich ein Schwanz bei ihr nicht vorhanden ist. 169 Phyliostoma calcaratum. A. Waen. im Arch. f. Naturgesch. 1843. S. 366. Bei der langspornigen Blattnase ist das Nasenblatt schmal lan- zettförmig, indem es bedeutend länger als breit ist; die Ohren sind ziemlich gross und am Aussenrande seicht ausgeschnitten. Die Flug- haut ist ganz nackt und reicht nicht bis zur Kusswurzel herab. Der Schwanz fehlt gänzlich, die Sporen sind von bedeutender Länge, und die Schenkelflughaut ist seicht ausgeschnitten und gleich den Schwingen ebenfalls ganz nackt. Das Gebiss besteht aus 4 Schneidezähnen, 4:4 Eckzähnen und 3.3 Backenzälinen, die sich vollkommen so verhalten, wie ich sie bei Ph. hastalum, bidens und brevicaudum gefunden habe. Die Färbung ist auf der Oberseite rostig kastanienbraun, was auf der Unterseite bedeutend lichter ist. Die einzelnen Haare der Oberseite sind nur am Grunde und an der Spitze rostbraun, im Uebri- gen sind sie weisslich; auf der Unterseite sind sie fast einfarbig licht rostbräunlich, was nur am Grunde etwas dunkler wird. Die nackten Häute sind russfarbig. Vom Scheitel zum Steiss 2” 1“ Schwanz . . .» . .. 0” 0% Kopf. 0.8 )Schenkelflughaut. . . 0 64 NE na lan wie He BÄTTSDOFER En ia mern nine: uf 3, LOL Nasenblatt . 02.3084 ı Vorderanm. leisen» ind 54 Grösste Breitedesselben. 0 1 |Flugweite. . . . „41 6 Diese Blattnase ist mir durch den Naturalienhändler Brandt in Hamburg zugekommen, mit der Augabe, dass sie aus Brasilien her- stamme. Abhandlungen d. II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. V. Bd. I. Abthl. 22 170 5. Phyllostoma lineatum Georrr, Die rückenstreifige Blattnase. Ph. supra castaneo-fuscum, subtus rubello- brunescens, strüs fa- cialibus quatuor unaque dorsali albis; palagio interfemorali angustissimo. Phyllostoma lineatum. Georrr. ann. du mus. XV. p. 180, 186. — Licntenst. Verz. d. Doubl. S. 3. — Rense. Säugth. v. Para- guay. S. 75. — A. Wacn. in Schreb. Suppl. I. S. 408. Chauve-souris seconde ou chauve-souris brune et rayee. Azar. ess. H. p. 271. Obwohl bereits Asara und Rengger die Beschreibung einer Blattnase mitgetheilt haben, welche auf unsere Art passt, so ist doch ihre Schilderung nicht vollständig genug, um über die Identität ihrer und unserer Spezies jedes Zweifels überhoben zu seyn. Ich gebe daher im Nachfolgenden nach drei Exemplaren eine vollständige Be- schreibung, dieser Art. An Grösse steht sie beträchtlich dem PA. bivirgatum nach, hat aber sonst eine robuste Gestalt und dieken Kopf. Untere Schneide- zähne sind vier vorhanden“). Die Ohren sind kaum von mittlerer Grösse, am äussern Rande ausgeschnitten. Die Klappe ist sehr kurz und in der untern Hälfte des Aussenrandes mit zwei Zähnen versehen. Das Nasenblatt ist oval-lanzetiförmig, ganzrandig und von zwei tiefen Längsfurchen durchzogen, wodurch es in eine starke *) Nach Azara wäre das Gebiss: Schneidezähne 3, Eckzähne 4:4, Backen- zähne $$. . Rengger giebt die Zahl der Schneidezähne nicht an, die der Backenzähne aber nur zu #3. 171 Mittelrippe und. zwei schmale seitliche Flügel abgetheilt wird*). Die Unterlippe hat au der Spitze eine grössere Warze, welche von kleineren Warzen im Winkel umgeben ist. Der Schwanz fehlt ganz; die Sporen sind ausserordentlich kurz; die Schenkelflughaat ebenso schmal, namentlich am Steisse, wo sie nur einen ganz schwa- chen Saum bildet. Die grossen Flügel setzen sich etwas unterhalb der Sporen, fast am untern Ende des Mittelfusses an. Die Behaarung ist weich und überzieht auf der Aussen- wie Innenseite die Arme und Schenkel, umgiebt auch den ganzen Um- fang des Rumpfes, so dass ebenfalls die Schenkelflughaut mit feinen Härchen überflogen ist. Die Farbe der Oberseite ist schön kasta- nienhraun, wobei die untere Hälfte der Haare in’s licht Bräunlich- gelbe fällt. Die Unterseite ist licht gelbbräunlich mit einem leichten, mehr oder minder sichtlichen, grauröthlichen Anfluge; die Haare sind gegen den Grund blasser. Vom Scheitel bis zum Steisse verläuft längs der Mitte des Körpers ein weisser Streifen, der auf dem Wi- derrist in einen kleinen Klecken sich erweitert. Das Gesicht ist mit zwei Paar weissen Längsstreifen bezeichnet: das obere Paar er- streckt sich vom Hufeisen bis gegen das Hinterhaupt, wo es hinter den Ohren endet; das andere Paar geht von dem Grunde der Ohr- öffnung zum Mundwinkel und säumt auch noch undentlich die Lippen ein. Die Flughäute sind dunkelbraun. — An einem Weibchen fällt die Rückenfarbe etwas mehr in’s Russigbraune; auch ist der Längs- streifen auf der Oberseite nicht so. deutlich markirt, namentlich auf dem Hinterkopf sehr verwischt. *) Vom Nasenblatt sagt Azara nur unbestimmt, dess es Längsfalten hat. Rengger giebt ‚„‚drei, von oben nach unten laufende Falten‘‘ an, was wohl in dem Sinne unserer Beschreibung zu nehmen seyn wird, 22* 172 Ganze Länge. . . . 3” 3| Breite des Nasenblatts 0” 2% Vom ScheitelzumSteiss 2 4 |Schenkellughaut. . . 0 1 Kopf sung do oil... 40 Ars TSpmen Tr a, ar 2 Olten 7 O0 74 ,Vorderarım . 2.0.0.1 8 Nasenbesatz. . . . 0 44 |Flugweite. . 2 ...12 0 Als Fundorte bezeichnet Natterer: Goyaz, Cuyaba und St. Vi- cente, beide letztere in der Provinz Mato grosso. 6. Phyllostoma personatum Narr. Die maskirte Blattnase. Ph. supra fuliginoso- fuscum, subtus bruneo- canum; strüs fa- cialibus quatuor albis, stria dorsali vix distinguenda; Pafagig interfemorali angusto, Phyllostoma personatum. A. Waen. im Archiv f. Naturgesch. 1843. 8. 366. Diese Blattnase ist mir nur aus einem ausgestopften männlichen Exemplare bekannt. In ihren äusseren Formen kommt sie mit Ph. lineatum so auffallend überein, dass in dieser Beziehung nur wenige und nicht erhebliche Differenzen ausfindig zu machen sind. Diese bestehen darin, dass Ph. personatum etwas grösser, namentlich ro- buster, die Flügel läuger und die Schenkelflughaut, obgleich noch schmal genug, doch um etwas breiter ist. _ Alle audern Verhältnisse der äussern Gestaltung sind ganz wie bei Ph. lineatum, auf wel- ches ich daher verweisen kann, Etwas merklicher als im Habitus sind die Differenzen in. der Färbung zwischen beiden Arten. Die Oberseite ist russigbraun, aber nicht sehr dunkel; die Haare sind nach unten, wenigstens in der 173 Mitte, lichter, was sich am Halse und dem Widerrist so sehr aus- dehnt, dass hier eine schmutzig weissliche, durch Braun getrübte Färbung vorherrscht, von welcher aus ein unbestimmter schmaler grauweisslicher Streifen gegen den Steiss sich hinzieht. Die Unter- seite ist licht bräunlichgrau. Im Gesicht verlaufen dieselben zwei Paar Längsstreifen wie bei Ph. lineatum. Ganze Länge . ... 3” 7“ | Breite des Nasenhlatts 0” 21“ Vom Scheitel zum8Steiss 2 5 Schenkelflughau . . 0 3 Kopfu ..r entnat Au bPöngranı. ia en an cf 3 On an unse 8-ı Vorderarm. ... ...1._ 10 Nasenbesatz. . . . 0 5 IFlugweite. . . ...,48 6 Natterer hat diese Art bei Ypanema in der Provinz San Paulo gefunden. 7. Phyllostoma pusillum Narr, Die Zwerg-Blattnase. Ph. minimum, fuliginoso-fuscum, subtus pallidius; strüs facialibus quatuor albidis. Phyllostoma pusillum. A. Wan. im Archiv für Natargesch. 1843. S. 366. Man könnte auf den ersten Anblick versucht seyn, diese kleine‘ Blattnase für den ersten Jugendzustand von Ph. personatum zu hal- ten, wenn nicht Natterer's ausdrückliche Angaben sie als vollständig erwachsen bezeichneten. Ihre äussere Beschaffenheit kommt mit der von Ph. personatum überein, nur ist die Gestalt weit schlanker und der Kopf schmäch- tiger. Im Unterkiefer sind vier Schneidezähne vorbanden. Ohren und Nasenbesatz sind wie bei der vorhin genannten Art; dasselbe 174 gilt für die Schenkelflughaut, Sporen und die Flügel, die sich gleich- falls am Ende des Mittelfusses anheften, Die weiche Behaarung breitet sich in derselben Weise über die Arme, Schenkel und rings um den Rumpf aus wie bei Ph. per- sonatum. Die Oberseite ist nicht sehr dunkel russigbraun, wobei die Haare in ihrem untern Theile lichter werden, was namentlich am Hinterhalse sich sehr ausbreitet und hier auch äusserlich merk- lich wird. Die Färbung der Oberseite ist demnach ähnlich der von Ph. personatum, doch fehlt die Spur eines Rückenstreifs bei Ph. pu- sillum gänzlich. Die Unterseite ist gelbbräunlich mit schmutzig röth- lichem Anfluge. Die Dimensionsverhältnisse eines erwachsenen Männchens sind folgende: Vom Scheitel zumSteiss 1" 8" Schenkelflughaut . 0) 4 Konlı Ze a SDDLER rl 14 1 Ver Re eh. Yen 5 SE Na 17757 2,21 Ve ee | 2 Nasenbesatz. . » » 0 3 |Flugweite 9 0 Es ist mir nur ein einziges Exemplar von Natterer zur Ansicht mitgetheilt worden, als dessen Fundort Sapitiva angegeben war. Ucb- rigens hat v. T'schudi diese Art neuerdings auch in Peru aufge- funden. 8. Phyllostoma bilabiatum Niırr. Die gewimperte Blattnase. Ph. supra albido- fuscoque marmoratum, subtus rubello-canescens; prosthemate dilatato, supra rotundato, apice styliformi terıninato; 175 labiis verucis eninimis limbatisz; patagio interfemorali angusto, exciso, fimbriato. Phyllostoma bilabiatum. A. Wacn. im Arch. für Naturgesch. 1843. S. 366. Die gewimperte Blattnase bietet mehrere Merkmale dar, durch welche sie scharf von den andern schwanzlosen Arten unterschie- den werden kann. Der Kopf ist dick und stumpf; die Eckzähne von mässiger Grösse und zwischen den untern sind vier kleine Schneidezähne eingeschoben. Die Ohren sind mittelmässig, am äus- sern Rande ausgeschnitten und an der Spitze etwas abgestumpft. Die Klappe ist kurz und am äussern Rande unterhalb etwas gezackt. Der Nasenbesatz ist sehr ausgezeichnet. Er ist vom Mundrande weiter abgerückt als bei den andern Arten, so dass die Oberlippe hiedurch eine grössere Höhe erlangt. Das Nasenblatt ist nicht son- derlich lang, breit, nach oben abgerundet ‚und schickt eine schmale vorgezogene Spitze ab, welche von dem Blatte treppenartig absetzt; längs seiner Mitte verlaufen zwei schwache Rippen, die gegen die Spitze hin convergiren. Der Mundrand ist von einem. vorspringen- den Saume eingefasst, der auf der Oberlippe deutlich granulirt ist; unterhalb der Spitze der Unterlippe zeigen sich noch 5 kleine, in einen schwachen Bogen gestellte Wärzchen. Der Schwanz fehlt ganz. Die Schenkelflughaut ist schmal und in der Form eines Win- kels ausgeschnitten; die Sporen sind sehr kurz. Die Flügel sind an der Fusswurzel, den Sporen gegenüber, angeheftet. Die Behaarung ist reichlich und ungiebt auch auf der Aussen- und Innenseite der Flügel die Arme und Rumpfseiten. Die Schen- kelflughaut ist beiderseits behaart, so dass ihr Rand hiedurch gewim- pert ist. Die Oberseite ist kastanienbraun und etwas weiss mar- imorirt, indem die Haare am Grunde und an der Spitze braun, und in der Mitte weisslich sind. Die Unterseite ist licht röthlichgrau, mit 176 schmutzig Weiss überlaufen, wobei die Haare am Grunde etwas dunkler sind. An der Stelle, wo der Halsfittig sich am Körper an- setzt, findet sich auf der Unterseite ein kleiner weisser Fleck; ein minder deutlicher zeigt sich gegen das untere Ende des Oberarms. Der Wimpernbesatz der Schenkelflughaut und die Flughäute sind braun. Vom Scheitel zum Steiss. 2” 3 |Schenkelflughaut. . . 0” 3% erw SIE TTSTIHBEN.. 5 ana. 20 AU Ee Ohren 64 | Vorderarm. . ... 1 64 Nasenblatt . 44 | Unterschenkel . ..0 A Breite desselben . a2. Flugweite. . 0. „400 83 Oo 0O0 Von Natterer bei Ypanema in der Provinz San Paulo entdeckt. ec) Patagium interfemorale caudaque nulla (Sturnira Gray). 9. Phyllostoma excisum Waecn. Die gestutzte Blattnase, Ph. ferrugineo-bruneum, subtus albido-brunescens; stria fusca per oculos ducta; prosthemate brevi lanceolato; auriculis elongatis, emurginatis. Phyllostoma excisum. A. Waen. im Archiv für Naturgesch. 1842. S. 358. Das Nasenblatt ist kurz, am Grunde ziemlich breit und Jäuft allmählich in eine Spitze aus; eine besondere Mittelrippe ist daran nicht zu erkennen. Die Ohren sind mittellang, aber schmal, dabei ausgerandet und in eine Spitze auslaufend; die Klappe ist in der untern Hälfte des äussern Randes seicht ausgezackt. Die Unter- lippe zeigt einen einfachen Besatz kleiner Warzen, die in einer bo- genförmigen Linie um die in der Mitte des Lippenrandes sitzende grössere Warze gereiht sind. Das Gebiss ist vom typischen Cha- 177 rakter der Gattung. Schwanz und Schenkelllughaut nehst Sporen fehlen gänzlich; der ganze Aussenrand der Gliednassen, da wo sich bei andern: Arten die Schenkelflughaut ansetzt, ist dicht mit Haaren gewimpert. Schneide- und Eckzähne zeigen das gewöhnliche Ver- halten. Die Flügel sind fast ganz nackt. Die Färbung ist auf dem Mittel- und Hinterrücken dunkel rost- braun, was vorwärts ganz licht wird und an den Halsseiten in's Falbweissliche fällt. Die einzelnen Haare sind hier auf den dun- keln Partien hellgraulich mit dunkelbraunen Spitzen, an den hellern Partien sind die Haare gelblichweiss, wobei die Haare nur in ihrer obern Hälfte diese Färbung haben, in der untern aber braun sind. Die Leibesseiten sind dunkel rosthraun. Der Kopf ist auf der Ober- seite rostbräunlich; um das Auge ein schwarzbrauner Kreis, der bis gegen das Ohr jederseits verläuft. Die Flügel sind lichthraun. Vom Scheitel zum Steiss 2” 2“ |Nasenblatt, ..... . 0% 24 Kopf... 2.27, W0 9 ı(GrössteBreitedesselben 0 14 Blend... ... 00M| Vünderatın rise us yind Das Exemplar, welches mir zur Untersuchung diente, ist unse- rer Sammlung schon früher durch Nafterer, der es bei Rio Janeiro erhielt, zugekommen. 10. Phyllostoma albescens Was. Die hlasse Blattnase. Ph. supra albido-brunescens, subtus sordide bruneum ; prosthemate elongato lanceolato; auriculis elongatis, emarginatis. Ich hatte früher bei oberflächlicher Ansicht diese Art nur für eine Abänderung des Ph. excisum gehalten, bei genauerer Unter- suchung ergaben sich aber mehrere Differenzen, die eher auf eine besondere Species hindeuten, so dass ich sie nunmehr auch als Abhandlungen d. II, Cl. d.k. Ak.d. Wiss. V. Bd. I. Abthl. 23 1783 solche unterschieden habe. Sie ist allerdings in der Bildung der Ohren und Flugorgane, so wie in andern Verhältnissen, mit Ph. ex- cisum übereinkommend, unterscheidet sich aber von ihm in folgenden Stücken. Sie ist etwas kleiner, das Nasenblatt viel länger und zu Anfang des obersten Drittels deutlich eingekerbt, in seiner untern Hälfte auch nicht so bauchig gewölbt wie bei jener Art. Die Fär- bung ist auf der Oberseite lichter, auf der Unterseite dunkler als bei Ph. exeisum. Die Haare der Oberseite sind in der vordern Körperhälfte gelblichweiss mit kurzen rostbräunlichen Spitzen ; in der hintern Körperhälfte sind sie mehr durchgängig rostbräunlich, jedoch auch meist mit etwas lichtern Spitzen, so dass die Oberseite einen licht rostbräunlichen Ton hat, der mit einem trüben Weiss unter- mischt ist. Die Unterseite hat einen rostgraulichen Ton, der an den Seiten in's Rostbraune übergeht, wobei die Haare gegen den Grund dunkler werden. Die Oberseite des Kopfs fällt mehr in's trüb Ka- stanienbraune, ohne dass dunklere Augenringe, wie sie sich bei Ph. excisum finden, abgezeichnet wären. Vom Scheitel zum Steiss 1“ 10’ |Nasenblatt . . .». . . 043% Fe | 84 | Grösste Breite desselben 0 14 Obren I 20, EG BET VIMGERATAT N SEBMITAE An nt: Das Exemplar, nach dem vorstehende Beschreibung entworfen wurde, ist ein Weibchen, das Natterer bei Ypanema auffand. 11. Phyllostoma fumarium Wacn. Die rauchfarbige Blattnase. Ph. supra fuliginoso-fuscum, sublus cano-fuscescens; membranis nigricantibus ; prosthemate brevi acuminato. Auf diese Blattnase bin ich erst jetzt bei genauer Vergleichung unserer Sammlung aufmerksam geworden, und sehe mich veranlasst, 179 sie als eigne Art anfzustellen, da sie zwar. in ihren Gestaltsver- hältnissen mit den beiden vorhergehenden übereinkommt, sich aber von ihnen durch die trübe Färbung des Pelzes und der Flughäute unterscheidet. Das Nasenblatt ist mehr dem des Ph. exeisum ähn- lich, doch ist der untere gerundete Theil schärfer von dem obern zugespitzten abgesetzt. Die Färbung der Oberseite ist trüb und dunkel russbraun, ohne irgend eine Beimischung von Roth, das bei den vorhergehenden bei- den Arten mit vorkommt. Die Haare haben die dunkle Färbung nur an der Spitze, im übrigen Theil ihrer Länge sind sie licht graulich- braun, was jedoch am Grunde ebenfalls dunkel wird. Die Uuter- seite ist weit lichter als die obere, von einer russig graulichbraunen Färbung, die an den Seiten am dunkelsten, in der Mitte des Leibes und am Vorderhalse am lichtesten ist, indem hier die Spitzen mehr in's hell Grauliche fallen. Der Kopf hat die dunkle Färbung des Rückens, ohne hesondere Auszeichnung eines Augenkreises. Die Flughaut ist unbehaart und fällt gleich den Ohren in's Schwärzliche, während sie bei den andern Arten hellfarbig ist. An Grösse geht diese Art dem Ph. excisum noch etwas vor- an. Ihre Heimath ist Brasilien, doch kann ich, da die Etikette beim # - ” Ausstopfen verloren ging, ihren engeren Wohnkreis nicht angeben, II. CHILONYCTERIS. Lappenmund. Fast gleichzeitig stellten Gray und Gundlach im Jahre 1840 eine neue, höchst ausgezeichnete Gattung aus der Familie der Stum- melschwänze auf, der jener den Namen Chilonycteris, dieser den von Lobostoma gab. Nach mehreren, sämmtlich von Natterer ge- sammelten Exemplaren, worunter zwei im Weingeiste, bin ich im 23* 180 Stande einige Beiträge zur genaueren Charakteristik dieser Gattung zu liefern. Das auffallendste Merkmal besteht in der Bildung der Schnautze, Diese ist vorn nackt, kurz und abgestumpft. Der Nasenrücken ist breit und in der Mitte gekerbt; die Nasenlöcher sind vor- und ab- wärts gerichtet und liegen in einer schief nach innen abgestutzten Fläche, die vom Mundrand der Oberlippe gebildet wird, der sich nach vorn zu ausbreitet und jederseits ein dreiseitiges Blatt aus- macht, das sich an den Aussenrand des Nasenlochs seiner Seite an- legt. Die Unterlippe ist von einem abwärts gerichteten schmalen Blatte umgeben, das auf der Mitte mit Warzen besetzt ist und hin- ten einfach am Mundwinkel ausläuft. Unterhalb dieses Umschlages geht vom untern Rande des Kinns ein dünnes horizontales Blatt ab, das durch eine Querspalte vorn von der Unterlippe getrennt ist. Die Ohren sind ebenfalls von ausgezeichneter Bildung. Sie lie- gen weit auseinander, indem sie ganz an die Kopfseiten gestellt sind, sind mittellang, schmal, zugespitzt, am äussern Grunde bogen- förmig erweitert und bis zum Mundwinkel vorgeführt. Die Klappe ist kurz und liegt tief im Grunde des Ohrs. Der Schwanz ist kürzer als die sehr grosse, am Rande abge- stutzte und gewöhnlich mit ihrem untern Ende eingeschlagene Schen- kelflughaut, und ragt mit seinem Ende auf der Oberseite derselben frei hervor. Der Daumen ist an seiner Wurzel von der Daumen- haut umhüllt. Der Schädel, den ich von Oh. rubiginosa zu untersuchen Ge- legenheit hatte, ist zwar dem von Dysopes noch am ersten ähn- lich, doch dureh den starken und schnellen Absatz des Hirn- vom Gesichtstheil schon sehr verschieden, dabei ist auch der Nasenrücken 181 seiner Länge nach tief ausgehöhlt und ein Scheitelkamm kaum ange- deutet. Von dem Schädel der Emballonura unterscheidet ihn gleich der gänzliche Mangel von Orbitalstacheln des Stirnbeins. Der Unterkiefer hat eine ähnliche Form wie bei Dysopes. — Schneide- zähne sind $% vorhanden. Von den obern ist das mittlere Paar dicht aneinander gerückt und ziemlich stark, mit breiter, in der Mitte durch eine tiefe Kerbe ausgeschnittener Schneide; die äussern Schneide- zähne sind klein und legen sich dicht an die mittleren an. Die un- tern Schneidezähne sind klein, aneinander anstossend und gleichförmig. Die Eckzähne sind wie bei Dysopes gebildet. Backenzähne sind 3:3 vorhanden, indem im Oberkiefer ein 'kleiner vorderer Lückenzahn gefunden wird; im Uehrigen sind dieBackenzähne von gewöhnlicher Bildung. Bisher war ‚die Gattung. Chilonycteris nur von den westindi- schen. Inseln bekannt, dureh Natterer ist sie aber auch nunmehr für Brasilien nachgewiesen, indem er in der Provinz Mato grosso drei verschiedene Arten von ihr auffand. 1. Chilonycteris rubiginosa Narr. Der zimmetfarbige Lappenumund, Ch. cinnamomeo-rufescens; auriculis elongatis, angustatis, acu- minalis. Chilonycteris rubiginosa. A. Wasn. im Arch. für Naturgesch. 1843. 8. 369. Die grösste unter den drei Arten, die von Natterer in Brasi- lien entdeckt wurden, zu deren Beschreibung ich zwei erwachsene männliche Exemplare, wovon das eine im Weingeiste, benutzen konnte. Die Ohren sind lang, ziemlich schmal, zugespitzt, von der Mitte des Aussenrandes an abwärts erweitert und der breite Um- 182 schlag bis zum Mundwinkel vorgeführt. Die sehr kurze Klappe ist am äussern Rande gebogen, am innern ziemlich gerade und in der Mitte mit einer ausgehöhlten Anschwellung. Die Oberlippe bil- det eine breite, schief abgestutzte Fläche, die sich gegen die Mund- winkel verschmälert und in der Mitte die. Nasenlöcher trägt. Der Umschlag der Unterlippe ist breit und mit kleinen runden Drüsen- warzen besetzt; er ist durch eine Querspalte von dem darunter lie- genden horizontalen Blatt getrennt, das auf der Unterseite 3 Längs- wulste hat. Die Nasenkuppe ist nackt, und eine Linie hinter der Nasenspitze findet sich ein flachgewölbter, nackter, vorn gerad ab- geschnittener Höcker. Die Flügel und die Schenkelflughaut stossen auf der Vorderseite des Schienbeins, etliche Linien über der Ferse, zusammen, so dass sich die langen Sporen erst darüber ablösen. Die Schenkelflughaut ist gewöhnlich am Ende umgeschlagen, so dass dann der Schwanz 44 Linien lang frei aus der Oberseite derselben hervorragt; die Schenkelflughaut kann übrigens bis auf 12 Linien und darüber ausgebreitet werden, wo dann vom Schwanz nur zwei Linien frei bleiben, Die Färbung der Ober- wie der Unterseite ist einfarbig rost- röthlich zimmetfarben, was auf der Oberseite des Körpers, so wie am Vorderhalse und der Brust am lebhaftesten ist, am Bauche aber lichter wird und hier in's Bräunliche fällt. Auf der Oberseite sind die einzelnen Haare ihrer ganzen Länge nach ziemlich einfarbig; am Bauche sind sie aber im grössern untern Theile weit dunkler als an den lichten Spitzen. Die Flughäute sind bräunlich, die Nägel der Hinterfüsse schmutzig hornfarben. Das zweite Exemplar ist von einer trüberen Färbung. Körper (nach der Krüm- Ohrlänge ohngefähr . . 0 8 mung) 102. ar Juailgrlıdrd Spore Kr a and ra Höberiissi srl je. orte An Schwanz.> suaahsuunsh. 210 RR 183 Vorderarm 0.9... 9 24] Spannweite 2... 115% 0 Schienbein . ..... 0 104 Beide Exemplare wurden von Natterer in Caigara in seinem Zimmer gefangen. Im Magen fand er Ueberreste von Insekten. 2. Chylonyeteris gymnonotus Narr. Der nacktrückige Lappenmund. Ch. fusca, dorso nudo. Chilonyeteris gymnonotus. A. Waen. im Archiv f. Naturgesch. 1843. S. 367. Eine der ausgezeichnetsten Arten unter den südamerikanischen Handflüglern, indem sie unter diesen die einzige ist, welcher die Be- haarung des Rückens ganz abgeht. Der Kopf ist dick und stumpf. Am Ende des Nasenrückens liegt eine-Warze. Die Oberlippe ist stark aufgeworfen und ihr äusserer Rand jederseits zweimal ausgekerbt. Der Umschlag der Unterlippe ist unter den Zähnen mit einer grössern dreiseitigen Warze besetzt, unterhalb welcher die ganze Mitte mit einer Menge kleiner rundlicher Warzen dicht übersäet ist, Das Querblatt unter dem Kinn zeigt auf seiner Unterseite drei Längsfalten und ausserhalb dersel- ben jederseits eine Warze. Die Ohren sind ziemlich lang, spitzen sich nach oben lang zu, sind ziemlich flach und am Aussenrande oberhalb der Mitte tief ausgeschnitten, während die untere Hälfte bogenförmig bis zum Mundwinkel vorläuft. Der innere Rand springt unterhalb. der Mitte ebenfalls etwas hervor und schickt, parallel mit dem Rande, eine schwache Längsfalte abwärts. Die Klappe erreicht nicht ganz die Ohrmitte, ist am Aussenrande etwas convex, dabei aber in. dessen Mitte schwach ausgerändet, am Ende abgerundet 184 und unterhalb ‚seiner Spitze auf der Innenseite mit einem abgerunde- ten, quergestellten Fortsatze versehen, wodurch der.obere Theil der Klappe Aehnlichkeit mit dem obern Ende des menschlichen Ellen- bogenbeines bekommt. Der Schwanz ist ziemlich dick und weit von der Schenkelflughaut abgelöst, die sich am Ende umschlägt, und so, wenn sie nicht ausgespannt ist, ihn gegen 4 Linien frei lässt. Die Sporen sind mittellang und gehen nicht gerade von der Ferse ab, sondern sind an das untere Drittel des Unterschenkels geheftet, und lösen sich dann erst von diesem los, gegenüber der Ansatzstelle der Flügel, die demnach weit von der Fusswurzel entfernt ist; also gerade so wie bei der vorigen Art. Der Pelz hört merkwürdiger Weise bei dieser Art bereits auf den Schultern und dem Widerriste auf, so dass der ganze Vorder- und Hinterrücken völlig nackt und von ähnlicher Beschaffenheit ist wie die Flügelmembranen, in welche die Rückenhaut allmählig über- geht. Der Unterleib und der Kopf ist behaart; die Oberlippe von einem Barte längerer starrer, vorwärts gerichteter Haare besetzt, der auf der Mitte der Schnautze hinter der Warze des Nasenrückens zurücktritt. Die Ohren sind nackt, nur hie und da mit feinen Här- chen beflogen. Die Flügel sind ebenfalls nackt; au den Zehen der Hinterfüsse nur wenige, kaum sichtliche Borsten. Die Farbe der Haare des Oberleibs ist, nach Natterer's schriftlichen Notizen, dun- kelbraun, was am Unterleib in's Graulichbraune übergeht, indem hier die Haare eine weissliche Spitze haben. Der nackte Rücken, sammt Flughaut, Ohren und Lippen sind matt schwarzbraun; die Glied- massen schimmern fleischfarbig durch, Körper tg AED Zone rer. EIN OT BRUNEI MURIER; ie 5 an 2 sh ih A BDO, «aa BER SEE TE Ag Ohrlänge . . 0 7 Freier Theil desselben. 0 3 185 Schenkelflughaut*) .. . 1“ 21] Schienbein . . 2... 04 g“ Vorderarm . .' 20.0.4 84 |Hlugweite „0.0... 1190 Das erwähnte Exemplar ist ein Männchen und wurde von Nat- terer bei Cuyaba in der Provinz Mato grosso in einem Hause entdeckt. 3. ,Chölonyeteris personata Wicx. Der maskirte Lap- penmund. Ch. fusca, subtus dilutior, dorso piloso. Chilonycteris personata. A. Wacx. im Archiv für Naturgesch, 1843. 8. 367. Die Beschaffenheit der Ohren, der Klappe, der Nase, des Lip- penbesatzes und der Schneidezähne ist ganz dieselbe wie bei Oh. gymnonotus. Die Sporen sind ebenfalls, aber nur sehr wenig, an den untern Theil des Schienbeins geheftet, und auch die Flügel setzen sich etwas tiefer an. ‘Der Hauptunterschied liegt in der Be- haarung, indem der Rücken bei dieser Art eben so behaart ist als der übrige Körper. Die Farbe des Pelzes kann nicht mit Sicher- heit angegeben werden, da das einzige Exemplar im Branntwein aufbewahrt ist. Sie scheint oben schwarz oder dunkelbraun zu seyn, unten Jichtbraun, indem hier die Haarspitzen weit heller sind. Mit Ch. rubiginosa kann der verschiedenen Färbung und der gerin- geren Grösse wegen keine Verwechslung vor sich gehen. Raypere HN ag N BEWERTE zn Höhe. . . ....°.2.. 1 84 Freier Theil desselben 0 3 Kopf. 0 7 Schenkelflughaut. . . ı 1 Ohrlänge. O1 HrVorderarmi "5 Da 8 Ohrbreite 04 [Schienben "2.0774 Sporen 0 10 |Flugweite ohngefähr . 10 6 *) Dieses Maass ist genommen bei vollständiger Ausspannung der Schen- kelflughaut. Abhandlungen d. II. Cl. d. k. Akad. d. Wiss. V. Bd. I. Abth. 24 186 Das beschriebene Exemplar, ein Männchen, rührt von St. Vin- cent@ in der Provinz. Mato grosso her. Steht mit Ch. Mac-Deayü in naher Verwandtschaft; wenn jedoch, wie es allen Anschein hat, Gundlach’'s Lobostoma quadridens mit der Gray’schen Art identisch ist, so ist von ihnen die unserige schon deshalb spezifisch verschie- den, weil zwar die untere Hälfte des Vorderrandes des Ohrs eben- falls erweitert ist (was mit zu den generischen Kennzeichen zu gehören scheint), aber die Erweiterung bildet nicht 4 Zähnchen, sondern ist wie bei voriger Art ganzrandig. IH. EMBALLONURA. Spitzschwirrer. Zu dieser Gattung habe ich zwei Arten beizufügen ; doch habe ich zuvor noch Einiges über den Schädel- und Zahnbau zu bemer- ken, da ich nunmehr von den beiden neuen Arten den Schädel und von Emballonura canina und sazatilis das ganze Knochengerüste zur Vergleichung vor mir habe. Es erweisen sich hiedarch die schon früher von Temminck und mir angegebenen generischen Merk- male, die bisher nur von der einen oder andern Art entnommen wa- ren, als von allgemeiner Gültigkeit. Bei diesen von mir genannten 4 Arten ist nämlich der Schädel in seinem Hirntheile rundlich gewölbt, zieht sich aber gegen die Au- genhöhlengegend höchst beträchtlich zusammen. Noch auffallender sind die langen, auswärts und etwas rückwärts gerichteten Oxbital= stacheln des Stirnbeins, welche bei Dysopes ganz fehlen und ‘die Gattung Emballonura sehr auszeichnen. . Längs des Hirnschädels verläuft eine schwache Leiste. Die Zwischenkiefer sind bei allen Arten zangenförmig, ohne dass jedoch die Spitzen zusammenstossen, indem die Lücke nur durch Knorpel ausgefüllt wird. 187 Das Gebiss besteht bei allen 4 Arten aus Z Schneidezähnen, +4 Eekzähnen und 3:3 Backenzähnen. Temminck giebt auch im Oberkiefer 6 Schneidezähne an, wovon die mittlern ausfallen; ich habe an den 4 Schädeln nur 2 obere Schneidezähne gefunden, die durch eine Lücke getrennt und sehr fein und schmächüg sind. Un- tere ‚Schneidezähne sind bei allen 6 vorhanden, die sehr klein sind und von denen jeder durch zwei Eiuschnitte dreizackig erscheint. An jedem obern Eckzahne zeigt sich zu seinen beiden Seiten am ' Umschlag ein kleiner Zacken; ähnlich ist die Bildung au den un- tern Eckzähnen, nur sind diese Zäckchen weit weniger merklich. Backenzähne sind unveränderlich bei diesen 4 Arten 5 anf jeder Kieferseite vorhanden, wovon der erste sehr klein und einspitzig ist, die übrigen von der gewöhnlichen Bildung sind. 1. Emballonura brevirostris Wıcx. Der kurzschnautzige Spitzschwirrer. E. tota rufo- castanea; “auriceulis abbreviatis latiusculis; rostro brevi tumido acuminato; alis metatarso_ affixis. Emballonura brevirostris. A. Wasn. im Arch. für Naiurge- schichte 1843. S. 367. Dieser Spitzschwirrer steht hinsichtlich der Form seines Kopfes und der Ohren zwischen E. canina und E. macrotis in der Mitte. Die Schnautze ist nämlich nicht so lang und spitz vorgezogen wie bei ersterem, dafür aber auch nicht so platt gedrückt wie hei letz- terem. Die Ohren sind viel schmäler als bei E. mucrofis, aber breiter als bei E. canina und zugleich weit kürzer als bei dieser Art, Der Kopf ist kurz und dick, was insbesondere von der Schnautze gilt, die kurz und stumpf zugespitzt und dabei ziemlich angeschwol- 24* 188 len ist. Die Oberlippe ragt weniger als bei E. macrotis über die untere hervor; der Nasenrücken ist viel schmäler als bei dieser, der Lippenbesatz aber ähnlich. Die Ohren sind im äussern Umrisse denen von E. macrotis ähnlich, aber weder so lang, noch viel we- niger so weit, so dass sie auf dem Scheitel weit von einander ab- stehen; auch sind sie schwächer quergereift; die Klappe ist etwas kürzer und stumpfer. Die Sporen sind nicht besonders lang; die Schenkelflughaut ist gross und auf der Innenseite mit Härchen be- flogen. Die Flügel sind nackt und heften sich tiefer als die Sporen am Mittelfusse dicht an der Daumenwurzel an, was einen erheblichen Unterschied von E. macrotis abgiebt. Der ganze Pelz hat auf der Ober- wie auf der Unterseite eine schön roströthliche Kastanien- farbe, die auf dem Bauche etwas trüber ist, und wobei die meisten Haare ziemlich einfarbig Sind, nur am Vorderrücken gegen ihren Grund weisslich werden. Die Flughäute sind russig braun. Körper. „eis ne 0.00 A A Schwanz. ee Kopfi wu“ ....0 84 | Schenkelflughaut. . . 1 0 Obrlänge:, ..... RP DuPWE Sperma. MEN VOOR, vB Ohrbreite ohngefähr . 9: „84 | Vorderanm-, u in su du Abstand der Ohren . 0... 34 | Flagweıte, yo u.240r, 200 Zur Beschreibung konnte ich nur ein Exemplar benützen, das ich aber nachher ausstopfen liess, um die Färbung genau angeben zu können. Es fand sich, gleich der nächstfolgenden Art, unter den von Natterer mir hieher zur Ansicht geschickten Fledermäusen, ohne mit einem Namen von ibm bezeichnet zu seyn. Mit E. calcarata scheint unsere E, brevirostris viele Aehnlichkeit zu haben, indess hat sie doch einen andern Farbenton und die Sporen sind nur halb so lang. 189 2. Emballonura macrotis Wien. Der grossohrige Spitzschwirrer. E. fusca, subtus pallidior ; auriculis amplissimis approximatis, trans- versim carinalis; rostro depresso, basi valde dilatato, apice acuminato; alis tarsum vix attingentibus. Emballonura maerotis. A. Wacx. im Archiv für Naturgesch. 1843. 8. 367. Durch die beträchtliche Entwicklung der Ohren ist diese Art von allen andern aus der Gattung Einballonura auffallend verschieden. Der Kopf weicht von dem der E. canina und noch mehr von . dem der E. saratilis auffallend durch breitere und flachere Form ab, was in Verbindung mit den nah aneinander gerückten Ohren ihm grösste Aehnlichkeit mit dem eines Grämlers giebt, von dem ihn jedoch die Form des knöchernen Schädels, so wie des Gebisses völlig abscheidet. Die Schnautze spitzt sich ziemlich scharf, aber kurz, zu; sie ist sehr platt gedrückt und’ nimmt gegen die Ohren schnell an Breite zu. Die obere Lippe ragt merklich über die un- tere hervor; die Nase läuft in eine vorgeschobene Spitze aus, und die Nasenlöcher liegen dicht nebeneinander, durch eine Furche ge- schieden. Die Unterlippe endet vorn, wie bei den andern Arten, in zwei kleine glatte, durch eine Furche getrennte, Hautballen. Die Ohren sind lang und namentlich sehr weit, wodurch sie sich so ge- nähert werden, dass die Wurzeln ihrer innern Ränder nicht viel über eine Linie voneinander entfernt sind. Der innere Rand ist schwach, der äussere Rand stärk bogenförmig, am Grunde durch eine ‚bogige Ausrandung zwei Läppchen bildend, deren vorderstes nicht ganz den Muudwinkel erreicht; die Ohrspitze ist stumpf ab- gerundet. Auf der Innenseite zieht ein scharfer Längskiel herah, zwischen welchem und dem Aussenrande die innere Ohrfläche von Quer- 190 reifen durchzogen wird. Die Klappe ist kurz, linear, an der Spitze abgerundet. Die Schenkelflughaut ist gross, die Sporen nicht beson- ders lang, und die Flügel heften sich etwas oberhalb der Sporen, gegen das Ende des Schienbeins an, ohne die Fusswurzel zu er- reichen. Die Behaarung ist gewöhnlich; die Ohren sind nackt, die Schnautze mit spärlichen Haaren, die Lippen fein gewimpert; die Schenkelflughaut, zumal auf der innern Seite, dicht und regelmässig mit Härchen beflogen; die Flügel nackt. Die Farbe vermag ich zur Zeit nicht mit Sicherheit anzugeben, da mir gegenwärtig nur ein in Branntwein aufbewahrtes Exemplar zur Hand ist. Sie scheint auf der Oberseite sehr dunkelbraun, auf der untern weit lichter zu seyn. Körper: 2.1914 rebu4@ist4 4 1Schwanz usb? ai O4 5 Kopf 0 8 |Schenkelflughaut . . 1.0 Ohrlänge . A lR 6: Spore. „ob ned iO Ta Olirbreite . .Wn. 0.00 43 | Vorderarm: . „ent u8 Abstand der Ohren 0 14 | Flugweite . 0 0 2. 10 .,6 Das beschriebene Exemplar ist ein erwachsenes Weibchen aus der Provinz Mato grosso. IV. DYSOPES. Gräniler. Eine ansehnliche Bereicherung ist der Gattung Dysöpes zu Theil geworden, da ihr durch Natterer's Reise nicht weniger als 10 neue Arten zugefügt werden konnten; auch habe ich noch Beiträge zur Charakteristik zweier anderer, schon länger bekannter, aber in den Sammlungen höchst seltener Arten, angereiht. Man kann die Gräm- ler nach der Beschaffenheit der Oberlippe in 2 Abtheilungen bringen. 191 a) Labro haud rugoso. 1. ‚Dysopes perotis Neuw. Der taschenohrige Gränler. D. supra cervino-fuscus, subtus dilute rubello- brunescens ; auri- culis amplissimis, taenia distincta conjunctis; (labiüs haud ru- gosis). Dysopes perotis. Pr. v. Neuw. Beitr, II. S. 227. mit Abbild. — Waen. in Schreb. Suppl. I. S. 473. Dysopes rufus. Tenm. monogr, I. p. 230, 261. tab. 23. fig. 17—19 (Schädel). Molossus rufus. Grorrr. ann. da mus, VI. p. 155. — Desu. mamm. p. 112. Unter allen amerikanischen Arten von Grämlern übertrifft diese die übrigen nicht blos überhaupt an Grösse, sondern insbesondere noch durch den ausserordentlichen Umfang der Ohren. Der Prins v. Neuwied hat von ihr bereits eine so ausführliche und genaue Be- schreibung geliefert, dass ich ‘nur einige. wenige Zusätze beifüge, nach den beiden Exemplaren (einem ausgestopften und einem in Branntwein conservirten), die Nutierer mitbrachte. Ausser der enormen Grösse sind die Ohren von der bei den amerikanischen Grämlern gewöhnlichen Bildung; am innern Grunde sind sie in ein Band zusammengewachsen. Die Lippen sind unge- runzelt und behaart. Am Vorderhalse sitzt eine ovale Drüse. Aus- ser dem Haarsaume, der die Leibesseiten einfasst, sind die Flügel nackt; nur längs des Vorderarmes mit ‚etwas Flaum beflogen. Die Farbe der Oberseite ist ein nicht: sonderlich dunkles und mit Grau überlaufenes Kastanienbraun;' die Unterseite ist lichtbraun, mit Röth- lichgrau schwach beflogen. Die Haare von heiden Seiten sind ge- 192 gen ihre Wurzel schmutzig weisslich. Nach Natterer’s schriftlichen Notizen sind Ohren, Nase, Oberlippe und Flughaut dunkel braun- grau, die Ohren nach der Oeffnung hin heller, der Mundwinkel und die ganze Unterkinnlade röthlichgrau. | Die Ausmessung habe ich am Branntwein-Exemplare vorge- nommen. Körper . » 2... 4“. 7“ | Querdurchmesser durch Höhe . 3 10 beide ausgehr. Ohren 2 0 Kopf Men al iin 2,2 a Obrlänge . . . . . 1 4 |Freier Theil desselben. 1 O0 Ohrbreite . 0... 40 \Vorderare, . „ua mania 7 Längsfalte des Ohrs. 1.4) Plugweite 0 wies AT Fundort: Barra do Rio negro im nördlichen Brasilien am Ama- zonenstrome. z "Dysopes ursinus Spix. Der stumpfohrige Grämler. D. nigro-fuscus; auriculis minus elevatis, dilatatis; rostro abbre- viato; alis intus secundum antibrachii longitudinem dense pi- losis. Molossus ursinus. Spıx. vespert. bras. p. 59. tab. 35. fig. 4. — A. Wacn. Suppl. zu Schreb. I. S. 472. Dysopes Alecto. 'Temm. monogr. I. p. 231. tab. 20. (Thier); 23 fig. 23—26. (Schädel); II. p. 355. In meiner Fortsetzung der Schreber'schen Naturgeschichte der Säugthiere habe ich D. ursinus und Alecto miteinander vereinigt, indem Temminck’s Beschreibung des letzteren keinen erheblichen Unterschied vom ersteren, den ich allein aus Autopsie kannte, aus- 193 findig machen liess. Ich bin auch. jetzt noch derselben Meinung, wiewohl ich nicht im Stande bin, diese Vereinigung mit aller Evi- denz zu rechtfertigen, da Spixr uns von seiner Art nur ein einziges, im Branntwein aufbewahrtes und sehr schlecht conservirtes Exem- plar hinterlassen hat, von dem ich nachstehende Beschreibung mit- theile, da ich genötligt bin, mehrere der nachfolgenden Arten mit diesem D. ursinus in Vergleichung zu nehmen. Gedachtes Exemplar ist ‚ein ‘altes Männchen, das nur noch zwei Schneidezähne im Unterkiefer aufzuweisen hat und dessen Eckzähne beträchtlich entwickelt sind. Die Ohren sind stumpf zugespitzt, brei- ter als hoch, an der Basis des Innenrandes miteinander zusammen- stossend, ohne jedoch durch ein Band vereinigt zu seyn, Längsfalte und Ohrläppchen sind ansehnlich ausgebildet, während die Klappe ein winziges, etwas abgestumpftes Läppchen ist. Die Schnautze ist kurz und stumpf; die Lippen ungerunzelt und mit Haaren besetzt. Am Halse findet sich eine grosse sackförmige Grube. Die Flügel reichen nahe bis zur Fusswurzel hin und sind am Vorderarm und der Mittelhand, im Vergleich mit andern Arten, verkürzt. Der Schwanz ragt zur kleinern Hälfte aus der Schenkelflughaut frei hervor. Die Behaarung hat sich nur noch theilweise erhalten, zeigt aber deutlich, dass auf der Unterseite der Flügel die Seiten mit einem breiten Haarsaume eingefasst sind, und dass sich längs des Vorderarms und noch zwischen den Anfangstheilen der Mittelhand ein sehr reichlicher, wolliger, dunkelbrauner Anflug einstellt. Die Farbe des Pelzes lässt sich natürlich an einem Exemplare, das seit mehr als 20 Jahren in Branntwein liegt, nicht genau angeben, doch ist so viel ersichtlich, dass sie von einem schwarzbraunen oder schwarzen Tone gewesen ist, was auch für die Flughäute gilt. Zur Vergleichung mit den verwandten Arten habe ich die Maasse genau abgenommen: Abhandlungen d. II. Cl. d. k. Ak d. Wiss. V. Bd. I. Abth. 25 194 21.3 5 Aber search a =. er u re At and Hume 1900 Sm BROS 4 |Freier Theil desselben 0 9 3. sc DET area So een 0 78 Ohrlänge . . .. . 3ter Mittelhandknochen 1 104 Obrbreite . . .» . 63 Fligweile, RT 0 ooOoox%0 [e2) Spix hat diese Art in der Provinz Para entdeckt, 3. Dysopes lTongimanus Wacn. Der langarmige Gränmler. D. saturate fuscus, auriculis, elevatis basi connatis; rostro abbre- viato tumido; labro glabro; antibrachio elongato; alis longis nudis. Dysopes longimanus. A. Wasn. im Arch, für Naturgesch. 1843. S. 367. Es kommt zwar diese Art, die mir aus vielen Exemplaren be- kannt ist, mit D, ursinus in Grösse, körperlicher Beschaffenheit und Färbung so nahe überein, dass beide leicht verwechselt werden kön- nen; indess ergeben sich doch einige Differenzen, die eine spezifische Trennung erheischen *). Bei gleicher Grösse und Form des Kopfes und der Schnautze sind bei D. Zongimanus die Ohren beträchtlich grösser und an ihrem Grunde deutlicher verwachsen, als bei D. ursinus. Bei jenem sind ferner die Flügel weit länger, indem die Knochen des Vorderarms und der Mittelhand viel gestreckter sind. Endlich fehlt bei D. Zon- *) Ich hatte anfänglich in diesem D. longimanus den D. Alecto Temm. zu - erkennen vermeint; allein bei genauerer Vergleichung fand ich, dass Temminck demselben den nämlichen Haarbesatz längs der Arme und zwischen den Wurzeln der Finger zuschreibt, wie ‘er sich bei unse- rem D. ursinus findet, dagegen dem D. longimanus abgeht. Auch kommt diesem weder auf der Ober- noch Unterseite eine schwarze Färbung zu, die Temminck für seine Art angiebt. 195 ‚gimanus die reichliche wollige Behaarung längs des Vorderarms und zwischen der Wurzel der Mittelhandknochen, welche bei D. ursinus vorkommt; der Haarsaum der Leibesseiten ist -aber vorhanden. Die Männchen haben wie bei dieser Art eine sackförmige Grube am Vorderhalse, aus der eine stark riechende fettige Substanz aus- schwitzt; den Weibchen fehlt diese Grube. Der Schwanz ragt ohn- gefähr zur Hälfte frei hervor; die Schenkelflughaut schiebt sich auf demselben auf und nieder und ist im Leben nach oben aufgebogen. Die Behaarung ist reichlich, sanft, frei und einförmig kastanien- braun, was auf dem Rücken in's tief Schwarzbraune fällt und einen schönen Sammetglanz hat, während unten die schwarze Beimischung sich verliert und der Ton matt wird. Mitunter fällt jedoch nicht blos oben, sondern auch unten der Pelz in’s Schwarzbraune. Der Haarsaum, welcher auf der Unterseite der Flügel die Leibesseiten einfasst, ist etwas lichter als der Bauch, namentlich gegen den Grund der Haare hin, der heller gefärbt ist. Die Flügel sind grau- braun; ebenso fast alle andern nackten Theile. Die von einem Weingeist- Exemplare (einem alten Männchen) abgenommenen Maasse zeigen zugleich in Beziehung auf D. ursinus die Differenzen in der Beschaffenheit der Ohren und Flügel. Körper . a4 64 Blchwanz.nnieis sind I Höhe . 2? 5 |Freier Theil desselben. 0 9 Kopf. 1v.)4 | Vorderarm . .nmadsiriigu: »1@ Ohrlänge 2.07 |3ter Mittelhandknochen. 2 24 Ohrbreite wadlonsh .UMITOHSngT I Hlngweite. ..........414. 5119 Die Fundorte von Nafterer's Exemplaren sind Villa Maria, Cai- ara in der Provinz Mato grosso und Barra do Rio .negro an der Einmündung des Rio negro in den Amazonenstrom. 25* 196 4. Dysopes leucopleura Narr. Der weissäumige Grämler. D. saturate fuscus; auriculis elevatis basi connatis; rostro abbre- viato tumido; labro glabro; antibrachio elongato; alis longis nudis; ventre lateraliter taenia pilorum albidorum limbato. Dysopes leucopleura. A. Wacn. im Arch. f. Naturgesch. 1843. S. 367. Den D. leucopleura, von welchem mir nur ein einziges Exem- plar, ein ausgestopftes altes Weibchen, vorliegt, kann ich für nichts anderes als für eine, vielleicht nur individuelle, Abänderung des D. longimanus ausehen, von dem er sich lediglich dadurch unterschei- det, dass der Haarsaum, welcher auf der Unterseite der Flügel den Bauch zu seinen beiden Seiten einfasst und. bei D. longimanus braun erscheint, hier bei D. leucopleura. von einer weissen Farbe ist. Alle andern Verhältnisse des Habitus wie der Färbung sind fast ganz wie bei jener Art, denn selbst die geringere Länge des Schwanzes bei dem weissäumigen Grämler scheint mir — nach der Runzelung des frei vorstehenden Theiles, so wie der Schenkelflug- haut zu urtheilen — blos Folge der Eintrocknung zu seyn. ' Die Farbe des Pelzes ist oben dunkler, unten lichter und matter kasta- nienbraun. Der Haarsaum, welcher auf der Unterseite der Flügel die Leibesseiten einfasst, ist weiss, doch .finden sich an etlichen Haaren rostbräunliche Spitzen. Die untern Schneidezähne. sind be- reits ausgetrieben. Körper . wlcullselerat ar |. Schwanz .. .. .. . . all Höhe. E 2 5 ‚Freier Theil desselben 0 Ohrlänge-» ..” „2. 02.7. | Vorseramm. >... oc % Ohbrbreite . » . » ..0 9 |3ter Mittelhandknochen 2 Kopf. . . 0° 11 | Flugweite. 2.0. 244 Fundort: Caigara, also zusammen mit D. longimanus. 197 5. Dysopes glaucinus Narr. Der lichtbäuchige Grämler, D. supra castaneo-fuscus, subtus sordide rubello-canus; auriculis elevatis, basi connatis; labro glabro; alis longis, secundum an- tibrachii longitudinem paululum pilosis. Dysopes glaucinus. A. Wacn. im Archiv für Naturgeschichte, 1843. 8. 368. Diese Art, welche ich nach einem ausgestopften männlichen Exemplare beschreibe, reiht sich nach der Form der Ohren und Flügel dem D. longimanus an, von dem sie sich jedoch durch Färbung der Unterseite des Körpers, ‚wie durch Behaarung der Flügel unter- scheidet. An Grösse kommt sie mit D. longimanus überein. Die Ohren verhalten sich an Grösse und Form wie bei dieser Art, sind eben- falls am Grunde miteinander verwachsen, doch scheint die Behaarung des innern Raumes dichter zu seyn. Der Umstand, dass die Schnautze vorspringender ist, scheint nur Folge einer zu starken Vorwärts- ziehung der Haut beim Ausstopfen zu seyn. Die Lippen sind un- gerunzelt und gleich dem Nasenrücken behaart; die Kopfseiten fast nackt. Die Eckzähne sind ziemlich. stark; untere Schneidezähne sind zwei vorhanden. Die Flügel sind lang und schmal, auf der Ober- und Unterseite längs des Vorderarms und im Winkel der bei- den nächsten Mittelhandknochen mit Haaren spärlich beflogen; der Leib ist zu beiden Seiten von einem Haarsaum umgeben, der auf der Unterseite der Flügel sehr ansehnlich ist. Die Farbe der Oberseite ist etwas raucherig kastanienbraun, mit schwachem schiefergraulichem Schimmer. Die Unterseite ist weit heller und der lichtbräunliche Ton mit einem hell röthlichgrauen An- flug überlaufen, wodurch diese Art sich auffallend von den verwand- ten unterscheidet. Die Haare der Oberseite sind in ihrer kleinern 198 untern Hälfte weisslich, was derselbe Fall: auf der Unterseite : ist, daher hier auch der auf den Flügeln aufruhende Saum des Unter- leibes in seiner innern Hälfte (längs des Bauches) weisslich, in sei- ner äussern röthlich graubräunlich ist. Die Flughäute sind nicht be- sonders dunkelbraun. Körper... 0.0.0, ge OUT TWOHWARZ." En Höhe... „2.7.2 6 ‘| Freier Theil. desselben +0,74 Kopf. =. nanluniseann OnndO4 KVorderarm sr», sa 'n..ar 14 Ohrlänge .-. » . . ..0 74 | 3ter Mittelhandkuochen. 2 44 SPOrEN ae 1.5 ent: A Br) Hingweife - 0204 iR Fundort: Ouyaba in der Provinz Mato grosso, wo Natterer zwei Exemplare (Männchen und Weibchen) erhielt *). 6. Dysopes holosericeus Narr. Der sammetglänzende Gränler. D. splendide et saturate castaneo-fuscus, pilis adpressis; auriculis minus elevatis dilatatıs; antibrachio abbreviato; alis intus se- cundum antibrachüi longitudinem dense pilosis. Dysopes holosericeus. A. Was. im Archiv für Naturgesch. 1843. 8. 368: *) Aus Naiterer’s schriftlichen Notizen füge ich noch Folgendes bei, Im Leben’ konnte das Thier vermittelst der Sporen die Schenkelflughaut nach Belieben auf- und abschieben, so dass beim ausgedehntesten Zu- stande derselben der Schwanz nur 4 Linien darüber vorragte, wäh- rend er bei starker Einziehung der alsdann gefalteten Schenkelflug- haut um 12 Linien vorstand. Am Halse des Männchens fand sich nahe an der Brust ein kahler Fleck mit einer kleinen Drüse, die eine Oeffnung zu haben schien. Das am 6. April gefangene WVeib- chen war mit einem Embryo trächtig. 199 ? Dysopes abrasus, Trmm. monogr. 1. p.232. tab. 21; II. p. 356. Unbedenklich würde ich Natterer's D. holosericeus für identisch mit D. abrasus halten, wenn nicht in Temminck’s Beschreibung des letzteren, aus der er mir allein bekannt ist, einige Angaben sich fänden, die auf unser Exemplar, ein ausgestopftes altes Männchen, nicht passen. Die Grösse ist die des D. ursinus, mit welchem der D, holo- sericeus überdiess in den meisten körperlichen Verhältnissen über- einstimmt, was sich namentlich in der Beschaffenheit der Ohren, Flü- gel und des Schwanzes kund giebt. Die Ohren sind nicht beson- ders gross und dabei etwas breiter als hoch. An der Basis des innern Randes stossen sie nicht ganz zusammen, was indess Folge der Eintroeknung seyn kann, sondern lassen einen Zwischenraum von einer halben Linie zwischen sich; es geht jedoch vom Grunde jedes innern Ohrrandes, wie bei D. ursinus, ein kleiner Schenkel ab, welcher sich bald mit dem andern vereinigt und dann längs des Nasenrückens als gemeinschaftliche Leiste weiter vorwärts sich zieht. Das Gesicht ist nur auf der Oberseite behaart; die Schnautze, insofern man hierüber nach trocknen Exemplaren urtheilen darf, schmächtiger als bei D. ursinus zulaufend; die Lippen glatt, mit Haaren besetzt. In Unterkiefer sind zwei kleine gekerbte Schneide- zähne vorhanden. An der Stelle des Vorderhalses, wo bei andern Arten die Grube sich öffnet, findet sich bei dieser Art ein länglicher Wulst, vielleicht der vertrocknete Rand einer solchen Oeffnung oder eine Drüse, Die Flügel verhalten sich hinsichtlich ihrer Verkürzung und Behaarung ganz wie bei D. ursinus; ihr Ansatz ist etwas un- terhalb des Unterschenkels, Der Schwanz ragt zur. kleinern Hälfte frei hervor. Die Behaarung zeichnet sich schon gleich dadurch aus, dass sie glatt anliegt, was auf der Oberseite weit mehr als auf der un- 200 teren der Fall ist; an den Seitentheilen des Rückens sind die Haare fest an die Haut angedrückt. Sehr reichlich ist auf der Unterseite der Flügel der Saum der Bauchseiten mit Haaren besetzt, die jedoch lockerer als oben sind; dieser Saum läuft in einer schiefen Linie von den Schenkeln gegen den Ellbogen. Die Oberseite des Kör- pers ist tief dunkel-kastanienbraun mit lebhaftem Sammetglanze; die Unterseite ist nur wenig lichter, aber weit matter. Die Haare sind einfarbig, indem sie nur auf der Oberseite dieht an der Wurzel in's Lichte fallen. Die .Schenkelflugbaut ist schwarz, was im weitern Verlauf auf den Flügeln allmählig in’s Braune übergeht. Die Ohren sind schwarz. Körper. var. wma“ 64) Schwanz 0-40 well Hg Höhe. . 2.0.0.0» 2 8: | Freier Theil desselben. 0° 9 Kopf} mov. duohsj, la 46 skie| Menderarmini.d media .odie S% Obrlänge... » » » = 0. 6 ‚3ter Mittelhandknochen 1 104 Ohrbreite » .» » » 0- „hl Flngweite al. 2. 11a 6 Bei einer Vergleichung vorstehender Maasse mit denen von D. ursinus wird man die grosse Uebereinstimmung in den Dimensions- Verhältnissen beider Grämler erkennen, die mich zu ihrer Vereini- gung bestimmt haben würde, wenn ich nicht, auf die Angabe von Spix hin, eine Verschiedenheit in der Behaarung beider annehmen müsste. Was die Beziehung zu D. abrasus anbetrifft, der mir frei- lich nur aus Temminck’s Beschreibung bekannt ist, so wird derselbe als kleiner angegeben, die Flügelbehaarung als auf der Unterseite fehlend, während sie bei D. holosericeus gerade hier (längs des Vorderarms und im obern Theil des Zwischenraums zwischen dem letzten und vierten Mittelhandknochen) weit stärker ist. Endlich wird der Abstand der Ohren bei D. abrasus weit grösser (auf bei- nahe zwei Linien), und die Tasche am Halse als ganz fehlend an- 201 geführt. Diese Differenzen sind jedoch sämmtlich von einer Weise, dass sie eine Ausgleichung mit unserem D. holosericeus zuliessen, Fundort: Rio de Janeiro. 7. Dysopes albus Narr. Der weisse Grämler. D. supra subtusque albidus; patagiis nigricantibus. Dysopes albus. A. Wasn. im Archiv. für Naturgesch. 1843. S. 368. ‚ Durch ihre Färbung ist diese Art von allen andern aus der Gattung der Grämler in. der auffallendsten Weise unterschieden, während ihre plastischen Verhältnisse am nächsten denen desD. ur- sinus kommen. ‚Von. einem ausgestopften männlichen Exemplare der Wiener Sammlung ist nachstehende Beschreibung entnommen, Der Kopf ist diek; die Lippen ungerunzelt, behaart, die Kopf- seiten fast nackt, der Nasenrücken mit langen Haaren bedeckt. Die Ohren sind ziemlich vorspringend, etwas breiter als lang; am Grunde des innern Randes miteinander. zusanrmenstossend. Von den untern Schneidezähnen sind nur zwei Stümpfechen vorhanden; die Eckzähne stark. Der Schwanz ragt etwas zur kleinern Hälfte aus der Schen- kelflughaut hervor. Die Flügel sind durch ‚Verkürzung des Vorder- arms und der Mittelhandknochen, wie bei D. ursinus, verkürzt. Die Behaarung ist reichlich, weich und ziemlich anliegend. Auf der Ober- wie der Unterseite der Flügel ist der Leib von einem breiten Haarsaume umgeben, der längs des Vorderarmes sich bis in den Zwischenraum zwischen der Wurzel des 5ten und 4ten Mittel- handknochens fortzieht, und auf der untern Seite weit breiter ist als auf der. obern. Nur die Behaarung in dem Winkel, den beide ge- nannte Mittelhandknochen miteinander bilden, ist auf der Oberseite Abhandlungen d. II. Cl. d. k. Akad. d. Wiss. V. Bd. I. Abthl. 26 x der Flügel weiter ausgebreitet als anf der untern; dafür findet sich ‚auf dieser im Ziwischenraume zwischen dem 4ten und öten Mittel- handknochen ein langes Haarband, das fast bis zum Anfange der Phalangen reicht und auf der Oberseite der Flügel nicht: wahrge- nommen wird. Der ganze Pelz ist auf. der Ober- wie auf der Un- terseite desKörpers weiss, mit schwachem schmutzig gelblichen An- fluge, wobei die Haare durchaus einfarbig sind. Nur der Haarbesatz längs des Vorderarms und der Fingerwurzeln ist oben wie unten rostbraun; auch die wenigen Haare auf dem Schnautzenrücken sind braun *). Körper . . nd AUTSChwaRE.. = u, 4 A0E Höhe, ., - -... . „ 2 5 |Freier 'Tieil desselben "0° 97 Ken ‘ Ohrlänge. . . » » . 0 6 |3ter Mittelhandknochen 1 10 Ohrbreite . . - [Base Au b 1, 173, 12517 Pre DZ Natterer hat diese Art, wenn ich nicht irre, in der Provinz Mato grosso aufgefunden. 8. Dysopes olivaceo-fuscus Narr. Der olivenbraune Gränler. D. minor, supra olivaceo-fuseus, subtus multo pallidior ; auriculis minus elevatis, labro haud rugoso; alis secundum antibrachi longitudinem pilosis. *) Aus Naiterer's Notizen füge ich noch bei, dass das ganze Gesicht und alle nackten Theile braunschwarz sind. Die Schwanzspitze ragt sie-, ben Linien über die Schenkelflughaut hinaus, doch lässt sich letztere soweit zurückschieben, dass vom Schwanze 13 Linien frei bleiben. Am Ende des Vorderhalses sitzt eine grosse Drüse mit einer stark riechenden Schmiere und einer Mündung nach Aussen, 203 Var? supra cinnamomeo-fuscus, subtus e cano rubello-brunes- cens (D. amplexicaudus Natt.) Unter den von Natterer gesammelten Grämlern. befindet sich ein Exemplar, das sich durch seinen olivenfarbigen Ton bemerklich nacht. Etliche andere sind demselben in allen Stücken ähnlich, nur hat die Färbung einen andern Ton. Da ich ausser Stande bin über die spezifischen Berechtigungen beider abzuurtheilen, so gebe ich im Nachstehenden die Beschreibung nach ersterem Exemplar und füge Bemerkungen über die andern bei. Die Ohren: sind ziemlich kurz, eben so’ breit ‘oder noch etwas breiter. als lang, und stossen mit einander am Grunde des innern Randes fast zusammen. Die Schnautze ist. etwas stumpf; die Ober- lippe ist ungerunzelt. Die starken Eckzähne, so wie das Vorkom- men von nur zwei untern Schneidezähnen geben zu erkennen, dass das Exemplar nicht mehr jung ist. Am Vorderhalse zeigt sich ganz deutlich der Eingang zu einer sackförmigen Tasche. Der Schwanz scheint nur zur kleinern Hälfte frei zu seyn. Die Behaarung ist weich und liegt auf der Rückenseite ziem- lich glatt an. Der Haarsaum, welcher die Leibesseiten einfasst, hreitet sich auf der Unterseite der Flügel fast bis zum Ellenbogen aus und setzt sich dann als ein schwacher Flaum längs des Vor- derarms bis in den Zwischenraum der nächsten Mittelhandknochen fort. Auf der Oberseite der Flügel zeigt sich dieser Haaranflug ebenfalls. Der Pelz ist auf der Oberseite trüb kastanienbraun, auf der Unterseite weit lichter, aber ebenfalls trüb. Die ganze Unter- seite des Pelzes hat einen trüb olivengelblichen Anflug, der auch auf der Oberseite merklich ist; die Haare sind im grössten Theil ihrer Länge gleichfarbig und nur an der Wurzel licht. Den andern Exemplaren, die ich provisorisch hieher gestellt 26* 204 habe, obwohl sie Natterer für spezifisch verschieden ansieht, fehlt der olivenfarbige Anflug; bei ihnen ist die: Unterseite bräunlich, mit röthlichgrau beflogen, auch dehnt sich die weissliche Färbung an der Basis der Haare weiter aus. Das olivenbraune Exemplar, ein Männchen, zeigt folgende Di- mensionsverhältnisse: Körper . en a 10. 00. 2 8% SCHWARZ,» 12 6 21 0 de Höhe. , =. 0. en a0 rt) Mierpma. a 12 we". 0% 7 TOR Obrlänge . -. . » » 0 54 |äter Mittelhandknochen. 1 8 Ohrbreite. * 21... 1..°+..0...154 | Flugweite .. \.......0. 10) 0 “ Natterer hat dieses Exemplar, welches den ächten D. olivaceo- fuscus repräsentirt, bei Cuyaba in der Provinz Mato grosso gefun- den. Von den andern ist mir nur von einem Exemplare der Fund- ort bekannt, nämlich Caicara in der nämlichen Provinz. ») Labro rugoso. 9, Dysopes auritus Narr. Der haftohrige Gränler. D. supra subtusque saturate fuscus; auriculis amplis connatıs; rostro attenuato; labro rugoso crenulato. Dysopes auritus. A. Wacn. im Arch. für Naturgeschichte. 1843. S. 366. ? Molossus coecus Renee. Säugth. v. Parag. S. 88, Obschon ich zur Beschreibung dieser Art nur ein einziges Exem- plar, ein Weibchen, benützen konnte, so zeigt dasselbe doch einige so hervorstechende Merkmale, dass unter allen bekannten Arten nur der Molossus coecus Rengg. mit ihm in Vergleichung kommen kann. 205 Der 'haftohrige Grämler. gehört zu den Arten von mittlerer Grösse und: schlankeren Verhältuissen. Der Kopf ist gestreckt und ver- schmälert sich vorwärts. Untere Schneidezähne sind 4 vorhanden; die Eckzähne von langer schlanker Form.‘ Die Ohren sind von auf- fallender Grösse, dünn und fast länglich viereckig; beide sind mit- einander verwachsen und von ihrer Vereinigungsstelle geht ein schma- ler Hautfortsatz gegen den Nasenrücken ab. Die innere Längsfalte des Ohrs springt unterwärts so beträchtlich hervor, dass an den Kopf augelegt, sie das Auge ganz verdeckt. Das Gesicht ist gröss- tentheils nackt; die Oberlippe ist in starke Falten gerunzelt, welche ihren Rand gekerbt machen; die Nase ist aufgeworfen und breit. . Der Schwanz ist zur grössern Hälfte frei; die Flügel heften sich bald unterhalb der Mitte des Unterschenkels an, doch zieht sich ihre Ansatzstelle an demselben noch weiter hinab. Der Vorderarm, wie überhaupt die Flügel, sind sehr gestreckt. Die Behaarung ist reichlich, sanft und frei, und bildet auf der Unterseite der Flügel einen hreiten, an der äussern Grenze scharf abgeschnittenen Saum, der beiderseits die Leibesseiten einfasst. Die Flügel sind nackt, mit ganz schwachem Anfluge auf dem Halsfittig und längs des Vorderarms auf der Oberseite. Die Farbe der Ober- seite des Körpers ist dunkel und etwas russig kastanienbraun mit schwachem Glanze; auf der Unterseite wird gegen die Mitte hin der Ton etwas lichter und matter. Die einzelnen Haare haben nur dicht an der Wurzel eine helle Färbung, die aber auf dem Unterleibe fast ganz fehlt. Merklicher ist dieselbe an dem Haarsaum, der auf der Unterseite die Leibesseiten einfasst, indem er am Körper weiss- bräunlich, am Aussenrande dunkelbraun ist. Die Flughäute sind dunkelbraun *). *) Naiterer bemerkt in seinen Notizen, dass die Ohren horizontal liegen, Augen und Nase bedecken, und noch an 3 Linien über die Nasen- 206 Körperisseluion var unıd. 83h 12 Ohrhreiteninid suinlahacg nd 44 Höhe bum. Ilmıirap dei, RA Dil Schwanzläln? umıadng 94° Kopfulinr 3 Sun wulaWenft | Verddrarmwiwiws in 3 Obrlänge - 2.2.0 41 [Flugweite. . 2.118 5 Fundort: Cuyaba, wo Natterer zwei Weibchen erhielt. Sowohl Asara's, Beschreibung von seiner Petite. chauve-souris obscure, als der hiemit identische Molossus coecus von Bengger, passen auf unsere Art, die demnach wohl ‚mit ihnen zusammen ge- hören wird, obgleich ich diese Vereinigung vor der Hand noch nicht vorgenonimen habe, da ohne Vorlage ganz vollständiger Schilderun- gen ein Missgriff leicht möglich ist. i0. -Dysopes gracilis Narr. Der zierliche Grämler. D, minutus, supra subtusque sordide bruneus; auriculis amplis con- natis; labro rugoso- crenuluto; alis nudis, corpus versum puncturatis. Dysopes gracilis. A. Waen. im Archiv für Naturgeschichte. 1842. S. 368. > Dieser Grämler, den ich nach zwei. ausgestopften Exemplaren beschreibe, ist eine im stark verkleinerten Maasstabe ausgeführte Kopie des D. auritus, gleichwohl aber nicht der jugendliche Zustand desselben. spitze hinausragen. Der Rachen lässt sich ungeheuer weit aufsper- ren und dann ziehen sich die Runzeln der Lippen auseinander, Die Schenkelflughaut schiebt sich am Schwanze auf und nieder, so dass bald mehr, bald weniger vom Schwanze frei vorragt. Die Höhe des Ohrs ist 13 Linien, die Breite von einem Ohrrand zum andern (quer über die untere Kinnlade gemessen) 19, die Breite von einem Mund- winkel zum andern 6t/, Einien, 207 Die Schuautze ist gestreckt und (wenigstens im trockenen Zu- stande) nach vorn stark verschmächtigt. Die Ohren sind verhältniss- mässig von ziemlich ansehnlicher Grösse, höher als breit, innen nackt, und am Grunde zusammenstossend. Die Oberlippe ist gerunzelt und am Rande gekerbt; der Schnautzenrücken etwas behaart; die Kopf- seiten nackt. Der Schwanz ragt bei stark zurückgezogener Schenkelflughaut fast zur Hälfte frei hervor. Die Flügel sind lang, dünn und schmal, gegen. den Körper zu auf eine zollbreite Strecke mit dunkeln Punk- ten. dicht besetzt. Die Behaarung ist weich und fasst, wie gewöhnlich, auch die Leibesseiten ein; auf der Unterseite stellt diese Einsäumung ein gleichbreites Band dar. Die Schenkelflughaut ist zunächst des hin- tern Körperrandes und Jängs des Schwanzes ebenfalls mit feinem Flaum spärlich beflogen; im-Uebrigen sind die Flügel nackt. Die Farbe des Pelzes ist auf der Oberseite nicht sonderlich. dunkel um- brabraun, was auf der Unterseite merklich lichter wird; ein röthlich- grauer Schimmer ist auf der Rückenseite wie an den Seitentheilen wahrnehmbar. _Die Haare sind auf der Ober- wie Unterseite ein- farbig, nur unmittelbar an der Wurzel licht. Die Haare sind hell- bräunlich; die Ohren dunkler. a a 5“ | Schwanz ee a Höhe. 1. _8| Vorderarm . BE BE Kopf. - * ....0 9 ı3ter Mittelhandknochen. 1 6 Ohrlänge . 2. ...°0 64 | Schienbein . ». 05 Ohrbreite . 0 54 | Flugweite vg 9 10 Die beiden Exemplare, welche mir zur Beschreibung dienten, hat Natterer in der Provinz Mato grosso gefunden. 308 V. VESPERTILIO. Fledermaus. Die von Natterer in Brasilien gesammelten Exemplare dieser Gattung hat bereits Temminck in. seiner Monographie der Fleder- mäuse benützt, so dass ich hier nur eine ausserbrasilische Art zuzu- fügen habe. 1. Vespertilio splendidus: Wacs. Die goldbraune Fledermaus. 4 V. parvus, supra subtusque aureo-ferrugineus, auriculis mediocri- bus, trago extus convexo; alis obscuris fere ad digitorum ba- sin porreclis nudis. Die Ohren sind mittelmässig, aussen etwas ausgerandet; die Klappe ist halb so gross, zugespitzt, aussen stark convex, innen fast gerade. Die Flügel reichen fast bis zur Zehenwurzel und sind bei- derseits kahl. Der Pelz ist sehr reichlich. Das Gebiss zählt %? Schneidezähne, 1.4 Eckzähne und $.% Backenzähne. — Die Farbe oben einförmig rostbraun mit goldigem Schinimer, unten rostfalb, eben- falls mit solchem Schimmer. Die Haare sind auf der Oberseite fast einfarbig, auf der Unterseite zweifarbig, indem ihre untere Hälfte dunkel ist. Ohren und Flügel sind dunkel. Kerr ERENTO ER 2 ERTEILEN |: 1.7 en TER PER... 3 t vorderamm „Nr d Sahwaßz'z. 2.1.72. 12 tEfopweien .Y .’ 8 9 Diese Fledermaus ist mir durch ‚Herrn Dr. Schimper mitgetheilt worden mit der Bemerkung, dass sie von der Insel St. Thomas her- stamme, Vielleicht ist sie mit Bachman’s V. monticola identisch, die jedoch zur sichern Entscheidung nicht ausreichend charakterisirt ist. Beschreibung des Skeletes des Gymnarchus niloticus nebst Vergleichung mit Skeleten formverwandter Fische. Von Professor Dr. M. P. Erdl, Adjunet der anatomischen Sammlung des Staates. Mit einer Tafel. Abhandlungen d. Il. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. V. Bd. I. Abthl. 27 | Th, ur; E Me | Beschreibung des Skeletes des Gymnarchus niloticus nebst Vergleichung mit Skeleten formverwandter Fische, Von Professor Dr. M.P. Erdl. Durch die grosse Güte meines sehr verehrten Freundes des Herrn Dr. Pruner, praktischen Arztes in Cairo, ist es mir möglich, über mehrere theils wenig, theils noch gar nicht untersuchte Nilfische Aufschluss zu geben. Ich wähle für diese Abhandlung aus dem schönen Material, welches mir vorliegt, vorläufig Gymnarchus nilo- ticus zum Gegenstande der speciellen Darstellung, vergleichsweise aber ziehe ich noch Mormyrus, Polypterus und die Aale bei, um da- durch die systematischen Beziehungen des ersteren an das Licht stellen zu können. Schon durch die verdienstvollen Arbeiten von Geoflroy, Agassız und Müller ist man aufmerksam geworden auf die ganz wunderlichen Eigenthümlichkeiten der Bewolner des Nil, und in einer vorläufigen Anzeige (Gelehrte Anzeigen 1846, Bd. II.) habe ich einen nicht un- beträchtlichen Zuwachs zu denselben geliefert. In der That steht nach dem, was bis jetzt bekannt ist, der Nil unter allen Flüssen der Erde einzig da; seine Fische haben keinen besonders guten Geschmack, aber oft sehr sonderbare Formen und noch öfters von Fischen anderer Gewässer ganz abweichende innere Organisations- 20. 212 Verhältnisse. Darin aber passen sie ganz in die Natur, welche in den Nilländern angetroffen wird; bei den dortigen Pflanzen und selbst Menschen vermisst man auch das Aroma (sit venia verbo), aber die Formen sind bei aller verkrüppelten oder gigantischen Entwicklung, wenn auch steif doch eigenthümlich und kraftvoll wie lebendige Hie- roglyphen. — Von elektrischen Fischen beherbergt der Nil vier Arten in drei Gattungen (Malapterurus electricus, Gymnarchus nilo- ticus, Mormyrus oxyrhynchus und dorsalis), mithin wenigstens ebenso viel, als alle Gewässer der übrigen Erde miteinander haben; in ihm leben die Silurinenformen Amerika’s (Pimelodus) neben der nordi- schen Häringsform, und neben Tetrodonten die Forellen, neben all- gemein verbreiteten Formen der Cyprinen der einzig dastehende Po- Iypterus, wie ein Ueberbleibsel der vorsündfluthlichen Fauna ete, Solche merkwürdige Verhältnisse dürften allein schon die Auf- merksamkeit der Naturforscher anlocken und zu sorgfältigen anato- mischen Untersuchungen anregen, weil sie ganz besondere Organi- sationsverhältnisse vermutben lassen. Dergleichen haben auch alle bisherigen Arbeiten über Nilfische nachgewiesen und gegenwärtige Abhandlung möchte neuerdings einen Beweis dafür liefern, von wel- chem Interesse die Untersuchung dieser Thiere sey. Vorläufig behandle ich nur das Skelet des Gymnarchus in ver- gleichender Darstellung mit Mormyrus; in einer zweiten Abhandlung werde ich die Weichtheile dieser Thiere beschreiben. Bei der Schil- derung der einzelnen Knochen suchte ich nur das, was zu ihrer gegenseitigen Verbindung von Wichtigkeit ist, und was sich an ihnen als eine bedeutungsvolle Eigenthümlichkeit heraus stellt, hervorzu- heben und übergieng die kleineren Formverhältnisse, die mir eine untergeordnete Wichtigkeit zu haben schienen. Oefters habe ich einen Theil mit Worten nur kurz abgefertiget, wenn aus der An- schanung der beigegebenen Abbildung sich das Uebrige von selber versteht. 213 Das Skelet des Gymnarchus niloticus ist im Ganzen sehr zart und zierlich. Im Verhältnisse zur Grösse des Kopfes erscheinen die Wirbel klein, besonders kurz, alle Fortsätze dieser so wie Rippen und Flossenstrahlen sind schmächtig; auch die Extremitäten zeigen in allen ihren Theilen Zusammensetzung aus schwachen Knochen- stücken, Die grössten und stärksten Knochen sind diejenigen, welche die Schedelbasis bilden nebst dem Unterkiefer und Zungenbeine; alle übrigen sind schwach und schmal, selbst die Kiemendeckel sind verhältnissmässig sehr klein. Der Schedel von oben, unten oder von einer Seite betrachtet ist konisch, hinten sehr breit, nach vorne allmählig schmäler und nie- derer werdend. Der Gehirntheil hat verhältnissmässig eine sehr grosse Ausdehnung nach jeder Richtung, seitlich und oben eine schöne Rundung und. ist von allen Höhlen des Gesichtes so abgeschlossen, dass wie bei dem Menschenschedel, nur Löcher für den Durchgang der Nerven als Communieations-Oeffnungen vorhanden sind. Der verlängerte Gesichtstheil zeigt von unten eine viel grössere Breite als von oben, weil die Stirnbeine für ihre Länge ungemein schmal sind, auf der unteren. Seite aber Unterkiefer, Zungenbein und Kie- mendeckel zwei ineinandergeschobene, kräftige und ziemlich weit geschwungene Bögen bilden. Die Augenhöhlen commnnieiren nach innen nicht mit einander, sind sehr lang gezogen und durch einen bis zum Unterkiefergelenk hin vollkommen geschlossenen Boden von der Mundhöhle geschieden, Statt des Augenringes findet sich eine von der Nase bis zu dem hinteren Ende: der Augenhöhle reichende, lange Kette aus kleinen Knochenstücken, welche in einen nach un- ten geschwungenen Bogen sich legt. Die Kiemendeckel stehen sehr tief, weil da, wo sie gewöhnlich bei anderen Fischen sich befinden, eine besondere, geräumige, mit einem eigenen Deckel verschliessbare äussere Gehöröffnung angebracht ist*). *) Dieser Theil des Schedels ist eben so bei Mormyrus gestaltet. 214 Die einzelnen Knochen, welche den Schedel zusammensetzen, zeigen in mancher Hinsicht bedeutende Abweichungen von den ent- sprechenden Theilen aller anderen Fische, hie und aber nähern sie sich Formen von Fischen, welche systematisch dem Gymnarchus nichts weniger als nahe stehen. Die einzelnen Knochen sind folgende. 1. Der Zwischenkiefer ist paarig, jederseits ein viereckiges vorne dickeres hinten dünneres Knochenstück, mit einem vorderen convexen und hinteren concaven Rande, einer oberen etwas ausge- höhlten and unteren geraden Fläche. Im vorderen Rande befindet sich eine nach unten gerichtete Alveolarrinne zur Aufnahme von sie- ben Zähnen. Anm. Mit Polypterus hat der Zwischenkiefer in so fern Aehn- lichkeit, als bei jenem auch eine glatte, breite Gaumen- platte und ein breiter vorderer Rand für die Aufnahme der Zähne gefunden wird; die obere Fläche des Zwischen- kiefers von Polypterus weicht aber darin sehr ab, dass sie grossentheils die Nasenöffnung bildet, während dieser Kno- chen bei Gymnarchus zur Nase in gar keiner Beziehung steht. Bei Mormyrus (besonders dorsalis) ist im Zwischen- kiefer der Form nach noch mehr Aehnlichkeit mit dem von Gymnarchus vorhanden, ein greller Unterschied stellt sich jedoch dadurch wieder heraus, dass bei jener Gattung der Zwwischenkiefer nur einfach und nicht paarig ist. 2. Der Oberkiefer besteht in einem schmalen, langen etwas sförmig gebogenen, platten Knochenstücke mit -a- einem oberen vorderen an den Zwischenkiefer sich anfügenden Artikulationsende und -b- mit einem unteren, lanzettförmigen freien Eude. Das. vor- dere Artikulationsende zerfällt in zwei Theile, die besonders an der innern Fläche deutlich darch eine längliche Grube von einander geschieden sind, nämlich: in einen vordern Gelenkkopf und in einen binteren dünnen, dreieckigen, freien Fortsatz. Anm. Bei Polypterus herrscht in Beziehung auf diesen Kno- chen keine Analogie, bei Mormyrus jedoch findet sich eine 215 merkwürdige Aehnlichkeit. Der Oberkiefer von Mormyrus dorsalis -2 A- ist ziemlich halbmondförmig, mit der (ei vexität nach. vorne gerichtet. Oben spaltet er sich in -a- den Gelenkfortsatz und in einen dreieckigen Fortsatz -b-; beide sind von einander getrennt und selbstständig. Das untere freie Ende des Knochens -c- ist auch etwas lan- zetförmig. Bei Mormyrus oxyrhynchus ändert ‚die Form des Oberkiefers -2 B- bedeutender. Im Ganzen ist der Knochen auch etwas halbmondförmig, aber mehr gebogen als bei M. dorsalis, der Gelenkfortsatz -a- ist klein, der dreieckige Fortsatz sehr lang und zylindrisch, das lanzet- förmige untere Ende -c- sehr breit. 3. Das Nasenbein erscheint als eine lange, schmale dünnwan- dige Knochenrinne, welche sich vorne -a- auf dem Zwischenkiefer hackenförmig nach aussen umbeugt. Anm. Bei Polypterus ist ein sehr kurzer, knöcherner, diekwan- diger Kanal, der sich nach hinten hackenförmig umbeugt, am meisten dem eben beschriebenen Knochen ähnlich ; jener aber wird von Agassiz (poissons fossiles P.IH. p. 39.) und Müller (über Ganoiden) für einen Nasenflügelknochen ge- deutet. Das eigentliche Nasenbein wird in dem Nachtrage beschrieben. Bei Mormyrus oxyrhynchus bildet das Nasen- bein eine sehr lange dünnwandige Knochenrinne, welche vorne auf dem Zwischenkiefer etwas abwärts gebogen, hinten aber flügelförmig nach aussen verbreitert ist. Die- selbe F'orm besizt das Nasenbein von M. dorsalis nur ist es sehr kurz. 4. Ein nasenmuschelartiger Knochen liegt auf dem Gelenkende des Oberkiefers auf und stellt den ersten (vordersten) Knochen des Augenringes vor. Er ist dünn, ziemlich oval, etwas schalig, mit dem breitern Ende nach vorne, mit dem schmälern nach hinten, mit der concaven Fläche nach oben, mit der convexen nach unten gerichtet. Nach vorne und aussen, gerade in der tiefsten Stelle des Knochens sind mehrere Löcher, ein grösseres und drei bis fünf äusserst kleine 216 ‚zum Durchgang des nervus olfactorius und sehr feiner Aeste des Trigeminus. Anm. Bei Polypterus ist kein analoges Knochenstück vorhan- den. Aher hei Mormyrus existirt es als eine dünne, breite, nach hinten in einen lanzettförmigen Fortsatz ausgezogene Kuochenplatte mit einer grossen Oeflnung des nervus ol- factorius. Bei M. dorsalis ist der Knochen kürzer, mehr zusammengeschoben, bei M. oxyrhyuchus aber in allen Theilen gestreckter. 5. Der Vomer besizt eine sehr eigenthümliche Gestalt. Er ist verhältnissmässig sehr gross und besonders an seiner hinteren Hälfte ungewöhnlich breit. Vorne -a- bildet er eine Satur zur Verbindung mit der pars nasalis ossis frontis*), dann -b- einen abgerundeten rauhen Rücken zur Verbindung mit einem anderen Theile desselben Knochenstückes; seitlich und nach aussen -c- bildet er ein schuppen- förmiges Knochenblatt zur Verbindung mit dem os ethmoideum und ragt auch damit frei nach aussen hervor; nach hinten endet er -d- in einen breiten Saturtheil, der mit seiner unteren glatten, concaven Fläche den Gaumen mit bilden hilft, auf der oberen- convexen Fläche mit einer mittleren rinnenförmigen Portion -f- an das Keilbein, vorne -e- an das Mittelstück des Riechbeines, seitlich -g- an das Gaumen- bein sich anheftet. Anm. Bei Polypterus zeigt der Vomer gar keine Aehnlichkeit mit der eben beschriebenen Form; über ihn wird im Nach- trage gehandelt. Auch bei Mornyrus duldet er seiner Schmächtigkeit wegen kaum einen Vergleich mit der be- schriebenen Form. 6. Das Riechbein, os ethmoideum**) (mihi) ist unpaarig und be- *) Andere Forscher würden diesen Knochen os eihmoideum genannt haben, Diese, so wie die folgenden mir eigenthümliehen Deutun- gen werde ich im Nachtrage zu rechtfertigen suchen. **) Von anderen würde dieser Knochen als Thränenbein gedeutet worden seyn. Meiner Ansicht nach fehlt dem Gymnarchus das Thränen- bein ganz und Mormyrus hat vielleicht nur eine Spur davon. 217 steht aus einem mittleren Theile, dem Körper, und aus seitlichen Flügeln. Der Körper -a- ist dick, etwas zylindrisch, hohl, nach vorne mit vier durch stabförmige Scheidewände von einander ge- trennte Oeffnungen ausmündend, wovon die zwei seitlichen am gröss- ten, die obere die mittlere und die untere die kleinste. Nach hin- ten ist eine mittlere, ovale, grosse Oefluung, auf welcher oben zwei seitliche kleinere sitzen. Der jederseits nach aussen und unten ge- richtete Flügelfortsatz -b- ist sehr dünn und schuppenförmig. Anm. Ueber ein os ethmoideum bei Polypterus werde ich im Nachtrage sprechen. Bei Mormyrus ist es paarig, jeder- ‚seits ein ovales, höchst zartes muschelförmiges, auf die zierlichste Weise siebartig durchbrochenes Knochenstück. Die beiden Stücke aber werden oben durch einen dicken Knorpel mit einander vereiniget und dieser scheint dem Körpertheile des Riechbeines des Gymuarchus zu ent- sprechen. 7. Der Nasentheil des Stirnbeines, pars nasalis ossis frontis *) (mihi) zeigt sich sehr schmal und lang, oben convex, vorne für die Articulation mit dem Zwischenkiefer verbreitert und verdickt, nach hinten nimmt er an Breite zu, wird aber dünner, schalig, unten con- cav und durch eine Längsspalte in zwei Hälften getheilt, auf wel- chen die eigentlichen Stirnbeine liegen. Anm. Bei Polypterus wird dieser Knochen durch zwei ziem- lich viereckige Platten vorgestellt (Nachtrag). Bei Mor- myrus oxyrhynchus besizt er in der Totalform viele Ueber- einstimmung. mit Gymnarchus, aber er ist vorne am dünn- sten und nach hinten wird er allmählig dicker. Au seiner hintersteu- Portion zerfällt er in einen mittleren eylindri- schen Körper und in seitliche dreieckige Flügel, die gleich dem Riechbeine siebartig durchbrochen sind und vielleicht als Andeutung von Thränenbeinen gelten könnten. Bei M. dorsalis bleibt die Form dieses Knochens dieselbe, nur ist er sehr kurz und zusammengeschoben. *) Dieser Knochen hiesse bei andern Forschern Riechbein. Abhandlungen. d II. Cl. d, k. Akad. d. Wiss, V. Bd. I. Abthl. 28 218 8. Das eigentliche Stirnbein, pars frontalis ossis frontis ist sehr lang und sehr schmal, nach vorne -a- spitzig zulaufend, hinten -b- verbreitert, nach aussen mit einem dicken Orbitalrande versehen, nach innen -d- dünn und schuppenförmig: Der hintere breite Theil zieht sich -e- in einen nach aussen tretenden F'ortsatz aus, welcher als hinterer oberer Augenhöhlenrand angesprochen werden kann. Am Orbitalrande -e- ist ein geräumiger Kanal für den Stirnnerven, welcher -f- eine lange Strecke hin nach oben offen steht. Anm, Viele Aebnlichkeit findet sich an dem entsprechenden Knochen bei Mormyrus (besonders oxyrhynchus), nur ist der Augenhöhlenrand nicht gerade, rund und dick, sondern zugeschärft und an der hintern Hälfte mit nach aussen her- vortretenden, dünnen, scharfkantigen, spitzigen Fortsätzen versehen. Bei Polypterus herrscht keine Aehulichkeit an diesem Theile. 9. Das Scheitelbein, os parietale hat eine rhombische Form, eine obere convexe, eine untere concave Fläche, eine -a- vordere innere sehr lange Ecke, eine hintere äussere scharf zugespizte Ecke; die beiden anderen Ecken sind abgerundet. Der hintere Rand besizt eine starke Ausschweifung. Anm. Bei Mormyrus ist das Scheitelbein mehr nach aussen gewölbt, vorne breiter; sonst aber mit der gegebenen Be- schreibung harmonirend. Bei Polypterus findet sich auch hier keine Aehnlichkeit. 10. Das Zwischenscheitelbein, os interparietale bildet eine rechts und links am Hinterkopfe hervorstehende, fast Rosenstockartige, stumpfe konische Ecke, krümmt sich etwas nach unten und aussen, ist inwendig grösstentheils bohl, zum Theile mit spongiöser Masse ausgefüllt und lässt aussen an sich die scapula ansitzen. Anm. Ganz anders ist dieser Knochen bei Polypterus, wo er wie im Nachtrage gezeigt wird, die Form des Scheitelbei- nes nachahmt. Mehr Aehnlichkeit findet sich bei Mormy- rus oxyrhynchus sowohl als bei dorsalis. Bei ersterem ist 219 der betreffende Knochen mehr wie die Hälfte eines der Länge nach getheilten Kegels mit der Convexität nach aussen gekehrt und an dieser mit der Form der äusseren Fläche des Interparietalknochens von Gymnarchus sehr übereinstimmend. Bei M. dorsalis äbnelt er mehr einem breitgedrückten Hacken. 11. Die pars squamosa des Schläfenbeines gleicht einem nach hinten offenen Halbringe, dessen breiter aber kürzerer oberer Schen- kel -a- am Scheitelbeine anliegt; mit dem unteren schmaleren Schen- kel -b- artikulirt er an dem Quadratbeine und den Kiemendeckeln. Ein unterer stark zugespitzter kurzer Fortsatz -c- ragt über das Quadratbein frei hervor, ein langer, schmaler vorderer Fortsatz -d- legt sich auf das Quadraibein, In dem unteren Schenkel liegt ein Knochenkanal, der an der innern Fläche des breiten Mittelstückes frei und nach oben gerichtet sich öffnet. Dieser Knochen bildet grösstentheils den oberen, ganz den inneren und unteren Rand der äusseren Gehöröffnung. Anm. Auf ganz ähnliche Weise ist derselbe Knochen bei Mor- myras gestaltet, nur sind alle seine Theile, besonders das Mittelstück, breiter. Er begränzt auch bei dieser Gattung den grössten Theil der äusseren Gehöröffuung. Bei Polyp- terus bieten alle Theile des Schläfenbeines ganz andere Formen. 13. Die pars occipitalis des Hinterhauptbeines ist etwas schup- penförmig, fast herzförmig nach unten schwach zugespizt, nach aus- sen gewölbt, innen concav ohne spina, nur mit einer sehr schwach angedeuteten, in der Mitte unterbrochenen Längsleiste versehen. Sie besteht dentlich aus einer äusseren und inneren Knochentafel, zwi- schen welche Diploe (besonders seitlich und unten) einlagert. Anm. Bei Mormyrus ist dieser Theil durch eine fast recht- winklige Beugung in eine obere und untere Portion ge- schieden. Auf der oberen Portion erhebt sich eine ansehn- liche frei nach hinten in einen Stachel auslaufende Leiste; 28* 220 die untere Portion ist sehr dick, mit viel Diploe versehen. Die Totalform ähnelt aber der bei Gymnarchus. Auch hier lässt Polypterus keinen Vergleich zu. 12. Vor der äusseren Gehöröffuung liegt ein Gehördeckel, den man vielleicht mit den äusseren Gehörgangknochen mancher Säuge- thiere, z. B. des Bibers vergleichen könnte. Er ist oval, dünn, schalig, nach aussen gewölbt, und schliesst die äussere Gehöröff- nung vollkommen zu. Anm. Bei Mormyrus *) ist dieser Theil mehr dreieckig gestaltet, sonst aber in jeder Hinsicht obigem analog. Bei Polypterus fehlt ein ähnliches Gebilde ganz, wenn man nicht etwa die kleinen Zwickelknochen, welche zwischen die Kiemen- deckel und die Knochen des Schedelgewölbes eingescho-, ben sind, hieher beziehen will. 14. Der Gelenktheil des Hinterhauptsbeines zeigt sich an der äusseren Fläche -14a- gewölbt und durch eine nach aussen und unten laufende Leiste in eine obere und untere Portion getheilt. Sein oberer Rand -a- verbindet sich mit der pars oceipitalis, die obere Hälfte des innern Randes mit der pars condyloidea der ande- ren Seite, die untere Hälfte dieses Randes -c- begreuzt das fora- men magnum, der untere innere Rand -d- legt sich an die pars ba- silaris, die innere Hälfte des unteren Randes -f- an den seitlichen Theil der pars basilaris, die äussere Hälfte -g- an die pars petrosa. An den oberen äusseren Rand -h- legt sich das os interparietale und die scapula an. Der vordere Rand -i- vereiniget sich mit dem unteren Schenkel der pars squamosa (11. b.). Nach aussen von *) Heusinger hat in Mekels Archiv Jahrg. 1326 S. 324. eine Angabe über das Gehörorgan des Mormyrus cyprinoides niedergelegt, wo er diesen Knochen als pars squamosa deutet. Dieser Irrthum konnte sich leicht bei ihm einschleichen, da er den Schedel nicht zerlegte. 221 dem foramen magnum beobachtet man noch ein auselhnliches foramen condyloideum -e-. Die innere Oberfläche dieses Knoclenstückes -14. b.- ist im Ganzen concav, in ihrer Mitte aber mit einer grossen, dünnwandigen Knochenblase -k- für einen Fortsatz des Vestibulum versehen. Ausserdem wird der Knochen an seinen diekeren Stellen mit eigenwandigen, cylindrischen Knochenkanälen für Gefässe und Nerven durchzogen. Anm. Im Wesentlichen zeigt dieses Knochenstück bei Mormy- rus dieselben Gestaltverhältnisse und Verbindungen, nur ist auf der inneren Fläche statt einer Blase eine halbku- gelige Vertiefung zugegen. Mit Polypterus ist auch hier kein Vergleich anzustellen. 15. Die pars basilaris des Hinterhauptsbeines zerfällt von in- nen betrachtet in den Körpertheil -a- und in den Suturentheil -b-. Ersterer ist etwas ausgehöhlt, nach vorne dreieckig und platt, nach hinten am Gelenke am dicksten und walzenförmig. Der Suturen- theil erscheint gleichfalls ziemlich dreieckig, sehr dünn, schuppen- artig und schiebt sich unter den Keilbeinkörper hinein. Nahe am Gelenke führt -c- seitlich eine Oeffnung in einen kurzen Kanal als Fortsetzung eines Kanales in der pars condyloidea. Die untere Fläche ist platt, breit convex. Anm. * Bei Mormyrus ist der Körpertheil dieses Knochens eben so gestaltet, der Schuppentheil ist aber sehr schmal, ver- hältnissmässig sehr lang, oben rinnenförmig ausgehölt nach vorne scharf zugespizt. Die untere Fläche ist schmal in eine stark hervorragende, aus zwei Lamellen zusammenge- sezte Knochenleiste umgewandelt, die sich durch den gan- zen Suturentheil fortsezt. Polypterus ist auch hier in jeder Hinsicht anders beschaffen, 16. Der Keilbeinkörper ist lanzenförmig, durch eine seitliche Einkerbung -a- in eine vordere kleinere und grössere hintere Hälfte abgetheilt, sehr breit, besonders an seiner hinteren Hälfte, Jäuft nach 222 vorne in zwei nebeneinanderliegende lange, schmale, scharfe, nach hinten gleichfalls in zwei, aber breite, Spitzen aus. Die hintere Hälfte bat eine innere convexe und eine äussere coucave Fläche, die vor- dere Hälfte aber ist aussen convex und innen concav. Auf der hin- teren Hälfte sizt die untere Portion der ala magna -b- fest ange- wachsen auf, welche in einem beckenförmigen mit dem hinteren dicke- ren Theile aufwärts gebogenen, nach vorne immer niederer werden- den Kuochenstücke besteht, und jederseits von einem ovalen Loche -c- durchbohrt wird. Durch die ungewöhnliche Breite bildet der Keilbeinkörper einen nach oben ganz geschlossenen Gaumen, indem er sich vorne in den vomer, hinten in die pars basilaris des Hinter- hauptsbeines hineinschiebt und seitlich mit dem Quadratbeine in Ver- bindung tritt. Dadurch grenzt er aber auch Maulhöhle und Augen- höhle vollkommen von einander ah. Anm. Bei der Gattung Mormyrus ist dieser Theil sehr ver- schieden gebaut. Bei M. oxyrhynchus ist er eine sehr lange, schmale Rinne, an welcher in der hinteren Hälfte flügelförmige dünne, zum Theile siehförmig durchbrochene Fortsätze als untere Portionen der alae magnae heraustre- ten. Die untere Fläche ist in eine scharfe Kante umge- bildet, welche in der vorderen Hälfte grösstentheils brei- ter und mit bürstenförmigen Zähnchen besezt wird. Bei M. dorsalis besteht die hintere Hälfte dieses Knochenstückes in einer schmalen kurzen nach hinten spitzig zulaufenden Knochenriune; die vordere, weit grössere Hälfte aber ist dreieckig mit der Spitze nach vorne gerichtet, breit, sehr dick und massiv. Die ganze untere, etwas concave Fläche desselben ist mit 130 kugligen Zähnchen besezt; an dem Rande des breitesten Theiles erheben sich jederseits zwei schuppenförmige Fortsätze als untere Portionen der alae magnae. Bei beiden Arten aber legt sich das Quadratbein an den Körper des Keilbeines an und schliesst Augen- höhle und Maulhöhle von einander ab, jedoch so vollkom- men nicht, als diess bei Gymnarchus der Fall ist. Eine vollkommene Sonderung dieser beiden Höhlen findet sich aber bei Polypterus, und auch hier wird sie dadurch zu- 223 stande gebracht, dass Keilbeinkörper, Quadratbein und os pterygoideum enge aneinander schliessen, um ‚einen schön gewölbten, continujrlichen knöchernen Gaunen zu bilden. Der Keilbeinkörper dieses Fisches hat selbst einige Aehn- lichkeit mit dem von Gymnarchus, nur ist er, mit Ausnahme der vorderen Hälfte, in allen Theilen mehr in die Länge gezogen, 17. Die obere Portion der ala major ossis sphenoidei legt sich mit -a- der oberen oder horizontalen Portion an das Stirnbein, der untere Rand der unteren oder perpendikulären Portion -b- steht auf dem festgewachsenen Theile der ala magna des Keilbeinkörpers (16. b.); der hintere Rand -c- stösst an die pars petrosa und der vordere an die ala minor. Anm. Bei Mormyrus verhält sich dieser Theil so ziemlich auf dieselbe Weise. Bei Polypterus ist er in einer ganz an- deren Form entwickelt und tritt nur wenig nach oben hervor. 18. Die ala minor hesteht jederseits in einem länglich 'vier- eckigen Knochen von beträchtlicher Dicke, besonders an seinem oberen Theile verbreitert und an der äusseren Fläche etwas concav. Ihre Verbindungen sind aus der Abbildung ersichtlich. Anm. Bei Mormyrus ist dieser Knochen völlig analog gebaut. Bei Polypterus aber sind beide alae minores durch eine Art vorderen Keilbeinkörpers mit einander vereiniget, sonst auch länglich viereckige Kuochen. 19. Die pars petrosa des Schläfenbeines wird nach aussen von der pars squamosa und dem Gehördeckel gänzlich zugedeckt. Sie zerfällt in einen -a- horizontalen und -b- perpendikulären Theil. Ersterer ist an der hinteren Hälfte sehr breit, hilft den vollkomme- nen ‚Schluss des Gaumens herstellen, indem er sich zwischen os quadratum, corpus ossis sphenoidei, pars basilaris und pars condy- loidea des Hinterhauptbeines ausbreitet; die vordere Hälfte ist be- 224 deutend schmäler; die untere Fläche glatt. Auf der Mitte der obe- ren oder inneren Fläche der breiteren hinteren Hälfte findet sich eine sehr geräumige randliche Grube für das vestibulum. Von dem vorderen, inneren und hinteren Rande der Grube erhebt sich die pars perpendicularis in Form eines kleineren vorderen und hinteren grös- seren breiten Bogens. Leztere grenzen an die ‚grossen Keilbein- flügel und den Schuppentheil des Schläfenbeines und ragen mit der äus- seren Fläche in die äussere Gehöröffnung herein, in welcher bei dem grösseren Bogen bei -c- der äussere Fortsatz des vestibulum mit dem schwimmblasenartigen Organe anliegt. Anm. Bei Mormyrus ist dieser Knochen kürzer und dicker, sonst aber im Wesentlichen gauz ähnlich gebaut; ähnlicher bei M. dorsalis als bei oxyrhynchus. Bei Polypterus dul- det dieser Knochen keinen Vergleich mit der beschriebe- nen Form. 20. Das hintere Stück des os quadratum ist länglich, ziem- lich schalig; mit dem breiten oberen Rande -a- sizt es an dem un- teren Schenkel der pars squamosa ossis temporum (11. b.) und vorne an dem oberen Ergänzungsstücke des os quadratum an. Hier ist es mit einem Loche -b- für den Durchgang des nervus facialis versehen. Die obere Hälfte -c- des vorderen Randes verbindet sich mit dem vorderen Stücke des os quadratum, die untere Hälfte die- ses Randes -d- bleibt frei und begrenzt ein ovales grosses Loch zwischen Quadratbein und Kiemendeckel. Der untere -e- legt sich an das praeoperculum. Anm. Ganz ähnlich ist dieses Knochenstück bei Mormyrus, nur etwas breiter und derber, ganz anders aber bei Polypterus beschaffen. 21. Unteres oder vorderes Stück des os quadratum. Ein ziem- lich länglich viereckiger Knochen von ansehnlicher Dicke, welcher nach vorne -a- den Gelenkkopf für den Unterkiefer und nach oben einen -b- schuppenartigen Fortsatz für die Insertion des Gaumen- 225 beines bildet. Ausser diesem verbindet es sich noch mit dem Er- gänzungsstücke, dem oberen Stücke des os quadratum und dem vorderen Kiemendeckel. Anm. Bei Mormyrus ist der zur Insertion des Gaumenbeines dienende Fortsatz grösser, über dem Gelenkkopfe nach vorne stehend ; sonst aber zeigt sich keine Verschiedenheit. Bei Polypterus ist der Gaumenbein-F'ortsatz noch grösser, der ganze Knochen kürzer, nähert sich aber dabei der Form, die er bei Mormyrus zeigt. 22. Das Ergänzungsstück des os quadratum, eigentlich os ptery- goideum ist Jänglich, schalig, stelt mit dem Vomer und Keilbeinkörper in Suturenverbindung und trägt zur vollkommenen Abschliessung der Maul- und Augenhöhle wesentlich hei. Anm, Bei Mormyrus ist es breit, dünn, dreieckig, schuppen- förmig, legt sich nur an den Keilbeinkörper an, ohne Sutu- ren zu bilden. Bei Polypterus hilft es auch die Continui- tät des knöchernen Gaumens herstellen, jedoch auf ganz andere Weise. } 23. Das Gaumenbein erscheint verhältnissmässig klein, etwas dreieckig, am freien Rande -a- am dicksten, nach hinten in zwei schuppenförmige, zur Verbindung mit dem Gelenkstücke des Quadrat- beines dienende Fortsätze, nach vorne und oben:in einen -b- schma- len, stachelartigen Fortsatz auslaufend, welcher sich mit dem Vomer verbindet. : Aum. Merkwürdige Verhältnisse zeigt dieser Knochen bei Mor- myrus. Bei M. dorsalis -23. A.- hat er ziemlich die eben beschriebene Gestalt, nur ist der nach vorne gerichtete stachelförmige Fortsatz stärker, ‚breiter und von den schup- penförmigen Fortsätzen nur einer entwickelt. Bei M. oxy- rhynchus bildet der vordere Fortsatz eine lange schmale, dünne, etwas einfach spiral gedrehte Lanze, während der hintere Schuppenfortsatz in drei Fortsätze gespalten auf- tritt -23 B-. Bei Polypterus herrschen ganz andere Ver- hältnisse. Abhandlungen d. IL, Cl. d. k, Akad. d. Wiss. V. Bd. I. Abthl. 29 226 24—27. Das Unterkiefer wird von vier Knochenstücken zu- sammengesezt. Das erste -24- der Körpertheil, ist dick, breit, lang- gezogen, ziemlich dreieckig, bogig, oben mit 'einer tiefen Rinne zur Aufnahme von 14 Zähnen, am unteren Rande mit einer ähnlichen Rinne für Gefässe versehen. Das zweite -25- Winkel-Gelenkstück, ist dreieckig, bildet den stark hervorspringenden angulus mandibulae und die untere Hälfte der Gelenkfläche für das os quadratum. Das dritte -26- oder obere Gelenkstück liegt an der Innenseite des vo- rigen, daher von aussen nicht und nur von innen sichtbar, ist ein dicker, unregelmässig viereckiger Knochen, welcher die obere Hälfte der Gelenkfläche und die hintere Grenze des Unterkieferkanales bildet. Dieses Stück erinnert lebhaft an ähnliche Formen bei Am- phibien. Das vierte -27- oder Ergänzungsstück ist ziemlich schmal und lang, etwas dreieckig gestaltet, sizt auf dem oberen Rande des Winkelstückes und des oberen Gelenkstückes, bildet den oberen Schluss des Unterkieferkanales, sowie einen Theil seiner inneren Wand und entspricht dem processus coronoideus. Gleichfalls eine amphibienartige F'orm. Anm. Im Unterkiefer zeigt Morınyrus eine gewaltige Abwei- chung von Gymnarchus, Polypterus dagegen eine desto grös- sere Annäherung. Bei ersterem besteht die Mandibula aus den gewöhnlichen drei Stücken: dem Körper, Gelenk- und Winkelstücke, dabei sind alle drei sehr schwach, schmal und dünn. Bei Polypterus besteht dieser Knochen aus dem Körper, dem Asttheil oder Winkelstück, dem Gelenk- stücke, welches aber allein das ganze Gelenk bildet, und dem Kronenfortsatze. Letzteres hat dieselbe Lage und Be- deutung wie bei Gymnarchus, nur ist es von viel grösserer Ausdehnung. (Die kleinen, mit Zähnen besezten Schleim- hautknochen am vorderen Theile des Körpers dürften zum Skelete nicht zu rechnen seyn). *) *) Merkwürdig ist es jedenfalls, dass bei oft systematisch nahe verwand- ten Fischen sehr grosse Verschiedenheit im Baue der Mandibula vor- 227 28. Der vordere Kiemendeckel, praeoperculum, besteht aus ei- ner kurzen breiten perpendikulären und aus einer langen schmalen, nach vorne ganz spitzig zulaufenden horizontalen Portion. Auf lez- terer läuft eine stark hervorspringende Knochenleiste als Gewölb eines unter ihr liegenden Halbkanales, Der perpendikuläre Theil zerfällt in einen vorderen und hinteren Fortsaz. Der vordere ist eylindrisch, eigentlich nur ein Knochenkanal, der unten in den vor- hin angegebenen Halbkanal mündet; der hintere ist breit, schuppen- förmig. Anm. Auch bei Mormyrus unterscheidet man eine perpendiku- läre und horizontale Portion, aber erstere ist länger und schmäler als leztere, ausserdem einfach, aber doch auch mit einem der Länge nach im vorderen Rande laufenden Kanale versehen, Bei Polypterus sind ganz andere Ver- hältnisse in den Kiemendeckeln überhaupt. 29. Der grosse Kiemendeckel, operculum, ist läuglich, ziemlich schmal und dünn, im Ganzen schalig gebaut. Anm. Bei Mormyrus ist er fast eben so breit als lang, fast dreieckig gestaltet. 30. Der Zwischenkiemendeckel, interoperculum, stellt sich als ein kleiner an die vordere untere Spitze des operculum angehefte- ter ziemlich dreieckiger Knochen dar. Anm. Bei Mormyrus hat er die Form eines schmalen langge- streckten Dreieckes. kommt, wie z, B. bei Chaetodon, wo sie bei den einen aus den ge- wöhnlichen drei Knochen, welche in der bekannten Weise in einan- der eingreifen, besteht, während sie bei anderen eine wahre Artiku- lationsverbindung zwischen Körper und Aststück zeigt. Bei anderen einander oft ferne stehenden Gattungen kommt dagegen in diesem Knochen grosse Verwandtschaft vor, z. B. Citharinus und Mugil. 29* 228 31. Der untere Kiemendeckel, suboperculum, erscheint ver- hältnissmässig sehr lang, sehr dick, ziemlich schmal. Ann. Dieselbe Form und Ausdehnung zeigt dieser Knochen auch bei Mormyrus. 32. Der Augenring wird von mehreren längeren und kürzeren dünnen Knochen, die zu Halbkanälen zusammengebogen sind, zusam- mengesezt und inserirt sich vorne an dem nasemuschelartigen Kno- chen, hinten an die pars squamosa des Schläfenbeines. Anm. Lage und Insertion des Augenringes sind bei Mormyrus ebenso, aber die Zahl der Glieder desselben ist geringer, dafür sind sie aber länger und meistens breiter. Po- Iypterus hat nichts Aehnliches. 33—35. Zumgenbein. Der Körper des Zungenbeines ist ziem- lich massiv und lang, hat einen -a- nach vorne in die sehr fleischige breite Zunge eindringenden Griffelfortsatz und einen -b- hinteren lamellenartig verbreiterten Fortsatz. Die Gelenkfläche -c- für das grosse Horn ist hervorstehend.. Das vordere Stück des grossen Hornes ist -34- in der Mitte walzenförmig, vorne in das Gelenkende angeschwollen, hinten in einen Suturentheil verbreitert, welcher sich in -34*- das hintere Stick des grossen Hornes hineinschiebt. Lezte- res ist ziemlich viereckig, dick. -35- Kleines Zungenheinhorn,. ein länglicher, ziemlich eylindrischer Knochen. Beide kleine Hörner stossen mit ihrem vorderen Theile an einanger, nach hinten divergi- ren sie. Anm. Ganz anders und eigenthümlich ist das Zungenbein bei Mormyrus gebaut. Der Körper besteht aus drei untereinan- der liegenden Knochen. Der obere ist bei M. oxyrhynchus -36 A- sehr lang und schmal, an der oberen Fläche mit bürstenförmigen Zähnchen besezt und gleicht ganz dem gegenüberliegenden Theil des Keilbeinkörpers. Das Mit- telstück -33. A- ist ein längliches, prismatisches schwam- miges Knochenstück, an seiner Oberfläche überall mit Lö- chern durchbrochen. Ihm sitzen seitlich -cC- die grossen 229 Hörner an, vorne -a- steht es mit der Zunge in Verbin- dung. Das dritte untere, Stück -33 A*- gleicht in einiger Hinsicht dem Körper des Zungenbeines von Gymnarchus; man unterscheidet an ihm einen langen prismatischen Fort- salz, auf welchem das Mittelstück ruht, und eine breite -b- nach hinten ragende, perpendikulär stehende Knochenplatte. Das grosse Horn gleicht dem von Gymnarchus, nur. sind die beiden es zusammensetzenden Stücke kürzer, gedrun- gener, dicker. Im Ganzen ist das Zungenbein eben so bei M. dorsalis, nur der obere Knochen des Körpers ist, da er auch hier die Form des ihm gegenüberstehenden Theiles des Keilbeinkörpers nachahmt, breit, dreieckig, massiv, an der freien Fläche mit 74 kugligen Zähnen besezt. Die übrigen Bestandtheile des Zungenbeines sind wie bei M. oxyrhynchus nur zusammengeschobener, kürzer und dicker *). Polypterus bietet ganz andere Formen. 34, Kiemenstrahlen zählt man jederseits vier. Sie sind ziem- lich lang, in ihrer ganzen Ausdehnung fast gleich dick, etwas mas- siv. Der zweite ist der längste, der vierte der kürzeste, Anm. Mormyrus hat fünf Kiemenstrahlen, die verhältnissmässig ii Jänger und schmäler sind als bei Gymnarchus. Hier ist der vorderste der kürzeste, der vierte der längste, der fünfte der massivste und so lang wie der zweite. Polypterus besizt kein ähnliches Gebilde. Bei aller Verschiedenheit im Baue des Zungenbeines zwischen Gym- narchus und Mormyrus lässt sich vielleicht doch einige Analogie nachweisen. Der obere Knochen des Zungenbeinkörpers bei Mor- myrus scheint den kleinen Zungenbeinhörnern des Gymnarchus zu entsprechen und in ihm nur ein ähnlicher Wechse] in dem Grössen- Verhältnisse ausgesprochen zu seyn, wie bei manchen Säugethieren. Der mittlere Knochen des Zungenbeinkörpers des lezteren entspricht wohl dem mittleren Theile des Körpers des Zungenbeines des erste- ren nebst dem nach vorne gehenden griffelförmigen Fortsatze, wäh- rend der untere Knochen offenbar die hintere verbreiterte Hälfte des Zungenbeinkörpers des Gymnarchus repräsentirt, 230 35. Wo das Extremitätengerüste an das Hinterhaupts- und In- terparietalbein angefügt ist, legt sich auf die äussere Seite dieser Gelenkverbindung ein kleiner, etwas kreuzförmiger Knochen, in dem ein Kanal läuft. Er entspricht ganz den knöchernen Kanälen, welche häufig bei auderen Fischen und oft in grosser Ausdehnung, vor- kommen *). Anm. Bei Mormyrus ist dieser Knochen auffallend gross sichel- förmig, nach oben und vorne gerichtet, aber an seiner brei- ten Basis auch mit dem Kanale versehen. 36. Das Schulterblatt hat, wie die Extremitätenknochen die- ses Thieres überhaupt, keine bedeutende Grösse, ist oben walzen- förmig, verbreitert sich von oben nach abwärts schnell und zeigt einen vorderen dicken runden und einen hinteren dünnen scharfen Rand. Anm. Bei Mormyrus ist im Wesentlichen die Scapula ebenso, nur ragen an dem hinteren Rande ihrer oberen Hälfte noch zwei sehr breite, dünne, lamellenartige Fortsätze nach hin- _ ten. Bei M. dorsalis sind diese Fortsätze kleiner. 37. Die vordere Olavicula ist bogig, ziemlich schmal, dreikan- tig, oben gabelig in zwei kurze, breite, stumpfe Fortsätze gespalten: in einen dünneren und längeren vorderen, und in einen hinteren, kür- zeren breiteren. Anm. Sehr grossartig entwickelt tritt dieser Theil hei Mor- myrus auf. Im Ganzen auch hogig gestaltet, besteht er eigentlich ohne Körper aus drei dünnen, breiten mit Lö- ehern verschiedener Grösse durchbrochenen Kanten. Der hintere Fortsatz des oberen Endes ist gewaltig gross, flü- gelarüig verbreitert, aber ganz dünn und durchscheinend. 38. Die hintere Clavicula besteht aus einem ziemlich breiten in seiner Mitte von einem runden Loche durchbohrten, dreieckigen *) Dieser Knochen wird auch wohl als oberes Schulterblatt gedeutet wer- den können. 231 Blatte, welches nach vorne in einen langen, sehr feinen Stachel ausläuft, der sich an die innere Kante des vorderen Schlüsselbeines anstemmt. Anm. Bei Mormyrus zeigt sich dieser Knochen viel länger, breiter, sehr dünn, im Wesentlichen aber ebenso gestaltet. Bei alten Exemplaren verwächst er mit dem vorderen Schlüsselbein. 39. Das Oberarmbein ist bei der äusseren Ansicht der Ex- tremität nicht sichtbar; es liegt hinter der hinteren Clavicula und den Handgebilden und besteht in einem sehr kleinen, dünnen Kno- chenbogen, der sich mit seinen etwas angeschwollenen Gelenkenden zwischen die beiden Claviculae stemmt. Seine Convexität ist nach innen gerichtet. Anm. Bei Mormyrus erscheint dieser Knochen wieder in der nämlichen Lage und Grundform, aber ziemlich gross und besonders an den Enden sehr verbreitert. Das untere Ende zumal läuft nach vorne in eine dünne, durchsichtige, an ihrem freien Rande mit langen Spitzen versehene Lamelle aus. 40. Der Vorderarmknochen, ein kleines, etwas halbmondför- miges, dickliges Knochenplättchen ist vor dem Humerus zwischen beide Claviculae eingelegt. Durch ein Loch in ihm ist die Abthei- lung in eine grössere und kleinere Portion -ulna ‚und radius- ange- deutet. Anm. Ganz so, nur in allen Theilen viel grösser existirt die- ser Knochen bei Mormyrus. 41. Mittelhandknochen sind ihrer drei zugegen, alle sehr klein, von aussen nach innen rasch an Grösse abnehmend. Der äussere ist länglich viereckig, platt gedrückt, die beiden anderen sind wal- zenförmig. Auf ihnen sitzen 10 Flossenstrahlen als fingerartige Ge- bilde auf, welche an ihrer Basis nach innen und aussen mit haken- förmigen Fortsätzen versehen sind, 232 Anm. . Völlige Uebereinstimmung zeigt Mormyrus auch hier wieder, nur siud alle Theile grösser und neben den klein- sten Mittelhandknochen noch einige kleine, würfliche Kno- chen angefügt, die wahrscheinlich bei alten Exemplaren von Gymnarchus auch nicht fehlen. Flossenstrahlen sind be- kauntlich zahlreicher. Von anderen Fischen zeigen noch zwei Gattungen im Schedel- baue Aehnlichkeit mit Gymnarchus, nämlich Muraena und Gymnothus. Bei Muraena stimmt die Totalform des Kopfes sehr mit der des Gymnarchus überein und auch die Ansicht des Sche- dels von oben hat wegen der Schmalheit der Stirnbeine und ziemlichen Verbreiterung des Schedels hinter denselben viele Aehnlichkeit. In der Form und selbst Lage der einzelnen Knochen, vorzugsweise an der Basis des Schedels finden sich jedoch die grössten Abweichungen. Merkwürdig und lebhaft an Gymnarchus erinnernd sind aber folgende Theile. Ein ziemlich viereckiger Kno- chen über dem vorderen Theile des oberen Gelenkendes des os qua- dratum, an die pars squamosa durch Suturenverbindung geheftet, dürfte an den Deckel auf der äusseren Gehöröffnung bei Mormyrus und Gymnarchus erinnern. Das Nasenbein ist, freilich wie bei noch vielen anderen Fischen, ähnlich dem des Gymnarchus. Die Man- dibula zeigt darin Annäherung, dass sie aus dem Körper, einem Aste, der Winkel- und Gelenkstück zugleich ist, und aus einem kleinen Ergänzungsstück, das dem processus coronoideus entspricht, zusammengesezt wird. Gymnotus ähnelt dem Gymnarchus eigentlich nur in so ferne, als er Verwandtschaft mit Muraena hat. Die Stirnbeine sind. noch schmäler, und die plötzliche ausserordentliche Verschmälerung des Schedels am vorderen Ende des Gehirntheiles ist ganz dem Zitter- aal eigenthümlich. Der Gaumen ist bei lezterem mehr geschlossen als bei dem gewöhnlichen Aale, daher auch dem Gymnarchus ver- wandter. Das mit dem breiten Gaumenbeine vereinigte, ebenfalls 233 sehr breite Flügelbein legt sich mit seiner vorderen Hälfte an die Schedelbasis an, um einen geschlossenen Gaumen zu bilden; seine hintere Hälfte aber entfernt sich wieder und zwischen dieser und dem hinteren Stücke des Quadratbeines bleibt eine weite Lücke. Diese ist jedoch nicht ohne Analogie bei Gymnarchus, den an dem hinteren Stücke seines Quadratbeines -20.b- ist eine nicht unansehn- liche Oeflnung, welche bei Mormyrus noch grösser ist. Das Nasen- bein des Gymnotus ist aalähnlich, der Augenring aber gleicht in Be- ziehung- auf Iusertion und Zusammensetzung ganz dem von Gymnar- ehus. Die Mandibula ist wie bei Muraena zusammengesezt, auch die Knochen der Schedelbasis sind ebenso schmal wie bei lezterer. Aus der bisher angestellten vergleichenden Betrachtung ergibt sich, dass Gymnarchus unter den bis jezt bekannten Fischen sehr isolirt dastehe, dass aber Mormyrus, besonders dorsalis ihm sehr nahe komme. Nächst diesem würde Gymnotus zu stehen kommen. Offenbar aber sind die Sprünge von einer dieser Formen zur ande- ren sehr gross und wahrscheinlich fehlen noch ansehnliche Zwischen- glieder, welche uns die Zukunft liefern wird. Aus der Betrachtung der Weichtheile der bisher angeführten Fische ergeben sich, wie später gezeigt wird, ganz ähnliche Verhältnisse. Die Rumpftheile des Skeletes von Gymnarchus zeichnen sich durch Kleinheit, Zartheit und Zäerlichkeit aus. Die sehr lange Wir- belsäule wird aus hundert und fünfzig kurzen, walzenförmig-runden Wirbelkörpern zusammengesezt, welche in der Nähe des Kopfes sehr kurz aber breiter, fast scheibenförmig sind, nach hinten aber länger und schmäler werden. Gegen die Mitte des Schwanzes verlieren sie auch an Rundung im Querdurchmesser und erscheinen von bei- den Seiten her flach gedrückt. An dem Flossenfreien Theile des Schwanzes laufen sie zulezt so fein aus, wie Schwanzknochen an den feinsten Eidechsenschwänzen, so dass man sie nur mit der gröss- ten Anstrengung noch zählen kann — eine Eigenthümlichkeit, Abhandlungen der I. Cl..d. k. Akad. d. Wiss, V. Bd, I. Abth. 30 234 welche unter allen bis jezt bekannten Fischen keiner mit Gymnar-. chus theilt. Die ganze äussere Oberfläche ‘der Wirbelkörper ist wie eiselirt -42.a- his auf die vorderste und hinterste Portion -b.c.-, welche einen Ring. continuirlicher Knochenmasse vorstellt. Die Län- genfurchen des Mitteltheiles des Wirbelkörpers sind von verschie- dener Grösse, häufig ausserordentlich fein; unter ihnen zeichnen sich aber zwei obere und zwei untere (immer eine rechts und eine links) durch grosse Tiefe und Weite aus. Das obere Paar dieser Gruben -d- dient zur Aufnahme eigenthümlicher: zapfenförmiger Ge- lenkfortsätze des Wirbelbogens, das untere Paar -e- aber zur Auf- nahme ganz ähnlicher Fortsätze der Rippen. An den ersten achzig Wir- beln sind die Bogentheile nie an die Körper angewachsen, sondern beweg- lich mit ihnen verbunden, bestehen aus einem breiten Bogentheile, der durchbrochene, flügelförmige, zarte Fortsätze -f.g.- nach vorne und hinten besizt und unten in einen dicken, zapfenförmigen Gelenkfortsatz -h- en- det, Der von dem Bogentheil für das Rückenmark, umschriebene Raum -i- istoval, ziemlich gross und sein Ende nach oben wird durch feine scharfe gegen einander stehende Ecken -k- der hier breiter wer- denden beiden Bogenhälften bezeichnei. Von da an laufen die Bo- genhälften noch eine Strecke weit nach oben getrennt -I- und ver- schmelzen erst dann zu einem sehr feinen langen und sehr spitzig zulaufenden processus spinosus -m-. An den ersten fünf Wirbeln sind die Bogentheile ganz gespalten und die processus spinosi ge- theilt; an den drei nächsten erscheinen sie schen zum Theile ver- wachsen. An dem ersten Wirbelbogen sitzt nach vorne ein acces- sorischer Bogen an, welcher mit jenem durch Bänder verbunden ist und aus zwei Stücken besteht, die nach unten den ersten Wirhel- körper nicht berühren und oben weit von einander klaffen. Die unteren Dornfortsätze mit ihren Bogentheilen verhalten sich auf ganz ähnliche Weise, wie die oberen. DieRippen, zweiundvierzig an der Zahl, erstrecken sich vom dritten bis dreiundvierzigsten Wirbel, sind sehr schön geschwungen -n-, dabei 235 aber kurz und unten in eine höchst feine Spitze geendet. Oben schwellen sie nur wenig zu einemGelenkköpfchen -o- an, au dieses aber wird durch ein starkes Kapselband noch ein die Artikulation mit dem Wirbelkörper bewerkstelligendes besonderes Gelenkstück -p- geheftet. Dieses ist zapfenförmig, ganz wie das Gelenkstück an dem Wirhelbogen beschaffen und nur darin von diesem verschieden, dass es mit der Rippe artikulirt, lezteres aber mit seiner Bogen- hälfte anchylosirt ist. Man unterscheidet daher auch bei ersterem eine Gelenkhöhle -q- für das Rippenköpfchen und einen Gelenkfort- satz -r- für den Wirbelkörper. Lezterer ist ziemlich fest einge- keilt und hat wohl nur eine geringe Beweglichkeit; die Hauptbewe- gung der Rippe wird immer an dem freieren Gelenke des Rippen- köpfchens statt haben. Die ersten zwölf Rippen sind feiner als alle übrigen und dabei nach aussen und oben gerichtet, während die hinteren wie gewöhnlich nach unten stehen. Die lezte Rippe ist sehr kurz, aber an ihrem Gelenktheile sehr breit. Hinter ihr bilden sich die Knochen, welche bisher Gelenkstücke für die Rippen waren, zu Querfortsätzen der Wirbel um, verlängern sich rasch nach unten und gegeneinander und verschmelzen zu den unteren Dornfortsätzen. Nebenrippen sitzen ihrer zwölf an den Bogentheilen des dritten bis vierzehnten Wirbels. Die erste ist äusserst klein, die übrigen zeigen sich an Grösse ziemlich einander gleich, fein, wie Intermus- eulargräten, nach unten‘ und aussen gerichtet. Die inneren Flossenstrahlen -45- sind ziemlich stark rundlich uach vorne und hinten -a. b- mit zarten, durchsichtigen, Flügelfort- sätzen, nach oben mit einem ziemlich breiten Gelenkkopfe -c- ver- sehen. Auf diesem, durch Kapselbänder mit ihm verbunden liegen ein oder zwei sehr kleine würflige Knochen -46-, welche die äus- seren Flossenstrahlen -47- tragen. Nur die langen, den mittle- ren Theil der Flosse einnehmenden inneren Flossenstrahlen stehen 30 * 236 mit den. Dornfortsätzen in Verbindung, die vorderhalb und hinterhalb gelegenen aber erreichen die Dornfortsätze nicht, sondern enden in einer derben sehnigen Haut,. welche zwischen ihren unteren Enden und den Dornfortsätzen liegt. In Beziehung auf die eben geschilderten Formen an der Wir- belsäule steht unter den bis jezt untersuchten Fischen Gymnarchus fast einzig da. Nur die ächten Häringe haben analoge Bildung aufzuweisen. Bei Clupea (nilotica, finta, harengus, etc.) sind auch die Wirbelbögen mit den Wirbelkörpern nicht verwachsen, sondern bestehen aus zwei seitlichen (am Bauchtheile der Wirbelsäule) ganz von einander ge- trennten Hälften, welche mit einem breiten Gelenkstücke in den Wirbelkörper nach Analogie des Gymnarchus eingekeilt sind. Auch die vorderen Rippen artikuliren bei Clupea ebenso wie bei Gymnar- chus nur mittelbar durch besondere keilförmige, in die Wirbelkörper beweglich eingefügte Gelenkstücke. Die processus spinosi der vor- deren Hälfte des Bauchtheiles der Wirbelsäule sind bei Clupea gleichfalls vollkommen bifidi, aber dadurch eigenthümlich, dass an ihrer Einfügungsstelle in den Wirbel von ihnen fast rechtwinklig nach aussen ein langer Fortsatz entspringt, der die Form und die Bedeutung einer Intermusculargräte hat. Die vorderen sechzehn Rippen erscheinen bei Clupea (nilotica) als eine reine nur abwärts gerichtete Wiederholung der Bogentheile, da ihre Artikulationsweise an den Wirbeln dieselbe ist, und die mit ihrer Gelenkstelle ver- wachsenen Nebenrippen sich wie die eigenthümlichen Fortsätze an den Bögen verhalten. An dem Gelenktheile des Hinterhauptbeines sizt eine ziemlich starke Gräte mit Nebengräte an, welche als Wir- belbogenbildung gleich dem entsprechenden Gebilde bei Gymnarchus betrachtet werden muss. Bei Mormyrus dorsalis sind zwar die Wirbelkörper auch klein und walzenförmig, aber ihre Rundung ist nie so schön gleichmässig 237 und die äussere Oberfläche ist mit unregelmässigen Gruben und Höckern besezt. Bei M. oxyrhynchus sind die Wirbel schon mas- siver von den beiden Seiten ziemlich zusammengedrückt und haben nicht im Entfernten das zierliche Ansehen derer des Gymnarchus. Bei Mormyrus sind die Wirbelbögen mit den Körpern verwachsen, beschreiben einen dreieckigen Raum für die Aufnahme des Rücken- markes, welcher überdiess verhältnissmässig klein ist. An dem Ur- sprunge sind die Bogentheile der ersten S—10 Bauchwirbel analog denen des Gymnarchus mit freilich viel plumperen flügelförmigen Fortsätzen versehen und vereinigen sich nach oben frühzeitiger zu einem ziemlich massiven und langen processus spinosus. An den weiter rückwärts stehenden Bauch- und ersten Schwanzwirbeln sind besonders bei M. oxyrhynchus die Bogentheile einfache, breite, dieke Knochenstäbe und erst nach ihrer Verschmelzung zum processus spinosus bildet sich an diesem ein vorderer und ein hinterer lang- gezogener, einfacher, dünner und scharfkantiger, flügelförmiger Fort- satz aus. An dem bisher betrachteten Theile der Wirbelsäule nimmt aber die Breite eines Bogens nur den dritten bis vierten Theil der Länge des Wirbelkörpers ein und vor und hinter dem Bogentheile entsprossen, ihn gleichsam vervollständigend, dem oberen Theile des Wirbelkörpers scharfe Spitzen und Stacheln. Leztere verschmelzen durch Breiterwerden an den Wirbeln der hinteren zwei Drittheile des Schwanzes mit den eigentlichen Bogentheilen und bilden so für das Rückenmark eine längliche Knochenkapsel, die nach oben ge- schlossen, seitlich siebartig durchlöchert ist, und hinten in einen im- mer kürzer aber immer etwas breiter werdenden processus spinosus ausläuft. Zugleich bildet sich an ihnen ein hinteres und ein vorde- res Paar wahrer processus obliqui aus. Die unteren Dornfortsätze des Schwanzes bei Mormyrus zeigen in jeder Hinsicht dieselbe Beschaffenheit wie die oberen und bilden ganz ähnliche Bogentheile und Knochenkapseln mit Gelenkfortsätzen. 238 Die obere, so wie die untere Knochenkapsel ist mit mehreren klei- neren und grösseren Löchern versehen, durch welcheNerven zu dem elektrischen Organe gehen. Merkwürdig sind bei Mormyrus ein oberes und ein unteres Paar langer, dünner und schmaler. Knochenstäbe, welche die Spitzen der unteren und oberen processus spinosi der nächsten zehn Wirhel hin- ter der Afterflosse zwischen sich nehmen und durch Bandmassen mit ihnen verbunden sind, Diese Wirbel sind aber dieselben, an wel- chen die Kuochenkapselbildung der Bogentheile und die proces- sus obliqui am vollkommensten entwickelt und die processus_ spi- nosi am breitesten sind, dieselben, auf welchen jederseits das elektrische Organ aufliegt und auf lezteres scheinen sich die feinen Konochenstäbe zu beziehen. Vielleicht dienen sie dazu, eine grössere Elasticität des Schwanzes zu bewerkstelligen und das feste Ein- greifen der Wirbel ineinander durch obere und untere processus ob- liqui für die Beweglichkeit unschädlich zu machen *). Die Rippen sind bei Mormyrus lang, ziemlich stark und von ‘dem zweiten bis vierzehnten Wirbel mit breiten Gelenkenden in den Wirbelkörper eingefügt. Weiter rückwärts werden die Rippen schmä- ler und kürzer, sitzen nicht mehr an dem Wirbelkörper, sondern an den von dem sechzehnten Wirbel an sich bildenden unteren Dorn- fortsätzen. Diese Nebenrippen sind dem zweiten bis neunten Wirbel- körper eingefügt und stehen mit den Rippen selbst in keiner Ver- bindung. *) Durch den angegebenen Bau in den Wirbelbögen und Gelenkfort- sätzen scheint die Natur eine möglichste Isolation des Rückenmarkes von den elektrischen Organen, so wie durch die feste Artikulation die Vermeidung von Verrenkung beim Austheilen electrischer Schläge zu bezwecken. 239 In mancher Beziehung lassen sich auch die Wirbel des Polyp- terus mit denen des Gymnarchus vergleichen. Die Wirbelkörper sind auch ziemlich kurz und rund, und besonders an der unteren Fläche mit freilich grossen, breiten Längenfurchen versehen. Aber seitlich haben sie Jange und starke processus transversi und auf der oberen Fläche eine überall geschlossene Knochenkapsel für das Rückenmark. Erinnernd jedoch an Gymnarchus ist, dass wie bej diesem die ganzen Bogentheile, so bei jenem die processus spinosi auf den Wirbeln artikuliren und nicht mit lezteren verwachsen sind; ferner, dass zwischen Hinterhaupt und erstem Wirbel noch ein Wirbelbogen eingeschaltet ist, der sich jedoch nach oben schliesst und auch seinen besonderen processus spinosus trägt. An dem Schwanze bilden die unteren processus spinosi und ihre Bogentheile immer ein Knochenstück, das wie bei Gymnarchus an den Wirbeln artikulirt. Sehr ausgezeichnet steht auf den ersten Blick Polypterus da- durch da, dass an mehr als den vorderen zwei Drittheilen des Bauchtheiles der Wirbelsäule die Nebenrippen sehr stark ent- wickelt auftreten und an den äussersten Enden der processus trans- versi angeheftet sind, während die ihnen entsprechenden wahren un- gemein klein und rudimentär erscheinen und meistens zwischen je zwei Wirbeln angefügt sind. Erst an dem kleineren hinteren Drit- theile der Bauchwirbelsäule verkümmern die Nebenrippen, und jezt erst treten die eigentlichen Rippen in prächtiger S förmiger Schwin- gung immer grösser hervor, während sie an dieser Stelle bei ande- ren Fischen immer kleiner werden und vorne am grössten sind. So sehr auch bei oberflächlicher Betrachtung Polypterus durch seine mächtig entwickelten processus transversi von Gymnarchus sich unterscheidet, so dürfte doch bei lezterem ein Analogon nicht fehlen. Ich halte die zapfenförmigen Gelenkstücke der Rippen des Gymnar- chus (42. p.) für processus transversi, die nur hier ebenso wie bei 240 den Häringen selbstständig wurden und an den Wirbeln artikuliren, wie dieses bei Polypterus an den Dornfortsätzen der Fall ist. An den ersten drei Wirbelu hinter der lezten Rippe ist der Uebergang von den Rippen tragenden Gelenkstücken zu den unteren Dornfort- sätzen durch allmählige Verlängerung und Neigung ersterer nach unten höchst deutlich ausgesprochen. An dem vierten Wirbel sind sie bereits hinreichend nach unten verlängert, dass ihre Spitzen sich zu einem unteren Dornfortsatz vereinigen können. Gymnarchus dürfte durch diese Bildung ein neuer Beweis dafür seyn, dass die unteren processus spinosi bei allen Fischen nur die nach abwärts gerückten und von beiden Seiten her vereinigten processus transversi sind, — ein Beweis der ohnehin unbestreitbar klar vou Bagrus, Pimelodus, Silurus, Lepidoleprus, Mugil geliefert wird, wo man das allmählige Herabrücken der processus transversi mit einer Dentlichkeit verfol- gen kann, die nichts mehr zu wünschen ührig lässt. Für diese Deu- tung sprechen übrigens noch viele andere Fische wie Perca, Sparus, Holocentrus, Zeus etc. Bei den Aalen entfernt sich die Wirbelform weit von der der bisher betrachteten Fische, so dass wohl eine Verwandtschaft mit diesen nicht mehr als mit anderen offenbar noch ferner stehenden Gattungen anzunehmen ist. 241 Nachtrag. Durch die sehr dankenswerthen und allgemein rühmlichst aner- kannten Arbeiten von Geoffroy (description de l’Eyypte), Agassiz (Poissons fossiles T. I.) und Müller (über Ganoiden, dann noch in dessen Archiv 1843. Jahresbericht) sind die anatomischen, besonders osteologischen Details von Polypterus Bichir sehr ausführlich bekannt geworden; aber dennoch scheint mir hie und da ein kleiner Nach- trag zur Anatomie dieses merkwürdigen Fisches wünschenswerth und möglich. Die ‚Deutung der Schedelknochen der Fische, ein Lieblingsge- genstand der Naturforscher dieses Jahrhunderts, beurkundet sich schon durch die grossen Meinungsverschiedenheiten als eine höchst schwierige Aufgabe, deren völlige Lösung erst durch länger noch fortgesezte Forschungen wird errungen werden können. Desswegen möchte auch jeder auf wahre Naturanschauung und ernste Verglei- chung beruhende Beitrag als nicht überflüssig erscheinen und die nachfolgende Betrachtung über den wirklich schwer zu studirenden Schedel des Bichir geneigte Berücksichtigung finden. - Den Irrthum Agassiz über Ausdehnung und Form des Zwischen- kiefers hat zwar J. Müller in den beiden oben angeführten Arbeiten berichtiget, aber nicht vollständig. Der vordere Rand der Schnauze wird von dem paarigen Zwischenkiefer gebildet; zwischen diesem und den von Agassiz und Müller sogenannten Nasenbeinen zählte Müller drei Knochen; ich aber finde ihrer fünf: nämlich in der Mitte das os ethmoideum Müll, aussen jederseits ein Flügelbein Muüll.; zwischen diesen liegt jederseits noch ein Knochen von ziemlich vier- eckiger fast kreuzförmiger Gestalt, dick, plattgedrückt. Mit der un- teren rauhen Fläche verbindet sich dieser Knochen mit dem Zwi- Abhandlungen d. II. Cl. d. k. Akad. d. Wiss. V. Bd. I. Abth. 31 242 schenkiefer; seine obere Fläche liegt frei. Ich möchte ihn als das wahre Nasenbein deuten. Was Agassiz und Müller für Nasenbeine nehmen, wäre dann pars nasalis ossis frontis. Der mittlere Knochen scheint mir nicht os ethmoideum, sondern Vomer zu seyn. Für meine Annahme sprechen folgende Gründe. 1) Am Körper des Keilbeines ist kein Kuochen zu finden, welchen man als Vomer deuten könnte, und doch ist der Vomer überall bei Fischen, wo er an dieser Stelle vorkommt, nie selbst nicht bei alten Individuen mit dem Keilbeinkör- per verwachsen. Bei alten Exemplaren von Brama und Regalacus z.B., wo so gerne Verwachsung in den Schedelknochen eintritt, ist dennoch der Vomer von dem Keilbeinkörper leicht zu sondern. Auch bei einem jüngeren Exemplare von Bichir fand ich keinen Vomer an dem Keilbeinkörper. Dass wie Agassiz meint, Vomer- und Keil- beinkörper in einen Knochen verschmolzen seyen, kommt mir daher nicht wahrscheinlich vor. 2) Die Gaumenplatten der Zwischenkiefer schliessen nicht ganz aneinander und gegen die dadurch gebildete Lücke senkt sich ein kurzer dicker Fortsatz des fraglichen Kno- chens herunter, welcher zugleich eine {heilweise Sonderung der Na-. senhöhlen in rechte und linke bewerkstelliget: 3) Es findet sich aber zwischen den Augenhöhlen ein mit den Geruchsnerven in innig- ster Beziehung stehender Knochen, der eber Anspruch hätte os eth- moideum genannt zu werden. Ausserdem kann ich es nicht verhehlen, dass es mir ein ganz unlogisches und durch Naturanschauung nie zu rechtfertigendes Ver- fahren zu seyn scheint, wenn man das Riechbein über das Nasen- bein hinaus versetzen will. Ersteres muss doch wohl immer dem Gehirne näher liegen als lezteres. Dass das Riechbein bei manchen Fischen gänzlich fehle, dürfte als begründet anzunehmen seyn, da selbst bei Säugethieren analoge Fälle auftreten. Wie bekannt ver- kümmert es schon bei manchen Affen z. B. bei Calitrix sciurea sehr und ist kaum mehr als solches erkennbar bei Delphinen. Dass aber 243 der Vomer sich oft sehr verlängere und für die Nasenbeine hinaus- trete, dürfte auch schon bei Säugethieren, Diekhäutern und Cetaceen bewiesen seyn. Ueberhaupt scheinen mir die Fische am Schedelbaue alle Säuge- thierformen zu wiederholen und der Satz, dass die Extreme einander begegnen, bestätiget sich auch hier wieder. Der Knochen, welchen Cuvier als os ethmoideum, Agassiz und Müller als Nasenbein deuten, scheint mir pars nasalis ossis frontis zu seyn. Denn an ihn befestigen sich mittelbar oder unmittelbar alle vor und neben ihm ‚liegenden Kuochen des Gesichtes, was wieder bei Menschen und Säugethieren volle Analogie findet. Ausserdem würde noch von dem Riechbein erfordert, dass es in näherer Bezie- hung zu dem inneren Geruchsapparate stehe, was an dem fraglichen Kuochen bei vielen Fischen gar nicht der Fall ist. Auch wechselt dieser Kuochen bei den verschiedenen Fischen an Lage und Gestalt: er ist bald schmal und einfach, wie bei Gymnarchus, bald einfach und breit, wie bei Cyprinus, Charaeinus, Labrax, Siluroiden und he- sonders Brama; bald besteht er aus zwei seitlichen Hälften, wie bei Polypterus und Regalacus. Soleher Wechsel: tritt in dem Riechbeine der Säugethiere nie ein, aber an der pars nasalis ihres Stirnbeines sind ganz entsprechende Verhältnisse zugegen. Schmal und lang ist sie z. B. bei Robben, breit und frühzeitig in ein Stück verschmolzen bei Einhufern, in zwei breite, seitliche Portionen getheilt bei Ce- taceen. Das Nasenhein zeigt wohl bei Säugthieren eine grosse Mannig- faltigkeit an Formen und Ausdehnung, aber seine Beziehung zu den nachbarlichen Gesichtstheilen ble ibensich überall so ziemlich gleich und sind jedesmal sehr beschränkt, so dass auch dadurch eine Rechtfertigung meiner Deutung des fraglichen Knochen gegeben seyn dürfte. 31% 244 Das os orbitale anterius Müller ist wohl ohne Zweifel Thränen- bein. Seine Lage, seine Verbindungen, seine Ausdehnung und Form mit allen Verschiedenheiten, sind ganz bei dem Thränenbeine der Säugethiere repräsentirt. Wie bei manchen Diekhäutern und Rumi- nanten bildet es bei Silurus, Porcus, Pimelodus einen ansehnlichen Theil der Gesichtsfläche; wie bei vielen Nagern z. B. Lepus zeigt es sich auch bei Regalacus als dünnes, kleines, mehr accessorisches Koochenstückchen u. dgl. Was ich an Polypterus os ethmoideum nennen möchte, ist, was, wenn ich recht verstehe, Müller Orbitalflügel des Keilbeins heisst *). Dieser Knochen, aus zwei symmetrischen Hälften durch Sutur ver- bunden, stellt einen viereekigen knöchernen Kasten vor, der zwi- schen den Augenhöhlen liegt, und sie von einander sondert. Nach vorne endet er in zwei weite, kurze, knöcherne Röhren, durch welche der Nervus olfactorius tritt, nach hinten ist er mit den eigentlichen kleinen Keilbeinflügeln verwachsen. Auch an diesem Knochen glaube ich wieder viele Analogie mit den Säugethieren zu finden. Mit den vorderen Keilbeinflügeln verwächst bei ihnen das Riechbein häufig und oft schon sehr frühzeitig, und während es bei den einen z. B. Monotremen, Insectivoren ungemein gross wie bei Polypterus ent- wickelt ist, erscheint es bei Delphinus so rudimentär wie bei Rega- lacus u. s. w. Auf der oberen Fläche des vorderen Eudes des Gaumenbei- nes, os palatinum (Müller über Gan. T. I. f. 2. k.) finde ich einen halbmondförmigen dicken in Knorpelsubstanz eingebetteten Würfel- knochen, an welchen aussen das Thränenbein, oben und innen das Riechbein stösst. Er scheint mit dem dicken Würfelknochen, wel- chen man bei Karpfen vorderes Gaumenbein nennt, einerlei zu seyn. *) Agassiz beschreibt ihn Tom. II. p.44. ziemlich genau als grand canal olfactiv der Schedelhöhle. 245 Vielleicht entspricht er der pars perpendieularis- nebst orbitalis des Gaumenbeines des Menschen und der Säugethiere. Aber seine Lage möchte Zweifel dagegen erregen. An der hinteren Hälfte des äusseren Randes des Stirnbeines (pars frontalis) finde ich einen ansehnlichen Knochen, welchen weder Agassız noch Müller erwähnt; auch ist er in ihren Abbildungen ganz ausgelassen. Nur ein sehr kleiner Theil seiner Oberfläche ist zwischen Stirnbein, os orbitale posterius Müll, und den vorderen vier Interkalarknochen eingekeilt sichtbar und mit emaillirter grauu- lirtter Masse bekleidet. Sein breitester schuppenförmiger Theil schiebt sich unter das Stirnbein hinein, hiuten zieht er sich in einen dicken starken Fortsatz aus, welcher nach einwärts und unten gerichtet noch an das Scheitelbein grenzt und einem processus zygomaticus des Stirnbeines der Säugethiere und des Menschen. völlig gleicht. Ich glaube, dass dieser Knochen die pars orbitalis des Stirn- beines vorstelle und der von Müller sogenannte os orbitale posterius eine andere Bedeutung habe. Ich halte diesen für das eigentliche Jochbein. Dafür sprechen seine Verbindungen, seine Lage, seine Be- zielung zur Augenhöhlenbildung und seine Analogie mit Formen bei Säugethieren. Bei Affen ist es in der Beziehung ganz ähnlich wie bei Polypterus.. Merkwürdig tritt an diesem Knochen bei Säugthie- ren die ganze Mannigfaltigkeit, welche man bei den Fischen findet, wieder auf. Wie er bei Erinaceus nur ein accessorischer, schup- penartiger Lückenbüsser wurde, findet er sich auch bei Lophius; wie er Manis ganz fehlt, fehlt er auch dem Balistes, mit der gewal- tigen Verbreiterung bei Nagern, tritt er wieder bei Gadus und Sparus auf, bei Cottus in ähnlichem Richtungs- und Grössenverhältnisse wie bei Felis u. dgl. Auch iu der Deutung des Zwischenscheitelbeines muss ich von der bisher giltigen Ansicht abweichen. Als solches spreche ich den 246 am meisten nach hinten und innen gelegenen Schedelknochen an, welchen Müller (l. e. fig. 1 i“ und 55.) zwei Bedeutungen zuschreiht. Den oberen, breiten, emaillirten Theil neunt er einen Hautknochen, den nach hinten gehenden Fortsatz aber os superscapulare. Dieser Knochen besizt im Ganzen die Form des Scheitelbeines, mit welchem er auch in Verbindung steht. Das Scheitelbein läuft nach rück wärts und aussen in einen ziemlich langen, eylindrischen Fortsatz aus, welcher mit seiner inneren Hälfte und der ganzen Spitze unter das os interparietale hineingeschoben und in einer besonderen Rinne dessel- ben festgehalten ist. Der mit dem Zwischenscheitelbeine nicht ver- bundene, und von ihm nicht bedeckte Theil dieses Fortsatzes wird vou einem os intercalare verdeckt. Das Zwischenscheitelbein läuft nach hinten und innen in einen ähnlichen Fortsatz aus, welcher mit der Extremität nichts zu schaffen hat, sondern zur Unterstützung der hier liegenden knöchernen Hautschuppen dient. Die scapula sezt sich nach innen von diesem Fortsatze an dem breiten Theile des Zwi- schenscheitelbeines an. Dieser Umstand, so wie die angegebene Verbindung mit dem eigentlichen Scheitelbeine dürfte um so mehr meine Deutung rechtfertigen, als der fragliche Knochen selbst in sei- ner ganzen Form nur eine wahre Imitation des Scheitelheines ist. Dass sich Interkalarknochen zwischen diesen Knochen und das Schei- telbein drängen, dürfte für die Deutung von gar keinem Belange seyn, da einmal die beiden Knochen doch in Verbindung stehen, andrer- seits auch die Kiemendeckel durch Interkalarknochen von den Sche- delknochen getrennt, dennoch als solche betrachtet werden. Eine wahre pars squamosa ossis temporum fehlt meiner An- sicht nach auch dem Polypterus nicht. Der hintere von den zwei Interkalarknochen, welche nach Müller (]. ce. f. i. i“) die Klappe über dem Spritzloche bilden, ruht auf einem mit der pars petrosa durch eine knorpelige Zwischenschichte verbundenen Knochen. Dieser ist länger dreieckig, mit der Spitze nach aussen und unten gerichtet, wo er an die Kiemendeckel stösst. Seine Basis grenzt an den un- 247 teren Theil des ‘äusseren Randes des Scheitelbeines und wird von oben gleichfalls durch einen Interkalarknochen zugedeckt; Lage und Verbindungen scheinen hinreichend die Deutung dieses Knochens als pars squamosa zu rechtfertigen. Die Interkalarknochen dürften für die Deutung der Schedelknochen von gar keinem Einflusse seyn. Bei den meisten Fischen (z. B. Gadus, Cyprinus, Labrus, Caranx, Silu- rus ete.) zieht sich an der Seite des Schedels von dem Extremitä- tengerüste her zwischen den Kiemendeckeln einerseits, den Schei- telbeinen und Stirnheine anderseits eine bald breitere, bald schmälere Schläfengrube bis zum Augenringe hin. Diese wird aussen von der Haut bedeckt, und da diese bei Polypterus knöcherne Schuppen hat, befinden sich auch solche nothwendig als Interkalarknochen in der Schläfengrube. Sie gehören demnach zur Haut und nicht an den Schedel. Noch möchte ich mir einige Bemerkungen über den Rumpf des Polypterus erlauben. * Ich untersuchte zwei Exemplare dieses Fisches und fand bei dem einen den zwölften, dreizehnten und vierzehnten, bei dem an- deren den zwölften und dreizehnten Wirbel mit einander verwach- sen. Der dadurch gebildete gemeinschaftliche Wirbelkörper ist nur um die Hälfte länger als der nächst benachbarte einfache. Die pro- cessus spinosi derselben sind schmäler, mehr an einandergedrängt, aber artikuliren wie gewöhnlich; die processus transversi dagegen sind an ihrer inneren Hälfte mit einander verwachsen, mit ihrer äus- seren frei und tragen wie gewöhnlich die Nebenrippen. Diese Bil- dung erinnert an ähnliche Verhältnisse der ersten Wirbel bei meh- reren anderen Fischen, z. B. Pimelodus, Porcus. Bei lezteren be- zieht sich diese Bildung auf die Schwimmblase; was sie bei Po- Jypterus zu bedeuten habe, vermag ich nicht zu entscheiden. Erst würde sich wohl fragen, ob sie konstant vorkomme — was ich fast vermuthen möchte, wenn auch Agassiz und Müller derselben keine Erwähnung thun. Sollte dieses der Fall seyn, so würde doch ihre 248 Beziehung zur übrigen Organisation eine andere seyn müssen, als bei den oben genannten ‚Fischen, weil unter den Querfortsätzen sich erst noch die Rippen befinden und alle hier liegenden Eingeweide von ersteren entfernt halten. Nach Agassiz Darstellung (Atlas 1. Tab. ce. mittlere Figur) laufen nur an den vorderen zwei Drittheilen der Bauchwirbelsäule die Nebenrippen über den wahren Rippen hin, an dem hinteren Drittl aber senken sich die Nebenrippen immer mehr, dagegen kommen die wahren Rippen höher empor, so dass sie sich kreuzen und leztere oben und erstere nnten liegen. Dem ist aber in der Natur nicht so, Die Nebenrippen liegen alle bis zur lezten über den wahren Rippen, was schon dadurch nothwendig wird, weil sie mit ihrem augeschwol- lenen freien Ende immer gegen die Seitenlinie gerichtet sind. Die wahren Rippen dagegen stehen besonders an der hinteren Hälfte des Bauchtheiles der Wirbelsäule, wo sie auch am längsten sind, stark nach unten gebogen und begrenzen allein von der Seite her die Bauchhöhle, zu welcher die Nebenrippen in gar keine Beziehung treten, Bei keinem Fische ist übrigens die Wölbung und Höhlenbe- grenzung der Rippen an der hinteren Leibeshälfte so schön, wie bei Polypterus und hierin findet sich nur bei Schlangen Aehnlichkeit. 249 Erklärung der Abbildungen. Profilansicht des ganzen Schedels des Gymnarchus niloticus, ein- zelne Knochen desselben und des Rumpfes nebst einigen Schedel- knochen von Mormyrus. Die Bezifferung ist in dem ganzen und in dem zerlegten Schedel gleich. 1. 2. Zwwischenkiefer, os ineisivum; -a- sein vorderer dieker Theil, b- Alveolarrand, -c- Zähne, -d- Gaumenplatte. Oberkiefer maxilla, superior; -a- Gelenkfortsatz, -b- unteres lanzettförmiges Ende, Nasenbein, os nasi; -a- sein vorderer Hacken, . Nasenmuschel, concha; -a- Loch in derselben, durch welches der Geruchsnerv heraufkommt. Pflugschaarbein, vomer von oben; -a- Sutur zur Verbindung mit der pars nasalis ossis frontis, -b- rauher Rücken für die- selbe Verbindung, -c- schuppenförmiges Knochenhlatt, viel- leicht ein Rudiment des Thränenbeines, -d- breite Fortsätze zur Bildung, des vorderen Theiles des Gaumens, -e- mit dem Riechbeine sich verbindende Stelle, -f- Sutur zur Verbindung mit dem Keilbeinkörper, -g- Sutur zur Verbindung mit dem Gaumenbeine, Riechbein, os ethmoideum, von der Seite; -a- dessen Kör- per, -b- Flügelfortsatz. Nasentheil des Stirnbeines, pars nasalis ossis frontis. Mittleres Stirnbein, pars frontalis ossis frontis, von oben, ' a- vorderes, spitziges Ende, -b- hinteres, breites Ende, Abhandlungen d. Il. Cl. d. k. Al. d. Wiss. V. Bd. 1. Abthl. 32 250 15. 16. 17. 18. e-Orbitalrand, -d- innerer Rand, -e- äusserer Fortsatz des brei- ten Endes, -f- Rinne. Scheitelbein, os parietale, von oben; -a- vordere innere, -b- hintere äussere Ecke. . Ziwischenscheitelbein, os interparietale, von oben. Schuppentheil des Schläfenbeines, pars squamosa ossis tem- ’ q porum, von aussen; -a- Dessen oberer breiter und -b- unterer schmaler Schenkel, -c- unterer, -d- vorderer Fortsatz, . Gehördeckel, operculum pori acustiei, von aussen, .. Schuppentheil des Hinterhauptbeines, pars oceipitalis ossis occipitis, von oben. . Gelenktheil des Hinterhauptsbeines, pars condyloidea ossis oceipitis und zwar 14a von aussen, 14b von innen. -a- Rand zur Verbindung mit der pars oceipitalis ossis oceipitis; b- Rand zur Verbindung mit der pars condyloidea der ande- ren Seite, -c- Rand für das foramen magnum, -d- Rand zur Verbindung mit dem hinteren Theile der pars basilaris, e- foramen condyloideum, -f- Rand zur Verbindung mit dem seitlichen Theil der pars basilaris, -g- Rand zur Verbindung mit der pars petrosa, -h- Rand zur Verbindung mit dem os interparietale, -i- Rand zur Verbindung mit der pars squa- mosa, -k- Knochenblase für einen Fortsatz des vestibulum. Basaltheil des Hinterhauptsbeines, pars basilaris ossis ocei- pitis von oben; -a- Körpertheil, -b- Suturentheil, -c- Kanal. Keilbeinkörper, corpus ossis sphenoidei von oben; -a- vor- dere kleinere Hälfte, -b- angewachsener Theil der ala magna, c- ovales Loch. Obere Portion der ala magna ossis sphenoidei von der Seite; a- horizontale Portion, -b- perpendikuläre Portion, -e- Rand zur Verbindung mit der pars petrosa. Kleiner Keilbeinflügel, ala minor ossis sphenoidei, von der Seite. 19. 20. 34. 251 Felsentheil des Schläfenbeines, pars petrosa, von der Seite; a- horizontale Portion, -b- perpendikuläre Portion, -e- Loch zum Durchgange des äusseren Fortsatzes des vestibulum. Hinteres Stück des os quadratum von aussen; -a- Rand zur Verbindung mit der pars squamosa ossis temporum, -b- Loch zum Durchgang des nervus facialis, -c- Rand zur Verbin- dung mit der vorderen Hälfte des os quadratum, -d- freier Rand, -e- Rand zur Verbindung mit dem praeoperculum. . Vorderes Stück des os quadratum, von aussen; -a- Gelenk- fläche für die Mandibula, -b- schuppenförmiger Fortsatz zur Verbindung mit dem Gaumenbeine. . Ergänzungsstück oder Flügelfortsatz, os pterygoideum, von oben, - Gaumenbein, os palatinum, von der Seite; -a- freier Rand, -b- Fortsatz zur Verbindung mit dem vomer. Körper des Unterkiefers, corpus mandibulae, von aussen, . Ast des Unterkiefers, ramus mandibulae. . Gelenkstück des Unterkiefers, pars artieularis mandibulae. - Kronenfortsatz des Unterkiefers, pars coronoidea mandihulae, . Vorderer Kiemendeckel, praeoperculum. Kiemendeckel, operculum. Zwischenkiemendeckel, interopereulum. Unterer Kiemendeckel, suboperculum. Augenring, ossa orbitalia (os zygomaticum). Körper des Zungenbeines, corpus ossis hyoidei. -a- Griffel- fortsatz, -b- hinterer Fortsatz, -c- Gelenkfläche für das grosse Horn. Vorderes Stück des grossen Zungenbeinhornes) cornu majus 34” Hinteres , 5 en - ) ossis hyoidei. 30. 36. Kleines Zungenbeinhorn, cornu minus ossis hyoidei. Unteres und 36* oberes Schulterblatt, scapula inferior et superior. 32 * 252 37. 38. Vorderes Schlüsselbein, clavicula anterior. Hinteres Schlüsselbein, clavicula posterior, . Oberarmbein, humerus. . Vorderarmbein, antibrachium, . Mittelhandknochen, metacarpus. ‚A. Rückenwirbel aus der vorderen Hälfte der Bauchwirbel- säule, von der Seite gesehen; -42- B von vorne dargestellt. a- ciselirte äussere Fläche, -b- vorderer Rand, -d- obere Grube, -e- untere Grube, -f- vorderer und -g- hinterer Fort- satz des Wirbelbogens, -h- Gelenkzapfen des Wirbelhogens, i- Raum für das Rückenmark, -k- obere Begrenzung des- selben, -1- Spalte in -m- dem Dornfortsatze. -n- Rippe o-ihr Gelenkköpfchen, -p- ihr besonderes Gelenkstück, -q- des- sen Gelenkhöhle für die Rippe und -r- Zapfenfortsatz für den Wirbel. . Wirbel aus der Mitte des Schwanzes. , Wirbel aus dem hinteren Theile des Schwanzes. Innerer Flossenstrahl; -a- vorderer, -b- hinterer Flügelfort- satz, Gelenkköpfchen. . Zwischengelenk-Knochen. Aeusserer Flossenstrahl. . A. Oberkiefer von Mormyrus dorsalis; -a- Gelenkfortsatz, b- dreieckiger Fortsatz, -c- lanzettförmiges unteres Ende. . B. Oberkiefer von Mormyrus oxyrhynchus, Bezeichnung wie oben. . A. Gaumenbein von Mormyrus dorsalis. . B. Gaumenbein von Mormyrus oxyrhynchus. A. Mittlerer ]Kuochen des Zungeubeinkörpers von Mormy- . A* Unterer . A. Oberer das grosse Zungenbeinhorn. rus oxyrhynchus; -a- Rudiment des Griffelfort- satzes, -b- hinterer Fortsatz, -c- Gelenk für Fanpuyp* erpasgeußn KSYZ (er ESARLNI BIH GBR _.d chen Meridien Pr ” z nehisch z | II i : wi | Fgy.1n Ay 4 m Bi nA = hf 0; = D/ an tion ee MÜhandk dert kA DB Ah | : “ | pr Tab.ll nl jap! =) Fig Phyllostoma pusillum Natt. Fig.2-A Ph.obscurum Neuw. Fig.5 7 Ph.perspicillatum Geoffr. Fig.8 Ph.longifolium Natt. Abhandt der mach. physik. Claße Be Abth 1. Zu 4 Magners Beiträgen Tabl. BRLEY ER ERRUTR 2 2 u Bee NE Nr) 7) Fig. | Chilonveteris &ymnonotus Natt. Fig.2 - 6 Ch. rubiginosa Natt. u Physik. Cluße, Bd." Abt. f. : Zu 4 Wagner’s Beiträgen Tab. 2 = deT Be ;* & an, \ “ru 5 { zZ u „ur BEE TErROU ENT > 2 Tab.IV. Fig. 1 Dvsopes $laucinus Natt. Fig.?2 D.perotis Neuw. Fig.3 D. velox Natt. Fig.4 D.auritus Natt. Fig5-7 Emballonura canina Neuw. Fig.8-10 E. macrotis Wagn. Abhandt.cer math. physik. Claße Bd,V Abth I, Zu sh. Hgners Beiträgen Tab I — u th physik. Classe Bd.V Abth. £ Zur” Erdts Abh. iiber d.Gymnarchus, ABHANDLUNGEN DER “ MATHEM.-PHYSIKALISCHEN CLASSE DER KÖNIGLICH BAYERISCHEN AKADEMIE nm WISSENSCHAFTEN. FÜNFTEN BANDES ZWEITE ABTHEILUNG. IN DER REIHE DER DENHSCHRIFTEN DER XXII. BAND», MÜNCHEN. 15148. AUF KOSTEN DER AKADEMIE. GEDRUCKT IN DER J. GEORG WEISS'scuex BUCHDRUCHEREI. RÄTAHDERTRAW A ehe UIBEONEANA Bi 1 vareo \ ae Nenn. sn önoas San nn, ABHANDLUNGEN DER MATHEM.-PHY SIKALISCHEN CLASSE DER KÖNIGLICH BAYERISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. FÜNFTEN BANDES ZWEITE ABTHEILUNG. ’ l. LS R ” ® B N . — = = = vr + x \ Pas . ‚49 v Red VERDRÄNGT ‘ ,> MITIAHDANIEAW aaa AIMAAA u NaNOALRATAG HORIDINOR AG “n A. $ A nn eraau vartrinre DRUHTETEA EEE ’ ® h \ pe ‚ . & + . * - { v * h u ‘ » « I 1 ’ valanmaHa Der fi Aa, ar = ‘ - 4 It“ D ”. \ ’ ug ’ wi y R E ? m { e ’ ’ \ % ” - PR » ‘ Fri KaLeTe \ he PT u IN E an en r son 2% PR. & ’. ö dr," DT x Re - Ab Di u ER > Lern ya f Du B . “ ’ P v N. v ’.“ r , re 2 - a Y N 2 ° er Inhalt. Ueber die Bestimmung des Brechungs- und Zerstreuungs- Verhältnisses verschiedener Medien. Von Professor Steinheil und Seidel. Beiträge zur Kenntniss der Säugthiere Amerika’s. Von Professor Dr. A. Wagner. (Zweite Abtheilung.) Mit 3 Tafeln. Urweltliche Säugthier-Ueberreste aus Griechenland, beschrieben von Dr. A. Wugner. Mit 4 Tafeln . . . 2.2.0. Seite, 253 269 333 Note über eine Eigenschaft der Reihen, welche discontinuirliche _ Functionen darstellen. Von Ph. L. Seidel . . Observationes circa germinationem in Nymphaea et Euryale. Scripsit L. ©. Treviranus, Prof. Bonn. Cum Tabula lapidi incisa Beiträge zur Kenntniss der Säugthiere Amerika’s. Von Professor Dr. A. Wagner. (Dritte Abtheilung.) Mit einer Tafel Die Muskelirritabilität. Von Dr. E. "Harless 379 395 405 481 Ueber die Bestimmung des Brechungs- und Zerstreuungs-Verhältnisses verschiedener Medien, Von Steinheil und Seidel. Abhandlungen derllI. Cl. d. k. Akad. d. Wiss. V. Bd. II. Abthl. 33 s e Kar® > Br TE MILE - ie 5 ’ ER f N “s we I ' j 7 sr PR ı er F 5 ; = f % x Pr .. ; f ; = EERRERE eb a ih. 4 » E [r 5 ei en „ern ro ieh ve Sur Se ‚ neeimlädoV-egmunoneroN bu -r2 ü E a “ b a; DER } : ee Pr ‚asıboll onsbondosnn j} Pr A 2“ } ee” nr - # Kr - ‘ 5 F Ueber die Bestimmung des Brechungs - und Zerstreuungs - Verhältnisses verschiedener Medien, Die schöne Entdeckung der fixen Linien im Sonnenspectrum, durch welche allein eine scharfe Bestimmung des Brechungsverhält- nisses jedes bestimmten Lichtstrahles möglich wird, hat im Allge- meinen weniger Anwendung gefunden, als die treffliche Arbeit Fraunhofer's hatte erwarten lassen. DieUrsache hievon mag theils in den von ihm zu diesen Messungen angegebenen kostspieligen Apparaten, welche Wenige besitzen, theils darin zu suchen sein, dass Fraunhofer selbst auf eine Differenz aufmerksam macht zwischen dem aus diesen Beobachtungen abgeleiteten mittlern Zer- streuungsverhältniss, und demjenigen, mit dessen Zugrundelegung er die besten Effecte erhalten hat, — wodurch das theoretische Re- sultat zweifelhaft wird. Obschon die Fraunhofer'schen Apparate zur Bestimmung des Brechungsverhältnisses ihren Zweck völlig erreichen, wird es den- noch dem Beobachter nicht entgelin, dass die endliche Entfernung der Lichtquelle unbequeme Reductionen nöthig macht, und sehr grosse Loecalitäten erforder. Wir ‚wollen 'nun versuchen nachzuweisen, 33 * 256 dass man mit einem gewöhnlichen terrestrischen Theodolithen, mit leicht anzubrinugenden kleinen Vorrichtungen, selbst in sehr heengter Localität und ohne jene Reductionen diese Bestimmungen vornehmen kann. Wir werden ferner zeigen, dass die oben angedeutete Fraunhofer'sche Wahrnehmung nicht gegen die Uebereinstimmung zwischen dem durch Theorie und Erfahrung abgeleiteten besten Zer- streuungsverbhältniss spricht, sondern durch ein Versehen, das sich in seiner Rechnungsvorschrift eingeschlichen zu haben scheint, erklärt werden kann, Die Ableitung des Brechungsverhälinisses setzt die Kenntniss des Prismenwinkels, sowie des Winkels zwischen dem in das- selbe eintretenden und dem austretenden Strahle voraus, wozu noch gehört, dass beide gegen ihre Brechungsflächen gleich geneigt seien. Die Bestimmung des brechenden Winkels eines Prisma ergibt sich sehr leicht, wenn dasselbe centrisch und normal auf der Alhidade des Theodolithen befestigt und letztere so gedreht wird, dass das äussere von einer der brechenden Flächen erzeugte Re- fexionsbild eines scharf begrenzten entfernten Objectes am Mittel- faden eines feststehenden gegen das Prisma gerichteten Fernrohrs erscheint. Sei nun der brechende Winkel des Prisma — y, so wird das Reflexbild der 2ten brechenden Fläche im Fernrohr er- scheinen, wenn man die Albidade um plus oder minus 180° — y dreht. Da nun Kreis und Alhidade in dieser Stellung verbunden und ge- meinschaftlich in die erste Lage der Fläche T zurückgebracht wer- den können, so bestimmt sich w durch Repetition, und folglich ein- facher und sicherer als mittelst des von Fraunhofer hiezu vorge- schlagenen Tangirungsfernrohrs. Fraunhofer muss nun zur BestimmungdesAblenkungswinkels eines Strahls den Theodolithen in bedeutender Eutfernung von der Spalte, durch welche das Licht eintritt, aufstellen, theils wegen der 256 erforderlichen VerlängerungdesFernrohresdurch Ausziehen des Okulars, theils um kleine Reductionen des Winkels zu erhalten, — zu deren Ermittlung eine besondere kleine Triangulation nothwendig wird. Es ist leicht zu sehen, dass man beiden Uebelständen begegnet und gar keiner Reduction der Winkel bedarf, wenn man die Licht- spalte im Brennpunct eines achromatischen Objectives erzeugt, wo- durch ein unendlich entferntes Bild derselben hervorgebracht und eine Aumäherung des Messinstrumentes bis an dieses Objectiv möglich wird. Um demgemäss die, wie bei Fraunhofer, von einem Heliostat- spiegel oder irgend einem andern Reflexionsapparat durch die schmale Vertikalöfuung eintretenden Lichtstrahlen unter sich parallel zu machen, mag etwa das Versicherungsfernrohr des Theodolithen dienen. Man löse es von dem letzteren, entferne das Okular, und bringe statt dessen zwei Platten mit scharfen geraden Rändern an, welche zwischen sich die Spalte lassen. Man verstelle uun die Okularröhre, bis die Spalte genau im Brennpuncte des Objectives ist, Dieser Apparat muss nun so aufgestellt werden, dass die vom Heliostaten kommenden Lichtstrahlen durch die vertikal gestellte Oefl- nung fallen und durch das horizontale Rohr und das Objectiv unter sich parallel in das dunkle Zimmer eintreten. _An die Objectivfas- sung dieses Rohres, das etwa am Fensterladen befestigt sein kann, wird nun, zum Aufstelleu des Prisma, ein kleiner horizontaler Tisch angebracht, und zwar in solcher. Höhe, dass das Licht aus dem Objectiv in die Mitte der Höhe des Prisma trifft. Dieses selbst kann ‚auf dieser Fläche um seine vertikal gestellte Axe gedreht werden. Auf diese Art wird im Zimmer ein Spectrum von unend- lich entfernter Lichtquelle erzeugt, und es ist nun die Aufgabe, den Theodolithen so. eiuzurichten, dass die Winkel gefunden werden können zwischen dem durch das Objectiv direct gesehenen Bild der Vertikalöffnung und zwischen den verschieden gefärbten durch 258 das Prisma abgelenkten Bildern. Denn hier vereinigen sich die Winkel nicht‘ im Centrum des Theodolithen, sondern sie kehren demselben ihre Oefinung zu. Der Zweck ist leicht zu erreichen, indem man das Fernrohr des Instrumentes anstatt seiner Horizontal- Axe mit einer cylindrischen Drehungsaxe von etwa der doppelten Länge versieht, und diese mit dem Fernrohr rechtwinklig verbindet. Der Theodolith wird nun vor das Objectiv des Licht bringenden Fernrohrs möglichst nahe au das Prisma aufgestellt, so dass sein Fernrohr in gleicher Höhe mit jenem steht, und in dieser Lage nivellirt. Zur Messung des Ablenkungswinkels einer bestimmten fixen Linie wird das Fernrohr zwischen den Alhidadenlagern mit seiner Axe so viel auf die Seite geschoben, und die Albidade so gedreht, dass das Bild der fixen Linie im Fernrohr erscheint. Wir wissen jetzt noch nicht, ob das Prisma diejenige Lage hat, bei welcher Ein- und Austrittswinkel des zu beobachtenden Strahls gleich sind. Man findet diese Lage bekanntlich dadurch, dass in ihr das Bild am meisten abgelenkterscheint, was durch Drehung des Prisma um seine Vertikalaxe bewirkt wird. Dabei muss natürlich die Ein- stellung des Theodolithen nachfolgen. Ist in solcher Art genau auf die fixe Linie in ihrer grössten Digression eingestellt und der Kreis abgelesen, so dreht man das Prisma nahezu 180° um seine Verti- kalaxe, so dass der Strahl nun auf die entgegengesetzte Seite ab- gelenkt wird, löst hierauf die Alhidade, und stellt wieder durch Verschieben des Fernrohrs mit seiner Axe in den Lagern und durch Drehung der Alhidade und berichtigende Stellung des Prismas auf die grösste Digression des nämlichen Strahles, ebenso wie wir es in der ersten Lage beschrieben haben. Der Unterschied der jetzigen Ablesung und der erstern ist der doppelte Ablenkungswinkel (= 2u nach Fraunhofer), d. h. der doppelte Winkel des einfal- lenden Strahles mit dem austretenden, für gleiche Ein- und Aus- 259 trittswinkel, und bedarf: hiernach durehaus keiner weitern Correction mehr. Es versteht sich von selbst, dass diese Messung repetirt werden könne. Von der Willkühr des Beobachters hängt es nun allein ab, ob er den Brechungswinkel jeder andern fixen Linie eben- so bestimmen will, oder ob er es vorzieht, nur die Winkelunter- schiede der einzeluen fixen Linien unter einander durch Repetition zu messen und mit dem gehörigen Zeichen dem gemessnen ganzen Winkel zuzulegen. Man ist genöthigt, stets von einer der grössern fixen Linien zur folgenden zu messen, weil für Eine Stellung des Okulars nicht Alle zugleich deutlich erscheinen, daher schon zur Messung des Abstandes je zweier consecutiven das Okular so ge- stellt werden muss, dass es beide möglichst deutlich zeigt, also nicht ‚die vortheilhafteste Stellung für jede einzelne hat. Man würde Letzteres erreichen nach der von uns zuerst angegebenen Methode, nämlich durch Bestimmung des ganzen doppelten Ablenkungswiukels jeder für sich. Bezeichnen wir nun, wie ‘oben, den brechenden Winkel des Prisma’s mit y, den Winkel des eintretenden Strahles mit dem aus- tretenden mit u, so ist nach dem Fraunhofer’schen Ausdruck, für den von uns gewählten Fall gleichen Ein- und Austrititswinkels, das Brechungsverhältuniss für diese Linie: sin 3 (u + %) . sin 4 w Nach diesem Ausdrucke wird man die Brechungsverhältnisse der Glasart, aus welcher das Prisma besteht, für jede der fixen Linien A, B, €... nach Fraunhofer erhalten. Wir wollen sie der Reihe nach mit bezeichnen. 260 Für eine andere Glasart wird man'ebenso n n n u» A B € erhalten. Bekanntlich setzt nun die Berechnung, eines achromatischen Objectives die Kenntniss des Zerstreuungsverbältnisses der beiden angewandten Glasarteu voraus, d. h. das Verhältniss der Differenzen der n’ zu den Differenzen der n: - dn Allein dieses Verhältuiss ist den Fraunhofer'schen Erfahrungen gemäss nicht constant, sondern variirt für verschiedene Stellen des Spectrums. Es entsteht daher ein Zweifel darüber, in welcher Weise dasjenige Verhältuiss angenommen werden soll, welches bei der Berechnung eines achromatischen Objectives den besten Effect herbeiführt. Fraunhofer hat sich dafür entschieden, aus den einzel- nen Werthen des Zerstreuungsverhältnisses, welche von je einer fixen Linie zur nächsten gelten, nämlich aus den Werthen B A c B D c ‘ 1 - etc. RB A c B D c das Mittel mit Rücksicht auf die Intensität des entsprechenden Strahls zu nehmen. Durch practische Versuche fand er jedoch als den vortheil- haftesten einen Werth von = ‚ der von dem nach dieser Annahme berechneten nicht unbedeutend abweicht. Wir glauben, dass diese Abweichueg ihren Grund blos darin hat, dass seine Wahl der Rech- nungsvorschrift sich nicht strenge rechtfertigen lässt. Denn die Un- sicherheit über den vortheilhaftesten Werth von = wird nur entschie- den werden können aus der Bedeutung, welche diese Grösse in den 261 bei der Rechnung zu Grunde gelegten Formeln bat. In diesen stellt aber = einen wahren Differentialquotienten vor, dessen Einführung dazu dient, von einer bestimmten Stelle des Spectrums aus, für welche das Objectiv die gefoderten Bedingungen erfüllt, und der das angenommene n und z’ zugehören, mit Annäherung auf jede an- dere überzugehen. Wollten wirBeispielsweise von einem Strahl R, dessen n—n, undn —n', in der Rechnung zu Grunde gelegt sind, nur übergehen auf den bestimmten Strahl ©, so würden wir offenbar nehmen müssen ER c ; dn tn en [a R ebenso, wenn wir übergehen wollten auf den Strahl D: Zr dn N] R . a m mlhn dessgleichen für den Strahl E: dn' E an SEE n —'n ’ n —— m R u. s. w. Um daher für das ganze Spectrum gleichzeitig, so weit es möglich ist, der Bedingung zu entsprechen, wird man offenbar- aus allen solchen Werthen den mittlern mit Berücksichtigung der versehiedenen Dichtigkeit der Strahlen zu nehmen haben. Nennen . wir M den allgemeinen Index irgend einer Stelle des Spectrums (entsprechend dem B, © ... ) und bezeichnet £ die derselben zuge- hörige Intensität, so wird demnach der wahre Mittelwerth sein: [ se. ( a 3 . mi ü am). J Cam En zu: N Abhandlungen d. II. Cl. d. k, Ak. d. Wiss, V. Bd. II. Abth. 34 262 wo die Integrale über das ganze Spectrum zu nehmen sind. Man kann sie natürlich nur annähernd, durch mechanische Quadratur, fin- den. Zerfällt man zu diesem Ende jedes von ilmen in die einzelnen Theile, welche der Reihe nach begränzt sind: durch das rothe Ende A des Spectrums und die erste fixe Linie B, durch die Linie B und Linie C, durch C und D, etc., endlich durch die letzte Fraun- hofer'sche Linie H und durch das violete Ende I, so wird man mit ausreichender Näherung in jedem der Theile den Factor ‚ n —:71 R n Zn Mm R constant und gleich dem arithmetischen Mittel der beiden an den Grenzen dieses Theils giltigen Werthe setzen können, — welche Werthe sich aus den Messungen ergeben und demnach bekannt sind. Der Zähler nimmt dadurch die Form an: I, z=+(a,+5,) der tdM +4 Dale cam +4 (e,+4,) Fi Lam +..+4(h,+i) Sn wo zur Abkürzung, analog den Fraunhofer'schen Bezeichnungen gesetzt ist: EBERRIE H = R Fig A R [2 [2 , RE alte Di. = Iu. R an 2 II, 263 Die Intregale, welche noch in II vorkommen, und deren Summe zugleich den Nenner in I bildet, sind nichts anderes als die Maase der Lichtmengen, welche sich im Spectrum zwischen A und B, B und C,..., H und I befinden. Kraunhofer hat diese aus pho- tometrischer Messung der Intensitäten der Strahlen abgeleitet. Be- zeichnen wir sie, ihm folgend, mit @, ß,Yy .. - , d. h. setzen wir MfEriE BR use ufoons amscn Aria, nfhairätenine so ist nach seiner Bestimmung: [74 no a 3 " N 0,000 0,021 0,299 1,000 0,328 0,185 0,035 0,000 34* 264 und wir erhalten hiermit aus I. annähernd: V. one, ab J)e+4(b,+te,)B+3(e, +4 )Y+ 44h, +! 9 (),= + + Fr Da die Grössen 4,» b.» Col, ihrer Bedeutung nach (s. IM) nicht blos von der Lage des Strahls A, B,O,...I, auf welchen sich jede bezieht, sondern auch von dem Strahle R, wel- chem das zu Grunde gelegte n und n’ zugehören, abhängig sind, so wird der Mittelwerth = nothwendig ebenfalls Function von R wer- den, wesshalb wir ihm gleichfalls X zum Index gegeben haben. Man sieht daraus, dass nicht nur der Werth der Brechungs- Verhältnisse n und n’ abhängig ist von dem Strahle R, für welchen die Rechnung zunächst geführt wird, sondern dass sich auch der. Mittelwerth des Zerstreuungsverhältnisses .- bei denselbenGlas- arten je nach der Wahl von R verändert. Hierin besteht nun ein wesentlicher Unterschied zwischen der von uns abgeleiteten Rech- nungsvorschrift (V.) und der von Fraunhofer gegebenen; denn in der seinigen kommen’ nur die Verhältnisse der Unterschiede der n je zweier auf einander folgenden fixen Linien vor, wodurch der (von ihm mit x bezeichnete) Mittelwerth von ii ganz unabhängig wird von R oder derjenigen Stelle des Spectrums, für welche n und n’ gelten. Nach Fraunhofer gibt es daher innerhalb der Grenzen des Spectrums zwar unendlich viele Paare von zusammengehörigen ®=_,d. b. er macht diesen Dif- ferentialquotienten constant für das ganze Spectrum, während seine vortheilhafteste Bestimmung der Natur der Sache nach abhängen muss von der Wahl der Stelle für welche er gelten soll. n und n’ aber nur ein Einziges 265 Wir werden nun durch numerische Berechnung des von ihm gegebenen Falles nachweisen, dass die Abweichung seiner Rech- nungsvorschrift von der unsrigen gross genug ist, um die Annahme zum Mindesten sehr möglich zu machen, dass der bemerkte Unter- schied zwischen seiner Theorie und Erfahrung nur in dem eben erörterten Versehen seinen Grund habe. An Wir müssen, um nach unserer Formel (=) berechnen zu können, R eine bestimmte Stelle im Spectrum (R) zu Grunde legen. Fraun- hofer hat nicht angegeben, auf welchen Strahl sich z und n' beziehen, welche er bei der Berechnung der Objective angewandt hatte, an denen er seine Wahrnehmung über die bestmögliche Aufhebung der Farbenzerstreuung gemacht hat. Wir sind daher genöthigt, hierüber eine Voraussetzung zu machen, und werden demnach die Rechnung für die beiden Strahlen D und E führen, da diese die hellste Stelle des Spectrums, welche hei der Berechnung eines Objectives vor Allem berücksichtigt werden muss, zunächst einschliessen. Vorher müssen wir aber noch unsere Formel für den Fall specificiren, wo R mit einer der fixen Linien, z. B. D, zusammenfällt. Wollte man nämlich in V. unmittelbar ?=D setzen, so würde der Ausdruck unbestimmt werden, weil der darin vorkommende Coefficient d die Form $ annehmen würde. Die Zweideutigkeit wird leicht durch eine andere Zerlegung des im Zähler bei I. vorkommenden Integrals ge- hoben, welches man im gegenwärtigen Fall abtheilen müsste in die einzelnen, deren Grenzen sind: A bis B, B bis C, C bis E, E bis F, F bis @, @ bis H, H bis I. Im Uebrigen bleibt: die Entwick- lung der obigen ganz analog, wesshalb wir nur das Resultat an- führen: v1. - );5 —. Ja+3 (b,teJ)ß+4 (e,te)Y+3 (ente) I+4le ste :-- dn es ß + y + Ö SL € +... Man ersieht aus dieser Formel, dass so oft R selbst eine der Fraunkofer’schen fixen Linien (D) ist, für das dadurch unbestimmt 266 werdende Verhältniss (d,) im ersten Gliede wo 'es vorkommt das nächstfolgende (e ‚) und im zweiten das nächstvorhergehende bestimmte (e,) genommen. werden muss, Die Fraunhofer'schen Bestimmungen, auf welche wir die Rech- nung anwenden wollen, sind folgende für Crownglas Nr. 13 und Flintglas Nr. 30 giltigen: n Bi lau x 4914/524312 Ci. 42% 1,525299 D. 1,927982 Bi 1,531372 Ph. 1,534337 GG. 1,539908 H 1,544684 n,—n, = —. 3670 n —n, = — 2683 nn, = + 3% n.—n, = +. 6355 n,—n, = 1196 n —n = + 16702 H D log. n —n, = 3,0647n en a 3,4286 7 n.—Nn, 3,5302 BER 3,8032 Fun! HIRBEL TE) 4,0764 nn 4,2227 n‘ 1,623570 1,625477 1,630585 1,637356 1,643466 1,655406 1,666072 nr year DIE nn 5108 A A RL a ee nn =} 24821 nn, = + 39487 log. n —n , = 384607 u ee» n,—n 3,8307 n—n 4,1099 nn, 4,3949 log. 267 .b, = 0,2813 db, = 191 ea €, +. 0,2796 = 1,904 ! RD nr an an 02805 000 0 FR N fu. 03007 1,206 * art) = 1,967 9,1... 0,8185 9, = 2082 Ian) „= 2,054 hc 08004 0, — 2 FIT Ark 43(d, + €,) = 0,2804 log. B = 8,3222 4 (6, + &,) --- 0,2801 Y... 94757 4 (6, + 8) --- 0,2801 d ... 0,0000 i (e, + f,) --- 0,2938 8... 9,5159 4 (fu + 9) --- 0,3126 E..: 92672 # (9, + A) --- 0,3230 7... 8,5441 Logar. Zahlen. 4(b, + c)-B..-.- 86026 .... 0,040 3 (6, 4 .2,):7 - »- 97558 .. - 0,570 Ale, + e)):8 +. 02801... 1,906 (0, + fy).e 9,8097 0,645 If, + 99% 9,5798 0,380 3, + h,)-n - - - 88671 0,074 Zahler von (2). EEE N 3,615 log. — 0,5581 Nenner —e+ß+y+...+3 = 1,868 0,2713 log. (% N 2 VE en eh a 0 se He 0,2868 =--4;935 268 Führt man in ganz gleicher Weise die Rechnung für die fixe Linie E(R = E) so findet sich: an a ), = 2038 Der nach Fraunhofer's Erfahrung als der vortheilhafteste ge- fundene Werth 1,98 fällt genau in die Mitte zwischen unsere beiden Werthe, es ist da- her kein Grund vorhanden, auf die Fraunhofer'sche Beobachtung einen Zweifel über die Uebereinstimmung zwischen der Erfahrung und der berichtigten Theorie zu gründen. Schliesslich bemerken wir noch, dass wir zwar die Wahl von R (d. h. des n und zugehörigen n’ welche der Rechnung zu Grunde gelegt werden) innerhalb der Grenze des Spectrums willkührlich gelassen haben, indem unsere Formeln V. und VI. den für jedes R vortheilhaftesten Werth von = geben: da aber doch immer die hell- sten Strahlen bei jeder achromatischen Combination die wichtigsten bleiben, so würde es unpassend sein, R zu nahe an Eines der Enden des Spectrums zu verlegen, und man wird immer wohlthun, entweder von einer der keiden fixen Linien D und E selbst, oder von einer dazwischen liegenden auszugehn. Wir behalten uns vor, bei anderer Gelegenheit noch eine an- dere Methode bekannt zu machen, durch welche man ohne Mess- Iusrumente aus den bekannten Brechungs - und Zerstreunngskräf- ten eines Prisma’s die eines andern mit einer Genauigkeit findet, welche für die meisten Zwecke ausreicht. Beiträge zur Kenntniss der Säugthiere Amerika’. Von Professor Dr. A. Waugner. Zuwseiskes A bitch evil ang, Abhandlungen d. II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. V. Bd. IL, Abthl. 35 DLR a Binie 5 wa er ‚r e 2 » ’ un ER S “ a s “ ac En Bear Sa y' Ayıkei ei; ‚urpihnarace wer Be, ‚sönher. ad ) f len: pe Van. zu: BL SNE a Se sone on Te, , % N abe AL | Be 4 ia. IRB) on “ ih ‚Din > erst J; r r van, x f f B ' . ar “ “ es hu “ Se ’ I“ [ | s u \ e ” . ar, r; xL f ‚Ser erh v Nr hy \ Pe eh ie y. rn 5 > # \ N Katy \ 2 / ' u; fe [® m - ‚ PAY, Pe ER wur 2 4‘ R ’ RG Ra ' » ö ” 3 € ER] Pa & ’ - & + h * h ] fe Ei [) , N v ER - A I: » Rz r P j) er “ j Beiträge zur Kenntniss der Säugthiere Amerika’s von Dr. A. Wagner. Als ich in meinen Supplementen zu Schreber's Naturgeschichte der Säugthiere die grosse Ordnung der Nager zu bearbeiten hatte, konnte ich nur noch bei den letzten Familien derselben die neuen Arten mit aufnehmen, welche Natterer auf seinen Reisen in Brasi- lien entdeckt hatte, weil ich erst zu dieser Zeit mit ihm in Verbin- dung trat. Es bleibt mir daher jetzt noch eine grosse Anzahl neuer, durch ihn entdeckten und von uns gemeinschaftlich einer genauen Prüfung unterworfenen Nagerarten übrig, von denen ich bisher blos kurze Diagnosen im Wiegmann'schen Archiv für Naturgeschichte bekannt gemacht habe und deren ausführliche Beschreibung ich hier mittheilen will. Daran werde ich die Schilderung etlicher anderer amerikanischen Arten, die mir auf anderweitigem Wege zukamen, anreihen und zuletzt von mehreren neu entdeckten amerikanischen Nagergattungen die bisher unbekannten Verhältnisse ihres Skelet- baues erörtern und in bildlichen Darstellungen zur Anschauung vor- legen. 35% 272 I. SCIURUS. Eichhörnchen. Von der zahlreichen Gattung der Eichhörnchen wären geraume Zeit hindurch nur zwei Arten aus Südamerika aufgeführt: Sciurus aestuans und Sciurus pusillus; letzterer überdiess nur aus Bujfon’s Beschreibung bekannt und wohl in keiner andern Sammlung als in der Pariser vorfindlich. Brandt war der erste, der eine neue Art unter dem Namen Seiurus Langsdorffü beifügte nach Exemplaren, die ihm durch Langsdorff aus Brasilien zugekommen waren. Die Anzahl neu entdeckter Arten mehrte sich nun aberrasch. Js. Geoffroy machte den Sciurus variabilis bekannt, doch konnte er nicht mit Sicherheit den Theil des tropischen Amerika's, aus dem seine Exem- plare abstammten, angeben. Auch Ogilby wusste für seinen Sciurus variegatoides nur im Allgemeinen die Westküste von Südamerika zu bezeichnen. Noch ungewisser blieb Waterhouse mit seinem Sci- urus dimidiatus, als dessen Heimath er nur desshalb Südamerika vermuthete, weil ihm sein Exemplar unter Fellen von Seiurus aestuans und Sciurus Langsdorffii zugekommen war. Mit Sicher- heit konnte zwar Eydoux Nordpera als den Fundort seines Seiurus stramineus bezeichnen, aber die Beschreibung ist zur sichern Kennt- niss desselben nicht ausreichend. Erst J. v. Tschudi vermochte es, uns mit der Heimath und der Lebensgeschichte des Sciurus varia- bilis nach seinen eignen Erfahrungen bekannt zu machen, und über- diess verdanken wir ihm die Bekanntmachung einer andern, durch Poeppig entdeckten peruanischen Art, des Seiurus tricolor. Aus Santa Fe de Bogota führte uns Pucheran zwei Arten vor: Seiurus rufoniger und Sciurus chrysurus. Dazu kommen nun noch die drei durch Natterer entdeckten Arten: Seiurus pyrrhonotus, igniventris und gileigularis, so dass also das Verzeichniss der südamerikanischen Eichhorn-Arten seit Buffon’s Zeiten eine ansehnliche Bereicherung erhalten hat. 273 Leider können wir nicht sagen, dass alle diese Arten bereits eine feste Begründung erlangt haben. Bei der grossen Veränderlich- keit in der Färbung dieser Thiere können vereinzelte Exemplare, über deren Heimathsverhältnisse man überdiess nichts weiss, in der Regel nicht ausreichen, um mit Sicherheit darauf eine Art zu be- gründen. Wir werden daher den meisten Kredit solchen Arten ein- räumen, die auf die Beobachtung ganzer Reihen in ihren heimischen Lebensverhältnissen fundirt sind, und diess sind hauptsächlich die- jenigen Spezies, die uns Natterer und von T'schudi vorgeführt haben. Nach eigner Vergleichung sämmtlicher von Natterr mitgebrachten Exemplare und unter Benützung seiner handschriftlichen Notizen hoffe ich im Stande zu seyn, zur sichern Kenntniss der südamerika- nischen Eichhorn-Arten und zur Berichtigung der Synonymik einen erwünschten Beitrag geben zu können, der insbesondere auch Licht auf ihre geographische Verbreitung zu werfen bestimmt ist. 1. Sciurus Langsdorffii Brisor. Das Langsdorff’sche Eichhörnchen. Sc. pyrrhonoto minor, supra pedibusque e luteo nigroque mixtus, sublus abrupte ochraceo-flavidus, tibiis extus ferrugineo- rufis; cauda ut in Sciuro pyrrhonoto. Sciurus Langsdorffii. Braxor mem. de lacad. de Petersh. 1835 p. 425 tab. 11. — A. Wasser in Schreb. Supplem. II. S. 183 [zumT heil]. Als ich in meiner Fortsetzung des Schreber’schen Säugtbier- werkes die Beschreibung von Sciurus Langsdorffii verabfassen sollte, faud ich in der hiesigen Sammlung 3 Eichhörnchen, aus der Spix'- schen Reise herrührend, vor, die nach Gestalt und Schwanzform mit der Brandt'schen Beschreibung übereinkamen und deshalb von mir dieser Art zugetheilt wurden. Obwohl ich selbst bemerklich 274 machte, dass erwähnte Exemplare nicht blos von den Brandt'schen, sondern auch untereinander abwichen, so beruhigte ich mich doch mit der Meinung, dass die Farhendifferenzen, als etwas Gewöhnliches bei den Eichhörnchen, auch bei dieser Art einen ziemlichen Spiel- raum haben dürften, und dass die gewichtigeren Abweichungen in den Maassen vielleicht von Verschiedenheit des Alters, der Prae- parirmethode oder der Art der Maassabnahme herrühren möchten. Erst als das Manuscript zum Druck abgeschickt werden sollte, er- hielt ich von Natterer ein viertes Exemplar zur Ansicht, in dem ieh den ächten Seiurus Langsdorffii erkannte, damals aber nur noch kurz bemerklich machen konnte, dass es fast ganz zur Diagnose von Brandt passe. Seitdem habe ich nun die ganze Sammlung von Natterer vergleichen können und bin dadurch mit ihm zur Ueber- zeugung gelangt, dass nicht nur meine 3 vorhin genannten Exem- plare gar nicht dem Seiurus Langsdorffüi angehören, sondern dass unter den grossen brasilischen Eichhörnchen mehrere Arten zu un- terscheiden seyen, wie ich diess nun auseinander setzen will. Nach 9 Exemplaren (4 Männchen, 4 Weibchen und 1 jungem Weibchen), die Natterer von Seiurus Langsdor/füi mithrachte, cha- rakterisirt sich dieser durch folgende Merkmale. An Grösse steht er den 3 nachfolgenden Arten nach und diess ist eines der wich- tigsten Unterscheidungskennzeichen. Die Ohren sind schmal, fast gleichbreit, an der Spitze etwas abgerundet; der Schwanz dick be- haart. Penis und Scrotum sind hängend; das Weibchen hat 4 Paar Zitzen, eines hinter den Vorderfüssen, eines zwischen den Hinter- füssen, und zwischen diesen die beiden andern. Der Rücken ist ockergelb und schwarz gesprenkelt; ersteres geht auf Kopf und Kreuz ins Pomeranzenfalbe über. Die ganze Unterseite nebst der Innenseite der Gliedmassen ist einförmig und ‚schön ockerfarbig rost- gelb; am Ende des Unterhalses mit einem kleinen weissen Fleck, der indess mitunter fast ganz verschwindet. Die Haare der Unter- 275 seite sind einfarbig; die der Oberseite schwarz mit kurzer gelben Spitze, einzelne sind jedoch auch hier einfarbig. Die vordern Glied- massen sind fahlgelb und schwarz gesprenkelt; ebenso die hintern, doch wird hier das Gelbe mehr röthlich, und die Aussenseite des Unterschenkels, so wie zum Theil noch der hintere Rand des Ober- schenkels, sind fast einfärbig feuerroth. Der Schwanz ist anfangs schwarz und falb gesprenkelt, wird aber bald einfarbig licht pome- ranzenroth, wobei jedoch hie und da das Schwarz durchschimmert, das die untere Hälfte der Haare färbt. Die Mittelseite des Kopfes und der Ohrenbesatz ist roströthlich; die Iris ist dunkelbraun, die Schnurren sind schwarz, die Schneidezähne an der Vorderfläche lebhaft roth, die Krallen bräunlich. Es ist zu bemerken, dass alle 9 Exemplare von derselben Färbung sind, nur der weisse Gurgelfleck fehlt mitunter. Ein sehr grosses Männchen von Cuyaba zeigt fol- gende Grössenverhältnisse: Körper «u nu 910% 40" Ohr fast nr ad Hg Schwanzrübe . . . 9 1 Schnurren . » 2.206 Schwanz mit Haaren 11 6 Hinterfüss . »..,2 2 Natterer hat seine sämmtlichen Exemplare in der Provinz Mato grosso erhalten, und daher stammen auch, zufolge seiner Angabe, die Exemplare von Langsdor/f. 2. Sciurus igniventris Narr. Das feuerbäuchige Eichhörnchen. Sc. supra e nigro flavoque variegatus, subtus artubusque salurate rubiginoso-rufis; cauda villosa basi nigra, dein maximam par- tem rubiginosa. ; ß. Var. unicolor nigra (Sciurus Morio). ' Sciurus igniventris. A.W%aen. Arch. f. Naturgesch. 1842. S. 360. 276 Nach 7 Exemplaren, die Natterer sämmtlich in einer und der- selben Gegend auffand, haben wir diese Art aufgestellt, die zwar im äussern Habitus und in der Beschaffenheit des Schwanzes mit Se. Langsdorffii und Se. pyrrhonotus übereinkommt, von beiden aber durch die Färbung und den Wohnort, vom ersteren überdiess durch merklichere Grösse verschieden ist. Vier von diesen Exemplaren sind rothfarbig, die drei andern schwarz. Da bei den Eichhörnchen schwarze Spielarten nichts Ungewöhnliches sind, so haben wir die schwarzen Exemplare mit den rothen für eine und dieselbe Species anzusehen uns gestattet, und glauben um so weniger einen Missgriff begangen zu haben, als beide die gleiche Heimath theilen. Von den rothfarbigen Exemplaren habe ich 2 derselben zur Beschreibung ausgewählt. Die Haare des Rückens sind schwarz mit kurzen lichten Spitzen, die bei dem einen röthlichgelb, bei.dem andern mehr graugelb sind, der Oberkopf ist dunkler; bei jenem satt rostroth mit Schwarz gesprenkelt, bei diesem rostfalb mit Schwarz gesprenkelt. Die untere Kopfhälfte ist roströthlich, was allmählig mehr Roth aufnimmt, so dass die ganze Unterseite des Leibes nebst der Innenseite der Beine schön rostrotih wird, was auf der Oberseite der Vorderarme und Hände nebst den Hinterfüssen, vornämlich aber auf der Aussenseite der Unterschenkel, noch mehr gesättigt ist und dunkel kirschroth wird. Der Schwanz ist buschig zweizeilig; auf der Oberseite rostroth, mit grossem schwarzen Fleck am Wurzeltheil, unfen ist er in der Mitte schwarz (mit wenig Roth gemengt) und beiderseits rostroth. Die einzelnen Haare sind schwarz und roth geringelt, mit rothen Spitzen; da wo das Schwarze vorherrscht, sind die Haare meist schwarz mit kurzer rother Spitze. Am andern Exemplar ist der Schwanz in der untern Wurzelhälfte fast ganz einfarbig schwarz; im übrigen grössern Theile sind die Schwanz- haare schwarz mit rostfalben Spitzen. Bei den schwarzen Exemplaren sieht man am Kopfe noch etwas 277 leichtere Sprenkelung; auch in der untern Hälfte der Schwanzhaare zeigt sich mehr oder minder eine lichtere Färbung, die jedoch äus- serlich ganz verdeckt wird, so dass die Thiere einfarbig und glän- zend schwarz erscheinen. Bei einem Exemplare sindauch die Schwanz- haare fast durchgängig schwarz und am Hinterfuss findet sich an der Aussenseite ein weisser Fleck. Die Iris ist dunkelbraun, die Schneidezähne sind vorn rothgelb, die Innenseite des Ohrs nebst der Unterseite der Pfoten ist schwärzlichbraun, die Krallen sind schwarz, an der Spitze weiss und durchsichtig. Die Länge des Körpers beträgt 113% die des Schwanzes (mit Einrechnung der Endhaare) 13, des Ohres etwas über 1“. Natterer hat alle seine Exemplare von Marabitanos, überhaupt vom Rio negro, zusammengebracht. 3. Sciurus pyrrhonofus Niart. Das rothrückige Eichhörnchen. Sc. supra artubusque extus saturate rubiginoso-rufus, sublus ab- rupte flavescens ; cauda villosa rubiginosa, pilis basi nigris. Sciurus pyrrhonofus. A. Wacn. im Arch. fürNaturgesch. 1842. S. 360. Von dieser Art habe ich 9 Exemplare, von denen 8 aus der Reise von Natterer und eines aus der Reise von Spix herrühren, vergleichen können, wodurch ich zur Ueberzeugung gelangte, dass sowohl ihre Uebereinstimmung in der Grösse und Färbung als in dem Vorkommen die Berechtigung gewährt, selbige als eigenthüm- liche Species anzuerkennen, " An Grösse übertrifft diese Art den Sc. Langsdorfii, mit dem Abhandlungen derIl. Cl. d. k. Akad. d. Wiss. V. Bd. II. Abthl. 36 218 sie, wie mit dem vorhergehenden, in dem vollen buschigen Schwanze und in den ziemlich entwickelten, mit kurzen Härchen besetzten Ohren übereinkommt. Der Hodensack ist nicht sonderlich gross und behaart. Die Farhe der Oberseite und Aussenseite ist lebhaft rostroth, was auf der Vorderhälfte mehr ins Goldfalbe oder Pomeranzenrothe, auf dem Hinterrücken aber und der Aussenseite der Gliedmassen gesät- tigt und höchst lebhaft feurig rostroth ist. Die Unterseite ist weiss- lichgelb oder ockergelb, was von der Farbe der Oberseite scharf abschneidet und am Vorderhalse am lichtesten ist. Auf der Ober- seite des Kopfes sind die Haare stark mit Schwarz gesprenkelt, auf dem Vordertheil des Körpers längs des Rückgraths schwächer; dagegen ist an dem Hinterrücken, den Seitentheilen, des Körpers und der Aussenseite der Gliedmassen die rothe Farbe fast einförmig, indem hier den Haaren die kurzen schwarzen Spitzen fehlen, welche gewöhnlich auf den Haaren der Vordertheile sichtlich sind; das Ueb- rige derBehaarung ist roth mit kurzem schwarzen Grundtheile. Auf der Unterseite sind die Haare einfarbig. Die 4 Füsse sind auf der Oberseite entweder eben so feurig roth wie die Arme und Schenkel, oder sie sind etwas lichter als diese. Die Schneidezähne sind vorne lebhaft roth, die Schnurren schwarz, die Ohren rostroth behaart, die Krallen bräunlich. Am Schwanze ist die vorherrschende Farbe rost- roth, das gegen das Ende jedoch durch Aufnahme von mehr Gelb immer lichter wird; bald hinter der Schwanzwurzel zeigt sich auf der Unterseite ein langer schwarzer Fleck, während sonst das Schwarz nur bei ausgebreitetem Schwanze durchschimmert. . Die. einzelnen Haare des Schwanzes sind rostroth oder vostgelb in ihrer äussern Hälfte, und schwärzlich in ihrer untern; an dem erwähnten schwar- zen Fleck der Unterseite haben die Haare nur kurze rothe Spitzen, daher die schwarze Färbung hier vorherrscht, während sie an den andern durch die langen rothen Spitzen ganz verdeckt wird. Die 8 Exemplare von Natterer sind alle gleichfarbig, Bas 279 Exemplar von »Spix, welches ich in Schreber's Supplementen bei Se. Langsdorffii unter N. 1. aufgeführt habe, kommt in allen Haupt- stucken mit ihnen überein, a ie Aa Schweifrübe . . . . 10 2 !Schnurren . . 2» ..925 Schwanz mit Haaren , 13 2 Neriiterfüns mit Kralle. 2 6 Natterer's Exemplare, wurden bei Borba, also in der Nähe der Ausmündung des Rio Madeiro in den Amazonenstrom, gesammelt; das Exemplar von Spix@ ist ohne Bezeichnung des Fundortes, aber wahrscheinlich auch aus der Nachbarschaft dieses Stromes herrührend, 4. Sciurus tricolor Pozer. Das dreifarbige Eichhörnchen. Sc. „supra nigro-ochraceo irroralus rufescens; cauda basi nigra, apice rufa“. Tscuuv. Sciurus tricolor. Tschup. Faun. peruan. S. 156. tab. 11. In J. von T'schudi's Fauna peruana, die für Peru denselben hohen Rang einnimmt, den Azara’s und Rengger's Werke für Para- guay, des Prinzen von Neuwied Naturgeschichte von Brasilien für letzteres Land behauptet, findet sich unter dem Namen Sc. tricolor die Beschreibung eines Eichhörnchens, das Poeppig in den fenchten Urwäldern des tiefgelegenen Theils von Maynas, also ganz im nord- östlichen Peru entdeckt hatte. Es werden in dem angeführten Werke 2 Exemplare beschrieben, die beide von Poeppig mitgebracht wur- den; (die eine Beschreibung rührt von diesem selbst her, die andere von Grävenhorst. Nach Gravenhorst's Beschreibung ist die Oberseite schwarz, jedes einzelne Haar mit ‚einem hell ockergelben Ringe oder der- gleichen Spitze; “ler Uhiterleib ist schmutzig gelblich weiss. Die Vorderbeine sind äusserlich wie der Rücken, itmen 'wie der Bauch 36 * 280 gefärbt; die Hinterbeine sind äusserlich ockergelb braun, sonst zimmt- braun, ‚mit. untermischten, schwarz oder hell ockergelb geringelten Haaren; innen wie der Bauch. Der Schwanz ist anfangs: schwarz, mit untermengten braunen oder gelbbraunen geringelten Haaren; die übrigen buschigen Haare sind schwarz mit hell fuchsrothen Spitzen. Die Länge des Körpers beträgt 12” 2. Nach Poeppig’s Beschreibung sind die Kopfseiten, die ganze Unterseite und die Innenseite der Gliedmassen einfarbig rostgelb, fast ganz so wie bei Sc. vulpinus. Auf dem Rücken und der Aus- senseite der Gliedmassen sind die Haare schwarz mit breitem roth- gelben Ringe, der Schwanz im ersten Viertel ganz schwarz, das Uebrige vorherrschend rothgelb. Die Länge des Körpers beträgt 42” leipz. Maass — 103” par. Maass. Dieses Exemplar ist also etwas lebhafter, namentlich auf der Unterseite, als das vorige ' gefärkt. Aus der Reise von Spix sind in unserer Sammlung 2 Exem- plare (beides Weibchen) aufgestellt, die am Amazonenstrome erlegt wurden und von mir unter Nr.2 und 3 bei Sc. Langsdorffii in den mehrmals angeführten Supplementen zum ‚Schreber’schen Werke auf- geführt sind. Damals war der Se. tricolor noch. unbekannt, sonst würde ich sie wohl diesem zugetheilt haben, da sie sich in der That zunächst diesem anschliessen, wenn gleich ihre Färbung andere Nü- ancen darbietet. Bei dem einen ist der Oberleib schwarz und brand- gelb gesprenkelt, was an den Hinterbeinen in ein sattes, aber trübes Rostroth übergeht; der ganze Unterleib ist abgeschnitten graulich- weiss, Der Schwanz ist ähnlich gefärbt wie vom Se. tricolor be- schrieben wird, also auch ähnlich dem des Se. pyrrhonotus, nur nicht so lebhaft. — Das andere Exemplar ist auch am ganzen Oberkörper schwarz und brandgelb gesprenkelt, aber das Schwarz herrscht über das Gelbe so vor, dass dadurch die Färbung ganz ’ 281 dunkel: wird; der; Unterleib ist scharf abgeschnitten rostigbräunlich; der. Schwanz ‚ebenso, aber‘ dunkler, ‘was an: seiner ı Wurzel in's Schwarze übergeht. Zitzen gibt Gravenhorst nur 3 Paare an, und eben so viel sind bei unserer dunkeln Abänderung vorhanden; dagegen hat die hellere Abänderung 4 Paar Zitzen, in derselben Vertheilung wie ich sie von Se. Langsdorffii angegeben habe. Von unserer helleren Abänderung habe ich folgende Maasse abgenommen: u 4"\ Ohr ohngefähh . . . 17 1 Schweifrübe . . . . 11 0 \Schnuren . . :»..02 6 Schwanz mit Haaren . 13 6 !Hinterfuss mit Kralle. 2 6 Das dunklere von unsern Exemplaren ist um etliche Linien kleiner, wobei ich bemerke, dass ich die Körperlänge immer von der Nasenspitze bis zur Schwanzwurzel nach der Krümmung der Mittellinie der Oberseite messe. Vergleicht man nun die Beschreibungen meiner beiden Exem- plare mit den beiden anfangs angeführten, so ersieht man allerdings, dass jene in der Färbung nicht blos von den andern, sondern auch unter sich abweichen. Indess sind doch Uebergänge nachzuweisen. Am lebhaftesten gefärbt ist das von Poeppig beschriebene Exeniplar, bei dem auch der Unterleib rostgelb ist. Schon bei @ravenhorst's Exemplar lässt die Lebhaftigkeit nach; der Unterleib ist nur noch schmutzig gelblichweiss. Noch etwas mehr schwächt sich die Fär- bung bei unserem ersteu Exemplare, indem der Unterleib blos grau- lichweiss ist. Am andern von unseru beiden Individuen wird end- lich die Färbung ganz düster, indem sie durch einen dunkeln An- flug völlig getrübt wird. — So sind es also nur verschiedene Nüancen 282 einer ‘und derselben Grundfarbe, durch welche diese 4 Exemplare von einander differiren; nimmt man nun noch. ihre Uebereinstimmung in den äussern F'ormverhältnissen hinzu, so wird man nicht umhih können, in ihnen Glieder einer und derselben Art zu erkennen. Auch hinsiehtlich der Heimath schliessen sie sich aneinander an, denn während Poeppig seine Exemplare im nordöstlichen Theile von Peru sammelte, brachte Spix die seinigen aus dem nordwestlichen Brasi- lien, das an jenes Gebiet angrenzt, zusammen. Während wir uns also, dem eben Gesagten gemäss, im guten Rechte glauben, wenn wir unsere Exemplare mit den Poeppig'schen in eine und dieselbe Art zusammenstellen, so können wir doch nicht die Frage umgehen, ob nicht am Ende dieser Sc. tricoler nichts weiter als die allmählig immer mehr erblassenden und sich verdü- sternden Ahänderungen des Se. pyrrhonotus umfasse und demnach dieser Species einzuordnen sey. Auf diese Frage können wir, wie wir es unumwunden gestehen, keine sichere Antwort geben. Wir haben zwar alle 9 vorhin angeführten Exemplare von Se. pyrrho- notus von einer gleich lebhaften feuerrothen Färbung der ganzen Oberseite gefunden, wie sie an den 4 Exemplaren von Se. tricolor durchaus vermisst wird; indess es könnten ja wohl Mittelglieder auch entdeckt werden, die bisher uns noch fehlen. Der äussere Ha- bitus und die Grösse stimmen bei allen überein und die Verbreitungs- verhältnisse sind einer spezifischen Vereinigung 'ebenfalls nicht ent- gegen. Wir können daher dem Se. tricolor vor der Hand nur eine provisorische Berechtigung auf seine Geltung als Art zuerkennen, und müssen es weiteren Untersuchungen, die wohl nur in seiner eiguen Heimath vorzunehmen wären, überlassen, eine definitive But- scheidung für oder gegen unsere Vermuthung herbei zu führen. Noch ist zuletzt der Se. varzabilis J. Geoffr. in Vergleich zu ziehen, der jedoch, zumal in der Abänderung mit röthlichem Bauche, 233 dem Se. pywrhonotus noch weit näher als dem So. tricalor steht, sich aber sohon ala besondere Art durch seine geringere Grösse un- terscheidet. Nach Tschudi hat Se. variabilis eine Länge von 10“, nach Js, Geoflroy nur 94”; unser Exemplar, das ebenfalls aus Tschu- di’s Reise herrührt, misst 9“ 3“, der Hinterfuass mit Kralle 2“. 5. Sciurus gilvigularis Narr. Das gelbkehlige Eich- hörnehen. Sc. aestuan ti simillimus, at saturatius coloratus. ula ochra- 2 ’ ced, cauda angustiore, abdosnine concolore. Sciurus gilvigularis, A. Wasy. im Arch. f, Naturgesch, 1843. 2, 8. 43; 1845. 8. 148. Das gelbkehlige Eichhörnchen ist dem Sc. aestuans dermassen ähnlich, dass ich mich, wenn ich nicht mit der grossen Differenz in ihrer geographischen Verbreitung durch Natterer bekannt gewor- den wäre, nicht für berechtigt angesehen hätte, beide von einander zu trennen, indem die Wandelbarkeit der Färbung bei diesen Thieren etwas Gewöhnliches ist. Wenn man aber in Erwägung zieht: 1) dass die vielen Exemplare, ‚welche Natterer in den südlichen Provinzen Brasiliens zusammenbrachte, in der Färbung, namentlich in der weissen Kehle,; so wie in der längern Schwanzbehaarung, durchgängig miteinander übereinstimmen; 2) dass diese Exemplare ganz wit den vom Prinzen von Neuwied auf der Südhälfte der bra- silischen Ostküste beobachteten übereinkommen; 3) dass ferner Nat- terer auf seinen Jangen Wanderungen durch die westlichen Theile der mittlern Provinzen Brasiliens die kleinen Eichhörnchen überhaupt nicht mehr antraf, bis er erst unweit der Einmündung des Madeiro in den Amazonenstrom ihnen wieder hegegnete; 4) dass endlich eine genane Musterung der durch Natterer von letztgenannter Lokalität mitgebrachten vielen Exemplare die überraschende Wahrnehmung 284 ergiebt, dass diese nördlichen Eichhörnchen in gewissen Stücken, alle ohne Ausnahme, von den südlichen abweichen, ‘während sie üb- rigens unter sich die grösste Uebereinstimmung zeigen; — wenn man also diese verschiedenen Beziehungen zusammenfasst, so wird man es wohl gerne einräumen, dass wir hier zwei gesonderte For- men vor uns haben, wobei es unentschieden bleiben kann, ob wir dieselben als Rassen einer und derselben Art, oder als zwei ver- schiedene Arten anzuerkennen haben. Der äussere Habitus des Sc. gilviyularis ist ganz der des Sec. aestuans, nur ist der Schwanz beträchtlich schmäler, übrigens ist er ebenfalls von einer ziemlich platten, auf der Unterseite deutlich zweizeiligen Beschaffenheit. Die Färbung der Ober- wie der Un- terseite hat mehrRoth als bei Sc. aestuans aufzuweisen. Die Ober- und Aussenseite ist fein aus Schwarz und Orangeroth gesprenkelt, indem die Haare hier bis zu den Zehen herab aus diesen Farben geringelt sind. Die Unterseite des Körpers nebst der Innenseite der Beine ist rostfalb in verschiedenen Abstufungen. Kinn, Unterkiefer und Keble sind am lichtesten, nämlich hell rostig ockerfarben, was schon weit vor der Brust in ein lebhaftes Orangeroth übergeht, das hinter der Mitte des Bauches nicht blos an Lebhaftigkeit abnimmt, sondern auch wegen den durchschimmernden grauen Haarwurzeln ein trübes Ansehen, namentlich auf der Innenseite der Hinterbeine erlangt; am blassesten ist die Innenseite der vordern Gliedmassen. Die weisse Längslinie längs der Bauchmitte, welche sich bei Se. aestuans findet, fehlt hier. DieHaare der Unterseite sind am Grunde grau, was an Hals und Brust verdeckt ist, am Hinterbauch und der Innenseite der Beine merklich durchschimmert. Die Farbe der Un- terseite schneidet scharf von der der Oberseite ab; ein lichteres Band zwischen beiden ist nicht vorhanden, doch sind die Seiten lichter gefärbt als die Bauchmitte. Der Schwanz ist schwarz und rostig ockerfarben gesprenkelt, indem seineHaare aus diesen Farben gleich- 285 mässig geringelt sind; nur an der äussersten Schwanzspitze herrscht das Schwarze. vor. Die Iris ist dunkelbraun, der nackte Theil der Nase und der Ohren im Leben hell braungrau; die Schneidezähne sind vorn satt safranroth, die Schnurren schwarz, die Krallen braun mit lichtern Spitzen. Der Hodensack ist gross und hängend. Körper DE ae RL WEST HEUNREAHEON I. 0, on Wal ul ERGE OL EIEONE N. 77 aaa Qu OEL ONTHEEIRE 02000 Schwanz mit Haaren fast9 0 |Hinterfuss mit Krale 1 7 Alle Exemplare, die vorstehender Beschreibung zu Grunde liegen, sind von Natterer in dem Urwald von Borba, an der Ausmündung des Rio Madeiro in den Amazonenstrom, gesammelt worden. Wäh- rend dieselben alle miteinander übereinstimmen, zeigt dagegen ein Exemplar, das zwar auch aus dem Norden Brasiliens, aber aus der entgegengesetzten Richtung, nämlich von Para an der Ostküste her- rührt, eine merkliche Abweichung, so dass man schwankend werden könnte, ob es zu Se. gilvigularis oder zu Sec. aestuans zu briugen wäre. Bei dem gedachten Exemplare nämlich ist der Unterkiefer, Vorderhals, die Leibesseiten, Hinterbauch und ein schmaler Streif auf der Innenseite weiss, was wie ein Saum die rostgelbe Färbung der Brust und des Bauches einfasst und in sie allmählig übergeht. Der Schwanz ist auf der Oberseite schwarz und weiss gesprenkelt, indem dieHaarspitzen hier weiss sind; der untere Theil der Sch wanz- haare ist aber auf beiden Seiten falb. Der Umstand, dass der Schwanz schmal und der ockerfarbige Bauch ohne weissen Mittel- streif ist, weist darauf hin, dass wir diese Abänderung bei Sec. gil- vigularis und nicht bei Sc. aestuans einzureihen haben. Sie ver- dient in so fern Aufmerksamkeit, als, wenn es sich erweisen sollte, dass die Färbung eine constante ist, unter dem Sc. gilvigularis eine westliche und östliche Rasse unterschieden werden könnte. Eine nah verwandte Art scheint der von Pucheran in der Rev. zool. 1845. p- 336 charakterisirte Sciurus rufoniger von Santa Fe de Bogota zu seyn. _ Abhandlungen d. II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss, V. Bd. II. Abth, 37 236 Il. ISOTHRIX. Schlichtratte. Als ich vor 5 Jahren die sämmtlichen von Natterer aus Bra- silien heimgehrachten Nagerarten musterte, fand ich unter den zur Gruppe von Loncheres gehörigen Arten zwei Formen auf, die eine merkwürdige Mittelbildung zwischen den eigentlichen Loncheres und Echinomys darstellten, so dass sie keiner der beiden Gattungen ein- gereiht werden konnten, dabei aber doch unter sich so erhebliche Differenzen zeigten, dass sie nicht unter einen gemeinschaftlichen Gattungsbegriff zu bringen waren. Wollte man daher die hergebrachte Grenze zwischen Loncheres und Echinomys festhalten, so blieb nichts anders übrig, als aus den beiden Mittelformen gesonderte Gattungen zu machen, von denen wir die eine Isothrix, die andere Mesomys nannten. Jener konnten wir gleich 3 Arten, dieser nur eine zuweisen, die bisher sämmtlich unbekannt waren, Isothrix kommt in Bau der Füsse und Ohren mit Loncheres (Nelomys) überein, dagegen ist der Pelz stachellos und das Gebiss ist ganz verschieden, indem es sich zunächst an das von Echino- mys anschliesst, jedoch mit erheblichen Abänderungen. Um es kurz zu sagen, das Gebiss verhält sich ganz so, wie es Pictet von sei- nem Nelomys pictus abgebildet hat. An diese kurze Charakteristik der Gattung Isofhrix mögen sich noch einige weitere Bemerkungen anschliessen. Die Nasenkuppe ist stumpf und nakt; die Ohren kurz, gerundet und erinnern in den all- gemeinen Umrissen einigermassen an die Form des menschlichen Ohres. Die Füsse sind kurz und breit; die vordern vierzehig mit einem kleinen Daumenrudiment, die hinteren fünfzehig. Der Pelz ist weich und ermangelt der Stacheln, hat auch keine flach gedrück- ten Haare eingemischt, wodurch die Schlichtratte sich gleich äusser- lich .von Loncheres unterscheidet. Der Schädel zeigt im Allgemeinen 287 die Form von Echinomys und der Gaumen ist breit. Die Schneide- zähne sind glatt. Die Backenzähne *) bilden eine etwas längere Reihe als bei Echinomys, fast so lang als bei Loncheres; so ist 2. B. bei J.pagurus die obere wie die untere Reihe 5 Linien lang. Um zunächst hei dieser Art, J.pagurus, stehen zu bleiben, so haben die obern Backenzähne eine etwas ovale Form, sind fast gleich gross, jeder auf der Mitte der Innenseite mit einer senkrechten Längs- furche, wodurch auf der innern Seite der Kaufläche, eine, von einer kurzen Schmelzschlinge umfangene Einkerbung entsteht. Die äussere Seite zeigt zunächst 2 grössere Schmelzschlingen, in deren jeder, je nach dem Grade der Abnützung, noch eine Schlinge oder eine geschlossene Ellipse vorkommt, Die obern Backenzähne geben sich hinten etwas auseinander. Die untern Backenzähne haben eine tiefere äussere und 2 seichtere innere Einkerbungen, wodurch auf der In- nenseite 3 Schmelzschlingen entstehen; der erste Zalın ist etwas schmäler und vorn zugespitzt. Bei J. bistriatus sind dieBackenzähne eben so wie bei J. pa- gurus geformt; da sie aber bei dem Exemplare, das mir zur An- sicht diente, minder abgenützt sind, so zeigen sie etwas andere Schmelzfiguren. Von den obern Backenzähnen, ist jeder auf der In- nen-, wie auf der äussern Seite eingekerbt. Der erste Backenzahn zeigt 4 Schmelzschlingen am äussern Rande; die andern haben meist nur 2 aufzuweisen, überdiess jeder innen mit schmaler Ellipse. Als Gattungsmerkmale können wir für Isothrix folgende auf- stellen: dentes molares 4-4 complicati ovati; vellus molle, auriculae *) Unter dem Namen Mesomys bistriatus u, pagurus [Mesomys fälschlich für Isothrix] habe ich von diesen beiden Arten das Gebiss im Schreber’- schen Werke tab. CCXXXIX. D fig, 5 u. 6 abgebildet. 37*7 288 mediocres rotundatae, rostrum obtusum, Ttarsı breviusculi latı. Dieser Gattung haben wir 3 Arten EREENIEERER die sämmtlich durch Natterer entdeckt sind. 1. Isothrix Pagurus Nirr. Die ungeschwänzte Schlicht- Ratte. I. antice e stramineo nigroque, postice e rubiginoso nigroque va- riegatus, subtus lutescens; rostro supra fulvo, cauda nulla. Isothrie Pagurus. A. Wacn. im Arch, f. Naturgesch. 1845. S. 146. Der Habitus erinnert an die Wasserratte; der Kopf ist dick, die Ohren sind kurz, nackt und halboval, die Oberlippe ist gespal- ten, aber die Spalte oben ganz durch ein Häutchen vereinigt; die Füsse sind kurz und plump mit breiter Sohle. An den Vorderfüssen sind die beiden mittlern Zehen gleichlaug, die 2te und öte ebenfalls, der Daumen ist kaum merklich. An den Hinterfüssen sind die drei mittlern in der Läuge wenig verschieden, dann kommt die äussere und zuletzt die innere. Die Krallen sind kurz, aber ziemlich stark. An dem einzigen Exemplare, das Natferer ausfindig machen konnte, fehlt der Schwanz, und zwar, wie mein verstorbener Freund meint, ursprünglich. In seinen Notizen heisst es über diesen Punkt: „ohne Schwanz, blos mit einem kurzen breiten Rudimente.“* Der Pelz ist sehr weich und sanft. u Die Farbe des Scheitels, Hinterkopfs, Oberhalses und des Wi- derrists ist blass lehmgelb und schwarz gesprenkelt, längs der Mit- tellinie mit viel Schwarz. Vom Ende des Widerrists an nimmt die gelbe Grundfarbe roth auf, das hinterwärts immer lebhafter wird, so dass der Hinterrücken und die Aussenseite der Schenkel rostig pomeranzenroth erscheint, was durch eine feine schwarze Sprenke- lung etwas getrübt wird. Die Seiten sind lehmgelb, was längs der 289 ganzen Unterseite nehst der Innenseite der Beine etwas lichter wird. Die Haare der Oberseite sind in der untern Hälfte schiefergrau, was an denen der Unterseite nur wenig merklich ist. Die Nase nebst einem breiten Streif, der jederseits durch das Auge bis zum Ohre ‚zieht, sind rostroth. Die sehr langen und zahlreichen Schnurren, so wie auch die langen Borsten hinter und über dem Auge sind schwarzbraun. Die Schneidezähne sind vorn wachsgelb; die Iris des grossen hervorliegenden Auges ist nach Natterer dunkelbraun; der Augenring, die Nasenkuppe und die nackten Obren dunkel röth- lichbraun, die Sohlen röthlichgrau. Die Vorderfüsse sind fahlgelblich behaart, mit braunrothem Fleck über der Handwurzel; die Hinterfüsse sind licht roströthlich, Die Nägel sind weisslich. Körper. anche 1 0 Schnurten. Amina 6,0 Mlın ı: hin nee sat 6 |Hinterfuss mit Kralle . 1 64 Natterer fand dieses Exemplar, ein Männchen, im Walde bei Borba, 2. Isothrix bistriatus Narr. Die zweistreifige Schlichtratte. I. supra luteo nigroque variegatus, subtus lutescens; capite fascis duabus nigris; cauda longa villosa nigra, basi flava. Isothrix bistriatus. A. Waen. im Arch. f. Naturgesch. 1845. S. 146. Hü- Ist eine sehr ausgezeichnete Art. Kopf, Ohren und Füsse ganz, von Loncheres. Der Schwanz ist seiner ganzen Länge nach gleich- förmig und dicht mit 5—6 Linien langen Haaren besetzt, so dass er dünn eylindrisch ist; er erscheint etwas struppig, weil die Haar- spitzen vorwärts gehogen sind, Der Pelz ist sehr weich und sanft. 290 Die Oberseite ist olivengelb mit feiner schwarzer Sprenkelung, welche sich auf den Beinen und den Seiten mehr verliert und am ganzen Unterleib und der Innenseite der Gliedmassen einförmig ocker- gelb ist. AlleHaare sind in ihrem untern Theil schieferschwärzlich, was auf derOberseite den grössern, auf der Unterseite den kleinern Theil der Länge ausmacht. Die obern Haare setzen am gelben Ende gewöhnlich eine kurze schwarze Spitze an, auch mischen sich ganz schwarze Haare ein. Die Seitentheile desKopfs und die Schnautzen- spitze fallen in’s licht Aschgraue. Durch die Augen läuft jederseits eine breite schwarze Binde, welche hinter dem Ohr wegzieht und erst am Ende desNackens sich verschmälert und, mit gelber Spren- kelung gemischt, fast bis zur Mitte des Rückens verfolgt werden kann, wo sie mit der andern zusammenstösst und hier eine stärkere schwarze Bespritzelung 'hervorbringt. Zwischen diesen Streifen ist der Hinterhals und Scheitel blass eitrongelb, was über den Augen in die graue Farbe der Schnautze übergeht. Die sehr langen Schnur- ren nebst den Borsten über und hinter dem Auge sind schwarz. Die Iris ist dunkelbraun, Nasenkuppe und Ohren schwarz, letztere nackt und nur am Rande mit langen Härchen besetzt. Der Unterkiefer ist graulich, die Füsse sind lichtgelb, die Nägel weisslich. Der Schwanz ist gegen 3” lang rostgelb, dann schwarz, mit einzelnen graulichen Haaren, zumal auf der Unterseite. Körper RI Erna‘, ey pie ge Schwanz . . .. . . 10 3 |Hitefuss . . ... 1 10 Natterer brachte ein einziges Exemplar, ein Männchen, von dieser Art zurück, das er am Rio Güapore gefangen hatte. Es hatte aus dem Loch eines hohen Baumes umhergeschaut, sich dann aber gleich wieder zurückgezogen, so dass er es nur durch Fällen des Baumes aus seinem Versteck herausholen konnte. 291 3. Isothrix crassicaudus Nırr. Die dickschwänzige Schlichtratte. I. supra sordide flavido nigroque variegatus, subtus pallide lutes- cens; cauda dense pilosa, supra fusca, subtus luteo-albida. Isothrix pachyurus. A. Wacn. im Arch. für Naturgesch. 1845. S. 146. Obschon mir die Beschaffenheit des Schädels und der Backen- zähne von dieser Art nicht bekannt ist, so glaube ich mich doch nicht zu irren, wenn ich sie in Hinsicht auf die Form der Füsse, auf die kurzen gerundeten Ohren, dem Mangel der Stacheln und dem kurzbuschig behaarten Schwanze zu Isothrix zähle. Da es mir überdiess fast ausser Zweifel erscheint, dass sie mit Lund’s Nelo- mys antricola identisch ist, so wird ihre Einreihung unter Isothrix um so mehr gerechtfertigt, als bei. letztgenannter Art das Gebiss im Wesentlichen den Typus von den Schlichtratten zeigt. Den frühern Namen I. pachyurus haben wir später in den gleichbedeu- tenden J. cerassicaudus umgeändert. Der Pelz ist etwas rauh, aber durchaus ohne eine Spur von Stacheln. Der Kopf ist stumpf, das Ohr abgerundet, und in der Mitte des Hinterrandes etwas eingezogen und nackt, nur mit sehr feinen Härchen sparsam besetzt. Die Füsse sind etwas schmäler als bei den 2 andern Arten und reichlich behaart, Der Schwanz ist sehr dick an der Wurzel, nimmt aber gegen die Mitte hin schnell ab und läuft dünn aus; er ist dicht mit 5—6 Linien langen steifen, etwas nach aussen gebogenen Haaren besetzt. Höchst merk- würdig ist die Stellung der Zitzen an dem, der Beschreibung zu Grunde liegenden Thiere. Wie Natterer in seinen Notizen hierüber bemerkt, „so fanden sich 4 Zitzen an den Seiten desKörpers, näm- lich hinter den Vorderfüssen auf jeder Seite eine und vor den Hin- 292 terschenkeln ebenfalls eine. Sie stehen nicht auf dem Bauche, son- dern schon ausser der Mitte des Körpers; selbst von der Seite be- sehen, und in der Mitte eine Längslinie gezogen, stehen sie schon oberhalb dieser Linie. Die Zitzen waren voll Milch,“ Die sonder- bare Stellung der Zitzen oberhalb ‘der Mittellinie der Leibesseiten ist demnach von derselben Weise wie bei dem Myopotamus. Die Haut war übrigens, wie Nafterer weiter zufügt, so mürbe wie Teig und zerriss, wie man sie anrührte, war also noch viel schlechter als die von der Cavia Paca. Die Färbung der Oberseite ist so ziemlich der der Wanderratte ähnlich, nämlich schmutzig bräunlich-fahlgelb und schwarzhraun ge- sprenkelt; die Unterseite ist hell gelblich. Die Haare der Oberseite sind graulich, mit kurzen rostgelben Enden, die meist eine ganz kurze schwarze Spitze ansetzen; einzelne Haare sind ganz. schwarz. Auf derUnterseite sind die Haare fast einfarbig. Die langen Schnur- ren sind dunkelbraun, einige mit lichtern Spitzen, die kürzern sind weisslich; die Borsten hinter und über den Augen dunkelbraun. Von letzterer Farbe ist auch die Iris, und um das Auge zieht sich ein weisser Kreis; die fleischfarbigen Ohren sind mit-gelblichen Härchen besetzt. DieFüsse sind gleich dem Unterleib hellgelblich ; die Nägel lichtbraun. Der Schwanz ist auf der Oberseite Bu auf der Unterseite gelblichweiss. Körper 2.2.2100 "url Ohren N ge Hg Schwanz 2, "a ErBinterfüss 2 4 un RE Das hier beschriebene Weibchen wurde in einem Hause von Coyaba (Provinz Mato grosso) gefangen; es scheint mir, dass der Schwanz durch das Ausstopfen von seiner ursprünglichen Länge etwas verloren hat. Naiterer erlielt aus derselben Lokalität ein zweites Exemplar, ein junges Männchen, dessen Körper 8“, der Schwanz fast 64“Länge hatte. Bei diesem war der ganze Unterleib 293 weiss, das Ohr schmutzig. weiss, mit sparsamen weissen Härchen besetzt, der Augenring schwarzbraun, die Augenlieder mit weissen Haaren eingefasst. III. MESOMYS. Stutzratte. Auch bei dieser Gattung kommt, wie bei der vorigen, der äussere Habitus, insbesondere die Form des Kopfes, der Ohren und Füsse ganz mit Loncheres überein; dagegen verhält sich Gebiss und Breite der Backenzähne vollkommen wie bei Echinomys fuliginosus. Da nun Mesomys zugleich den Stachelbesatz der ächten Stachelratten hat, so haben wir an ihm im strengsten Sinne des Worts eine Mit- telform, die gerade in derMitte von Loncheres und Echinomys steht, während Isothrie durch Mangel der Stacheln und Eigenthümlich- keiten im Zahnbau schon etwas mehr auf die Seite gedrängt ist. Diese Mittelgattung können wir also kurz durch die Diagnose cha- rakterisiren: habitus Loncherium, dentes Echinomyum, spinae validae. 1. Mesomys ecaudatus Narr. Die ungeschwänzte Stutzratte. M. supra fulvidus, nigro-adspersus, subtus unicolor ochraceus, cauda nulla. . Mesomys ecaudatus, A. Wass. im Arch. für Naturgesch. 1845, S. 145. Nur ein Exemplar ist es, was Nafterer von dieser Art erlangte und zwar auf eine sonderbare Weise, indem es bereits in den Klauen eines Falken und schon der Kopf angefressen war, als der Räuber von ‚einem Baume im Urwald herabgeschossen und beide unserem Rei- senden frisch zu Theil wurden, Abhandlungen der II. Ci. d. k, Akad. d. Wiss. V. Bd. II. Abthl. 38 294 Der Leib ist dick und kurz. Die Oberlippe ist nur schwach ausgerandet, sonst ganz, die Schnurren zahlreich und lang, die Ohren klein und wenig behaart, die Augen mittelmässig. Die Füsse sind kurz und sehr breit; an den vordern ist der Daumen nur ein Rudiment mit kleinem abgestutzten Nagel, die beiden mittlern Zehen fast gleich lang und die seitlichen nur wenig kürzer. An den Hin- terfüssen ist die innerste Zehe die kürzeste, die beiden mittlern fast gleichlang und die beiden seitlichen nur wenig kürzer und gleichlang. Die Nägel sind zusammengedrückt und sichelförmig. Der Schwanz fehlt ganz, und zwar nach Natterer's Versicherung ursprünglich. In seinen Notizen heisst es: „keine Spur eines Schwanzes, kaum an dessen Stelle ein Knöpfehen mit dem Finger zu entdecken.“ Die Stacheln, welche den Körper besetzen, sind lang, starr, riemenartig, auf ihrer Oberseite tief ausgehöhlt, beginnen vom Scheitel an und reichen bis zum After und tief an den Seiten herab; dazwischen finden sich nur wenige Borsten. Die Farbe der Oberseite ist hauptsächlich rostfalb, mit etwas Grau und Schwarzbraun gesprenkelt. Die Unterseite ist einfarbig lehmgelb, was am Kinn und um die Oberlippe schmutzig weisslich wird. Die Füsse sind gelblichweiss behaart, die Nägel weisslich. — Die Stachelu sind dem grössern Theil ihrer Länge nach hellgraulich, was alsdann ins Schwärzlichbraune übergeht, mit kurzer pomeranzen- farbiger Spitze. Die eingemischten Haare der Oberseite sind in ihrer untern Hälfte graulich, in ihrer obern rostfalb. Die Haare der Unterseite sind einfarbig. Die Iris ist dunkelbraun, die Schnurren schwarzbraun, die Zähne vorn orangefarbig. Körper... 2.222.. ,6%,8“|Stacheln längste . .. 0”. 10 Obren obngefähr . » . 0: 5 |Hinterfass 2... 0.41 4 Schnuurren . © 2. 2.7 |Breite desselben . . 0 4% Es war ein trächtiges Weibchen, das Natterer in der angege- benen Weise im Urwald von Borba erhalten hatte. In seinen schrift- 295 lichen Notizen bemerkt er Folgendes: „2 Zitzen nahe an der Clitoris, 2 andere an den Seiten des Körpers zwischen den Vorder- und Hinterfüssen. War trächtig mit einem Jungen, was noch sehr klein war, doch war sehr deutlich ein kurzes Schwänzchen zu bemerken.“ IV. LONCHERES. WLanzenrätte. Zu dieserGattung, welche in meinen Supplementen zum Schreber'- schen Werke nur mit 6 Arten aufgeführt ist, hat Natferer's Reise 3 neue hinzugefügt, von denen die beiden ersten zu den behaart- schwänzigen, die letzte zu den nacktschwänzigen gehört. Eine 4te neue Art, die im Frankfurter Museum aufgestellt ist, habe ich gleich- falls hier aufgenommen. 1. Loncheres grandis Nars. Die grosse Lanzenratte, L. supra aureo-fulva, nigro-irrorata, subtus lutescens; capite nigro, paululum fulvo-adsperso; pedibus fuscis, spinis mollibus. Loncheres grandis. A. Wen. im Arch. f. Naturgesch. 1845. S. 146. Von dieser Art konnte Natterer nur ein Exemplar mit verstüm- meltem Schwanze auftreiben. Schädel -und Gebiss desselben sind mir unbekannt, doch halte ich es seiner Verwandtschaft mit Zon- cheres cristata wegen für ein ächtes Mitglied dieser Gattung. Der Habitus ist der gewöhnliche der Lanzenratten; die Ohren sind kurz und gerundet, die Schnurren zahlreich und bis zu den Schultern reichend: über und hinter dem Auge finden sich ebenfalls lange Borsten. Die Füsse sind kurz und sehr breit, mit kurzen, aber starken Krallen. Die Haare der Oberseite erweitern sich et- was und sind ausgehöhlt, ohne jedoch steife Stacheln zu bilden, die 38* 296 ganz fehlen; ausserdem giebt es noch einfache Borstenhaare, Der noch übrige Schwaunzstummel misst 24“ und ist dicht behaart; seiner Stärke nach lässt er anf eine Länge schliessen, die der des Kör- pers gleichkommen dürfte, Die Oberseite ist licht pomeranzenfarbig mit Schwarz gespren- kelt, wobei dieHaare dem grössten Theil ihrer Länge nach lichter oder dunkler grau sind mit falben Enden, theils mit, theils ohne schwarze Spitze; überdiess giebt es einzelne schwarze Haare. Die Unter- seite ist einförmig strohgelb, wobei die Haare fast einfarbig sind; am Halse ist diese Farbe durch eine bräunliche Beimischung getrübt. Auf der Oberseite des Kopfs und Halses herrscht das Schwarze vor; die falbe Sprenkelung ist sparsam, DieSchnurren sind schwarz, die Schneidezähne gelb, die Füsse dunkelbraun, die Nägel hell horn- farben. Der Schwanzstummel ist mit steifen, falb und schwarz ge- sprenkelten Haaren besetzt, die im letzten halben Zoll desselben einförmig schwarz sind, so dass also der fehlende Rest des Schwanzes wohl einförmig schwarz seyn wird, Körper fast! „\4.3.01%7 1410 | Schnarren inne verdenngl! 5 Ohr: _Iö.. R 02 RE VENEr NER Ein Männchen von Managueri am obern Amazonenstrom. 2. Loncheres nigrispina Narr. Die schwarzstachelige Lanzenratte, L. nitide bruneo-fulvida, supra nigro-irrorata, sublus pedibus- que albido-lutescens; lateribus rostri cano-lutescenlibus; cauda (basi excepta) dense et aequaliter fusco-pilosa, apice haud pe- nicillata. Loncheresnigrispina. A.Wasn. Arch. f. Naturgesch, 1842.8. 361. 297 Der Habitas ist der der ächten Lanzenratten; die Ohren sind klein, kaum aus den Haaren vorragend und abgerundet. Die Ober- seite ist glänzend bräunlichfalb und schwarz gesprenkelt; die Unter- seite blass gelblich, der Unterkiefer weisslich, die Schnurren und die Iris schwarzbraun, die Ohren dunkel röthlich grau. Die Zehen sind gelblich weiss, die Krallen licht hornfarben. Die Farbe der Oberseite schneidet scharf von der der Unterseite ab. Die Stacheln sind dünn, in der untern Hälfte licht, in der obern schwarz und von den langen Borstenhaaren grösstentheils verdeckt, so dass nur ihre schwarzen Spitzen zum Vorscheine kommen. Die Borstenhaare sind am Grunde weisslich, ' was allmählig dunkler wird und im letzten Viertel falb ist, dem sich meist, zumal am Rücken, noch eine kurze schwarze Spitze ansetzt. Die Haare der Unterseite sind in der Wurzelhälfte weisslich, in der äussern gelblich. Die Aussenseite der Beine ist den Leibesseiten gleichfarbig; die Pfoten zuerst Jicht- bräunlich, dann auf den Zehen gelblichweiss. Der Oberkopf ist dem Rücken gleichfarbig; auf den Wangen wird die Farbe vorwärts blasser und gegen die Nasenspitze licht graugelblich. Der Schwanz ist anfangs auf ohngefähr 13” seiner Länge hin dicht behaart von der Art des Rückens; dann ist er dicht mit kurzen lichtbraunen Haaren besetzt, so dass die Haut fast ganz verdeckt ist. Er endet mit denselben kurzen Haaren, ohne einen Pinsel zu bilden, Kürjeh domıb, Auehs;) na gings Ohrbun au son. lasın st 6 844 Schwanz . ..2..%°6 0 |Hinterfuss 2... 105 Natterer erhielt in Ypanema (Provinz San Paulo) ein männliches Exemplar, das ihm lebendig eingeliefert wurde. Diese Art reiht sich an Loncheres Blainvillei an, von der sie sich jedoch schon durch die Färbung der Unterseite und des Schwanzes unterscheidet. 298 3. Loncheres unicolor Rürr. Die einfarbige Lanzenratte, L. unicolor, dilute ferrugineo-brunnea, subtus pedibusque pallidior; , cauda elongata longius pilosa, vellere rigido sicco. Loncheres unicolor. Rürr. Verzeichn. des Mus. Senck. S. 31. — A. Waen. im Arch. f. Naturgesch. 1842. S. 361. Von Dr. Rüppell erhielt ich auf mein Ansuchen die hier in Rede kommende Art zur Ansicht, von der mir zwar die Beschaffenheit des Schädels und der Backenzähne unbekannt ist, die aber doch wohl bei Loncheres ihren rechten Platz finden möchte, da sie we- nigstens ganz deren Habitus an sich trägt. Sicher über ihre gene- rische Einreihung kann man freilich nur dann seyn, wenn man we- nigstens mit dem Bau ihrer Backenzähne bekannt geworden ist. Die Ohren dieser Art sind wie gewöhnlich kurz, oben abge- rundet und nicht über den Scheitel vorragend, überdiess mit feinen rostbräunlichen Haaren besetzt, die über den Rand weit vorstehen, Die Nasenkuppe ist nackt, die Oberlippe gespalten und behaart; die Schneidezähne glatt, gewölbt und die untern lebhafter röth- lich gelb als die obern gefärbt. Die Schnurren reichen bis hinter das Ohr, sind ziemlich steif und braun. Die Füsse sind kurz und breit, die Sohlen nackt, die Krallen kurz, sichelförmig und spitz; der Vorderdaumen ein Stummel mit Plattnagel. Der Schwanz ist von der Wurzel an dünn und geschuppt, was jedoch durch die ver- längerten Haare, die zuletzt 3 bis 1” lang werden, aber nicht sehr reichlich sind, ziemlich verdeckt wird. Der Pelz fühlt sich, zumal auf demRücken, rauh und trocken an, ist aber ohne eigentliche Sta- cheln. Die Haare sind auf der ganzen Oberseite sehr gedrängt, steif, auf dem Rücken gegen 1“ lang, meist rundlich, doch mischen sich auch viele platte ausgehöhlte ein, die jedoch kaum 4 Linie Breite erreichen. Auch die Unterseite ist sehr reichlich behaart. — Die 299 Farbe der Oberseite ist einförmig und licht rostbräunlich, was auf der Unterseite und den Füssen lichter wird und am Kinn in’s schmutzig Weisse übergeht. Der Schwanz ist dem Körper gleichfarbig. Die Haare sind ihrer ganzen Länge nach einfarbig. Re u alas oh ug Min Schwanz (ob ganz?). 7 9 | Hinterfuss RER Nach der Angabe im Verzeichniss des Mus. Senckenb. stammt diese Art aus Brasilien. 4. Loncheres macrura Narr. Die langschwänzige Lanzen- Ratte, L. supra fulvescens, lateribus pallidior, subtus e cano lutescens; cauda fere corporis longitudine, nudiuscula, pilis nonnullis bre- vissimis albidis vestita. Loncheres macr ura. A. Waen. im Arch. f. Naturgesch. 1843.8: 360. Diese Art hat die nächste Aehnlichkeit mit Z, armata, und ihr Schädel und Gebiss geben sie als eine ächte Loncheres zu erken- nen. Die Haare sind schwarz mit gelben Spitzen, welche auf dem Rücken mehr falb, an den Seiten mehr lichtgelb sind. Die Unter- seite ist schmutzig graulichgelb. Die Beine sind aussen den Leibes- seiten gleichfarbig. Die Schnautze ist roströthlich und schwarz ge- sprenkelt; das Rostroth ist jedoch nicht so lebhaft als bei Z. ar- mata. Der Schwanz ist anfangs auf 1“ weit von der Behaarung des Körpers, dann schmal wirtelförnig geschuppt mit kleinen Här- ehen, die kürzer und spärlicher als bei L. urmata sind, übrigens eine weissliche, nur am Anfang der Oberseite eine braune Farbe haben. Die Krallen sind licht hornfarben. Die Schuurren sind zahl- reich, lang und schwarz. 300 Körpers Asa AO 9 Ohren rer RZ Schwanz . . » ...:40.0 Hinterfuss. 21... 12.8 Natterer erhielt ein Exemplar von dieser Art, ein Weibchen, von Borba.. Obwohl mit L. armata nahe verwandt, unterscheidet sich L. macrura doch erheblich dadurch, dass 1) die Borsten über die Stacheln weit überwiegen und letztere fast ganz verdecken, 2) dass die Stacheln viel kürzer als bei L. armata sind, 3) dass ihre Endbälfte in der Regel ganz schwarz ist, höchst selten mit kurzer falber Spitze, daher die getüpfelte Zeichnung fehlt, 4) dass der Schwanz weit länger, fast so lang als derKörper ist. — Wenn auch das spärlichere Vorkommen der Stacheln und das Ueberwiegen der Borsten an unserem Exemplare von L. macrura einen noch nicht vollständig ausgewachsenen Zustand desselben anzeigen sollte, so spricht doch die Länge des Schwanzes und seine lichtere Färbung entschieden für eine besondere Art. 5. Loncheres armata Js. Grorr. Der Toro. Bisher war von dieser Art nur das einzige, unter dem Namen Mus hispidus von Lichtenstein beschriebene Exemplar bekannt, von dem man aber die Beschaffenheit des Schädels und Gebisses nicht wusste und über dessen Heimath nur Vermuthungen gewagt werden konnten. Da ich nun hierüber vollständige Auskunft geben kann, indem Natterer junge und alte Exemplare von dieser Aut mitbrachte, ich auch das Exemplar im Berliner Museum genau verglichen habe, so will ich das Nöthige zur Ergänzung der Kenntniss von dieser Art hier in der Kürze beibringen. Schädel und Gebiss sind nach meinen Untersuchungen vom nor- malen Typus der Gattung Loncheres. Die Jungen sind mehr borstig als stachelig. An einem alten Weibchen ist der schuppige Schwanz obeu mit einzelnen dunkelbraunen Härchen, ‘unten gegen die Spitze 301 mit schmutzig weisslichen versehen, doch ist das Schwanzende immer ohne Haarpinsel. An einem Männchen sind die Schwanzhaare fast . alle weisslich, die Füsse sind graugelblich, die Krallen licht horn- farben. Die Stacheln sind in der untern Hälfte lichtbraun, was über die Mitte hinaus schwarz wird und mit lebhaft falber Spitze endigt. Häufig bildet jedoch das Falb nur einen mittlern Ring in der schwarzen Endhälfte, indem dann das Schwarz auch die Spitze einnimmt. Der Schwanz ist an der Wurzel sehr dick und durchgängig gerundet. DieIris ist dunkelbraun; die Ohren sind dunkelgrau, kaum in's Röth- liche ziehend. Ein Weibchen, das mit einem Jungen trächtig ging, zeigte an den Seiten des Körpers zwischen Vorder- und Hinter- füssen 2 Zitzen. Der Körper misst nach der Krümmung 11”, der Schwanz 8”, der Hinterfuss 1“ 9, Die Exemplare von Natterer wurden am Rio negro und in der Provinz Mato grosso gesammelt. Man nennt, daselbst diese Thiere Toro, weil sie zur Nachtzeit sehr laut Toro rufen. Sie sind sehr geschickt im Klettern wie die Eichhörnchen und steigen hoch auf die Bäume, wenn sie verfolgt werden; für gewöhnlich halten sie sich, jedoch in den Löchern dürrer Bäume auf, Ueberhaupt hat Nat- terer die Bemerkung, gemacht, dass die Lanzenratten [Loncheres] auf Bäumen leben, während die Igelratten |Echinomys] in Höhlen stecken. V. DACTYLOMYS. Fingerratte. Diese ausgezeichnete Gattung beruhte bisher nur auf dem ein- zigen Exemplare, das im pariser Museum aufgestellt ist und als dessen Heimath man nur vermuthungsweise Brasilien in Anspruch zu nehmen sich erlaubte, Es ist daher sehr erfreulich, dass Natterer durch seine, Entdeckungen nicht blos diese Vermuthung in Gewissheit ver- Abhandlungen d. II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. V. Bd. II. Abthl. 39 302 wandelte und dass wir nunmehr im Stande sind, die Beschreibung dieses Thieres zu ergänzen, sondern dass wir ihm auch eine zweite Spezies beifügen können, welche eben so dem Süden, wie die andere dem Norden Brasiliens angehört. 41. Dactylomys typus. Is. Georrr. Die schmalkrallige Fingerratte. D. subtus albidus; cauda nuda squamata, unguibus compressis. Dactylomys typus. Js. Georrr. mag. de zool. 1840. p. 27 u. 47tab. 20 [Tbier], tab. 28 fig. 1—3 [Gebiss]. Der äussere Hahitus ist ganz der von Loncheres. Die Ohren sind sehr kurz, abgerundet und halboval; die Oberlippe ist nur schwach ausgerandet, im Uebrigen ungespalten. Die Vorderfüsse sind eigent- lich nur vierzehig, indem der Daumen blos durch ein kaum merk- liches, nagelloses Rudiment einer Warze angedeutet ist. Die beiden Mittelzehen sind viel länger als die seitlichen, am kürzesten ist die äussere. Die Nägel sind kurz mit gewölbter breiter Firste, aber seitlich zusammengedrückt; die beiden mittlern spitz, die beiden äussern mehr abgestumpft. An den Hinterfüssen ist die Verschieden- beit der Zehen minder auffallend als an den vordern. Die Nägel sind viel grösser als an den Vorderfüssen und ragen über die Ballen vor. An der dritten und vierten Zehe sind sie hoch, gekrümmt, spitz und schmal zusammengedrückt; an der Zeigezehe ist der Nagel am grössten, etwas schief einwärts gewunden und vorn breit abgerundet. Die Daumenzehe hat ebenfalls einen deutlichen Nagel. Der Schwanz ist nur an der Wurzel behaart; in der ganzen übrigen Länge ist er wirtelförmig geschuppt, völlig nackt, mit kaum sichtlichen ein- zelnen feinen weissen Härchen. Die Hoden liegen innerlich, Die Behaarung ist grob, aber ohne Stacheln. Der Rücken ist fahlgelb, mit etwas Schwarz gesprenkelt; die Hinterseite der Schenkel und 303 des Afters ist roströthlich. Längs des Rückgraths schimmmert ein röthlicher Ton hindurch. Die Unterseite des Leibes ist weisslich. Der Kopf ist licht bräunlichweiss, was im Nacken in's Dunkelbraune übergeht. Die Iris ist hell umberbraun, die Augenringe sind bräun- lich fleischfarben ; die Ohren schwärzlichbraun, an der Wurzel gelb- lich, die Nasenkuppe und die durchscheinende Haut an den Lippen ockergelblich, die Schnurren braun, die Schneidezähne safranfarben. Die Füsse sind lichtgelb und etwas schwärzlich gesprenkelt, die Sohlen gelbbräunlich. Im Einzelnen sind die Haare des Rückens meist schwarz, mit gelben Ringen vor der Spitze. Das Gelbe dehnt sich an den Seiten so aus, dass es zur herrschenden Farbe hier wird, während näher dem Rückgrath zu das Schwarz deutlicher auf- tritt. Längs der Mitte des Rückgratbs sind die Haare im untern Theil roströthlich, daher hier ein Fleck von solcher Farbe durch- schimmert. Am Hinterrand der Hinterschenkel bis herab zur Fuss- wurzel sind die Haare fast rostroth mit lichtem Wurzeltheile. Die Kopfhaare sind schmutzigweiss, vom Scheitel an nach hinterwärts mit lichtbräunlichen Spitzen. Im Nacken ist die untere Hälfte, der Haare braun, dann schwarz mit gelben Spitzen, Auf der Unterseite des Leibes sind die Haare einfarbig weisslich. Der Schwanz ist auf ohngefähr 2 Zoll von der Wurzel an von der Bebaarung und Färbung des Körpers, dann nackt und schmutzig weiss. Körper ;; ..,. 01... 1.44” ,.9““| Vorderfuss 2te Zehe. .,; 0% 44 Schwauz . 2 2. ....15 0 S 3te „ 0: 7% Behaarter Thel . . 2. 0 “ Ale, m "an. mg EEE es SO on Ohrbreite. - » » » © 84 |Hinterfuss mit Kralle, 2 4 " Das einzige Exemplar, welches Nafterer in seine Gewalt brachte, ein Männchen, wurde am Rio negro geschossen, als es einen Baum hinauf klettern wollte. 39% 304 2. Dactylomys amblyonye Narr. Die breitkrallige Finger- Ratte. D. subtus pulchre ochraceus, cauda tota pilis vestita, unguibus dilatatis. Dactylomys amblyonyx. A. Wacn. im Arch. f. Naturgesch. 1845. S. 146. Wie bei D. typus ist die Oberlippe nur schwach eingeschnitten und behaart. Eben so fehlt der Daumen der Vorderfüsse, an dessen Stelle nur eine kleine Warze sichtlich ist. Die Ohren sind kurz, an der Aussenseite schwach ausgebuchtet und am Rande mit Härchen besetzt. Die Schnurren sind sehr lang, und über und hinter den Augen finden sich ebenfalls Borsten. Die Zehen zeigen ein ähn- liches Längenverhältniss wie bei D. Zypus, und die Sohlen sind ebenfalls nackt. Dagegen sind die Nägel von denen letztgenannter Art sehr verschieden, indem sie an den Vorderfüssen alle spatelartig erweitert sind, mit flacher Wölbung und stumpfer Zuspitzung. An den Hinterfüssen ist der Nagel der 5ten und 4ten Zehe eben so gebildet, während der der 3ten und 2ten Zehe ganz so wie die entsprechenden bei D. typus beschaffen sind, Dasselbe gilt für den Nagel der Daumenzehe, der weder so zusammengedrückt, noch so erweitert als die übrigen ist. — Der Schwanz ist auf 3“ Jang dicht behaart, so dass hier dieBeschuppung ganz verdeckt ist; dann neh- men die Haare an Länge und Mächtigkeit ab, so dass die Beschup- pung nicht mehr ganz verdeckt wird, zugleich verschmächtigt sich der Schwanz auch immer mehr; am Ende trägt er einen schwachen Haarpinsel. Die Farbe der Oberseite ist oliven-fahlgelb und schwarz ge- sprenkelt, die Wangen haben einen graulichen Anflug, und die Un- terseite des Leibes ist schön ockergelb. Die Haare der Oberseite sind im grössten Theil ihrer Länge schieferschwarz, mit oliven-fahl- 305 gelben Spitzen; längs des Rückgraths stehen auch vieleganz schwarze Haare, die an den Leibesseiten verschwinden, so dass hier die goldig fahlgelbe Färbung vorherrscht. Die Haare der Unterseite sind anı Grunde etwas lichter als nach aussen hin. Auf der Oberseite des Kopfs ist das Gelb sehr verblasst und es zeigt sich hie und da ein trüb rostiger Anflug mit viel Grau ge- sprenkelt; auf den Wangen findet sich ein graulicher Anflug. Die Unterseite des Kopfs ist ockergelb, das Kinn und der Vordertheil derOberlippe weisslich, die Schneidezähne safranfarben, dieSchnurren schwarz, dieOhren graulich fleischfarben, am dicken warzigen Rande in's Rothe übergehend, die Iris dunkelbraun. Die Gliedmassen sind aussen ähnlich dem Rückgrath gefärbt. Die Füsse sind spärlich be- haart mit schmutzig weisslichen und etwas dunkel gesprenkelten Haaren; die Sohlen licht fleischfarbig, die Nägel hellgelblich. Der Schwanz ist im dichtbehaarten Theile graulich und schwarz gespren- kelt, nachher mit bräunlichen Haaren besetzt, die bald schmutzig werden; der Endpinsel ist licht bräunlich. Körper . 1... =.» 9“ 6‘“| Vorderfuss, 2te Zebe .. 0“ 4“ Schwanzrübe . . . .11.6 > steif re Schwanz mit Pinsel . 12 4 Rn Alessi NOTE Sehnurren . . ...3 0 > Ste „ 0 34 Obren . . ».2.2...0° 8 |Hinterfass mit Kralle . 1 11 Natterer erhielt 2 Exemplare, Männchen und Weibchen, aus den Waldungen von Ypanema [Provinz San Paulo]. Diese Thiere leben auf Bäumen, klettern sehr gut und tragen in Baumhöhlungen Vorräthe von Samen und Früchten für den Winter zusammen. Das Weibchen war mit einem Jungen trächtig. 306 VI. HESPEROMYS. Scharrmaus. Von dieser Gattung, welche bisher in unsern Katalogen nur wenige Arten aus Brasilien aufzählen konnte, hat Natterer's Reise auf einmal eine ansehnliche Anzahl von Spezies aus diesem Reiche gebracht. Es hat dadurch eine frühere Bemerkung von mir, dass dem ganzen Kontinente von Amerika die Gattung Mus völlig abzu- gehen scheine, eine neue Bekräftigung erhalten; denn von all den- jenigen Arten, deren Gebiss ich untersuchen konnte, hat es sich ge- zeigt, dass sie nicht zu Mus, sondern zu ‚Hesperomys oder dieser nah anverwandten Gattungen gehören. Zwar sind mir unter den von Natterer gesammelten Exemplaren auch etliche mit dem Zahn- bau von Mus vorgekommen; diese sind aber entschieden oder doch höchst wahrscheinlich aus der alten Welt abstammend. Leider bin ich bisher durch Natterer’s plötzlichen Tod verhindert worden, die sämmtlichen nachstehend verzeichneten Arten auf den Zahnbau zu prüfen, was noch nachgeholt werden muss, indess zweifle ich nicht, dass sie sich als Glieder von Hesperomys wohl durchgängig be- währen werden. Den brasilianischen Arten habe ich auch eine aus Labrador beigefügt, als Beleg, dass diese Gattung durch den ganzen Kontinent hindurchgeht. a) vellere fulvido, cauda corpus longe superante. 1. Hesperomys leucogaster Narr. Die lichtbäuchige Scharrmaus. H. supra fulvus, nigro-adspersus, subtus cano-lutescens; auriculis majusculis, pedibus fulvescentibus, cauda corpore longiore nuda, Hesperomys leucogaster. A. Wascn. im Arch. f. Naturgesch. 1845. S. 147. 307 Diese Scharrmaus ist dem Hesperomys subflavus ähnlich, ist aber grösser, der Schwanz weit länger, die Färbung lebhafter roth und die Füsse sind bräunlich. Die Ohren sind gross, oval, hreit und in ähnlicher Weise wie bei Hesperomys Anguya behaart; der Vorderdaumen ist sehr klein und trägt einen abgestutzten Nagel; der Schwanz ist weit länger als der Körper, nackt, geschuppt, und nur mit einzelnen Härchen zwischen den Schuppen versehen. Die Oberseite ist wie bei Hesperomys Anguya gefärbt, doch mit etwas mebr Roth. Die Unterseite ist schmutzig graugelblich, wobei die Haare gegen den Grund grau, nach aussen gelblich sind; die des Halses, Unterkiefers und der Aftergegend sind einfarbig und zu- gleich lichter. Die Farbe auf dem Kopf ist blasser als auf dem Rücken, und gegen die Oberlippe graulich. Die Schnurren sind schwarz, die Füsse mit bräunlichen Haaren besetzt, die Sohlen sind nackt und hellfarbig. Der Schwanz ist bräunlichgrau mit einzelnen bräunlichen Haaren. . Körper Ka ER le IOCOKORTEROT SS nee ae 2 OA Schwanz . . ...7 9 |BHinterfuss. . .»..,141 6 Im Walde von Ypanema [San Paulo] durch Natterer aufge- funden. An einem Weibchen zählte er 8 Zitzen: 2 zwischen den Vorderbeinen, 2 hinter denselben, 2 vor den Hinterschenkeln, 2 hin- ter denselben. 2. Hesperomys eliurus Narr. Die ruthenschweifige Scharrmaus. H. supra fulvescens, nigro-adspersus, subtus albidus; auriculis majusculis, cauda nuda corpore multum longiore. Hesperomys eliurus. A. Wacner. im Arch. f. Naturgesch. 1845 S. 147. 308 Da ich ausser. Bälgen auch ein in Weingeist aufbewahrtes Exemplar untersuchen konnte, so will ich nebenbei einiger. Theile ausführlicher gedenken, die im getrockneten Zustand nicht deutlich erkennbar sind. Der äussere Habitus ist, wie bei voriger Art, der unserer eigentlichen Mäuse. Am Vorderrand eines jeden Nasenloch's sitzt ein- kleines häutiges Wärzchen. Die Oberlippe ist gespalten, aber in der obern Hälfte ist die Furche durch ein. Häutchen ver- bunden. Die Ohren sind verhältnissmässig gross, etwas zugerundet und an den Rändern braun behaart. Der Vorderdaumen ist ‚sehr klein, mit einem abgestutziten Nagel. Die Sohlen der Hinterfüsse sind lang und ganz nackt, hinten glatt, vorn gekörnt, darunter mit 6 grössern Warzen: 2 an der Wurzel der Mittelzehen, 2 an den Wurzeln der beiden Aussenzehen und 2 Warzen noch weiter rück- wärts. Der Schwanz ist nackt, jedoch mit feinen kurzen Härchen beflogen. An einem alten Weibchen fand Natterer 10 Zitzen: 2 zwischen den Vorderbeinen, 2 gleich dahinter, 2 nahe daran auf den letztenRippen, 2 vor denHinterschenkeln und 2 zwischen den- selben. Die Oberseite des Körpers ist ähnlich wie bei Hesperomys An- guya gefärbt, fahlgelb mit Schwarz gesprenkelt. Die Unterseite ist weiss mit gelblichem Anfluge; alle Haare sind in ihrer untern Hälfte schieferfarben. Der Kopf ist etwas lichter als der Rücken, gegen die Oberlippe graulich. Die feinen, kaum den hintern Ohren- rand erreichenden Schnurren sind dunkel, mit lichtern Spitzen. Die Ohren sind am Grunde schmutzig weiss, das Uebrige röthlichgrau, die Iris schwarz. Die Füsse sind weisslich behaart, mit einzelnen bräunlichen Härchen untermengt, die Sohlen licht grauröthlich. Der Schwanz ist oben wie unten dunkel röthlichgrau und mit grauen Härchen beflogen. Kömpenassain ri 10% Ohren ara see‘ Schwanz . . ». 2.5 0 |Hinterffuss . » -» » . 120 309 Natterer erhielt seine Exemplare in den Provinzen San Paulo und Mato grosso, theils aus Wäldern, theils aus Häusern. Sein grösstes Exemplar giebt er zu 4” 4“ Körperlänge und zu 5* 5“ Schwanzlänge an. Diese Art ist sehr nahe verwandt mit H. longı caudatus Benn., doch ist der Angabe zufolge bei letzterer der Schwanz verhältnissmässig noch länger und zugleich dichter behaart; dagegen scheint unser H. eliurus mit Lund’s Mus longicaudus identisch zu seyn, 3. Hesperomys pygmaeus Narr. Die Zwerg-Secharr- Maus. H. minimus, supra rufescens, subtus albidus; auriculis majusculis dense pilosis; cauda pallida corpore multum longiore. Hesperomys pygmaeus. A. Waen. im Arch. f. Naturgesch. 1845. S. 147. Schädel und Gebiss von dieser kleinsten unter den brasilischen Arten geben einen ächten Hesperomys, oder in engerer Begrenzung einen Calomys zu erkennen. Die Ohren sind gross, rundlich oval, sehr dicht mit Härchen besetzt, die Schnurren reichen weit über die Ohren binaus, die Sohlen sind lang und nackt, der Schwanz ist viel länger als der Körper, beschuppt und mit feinen Härchen beflogen. Die Färbung der Oberseite des Körpers ist bräunlich rostfalb, mit sehr wenig Schwarz besprenkelt und an den Seiten vor den Schen- keln in einem Streifen sich herabziehend, während der übrige Theil der Seiten in's Fahlgelbe fällt. Die Unterseite ist gelblichweiss; alle Haare im untern Theile schieferschwarz. Oberlippe und Füsse sind mit weisslichen Härchen besetzt. Die Ohren sind innen mit roströthlichen, gelb gesprenkelten, aussen mehr einfarbig rostrothen Haaren beflogen. Die Sohlen sind licht fleischfarbig und auch der Schwanz ist von einer lichten Färbung. Die Schnurren sind bräun- lich mit hellern Spitzen. Abhandlungen der. Cl. d. k. Akad. d. Wiss. V. Bd. II. Abthl. 40 310 Körpern usw nah 3% 781, Ohrhreies: Malkın mar OL 44 Schwanzistuslt ann. nd ı Vorderfuss we Obrlänge ... ......00 64 |Hinterfuss 2. .20..0.9 Vorstehende Maasse in rheinländischer Währung habe ich aus den Notizen Natterer’s aufgenommen, der ein Weibchen von dieser Art aus dem Campo von Ypanema erhielt. Ihrer trübern Färbung wegen, die an unsern Hypudaeus arvalis erinnert, so wie wegen ihrer längern Schnurren halten wir sie für eine von voriger verschie- dene Art. 6) vellere fulvido, cauda corpus aequanle aut parum breviore. 4. Hesperomys leucodactylus Narr. Die weissäumige Scharr- Maus. H. supra fulvidus, nigro-adspersus, subtus albus; pedibus. saturate rufo-fuscis, lateraliter una cum digitis albidis; cauda corpore paululum longiore, fusco pilosa. Hesperomys leucodactylus. A. Wien. im Arch. f. Naturgesch. 1845. S. 147. Der Habitus ist ganz der eines Ualomys. Die Oberseite des Körpers ist rostfalb, weit lebhafter als bei H. Anguya, aber nicht so sehr als bei 4. russatus, mit etwas Schwarz gesprenkelt. Die Unterseite ist abgeschnitten gelblichweiss, wobei dieHaare einfarbig sind, während sie bei A. Anguya am Grunde schieferfarben sind. Die Ohren sind oval, aussen fein behaart, hraungrau, am Grunde fleischfarbig; die'Schnurren sied sehr lang und dunkel. Sehr kenut- lich ist diese Art durch die Zeichnung der Füsse, indem diese auf der Oberseite dunkelhraun sind, an den Seitenrändern aber eine weissliche Einfassung haben, während die Mitte der Sohle schwarz- grau ist. Zehen und Nägel sind ebenfalls weisslich; der Schwanz 3ll wird zuerst an der Wurzel etwas vom Rückenpelz umfasst, dann ist er geschuppt, oder mit braunen Härchen häufig besetzt, die am Ende einen schwachen Pinsel bilden. er en, 2 er SL ONFAn, 2 lit 3 7 | . SCHWANZ. urn Bet Hinterfusär®.,. 377 ,..,2 094 0 Natterer erhielt ein Exemplar von dieser Art am Rio Parana im südlichen Brasilien. 5. Hesperomys concolor Wien. Die gleichfarbige Scharr- Maus. H. fulvus, subtus abrupte albus, pedibus fuscentibus; cauda nuda longitudine corporis; pilis gastraei unicoloribus. Hesperomys concolor. A. Wacn. imArch. f. Naturgesch. 1845. S. 147. Wir hatten diese Art anfänglich für eine Abänderung von Hes- peromys Anguya angesehen; nachdem ich sie aber dahier genauer mit letzterer verglichen habe, scheint es mir doch richtiger sie als eigne Art aufzustellen. Sie ist allerdings mit H. Anguya sehr nahe verwandt, aber die Färbung der Oberseite ist bei ihr weit lebhaf- ter, mit mehr Roth beigemischt, dagegen mit weniger Schwarz ge- sprenkelt. Die Unterseite, welche schön weiss ist, hat lauter ein- farbige Haare, dagegen H. Anguya zweifarbige; ferner fehlt die graue Färbuug auf den Wangen des letztern und die Füsse sind mit bräunlichen Haaren besetzt, der nackte, nur mit kurzen Härchen beflogene Schwanz hat eine dunkle Färbung, Die Schnurren sind schwarz und die Ohren wie bei H. Anguya behaart. 40% 312 H. H. concolor. | Anguya. Kömer . . 2. 2e,mHlt AONSTEEE Schwanz. elf 2 12.042259 "la 6 Ohren, MY. 33 a0 Na Hinterfussucs ns et 10 Natterer fand diese Art am Flusse Üurzcuriari im nordwest- lichen Brasilien. 6. Hesperomys russatus Waen. Die goldfalbige Scharrmaus. H. supra splendide fulvus, subtus albido-lutescens, pedibus albidis; cauda corpore paululum breviore, squamata, nudiuscula, pallida, supra infuscata. Die Oberseite ist lebhaft goldig pomeranzenfalb, mit wenig: Schwarz bespritzeli, an den Seiten etwas lichter. Die Unterseite ist abgeschnitten und schön gelblichweiss, was am Halse und auf der Innenseite der Hinterbeine am blassesten ist. Die Füsse sind schmutzig weiss behaart, die Sohlen nackt. Die Ohren haben einen feinen Haaranflug, der Schwanz ist fast nackt, blass, auf der Ober- seite dunkler. Körper a een Schwanz ;v 22795879” | Hinferlusst =. res ann Te Es kommt diese Scharrmaus, die Nafterer von Ypanema mit- brachte, mit Mus physodes Lieht so sehr überein, dass sie nur durch die lebhaftere Färbung und den gelben Anflug der Unterseite und der Schnautzenspitze von letzterem, der blos nach dem einzigen Exemplare in Berlin gekannt ist, unterschieden zu seyn scheint. Da beide überdiess gleiche Heimath theilen, so dürften sie wohl nur als Farbenabänderungen einer und derselben Art anzusehen seyn. | 313 c) vellere obscuriore, cauda corpus notabililer breviore. 7. Hesperomys brachyurus Narr. Die kurzsch wänzige Scharrmaus. H. supra brunneo-flavidus, nigro-adspersus, sublus sordide lutes- cens, pedibus brunescentibus; cauda dimidii corporis longitu- dine, dense pilosa, bicolore. Hesperomys brachyurus. A. Wasn. im Arch. für Naturgesch. 1845. S. 147. Die Oberseite ist wie bei H. arvieuloides und H. orobinus ge- färbt, nämlich. bräunlichfalb mit olivenfarbigem Anfluge, dabei reich- lich schwarz bespritzelt; die Unterseite hat aber mehr Gelb als bei H. arviculoides, dem diese Art am nächsten steht, indem sie lehm- gelb ist. Alle Haare sind in ihrem untern Theile schieferschwarz. Der Kopf ist dem Rücken gleichfarbig, die Ohren sind fein behaart; die Füsse mit bräunlichen, etwas weiss gesprenkelten Haaren be- setzt, die Sohlen nackt, schmal und bräunlich fleischfarben. Der Schwanz ist weit dichter behaart als bei H. arviculoides, oben schwärzlich, unten und seitwärts: lehmgelblich. Die Maasse habe ich von 2 Exemplaren abgenommen. N. L.|N. IM. U rmKörper: wide ine. 15 and 16 46 Schwanz, Ile na 120 - Vbrener ne 0 05:60 )r Hinterfuss 0, 14:0 104 Nur von dem einen dieser Exemplare weiss ich den Fundort anzugeben, nämlich Yiarare im südlichen Brasilien; vom andern habe ich denselben zu notiren vergessen, 314 S. Hesperomys fuliginosus Narr. Die dunkelfarbige Scharr- Maus. H. supra saturate rubiginoso-fuscus, nigro-adspersus, subtus sordide flavescens; auriculis pedibusque breviusculis fusco-pilosis; cauda squamala pilis brevibus vestita. Hesperomys fuliginosus. A. Wıss. im Arch. f. Naturgesch. 1845. S. 148. Eine durch ihre dunkle Färbung, so wie durch die Kürze der Ohren und Füsse erkenntliche, von den vorbergehenden leicht unter- scheidbare Art. Die Ohren sind kurz, oval und dicht behaart, die Schnurren fein und kurz, die Sohlen nackt; der Schwanz scheint au dem einzigen Exemplare, das Natterer erhielt, nicht ganz voll- ständig zu seyn, wird aber wohl nicht mehr als die Hälfte des Körpers ausmachen. Die Färbung ist weit dunkler als bei den vor- hergehenden Arten. Die Oberseite ist rostfalb, aber mit sehr viel Schwarz gesprenkelt und mit einem glänzend olivenbraunen Anfluge. Die Unterseite ist trüb rostgelblich, die Haare sind auf der Ober- wie auf der Unterseite dem grössten Theil ihrer Länge nach schiefer- schwarz, so dass nur die Spitzen andersfarbig sind. Die Seiten des Kopfs und Halses sind lebhafter gefärbt als der übrige Körper, indem das Falbe mehr in's Goldige fällt. Ohren und Füsse sind braun behaart. Der Schwanz ist schuppig, aber doch mit feinen kurzen Härchen beflogen, oben schwärzlich, unten trüb lehmgelblich. Körper Boa: KEOR. FE FB One: Tat BEER STERN SEHWONZ.. 2... ie nz | Hinterfuss ar a EN Von Ypanema erhielt Natterer ein mit 3 Jungen trächtiges Weibchen, an dem sich 4 Zitzenpaare vorfanden. 315 9. Hesperomys caniventris Wacs. Die graubäuchige Scharr- Maus. H. supra e sordide lutescente nigroque variegalus, subtus canes- cens, paululum luteo-tinctus; pedibus brunneo-albidis; cauda hrevipilosa, dimidio corpore breviore. Hesperomys caniventris. A. Wacy. im Arch. für Naturgesch. 1845. S. 148. Ebenfalls durch ibren trüben graulichen Ton von den falben Arten von Calomys verschieden, doch ist die Färbung weder auf demRücken noch auf der Unterseite so trüb als bei Drymomys mus- eulus. Nach Schädel und Gebiss ist diese Art ein ächter Calomys. Die Ohren sind wie gewöhnlich an den Rändern behaart; der Schwanz ist sehr kurz und mit feinen Härchen dicht bedeckt. Die Oberseite des Körpers ist schmutzig bräunlich fahlgelb und schwarz gespren- kelt, was allmählig in die blass graugelbliche Farbe der Unterseite übergeht. Alle Haare sind in ihrer untern Hälfte schieferschwarz. Die Oberseite des Kopfs mit der Schnautze ist dem Rücken gleich- farbig, doch etwas lichter; die Schnurren sind fein und kurz. Die Füsse sind schmutzig weisslich behaart; der Schwanz ist oben braun, unten schmutzig gelbweisslich. BADEN u ae REN nie Heben 0 5 Schwanz : ..0...&% 1.1.8 JHinterfus . 2.0.0 11 Aus Brasilien, doch ist mir der nähere Fundort nicht bekannt. 10. Hesperomys maniculatus Wascs. Die gestiefelte Scharr-Maus. H. supra fuliginoso-brunneus, subtus abrupte albus, auriculis elon- gatis, pedibus pallide lutescentibus, plantis pilosis, cauda pi- losa bicolore. 316 Hesperomys maniculatus. A. Was. im Arch. f. Naturgesch, 1845. 8. 148. Ich schliesse hier an die Scharrmäuse des tropischen Amerikas eine Art an, die mir in 2 Weingeist-Exemplaren, wovon ich das eine ausstopfen liess, aus der Nordregion dieses Welttheils zuge- kommen ist und die in allen wesentlichen Merkmalen mit H. leuco- pus dermassen ühereinstimmt; dass ich es dahin gestellt lassen muss, ob die Differenzen ausreichen, sie zu einer eignen Art zu erheben, oder ob wir, in ihr, wie es wahrscheinlicher ist, nur eine Varietät letztgenannter Spezies anzuerkennen haben.”*) Nach Schädel und Gebiss weisst sie sich als ächter Calomys aus. Gestalt, Grösse und Farbenvertheilung verhält sich wie bei H. leucopus, so dass ich nur die Differenzen anzugeben brauche, welche sich zwischen ihr und dem letztern, von dem ich dermalen freilich nur Beschreibungen, und zwar zunächst die Richardson’s ver- *) Wenn man die neueste und sehr ausführliche Beschreibung, die Au- dubon und Bachman in ihrem gemeinschaftlichen Werke [the vivipa- rous Quadrupeds of North Amerika. 1847 vol. I. p. 300] von ihrem Mus leucopus gegeben haben, durchgeht, so wird man wohl zur Ueberzeugung gelangen, dass wenigstens 2 Arten unter diesem Namen confundirt sind, indem nicht wohl anzunehmen ist, dass Individuen, von denen die einen doppelt so gross als die andern sind, oder wo bei den einen der Schwanz so lang als der Leib, bei den andern nicht viel mehr als halb so lang ist, zu einer und derselben Art ge- hören werden. Wahrscheinlich wird es sich bei weiteren Untersuch- ungen herausstellen, dass die hochnordische Scharrmaus, die ich hier beschrieben habe, spezifisch von der südlichen verschieden ist. Dass übrigens Bachman’s Mus leucopus nicht der Gattung Mus, sondern Hesperomys angehört, davon habe ich mich durch Untersuchung eines der von ihm an das Museum in Berlin überschickten Exemplare selbst überzeugt. gleichen kann, ergeben. ‚Diese Abweichungen bestehen darin, dass bei H. maniculatus die Oberseite weit trüber gefärbt ist, indem sie nämlich blos russig gelblichbraun und schwarz gesprenkelt ist, ohne Beimischung von Rostroth, wie es von /. leucopus angegeben wird, Die ganze Unterseite ist scharf abgeschnitten graulichweiss, die Füsse dagegen haben einen lichtgelblichen Anflug, wodurch sie sehr von der grauweissen Farbe des Unterleibes abstechen und wie gestiefelt erscheinen, Die Sohlen, welche von FM. leucopus als nackt ange- geben werden, sind bei H. maniculatus dicht mit einem feinen An- fluge weisser Härchen besetzt. Der Rand der Ohren ist weiss ge- säumt; der dichtbehaarte Schwanz ist auf der Oberseite schwarz- braun, au den Seiten und unten weiss, mit einem leichten gelblichen Anflug. ee META Re Vo 11 HORDE EEE > RPGER | KERE: C 5 SCHWADZ, 2.07 area can? ‚ Hinterfuss REREN EIREEN Durch Dr. Barth's Vermittelung hat die hiesige Sammlung von den Missionären der Brüdergemeinde auf Labrador, unter andern höchst werthvollen Geschenken, auch diese Maus erhalten, die in- sofern merkwürdig ist, als sie zeigt, dass die Gattung Hesperomys bis in die hochnordische Region der neuen Welt hineinreicht. VU. DRYMOMYS. Trugmaus. J. v. Tschudi hat in seiner Fauna peruana gezeigt, dass es im tropischen Amerika Mäuse giebt, die sich an unsere Gattung ‚Mus weit näher anschliessen, als diess bei Hesperomys der Fall ist, ja dass es nur sehr geriuge Differenzen im Gebisse sind, durch welche jene sich von Mus unterscheiden, so dass sie als die eigentlichen Abhandlungen d. II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. V. Bd. II. Abth. 1 ‚318 Repräsentanten der letztgenannten Gattung in der neuen Welt zu betrachten sind. Er hat aus ihnen die Gattung Drymomys gebildet der er jedoch nur die einzige Art D. parvulus zutheilen konnte. Es ist mir nun sehr interessant gewesen, dass ich unter den von Nat- terer gesammelten brasilischen Arten ebenfalls eine antraf, die der neuen Gattung Drymomys zuzuweisen, übrigens aber von der pe- ruanischen Art ganz verschieden ist. 1. Drymomys Musculus Narr. Die Haus-Trugmaus. D. e nigricante fulvido-brunneus, subtus cano-lutescens; auriculis majusculis nudiusculis, digitis albidis, cauda infuscata corpore breviore. So verschieden auch die Färbung von Calomys ist, so kommt doch der ganze Habitus damit, so wie in beiderlei Stücken auch mit unserer Hausmaus überein. Das Gebiss aber giebt einen ächten Drymomys zu erkennen, indem man nur den ersten Backenzahn des Oberkiefers betrachten darf, sich davon zu überzeugen. Es sind nämlich an selbigem die innern Höcker so weit zurückgestellt, dass während bei Mus der erste von diesen Höckern an die erste Quer- reihe, der 2te an die 2te sich anschliesst, bei Drymomys dagegen der erste Höcker gleich an die 2te Querreihe sich anlegt. Die Ohren sind ziemlich gross, nackt, mit kaum merklichem Haaranfluge; die Schnurren sind dunkel und reichen bis hinter das Ohr, die Soh- len sind nackt; der Schwanz ist mit kurzen, am Ende ziemlich häu- figen Härchen besetzt. Das Weibchen hat 4 Zitzenpaare. Die Oberseite des Kopfes, Halses und Vorderrückens ist fast einfarbig schwarzbraun, hinterwärts allmählig mit mehr und mehr Falbbraun gesprenkelt, was an den Seiten, wie gewöhnlich, über- wiegend wird. Die Unterseite ist schmutzig graugelblich, auf dem Hinterbauch mit einem grossen weissen Fleck. Alle Haare sind an der Wurzel dunkel schieferfarben; nur die auf: letzterem Fleck sind 319 fast einfarbig weiss. Die Unterseite des Kopfs ist der übrigen Un- terseite gleichförmig; die Ohren sind grau, an der Wurzel schmutzig weiss, die Vorderzähne, wie bei allen Hesperomys, gelb. Die Zehen sind schmutzig weisslich, was hiuten bis über die Mitte des Mittelfusses reicht, dessen hintere Hälfte braun ist. Die Behaarung des Schwanzes ist russigbraun. B Baryehn U PER Ohren inlo giant Tan, SEN SM Schwanz . . . 2.0.22 91: [Hinterfüuss 2.000.074 Wurde von Nafterer als Bewohner der Häuser in Ypanema angetroffen und ist wohl dieselbe Art, welche Lund mit unserer Hausmaus zusammenstellt. VIH. MACROCOLUS. Bilchspringer. In Wiegmann’s Archiv für Naturgeschichte [1846. 1. S. 172] habe ich eine neue Nagergattung aus der Familie der Springer un- ter dem Namen Macrocolus nach ihrem äussern Baue und der Be- schaffenheit ihres Knochengerüstes beschrieben. Zur Grundlage diente mir ein aus Mexiko abstammendes Exemplar, das ich mit der spezifischen Benennung Macrocolus halticus bezeichnete. Um die Verwandtschafts- Beziehungen dieser neuen Gattung mit den Springern der alten Welt zur klaren Anschauung briugen zu können, habe ich auf Tab. 5 die Abbildung des Skelets derselben gegeben; hinsichtlich der Beschrei- bung brauche ich nur auf meine vorhin erwähnte Abhandlung, so wie auf die den Tafeln beigegebene Erklärung zu verweisen. 41# 320 IX. ‚ Vergleichung des Skelets von. Psammoryctes mit dem von Octodon, Habrocoma und. Loncheres, nebst Bemerkungen über die systematische Stellung von Schizodon,, Ctenomys und Myopotamus. Der Cucurrito [Psammoryctes s. Poephagomys] wurde von mir der Familie der Schrotmäuse |Psammoryetina] eingereiht, während mir‘ später Zweifel darüber kamen, ob er nicht vielleicht gar bei den Wurfmäusen [Cunicularia] unterzubringen wäre. Aus dieser Ungewissheit bin ich nunmehr gezogen worden, nachdem ich von diesem Thiere ein Exemplar in Weingeist erhalten habe, von dem ich das Skelet*) präpariren lassen konnte. Aus der Vergleichung desselben mit Skeleten von Octodon Cumingii [Dendrobius Degus], Habrocoma Bennettii, Loncheres obscura und Loncheres Blainvillei ist es mir zur Evidenz klar geworden, dass der Cueurrito nirgends anders als unter den Schrotmäusen seine Stelle erhalten kann, wie ich diess jetzt in einem kurzen Nachweise darlegen werde. Schon ein erster Aublick auf die Skelete der 4 genannten Gat- tungen: genügt, um zur Ueberzeugung zu gelangen, dass sie sämmt- lich nach einem und demselben Grundtypus gebaut sind, so dass es, abgesehen von den Backenzähnen, schwer hält, charakteristische Differenzen ausfindig zu machen, Ich habe schon früher in diesen Blättern **) die Beschaffenheit des Knochengerüstes von Loncheres beschrieben, und indem ich auf diese Darstellung verweise, kann ich mich hier kurz fassen in Erörterung der Punkte, in welchen *) Abgebildet auf Tab. 4 fig. 1—4. **) Beschreibung einiger neuer Nager u. s. w. in denAbh. der II Classe der k. bayer. Akad. d. Wissensch. IIl. 1. S. 196. 321 diese Gattungen hinsichtlich ihres Skeletbaues miteinander überein- stimmen. Als die wesentlichsten Punkte, in welchen Psammoryetes, Oc- todon, Habrocoma und Loncheres in Bezug auf die Beschaffenheit ihres Knochengerüstes übereinkummen, mögen folgende hervorgehoben werden. Der Schädel hat eine längliche Form, die von vorn nach hinten allmählig an Breite zunimmt. Zwischenscheitelbein und Schei- telbeine verschmelzen sehr frühzeitig miteinander und letztere, so wie die Stirnbeine machen einen ansehnlichen Theil der Schädelbe- dachung aus; der Jochbogen ist sehr beträchtlich entwickelt und bil- det vorwärts ein sehr grosses vorderes Augenhöhlenloch, indem das Oberkieferbein dem Jochbeine zwei Fortsätze entgegenschickt: einen längern, der vom Stirnrande des Oberkieferbeins abwärts und etwas auswärts sich herabzieht, und einen kürzern, der horizontal und ebenfalls etwas auswärts gerichtet dem Jochbein entgegenkommt. Das Jochbein selbst hat immer eine verhältnissmässige Stärke, Der knöcherne Gaumen ist schmal und hinterwärts. tief ausgeschnitten. Die Paukenknochen sind mittelgross, länglich und glatt. Am Unter- kiefer sondert sich unten der zahntragende Theil mehr oder minder wulstig vom aufsteigenden ah; seine beiden Aeste treten hinterwärts weit auseinander, der hintere Rand zwischen Gelenkfortsatz und Winkel ist bogenförmig ausgeschnitten und der Winkel verlängert sich in einen horizontalen Stachel. Unter den Wirbeln hat der. 2te einen starken Dornfortsatz, der au den folgenden ganz verschwindet und erst an den letzten wieder in einer ganz schwachen Andeutung zum Vorschein kommt. Auch der Dornfortsatz des ersten Rückenwirbels ist noch sehr schwach, während der 2te ansehnlich, am obern Ende erweitert und in der Mitte desselben etwas ausgeschnitten ist. Das Schulterblatt ist lang, oben sehr erweitert, unten durch den 322 starken Ausschnitt des vordern Randes sehr verschmälert. Die Gräthe trennt sich sehr bald vom Blatte ganz los und erweitert sich unten in zwei Fortsätze, von denen der vordere in Verbindung mit dem langen stabförmigen Schlüsselbeine tritt. Das Oberarmbein ist ziem- lich gerade, in seiner obern Hälfte von beiden Seiten zusaminenge- drückt und trägt hier einen flügelartigen Vorsprung. Ellenbogenbein und Speiche sind zwar gesonderte Knochen, doch meist nur in dem mittlern Theil deutlich voneinander losgelöst. Die Hand ist beträcht- lich kürzer als der Hinterfuss und die Knochen beider sind von keiner besondern Stärke. Das Becken ist ziemlich in die Länge gezogen und das eiförmige Loch ist ziemlich gross. Die hintern Gliedmassen sind in ihren 3 Hauptabtheilungen länger und auch fast durchgängig kräftiger als die vordern. Dem Oberschenkelbeine geht die äussere flügelartige Erweiterung [dritter Umdreher] der Mäuse ab. Schien- und Wadenbein bleiben entweder in ihrem ganzen Verlaufe von einander getrennt oder stossen doch erst gegen das untere Ende zusammen, Aus dieser kurzen Vergleichung geht hervor, dass die 4 ge- nannten Gattungen hinsichtlich des Baues ihres Knochengerüstes in den wesentlichsten Stücken miteinander übereinkommen, so dass augen- fällige erhebliche Differenzen nur mühsam ausfindig gemacht werden können. Zunächst geben sich solche in der Zahl der Wirbel, na- mentlich der Schwanzwirbel zu erkennen, während hinsichtlich der Lendenwirbel, und wenn man will, auch hinsichtlich der nicht strenge von den Schwanzwirbeln sich scheidenden Kreuzwirbel, eine völlige Gleichförmigkeit herrscht. Hals- IRücken- Lenden-) Kreuz-'Schwanz- en VE Wat Wirbel |Wirbel Wirbel |yyirbel Loncheres obscura*) . 7 1amla.z 2 rn 64 — . Blainvillei . | 7 14 | 7 | 2 | 33.1 | 63:3 *) An unserm Skelet sieht man zwar nur 13 Rippenpaare, also auch nur 13 Rückenwirbel, da aber bei Z. Blainvillei 14 Rippenpaare sind, so wird auch für L. odscura die nämliche Zahl gelten. 323 | Hals- [Rücken-‚Lenden- /Kreuz- Sch Wan} mama ö | Wirbel Wirbel | Wirbel |Wirbel Wirbel |Wirbel Hahrocoma Bennettü . | 7 a u aa 28 | 60 Octodon Degus | 27 55 BE ae | “| Psammoryectes noetivagus\ 442 7 Hull 18 1"47 Der Schädel ist am längsten gestreckt bei Habrocoma”), na- mentlich ist hier der Schnautzentheil am längsten und schmälsten, was auch für die Foramina incisiva gilt, die am kleinsten bei Psam- moryetes sind. Die kürzeste gedrängteste Schädelform hat letzterer nebst Octodon; bei beiden ist auch der Unterkiefer am kräftigsten ausgebildet. Bei Loncheres sind die Stirnbeine am breitesten und stossen mit den Scheitelbeinen in einer geraden, bei den andern in einer gebogenen Linie zusammen. Die Paukenknochen sind bei Ha- brocoma am grössesten. Der Griffelfortsatz an den beiden Seiten- rändern der Schuppe des Hinterhauptbeines hängt nur bei Loncheres frei hinter den Paukenknochen herab. Der stabförmige Fortsatz am Winkel des Unterkiefers ist sehr lang bei Habrocoma, sehr kurz bei Psammoryctes. Um mich kurz zu fassen, so zeigt der Cucurrito in seinem Skeletbaue keine solchen Differenzen, die ihn von den Schrotmäusen entfernen ‚könnten; im Gegentheil ergiebt es sich, dass ihm ein und derselbe Typus mit diesen zu Grunde liegt. Die Verkürzung des Schwanzes und der Ohren stellt ihn auf die Grenze der Schrot- mäuse, von der aus sich diese an die Wurfmäuse anschliessen. Noch will ich etliche Worte über die systematische Stellung von Schizodon, Ütenomys und Myopotamus beifügen, da ich jetzt mit Materialien besser als früherhin versehen bin. Von diesen 3 Gat- *) Vgl. Tab. 4 fig. 5—6 den Schädel von Habrocoma Benneiti. 324 tungen besitzt nunmehr die hiesige Sammlung ausgestopfte Exemplare und Schädel; von letzterer überdiess das vollständige Skelet. Schisodon ist seinem Schädelbaa nach ein ächtes Mitglied der Familie der Schrotmäuse und zwar kommt derselbe mit Psamimorye- tes dermassen überein, dass, sollte man lediglich auf diesen Theil des Knochengerüstes Rücksicht nehmen, heide Gattungen nicht ge- nerisch geschieden werden könnten. In der Beschaffenheit der Backen- zähne giebt sich zwar eher ein Unterschied zu erkenneu, der je- doch eigentlich nur darin besteht, dass die Trennung eines jeden Backenzahnes in zwei Partieen bei Schizodon deutlicher als bei Psammoryetes durchgeführt ist. Mit Hinsicht auf den äussern Bau ist Schizodon ein Bindeglied zwischen den Stachelratten und dem Cucurrito, während die laugen Sichelkrallen der Vorderfüsse schon auf Otenomys hinweisen *). Ütenomys schliesst sich einerseits durch seine äussere Gestalt und den kurzen behaarten Schwanz au Psammoryctes an, während er sich andrerseits durch die Verkümmerung des äussern Ohrs, die langen Krallen an den Vorderfüssen und die breiten, meiselförmigen, gerade abgeschnittenen Vorderzähne an die Wurfmäuse anreiht, denen ich ihn auch früher beigesellt habe. Nachdem ich jedoch jetzt den Schädel desselben aus eigner Anschauung kenne und dadurch ge- funden habe, dass er ganz nach dem Typus der amerikanischen Schrotmäuse geformt und sowohl durch die schmalen, langgestreck- ten, hinten weit auseinander weichenden Paukenknochen, als auch *) Eine Abbildung des Thieres von Schizodon fuscus habe ich in Schre- ber’s Säugthieren tab.. CGVI..B gegeben; die Backenzähne desselben habe ich ebendaselbst tab. COXXXIX. D fig. 4 darstellen lassen. Von letzteren, so wie vom Unterkiefer habe ich auf unserer Tab. 4 dig. » 7—9 eine Abbildung mitgetheilt. 325 durch die kräftige Form des Unterkiefers am nächsten dem Schädel des Psammoryetes steht, so finde ich mich veranlasst, die Gattung Ctenomys als letztes Glied, dem der Cucurrito noch vorangeht, den Schrotmäusen [Psammoryctina] anzuschliessen, uni von da aus den Uebergang zu den Wurfmäusen zu vermitteln. Zuletzt bleibt mir noch der Coypu [Myopotamus] zur Vergleich- ung über. Ich habe früherhin denselben in Hinsicht auf seinen äus- sern Bau und die Beschaffenheit seines Gebisses mit dem Biber zu einer eignen Familie der Castorina vereinigt; nachdem ich aber jetzt im Stande bin sein Skelet mit dem des Bibers unmittelbar zu ver- gleichen, erkenne ich sehr wohl, dass diese Zusammenstellung eine unrichtige ist. Trotz mancherlei Modifikationen nämlich, die in Folge seiner eigenthümlichen Lebensweise sein Knochengerüste von dem der amerikanischen Schrotmäuse darbietet, ist es doch in allen we- sentlichen Stücken, wie wir sie vorhin aufführten, nach dem Typus der letzteren geformt, dagegen in allen diesen Beziehungen von dem des Bibers auffallend verschieden. Um nur in der Kürze das Wich- tigste hervorzuheben, so ist der ganze Schädel, insbesondere der Jochbogen, das vordere (untere) Augenhöhlenloch und der Winkel- fortsatz des Unterkiefers ganz wie bei den Schrotmäusen gebildet. Dasselbe gilt vom Schulterblatt, der frühzeitigen Abtrennung der Gräthe von demselben, ferner von der Form des Oberarmbeines, des Oberschenkelbeins, der Hand- und Fussknochen und der Schwanz- wirbel; lauter Theile, -die beim Biber von einer sehr abweichenden Form sind. So reiht sich denn der Coypu ebenfalls unter die Schrot- mäuse ein, unter denen er in ähnlicher Weise den Biber repräsentirt, wie Ctenomys unter ihnen die Wurfmäuse. An Wirbeln sind beim Coypu im Ganzen vorhanden 58, nämlich 7 Halsw., 13 Rückenw., 6 Lendenw., 2 (oder 4) Krenzw., 30 (oder 28) Schwanzwirbel. Abhandlungen d. II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. V. Bd. II. Abth- 42 326 X. ASCOMYS. Gofler. Gauz verschieden von den bisher erörterten Formen ist das Knochengerüste des Goffers [Ascomys], von dem die hiesige Samm- lung jetzt das Skelet von dem kanadischen [A. canadensis], so wie den Schädel [freilich ohne Hinterhaupt] vom mexikanischen [A. me- ricanus) aufzuweisen hat. Indem ich nunmehr zu einer Schilderung dieses Skelets übergehe, halte ich es für überflüssig, das ganze osteographische Detail an selbigem zu erschöpfen; ich werde viel- mehr mich begnügen vom zoologischen Standpunkte aus die charak- teristischen Merkmale desselben hervorzuheben und verweise im Uebrigen auf die beigegebenen genauen Abbildungen. Dieses Skelet*) verräth gleich durch die kräftigen Formen in allen seinen Theilen die Bestimmung des Thieres zum Graben und Wühlen. Der Schädel ist in seinem Hintertheile beträchtlich erwei- tert und auf seiner Hinterfläche senkrecht abgestutzt. Die Schläfen- heine haben sich sehr ausgebreitet, während Scheitel - und Stirnbeine sehr verschmälert sind, indem der Schädel zwischen den Augen- höhlen stark eingezogen ist. Die Jochbögen. zumal der Jochfortsatz des Oberkieferbeins, sind kräftig entwickelt und wie bei andern Wurfmäusen weit nach aussen gewendet. Das Unteraugenhöhlen- loch, das noch eine ziemliche Weite bei Spalax hat, bei Bathyergus und Georhychus aber schon sehr enge wird, ist auch bei den @of- fers sehr klein und durchbohrt nieht mehr, wie bei jenen, den Joch- fortsatz des Oberkieferheius, sondern mündet vor demselben aus. Der knöcherne Gaumen ist bis auf die höchst kleinen Foramina in- cisiva ganz geschlossen, die Paukenknochen sind schwach. Der Unterkiefer ist höchst robust, dabei von einer Form, die wesentlich *) Tab. 6 ist der bildlichen Darstellung des Skelets von Ascomys gewidmet. 327 von der des Bathyergus und Georhychus abweicht, dagegen mehr an die des Spalax sich anschliesst. Die Aeste sind ausserordentlich dick und angeschwollen, indem sich der aufsteigende Theil nicht wie bei jenen erstgenannten beiden Gattungen als ein besonderes Blatt vom Zahngrunde losreisst, sondern mit demselben längs der Basis des Unterkiefers verschmolzen ist. Der breite, blattförmige Winkelfortsatz ist nicht rückwärts, sondern auswärts als ein Qner- fortsatz gewendet und über ihm sieht man einen dieken kolbigen Fortsatz, bis zu dem das hintere Ende des Schneidezahnes reicht. Durch eine Grube davon getrennt, ragen über ihn der Kroneu- und Gelenkfortsatz hervor, von denen jener der höhere und stark entwickelt ist. Auf der Innenseite des aufsteigenden Theiles des Unterkiefers findet sich seitwärts der hintern Backenzähne eine weite und tiefe Grube, die bei den andern vorhin genannten Gattungen der Waurf- mäuse vermisst wird. Die ganze vordere Extremität mit dem Schultergerüste ist sehr kräftig ausgebildet, was die Wurfmäuse von den Schrotmäusen sehr erheblich auszeichnet. Das Schulterblatt hat zwar eine ähnliche Form wie bei den letztern, unterscheidet sich aber gleich dadurch, dass die Gräthe erst gegen das untere Ende sich ablöst und dass der Rabenschnabelfortsatz, der bei den Schrotmäusen nur ganz schwach angedeutet, hier als ein starker Haken sich herab krümmt. Die Schlüsselbeine sind lang, stabförmig und etwas mehr gewunden als bei der vorhin genannten Familie. "Beträchtlich stark ist das Ober- armbein, noch mehr als bei Syalar, soust aber von ähnlicher Form, mit starkem flügelförmigen Vorsprung auf der vordern Leiste und beträchtlicher Vorragung des innern Gelenkknorrens; die Gelenk- grube ist durchbohrt oder doch nur durch ein dünnes Blättchen ge- schlossen. Die Vorderarnknochen sind gewundener als bei den Schrotmäusen, einander mehr genähert, doch grösstentheils nicht ver- wachsen; das Ellenbogenbein ist indess nicht so kräftig wie bei 42* 323 Spalax. Die Hand ist ungemein entwickelt, so dass sie an Länge dem Fusse nicht viel nachsteht und die Glieder der Mittelhaud und der Finger fast noch dicker sind als die entsprechenden Theile amı letzteren. } Das Becken unterscheidet sich von dem der Schrotmäuse sehr augenfällig dadurch, dass die Schambeine nicht, wie es bei letzteren der Kall ist, unten in einer langen Symphyse zusammenstossen, son- dern dass sie nur in einem Punkte sich berühren, dann aber gleich wieder auseinandergehen, indem der untere Vorderrand des Beckens hier einen tiefen Ausschnitt bildet. Bei Spalar berübren sich die beiden Schambeine zwar auch nur in einem Punkte, aber sie kommen sich hier in einem grossen Bogen entgegen und sind desshalb in ‚ihren aufsteigenden Theilen weit auseinander gerückt, während diese bei Ascomys sich sehr genähert und zugleich sehr Jaug gestreckt sind, wodurch das eiförmige Loch ebenfalls beträchtlich in die Länge gezogen wird. Am starken Oberschenkel breitet sich das obere Eude flügelartig aus, indem der innere Umdreher beträchtlich ent- wickelt ist; der dritte fehlt aber eben so wie bei den Schrotmäusen. Das Wadenbein verschmilzt bald unter der Mitte des Schienbeins mit demselben vollständig, wie es auch bei Spalax der Fall ist, während bei den Schrotmäusen in solchem Kalle doch wenig- stens die ursprüngliche Trennungslinie sichtlich bleibt. Wie die Finger der Vorderfüsse, so sind auch die Zehen der Hinterfüsse zu fünfen vorhanden, jede mit der normalen Zahl von Phalangen. Der Mittelfuss ist zwar länger als die Mittelhand, dagegen sind umge- kehrt die Finger länger als die Zehen. Der Brustkasten ist sehr geräumig. Das Brustbein besteht aus 6 Stücken; die Handhabe ist an ihrem Vorderrande erweitert, doch nicht in dem Maase wie bei Spalar und trägt auch nicht den Längs- kiel, der sich auf der untern Fläche des letztern findet. Von den 329 21 Rippenpaaren stossen 7 unmittelbar an das Brustbein, Die Wirbel sind im Ganzen kurz und dick; besonders breit sind die Halswirbel. Man zählt im Ganzen 50 Wirbel, nämlich: 7 Halsw., 12 Rückenw., 7 Lendenw., 5 Kreuzw. und 19 Schwanzwirbel. Noch will ich zur bestimmtern Bezeichnung der relativen Grössen- verhältnisse des Knochengerüstes von Ascomys canadensis die Maasse der hauptsächlichsten beifügen : Länge des Schädels . . - a u Länge der Hals-, Rücken- und "Lienden-Wirbelreihe zu- sammengenommen . . - a Länge der Kreuz- und Schwanz - Wirhelreihe = zusammen- genommen } 5 4 Breite des Schädels am een VER RIEN 6 Breite des Schädels zwischen den Augenhllen NE 4 Breite des Schädels an den Jochbögen 1 6 Länge des Unterkiefers vom Gelenkkopf bis zum Kar rande. »- . .» 1 Entfernung von einem Buortirtanhe ia Unterkiefer- Win- kels zum andern . Grösste Dicke eines Dollskdeferesten Länge des Schulterblattes . Breite am obern Rande . Länge des Oberarmbeines . Breite am untern Ende Länge des Ellenbogenbeins Länge der Speiche ae apa. Länge der Hand . . . . “sella; Länge des Mittelbandknochens- vom Mintelfinger. Länge des Mittelfingers . Länge des Beckens [9% m. De »-»-o or, m mo mo m O0 - 1 [o>} [es nl [S 330 Entfernung grösste, der Schambeine voneinander . . . 0 3% Länge des Oberschenkels 1 54 Breite zwischen den beiden Unidt bier 0 7 Länge des Schienbeins . 1 44 Läuge des Hinterfusses 1 6 Länge des Mittelfussknochens dei Mittelzehe: 0 6 Länge der Mittelzehe 0 54 Der Goffer trägt also, wie aus Vorstehendem erhellt, nicht blos in: seinem äussern Hahitus die Merkmale der Wurfmäuse an sich, sondern auch sein ganzes Knochengerüste ist nach dem Typus der- selben und zwar in einer sehr hervorstechenden Weise ausgeprägt. Erklärung der Tafeln der ersten und zweiten Ablheilung. Tab. I. | Tab. I, nebst Tab. II und III sind, mit geringer Ausnahme, nach den Originalzeichnungen von Joh. Natterer gefertigt, der sie, als ein höchst geschickter Zeichner, nach frischen Exemplaren gleich an Ort und Stelle entwarf, weshalb sie auch. von einer Treue sind, wie solehe nach ausgestopften, und selbst nieht einmal’ nach in Wein- geist aufbewahrten, ‚Individuen nimmermehr erreicht zu werden vermag. 331 Fig. 1 stellt Phyllostoma pusülum Matt. vor. Fig 2—4. Phyllostoma obscurum Neuw., Kopf [2] nebst Nasenbesatz [3], Mundöffnung und Ohrklappe [4]. Fig. 5—7. Phyllostoma perspicillatum Geoffr., Kopf [5]; Nasenbesatz [6] und Ohrklappe [7]. Fig 8: Fig. Fig. Schneid - . Fig. Fig. Fig. Fig. 1: Phyllostoma longifolium Natt., webst Ohrklappe. Tab. II. Chilonyeteris gymnonotus Natt. 2—6. Ch. rubiginosa Natt., Schädel [3—4], obere und Eckzähne [5], untere [6]. 6. Tab. II. Dysopes glaucinus Natt. D. perotis Neuw. D. velox Natt. D. auritus Natt. Kopf von Emballonura canina Neuw. Der geschlossene Drüsensack im Winkel des Elien- bogens vom Männchen der Embullonura canina. Fig. 7 derselbe geöffnet. Natterer sagt hierüber in seinen Notizen Folgendes. „Auf der obern Seite der Haut, die von der Achsel bis an’s Handgelenk gespannt ist, befindet sich am Rande, dem Ellenbogenwinkel gegenüber, ein flacher häutiger Wulst von 2 Linien Länge und 14 Linie Breite. Der äussere Rand desselben 332 schiebt sich zurück und es wird eine Spalte sichtbar mit erhabenem Rande, in welcher sich eine stark-, aber nicht unangenehm riechende Feuchtigkeit befindet. Bei stark ausgespannten Flügeln bleibt die Spalte noch geschlossen, obschon sich die Haut des Wulstes zurück- zieht. Das Weibchen hatte kaum eine Spur des Moschusbehältnisses auf den Flügeln; es war blos eine Runzel sichtbar.“ Fig. 8—10. Vorderkopf und Schädel von Emballonura ma- erotis Wayn. Tab. IV. Fig. 1—4. Psammoryctes noctivagus Poepp. und zwar Fig. 1 das ganze Skelet in natürlicher Grösse. Fig. 2. der Schädel von oben gesehen; 3. Unterkiefer; 4. Schulterblatt. Fig.5. Der Schädel von Habrocoma Bennettii; 6.der Unterkiefer. Fig. 7. Unterkiefer von Schizodon fuscus; 8. obere Backen- zähne; 9. untere Backenzähne. Tab. V. Macrocolus halticus ; alle Figuren in natürlicher Grösse dargestellt. Fig. 1. Das ganze Skelet, 2. der Schädel von oben, 3. der- selbe von unten, 4. Unterkiefer, 5. obere Backenzähne, 6. untere Backenzähne, 7. Oberarmknochen, 3. Oberschenkelkuochen. Tab. VI. Fig. 1—5. Ascomys canadensis. 1. ganzes Skelet etwas ver- kleinert; 2. Schulterblatt; 3. Gelenkverbindung desselben mit dem Oberarm; 5. Oberschenkelknochen. Fig. 6—8. Ascomys mezicanus. — 6. Unterkiefer; 7. obere Backenzähne; 8. untere Backenzähne. Urweltliche Säugthier - Ueberreste aus Griechenland, beschrieben von Dr. } A. Wagner, Mitglied der königlichen Akademie der Wissenschaften, Mit 4 Tafeln. Abhandlungen d. II. Cl. d., k. Ak. d. Wiss. V. Bd. II. Abth. 43 Urweltliche Säugthier-Ueberreste aus Griechenland, beschrieben von Dr. Ja. Wagner. Es sind nunmehr fast zehn Jahre verflossen, seitdem mir die ersten antediluvianischen Säugthier-Ueberreste aus Griechenland zukamen. Wenn es auch nur wenige Fragmente waren, die mir damals zu Theil wurden, so waren sie doch für die Palaeontologie von grossem Interesse, weil durch sie das Vorkommen von Affen [Mesopithecus - pentelicus], von einem viverrenartigen Raubthiere, das ich mit dem Namen Galeotherium bezeichnete, ferner vom Equus primigenius und etlichen Wiederkäuern nachgewiesen wurde, die gemeinschaftlich mit einander Griechenland während der Tertiärperiode bewohnten. Durch die gefällige Mittheilung des Herrn Dr. Lindermayer in Athen, der durch seine ornitholegischen Arbeiten bereits rühmlichst den Naturforschern bekannt ist, ist mir nunmehr eine weit reichhaltigere ‘Sendung. solcher Ueberreste aus Griechenland zugekommen, durch die ich meine frühere Notiz*) vervollständigen und mit der Auffüh- rung von noch mehr Thierformen bedeutend erweitern kann. Ich *) Abh. der mathem.-physik. Klasse der k. bayer. Akad. der Wissensch. II. S. 151. 43* 336 hoffe, dass diese Mittheilung den Palaeontologen um so willkom- mener seyn werde, als seit meiner ersten Publication, ausser einer kurzen Notiz von @. Jäger*), der etliche fossile Ueberreste vom Pferde und einer Hirschart aus dem Thale von Marathon zur Sprache brachte, keine weitere Nachrichten über die urweltliche Säugtbier- Fauna Griechenlands bekannt gemacht worden sind. Genauere Nachrichten über die Lagerungsverhältnisse dieser griechischen Knochenüberreste feblen mir noch; ich habe jedoch be- reits um deren nähere Angabe Herrn Dr. Lindermayer ersucht und hoffe sie späterhin noch nachtragen‘ zu können. Soviel man indess an der, den Knochen anhängenden Masse wahrnehmen kann, ist sie von der nämlichen Beschaffenheit, wie ich sie schon bei meiner er- sten Acquisition solcher Ueberreste beschrieben und wie sie in gleicher Weise Jäger angegeben hat. Sie ist nämlich ein verhärteter, eisen- schüssiger und daher roth. gefärbter Thon, der öfters mit so viel feinen Sandkörnern gemengt ist, dass er dann ‚sandsteinartig und äusserst hart wird. Die Höhlungen der Röhrenknochen sind, wie diess auch bei den zuerst aus Griechenland erhaltenen Fragmenten der Fall war und wie es ebenfalls Jäger bei den seinigen gefunden hat, mit Kalkspatbkrystallen besetzt. Uebrigens waren die mir diessmal zugekommenen Knochen grösstentheils sehr zertrümmert und dadurch ihre Bestimmung. oft ungemein erschwert. Erkannt wurden an ihnen nachstehende Thierformen: ein Pferd [Equus pri- migenius], 2 Arten von Rhinoceros, ein Dinotherium, wahrscheinlich auch Mastodon, ferner etliche Wiederkäuer, darunter eine den Hör- nern nach sehr ausgezeichnete Antilope, endlich ein Nager, ein gi- gantisches katzenartiges Thier und der urweltliche griechische Affe [Mesopithecus pentelicus]. *) Münchn. gel. Anzeig. XXI. [1846] S. 10. 337 I. Equus primigenius [Hippotherium gracile]. Während von der ältesten urweltlichen Pferdeart, dem Equus primigenius Meyer [Hippotherium gracile Kaup], bereits das ganze Zahnsystem und vom Rumpfskelet auch der grösste Theil bekannt geworden ist, ist bisher ihre Schädelform völlig unbekannt geblieben. Man musste aber um so mehr begierig darauf seyn, diesen Theil kennen zu lernen, als Kaup*), nachdem er im Fussbaue seines Hip- potheriums Aehnlichkeit mit Palaeotherium gefunden zu haben glaubte, die Frage aufgeworfen hatte, „ob dieses Thier [das Hippotherium] nicht auch durch einen Rüssel den Uebergang zu Palaeotherium machte.“ Ich hoffe diese Frage definitiv beantworten zu können, nachdem mir jetzt ein fast vollständiger Schädel des Hippotheriums durch die Sendung des Herrn Dr. Lindermayer zugekommen ist. Von einzel- nen Zähnen dieses Thieres, zum Theil auch noch im Zusammenhange mit Kieferfragmenten, liegt mir nunmehr eine ziemliche Menge vor; auch von den Knochen der Gliedmassen sind viele vorhanden, doch meist in sehr beschädigtem Zustande. Zur Vergleichung mit diesen urweltlichen Thierüberresten konnte ich die Skelete vom Pferde und Esel und ausserdem noch den Schädel und einen grossen Theil der Gliedmassen des Quagga’s benützen. a. Schädel. Das werthvollste Stück der ganzen Sendung ist ohnstreitig der fast vollständige Schädel des Equus primigenius [Tab. 1. fig. 1], da diess das einzige Exemplar ist, das bisher von demselben be- kannt wurde. Es fehlt ihm nichts als das äusserste Ende des Hin- terhaupts und das vorderste Stück des Unterkiefers; für letzteres findet sich indess ein Ersatz, indem ein solches besonders unter den *) :Noy. act. acad, nat. cur, XVII, 1. p. 171. 338 Kieferbruchstücken vorhanden ist. Während fast alle andern Stücke” durch die Ausgrabung und den Transport mehr oder minder gelitten haben, hat sich der Schädel gut conservirt, indem er grösstentheils in die feste Gesteinsmasse eingehüllt war, aus der ihn erst hier die geschickte Hand des an der k. palaeontologischen Sammlung ange- stellten Dieners @. Dietrich herausarheitete. Der Schädel ist im Innern ganz mit der festen Gesteinsmasse ausgefüllt und hat sich anf der linken Seite vollständig erhalten, während auf der rechten die hintere Parthie ihre Knochenmasse grösstentheils verloren hat. Der Unterkiefer findet sich in normaler Lage, ist noch in seiner Gelenkhöhle eingelenkt und schliesst sich dicht an die Oberkinn- lade an. Verglichen mit dem Schädel des Pferdes, Esels und Quagga’s zeigt es sich, dass der Schädel des Equus primigenius im Wesent- lichen ganz nach deren Typus gebildet ist, so dass es nur einzelne Modificationen sind, die ihn von der generischen Norm der lebenden Pferdearten unterscheiden. Was seine Grösse anbelangt, so hält sie das Mittel zwischen der des Quagga's und des Esels, und bleibt also weit hinter den grossen Rassen des Hauspferdes zurück. Von den Seiten ist der Schädel mehr zusammengedrückt, als bei irgend einer dieser drei genannten Arten. Wenn diess schon in der Stirn- gegend sehr merklich ist, so zeigt es sich doch am auffallendsten an den Seitenwänden des Gesichtstheils; denn während bei den le- benden Arten die Strecke zwischen der Augenhöhle und dem untern Augenhöhlenloch eine flache oder eher etwas gewölbte Wand bildet, findet sich hier dagegen bei Equus primigenius eine tiefe Einsenk- ung. Da diese lediglich auf das Oberkieferbein beschränkt ist, wäh- rend Thränenbein und Jochbein daran keinen Antheil nehmen, so wird die Augenhöhle auch noch vorn durch eine Art Bogen von dem vor ihr liegenden Gesichtstheil abgegrenzt. Aehnliche Einsenk- ungen an der genannten Stelle kommen auch zwar bei vielen Wie- 339 derkäuern vor, aber es besteht der grosse Unterschied, dass sie bei letzteren hauptsächlich vom Thränenbein hervorgebracht werden, während diess bei Equus primigenius ganz davon ausgeschlossen ist, so dass die Aushöhlung auf das Oberkieferbein beschränkt bleibt. Wenn diese tiefe Einsenkung in ihrem Hintergrunde unterhalb des vordern Orbitalbogens eine lochartige Vertiefung zeigt, so mag diese nur Folge einer zufälligen Beschädigung seyn, da hier die Knochen- wandung etwas gelitten hat; als unteres Augenhöhlenloch könnte sie aber in keinem Fall genommen werden, da selhiges in derselben Form und Stellung wie bei der lebenden Art vorhanden ist. Die besprochene Einsenkung zieht sich noch über letztere Oeflnung hinaus, nud verfliesst hier mit jener, welche von der Seitenwand der Kinn- lade zwischen dem Eek- und ersten Backenzahn gebildet wird. Dadurch wird der Nasentheil der Schnautze stark von dem Theile gesondert, der die Backenzähne trägt, Durch die merkliche Zu- sammendrückung des Gesichtstheils, in Verbindung mit einer grössern Ausdehnung desselben nach der Höhe, tritt diese urweltliche Species in nähere Verwandtschaft mit dem Kameel als irgend eine der le- benden Arten. Abgesehen von der beträchtlichen Einsenkung am Gesichtstheil des Oberkieferheins und der auffallenden seitlichen Compression des ganzen Schädels erscheint dieser ausserdem bei Equus primigenius ganz gleichförmig dem der lebenden Arten. Der Jochbogen bildet ‚abwärts die nämliche vorspringende Schneide wie bei letzteren; die Augenlöhle ist von derselben Form und Zusammensetzung, und selbst das obere Augenhöhlenloch ist an der gewöhnlichen Stelle vorhanden. In gleicher Weise stimmen die Nasenbeine des Equus primigenius mit denen der lebenden Arten überein, und insbesondere haben ihre über die Nasenhöhle vorspringenden Enden die nämliche Form, doch . sind letztere merklich länger als bei jenen, da bei der ausgestorbe- nen Species die Nasenhöhle ebenfalls länger als bei selbigen ist. 340 Auch die Näthe, die sich am fossilen Schädel grösstentheils erhal- ten haben, stimmen in ihrem Verlaufe durchgängig mit dem an den lebenden Arten überein. Der Unterkiefer unsers Exemplares, der auf der rechten Seite im aufsteigenden Theile seine Knochenmasse meist verloren hat, ist dagegen auf der linken Seite sehr gut erhalten, so dass ihm nur die äusserste Spitze des Kronenfortsatzes und sein vorderes Ende, soweit die Symphyse sich erstreckt, abgeht. Der starken Compres- sion desSchädels gemäss sind sich auch seine beiden aufsteigenden Aeste mehr genähert als bei den lebenden Arten, und ihre Aushöh- lung im obern Theile ist weit beträchtlicher als es bei jenen der Fall ist. In allen andern Stücken kommt dieser Unterkiefer voll- ständig mit dem der lebenden Arten überein. b. Zahnsystem. Der fossile Schädel, der dermalen unserer Betrachtung vor- liegt, erlangt noch in einer andern Beziehung ein besonderes Interesse, als an ihm zum Erstenmale das ganze Zahnsystem in seiner natür- lichen Lage und Anordnung sich darstellt, und man also dadurch die Evidenz gewinnt, dass die bisher ausser Zusammenhang ge- kannten Theile desselben wirklich in einer einheitlichen Verbindung miteinander stehen. Es fehlt diesem Schädel zur vollständigen Darstellung weiter nichts als die untere Reihe der Schneidezähne, deren Zahl und Form indess bei der Pferdegattung ganz nach der obern sich richtet; zum Ueberfluss besitzen wir aber auch ein be- sonderes Vorderstück vom Unterkiefer, dem noch seine sämmtlichen Schneidezähne einsitzen. Die sämmtlichen Backenzähne der obern wie der untern Reihe sind in dem fossilen Schädel auf beiden Seiten in ihrer ganzen Voll- ständigkeit beisammen, und zwar hat jede einzelne Kieferhälfte sechs ‚341 derselben aufzuweisen. Ein weiterer Zwischenraum [länger als beim Esel, kürzer als beim Quagga] trennt im Oberkiefer den vor- dersten Backenzahn von dem hintersten Schneidezahn; aber in die- ser ansehnlichen Lücke steht, näher dem letztern als dem erstern, ein grosser Eckzahn, und daun folgen in dichtgedrängter Reihe die sechs Schneidezähne, die hier zwar grösstentheils abgesprengt sind, von denen sich aber wenigstens die innere Wandung der Alveolen erhalten hat. Die untern Schneidezähne sind, wie erwähnt, zugleich mit ihrem Kieferstück abgerissen worden, aber der untere Eckzahn zeigt auf beiden Seiten nicht blos sein Zahnfach, "sondern auf der linken Seite auch seine ganze Zahnspitze; diese Spuren der Eck- zähne haben sich erhalten, weil der Mund ganz geschlossen war. Man ersieht daraus, dass der untere Eckzahn in ähnlicher Weise wie bei den lebenden Pferden vor dem obern eingegriffen hat; über- diess erkennt man an ihrer Stärke, dass der fossile Schädel von einem männlichen Individuum herrührt. Auch das schon erwähnte untere Kieferstück mit seinen 6 Schneidezähnen hat auf der rechten Seite den Eckzahn vollständig erhalten und auf der linken Seite wenigstens die vordere Hälfte der Alveole.. Aus diesen Vorlagen ergiebt sich also die Zahnformel für unsern Eguus primigenius in nachstehender Weise: Schneidezähne $:, Eckzähne 4:4 Backenzähne &:$. Sie steht demnach in vollkommener Uebereinstimmung mit der Zahnformel für die lebenden ‚Pferdearten. Ausser den Zähnen, die an dem fossilen Schädel und dem erwähnten Kieferstücke ansitzen, sind mit derselben Sendung eine Menge Zähne angekommen, zum Theil noch in ihren Kieferstücken enthalten, so dass man auch hieraus die ganze Reihe der Backen- “ zähne sich zusammensetzen kann, und ich daher zur Erläuterung Abhandlungen d. II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. V. Bd. II, Abth. 44 342 des bisher nicht vollständig gekannten Zahnsystemes ein ansehnliches Material beisammen habe, was mich noch zu nachstehenden Bemerk- ungen veranlasst. Die Form der Backenzähne ist durch H. v. Meyer’s*) und Kaup’s Darstellungen so genau geschildert, dass ich nichts weiter als die Notiz beizufügen habe, dass erstlich die fossilen Backenzähne aus Griechenland in ihrem Baue ganz mit denen von Eppelsheim, von welchen ich eine ziemliche Anzahl in der Münster'schen Sammlung damit vergleichen konnte, übereinstimmen, und dass ferner eine Tren- nung des Equus primigenius in 2 oder 3 Arten, wie sie nach der Verschiedenheit in der Grösse der Backenzähne versucht wurde, eines sichern Anhaltspunktes enthehrt, da die unmerklichsten Ueher- gänge von den kleinsten zu den grössten Zähnen vorhanden sind, wie denn eine solche Differenz bei allen grossen Säugthierarten so- wohl nach dem Altersstande als nach der Individualität vorzukom- men pflegt. Von den obern Schneidezähnen machte schon H. v. Meyer die Bemerkung, dass sie in einem enger gespannten Bogen als beim Quagga und Hauspferde stehen, woraus er mit Recht auf eine schmächtigere Form der Schnautze beim ausgestorbenen Thiere schloss. An den untern ‚Schneidezähnen vermisste Kaup die Hohlkehle auf der Aussenseite; sie ist jedoch an den mittlern ganz schwach ange- deutet. Die Eckzähne sind meinen Vorgängern noch nicht bekannt ge- wesen. Ausser den am Schädel und dem vordern Unterkieferstück des Eguus primigenius ansitzenden Eckzähnen, die von einem männ- lichen Individuum herrühren, haben sich in der Sendung noch 3 lose *%) Nor. act.: acad. nat. cur. XVI. 2. p. 425. 343 Eckzahnspitzen von der nämlichen Grösse und Gestalt vorgefunden. Daraus wird ersichtlich, dass sie in der Stellung, Form und ver- hältnissmässigen Grösse ganz mit denen unseres Hauspferdes über- einkommen, sie sind also stumpf zugespitzt, auf der äussern Seite ‚der Quere nach stark gewölbt, auf der innern schwächer gewölbt ‚und auf letzterer längs jedes Seitenrandes durch eine tiefe Hohl- ‚kehle ausgefurcht. Ausser den grossen Eckzähnen hat sich in der Sendung noch ein sehr schmaler vorgefunden, der wohl einem weib- lichen Individuum angehört haben wird, Zur genauern Einsicht in die Dimensionsverhältnisse des be- schriebenen Schädels und seines Gebisses füge ich noch dessen Aus- maasse im Vergleich mit denen des Quagga’s und Esels bei. Equus Equus Equus prünigenius| Quagga ‚Asinus. 2 Vom Zwischenkieferrande bis zur Gelenk- höhle für den Unterkiefer Vom Zwischenkieferrande biszum Vorder- rande der Augenhöhle . Vom Zwischenkieferrande bis zum untern Augenhöhlenloch a Vom Zwischenkieferrande bis zum ersten Backenzahn Sinn AR. Ai en Schädelbreite zwischen den Eckzähnen & Zn, — — — hintersten Backenzähnen , Aa Schädelbreite zwischen ade, untern re höhlenlöchern . Schädelbreite zwischen 20 Oberkiefer- beinen in der Nähe des Thränenbeins [mit * bezeichnet] Schädelhöhe zwischen dem Winkeltheil di | Unterkiefers und dem Stirnbein . | 8 8 9 4 rt 44* 344 Schädelhöhe vom Alveolenrandeder ersten obernBackenzähne bis zum Nasenbein- dache . . . N RO a Länge der Nasenhöhle- Länge der Nasenbeine R Länge des Vorsprungs derselben über die Nasenhöhle Länge der obern Bachenkaharchi Länge der untern Backenzahnreihe . Abstand des ersten obernBackenzahns vom Eckzahn . ; Abstand des obern Eolsahnn vom ee sten Schneidezahn Durchmesserdes ersten ee oO oz) [von vorn nach hinten] . a. 1 da Durchmesserd. zweiten obernBackenzahns| 0 11 1 0 10 — — ‚des dritten — Backenzahns| 0 411 1 0.140 _— des vierten — Backenzahns | 0 9 0 0 8 —_— des fünften — Backenzahns | 0 9 0 0.8 _ — dessechsten— Backenzahns|) 0 10 0 0 10 Durchmesser d. ersten untern Backenzahns| 1 4 1 0 103 — — deszweiten — Backenzahns|) 0 104 0 0 104 _— desdritten — Backenzahns| 0 4104 0 0. 104 — — desvierten — Backenzahns| 0 9 0 0 104 — — desfünften — Backenzahns| 0 9 0 0 10 — — . dessechsten — Backenzahns) 0 113 1 0 114 _— des obern Eckzahns 0-1 0 0 3 _— des untern Eckzahns 0 43 0 0 4 c. Gliedmassen. Vom Skelet des Rumpfes und der Gliedmassen sind mir zwar ziemlich viele Knochen, aber fast alle nur in Bruchstücken zuge- 345 kommen. Ich habe an ihnen dieselbe Bemerkung gemacht wie Kaup, dass wenn die Grösse der Statur des Equus primigenius nur nach der Länge der Backenzahnreihe erschlossen werden müsste, sie kaum höher als die des Esels angenommen werden dürfte, während es sich nach den übrigen Theilen des Knochengerüstes herausstellt, dass diese Art so hoch als ein mittelgrosses Pferd war, indem die meisten Knochen der Gliedmassen an Grösse denen des Quagga’s gleichkommen oder sie selbst noch etwas übertreffen. So z. B. misst an einer Schienbeinröhre des Equus primigenius der Querdurch- messer des untern Kopfes 2” 9°”, während er bei dem Quagga nur 2" 6” beträgt. Schon Kaup hat bemerklich gemacht, dass die Knochen der Gliedmassen von Equus primigenius ganz nach dem Typus der Pferdegattung geformt sind und ich kann diese Angabe, soweit meine Vergleichungsmittel reichen, im Allgemeinen durchgängig be- stätigen. Um desto auffallender ist daher die bedeutende Differenz, die zufolge Kaup's Behauptungen in der Bildung der Mittelhand und des Mittelfusses stattfindet und die jetzt hier weiter besprochen werden soll. Vom Mittelhandknochen sagt nämlich Kaup, dass er zwar dem des Pferdes gleiche, dass aber sein äusserer Griffelfortsatz „auf der äussern Seite eine Gelenkfläche für ein viertes Zehenrudiment hat, das höchst wahrscheinlich wie bei Palaeotherium gestaltet war.“ Die Abbildung der obern Extremität des Mittelhandknochens zeigt völlige Uebereinstimmung mit dem Typus, den dieser Knochen bei der Pferdegattung einhält, und ihre Richtigkeit wird mir auch noch bestätigt durch einen in der Münster'schen Sammlung aufbewahrten fossilen Mittelhandknochen von Eppelsheim. Dagegen will die Ab- bildung des Griffelfortsatzes weder von der innern noch von der äussern Seite zu den Griffelknochen recht passen, wie sie am Pferde, 346 Esel und Quagga vorkommen und die ich deshalb eigens bei letz- terem von zwei Mittelhandknochen zur Vergleichung abgelöst habe; Leider sagt Kaup nicht, ob dieser Griffelfortsatz bei der Auffindung dem Mittelhandknochen noch angewachsen war, oder ob er ihn nur muthmasslich mit demselben in Verbindung gebracht hat. Im ersteren Falle möchte doch nochmals nachzusehen seyn, ob bei der mürben Beschaffenheit der Eppelsheimer Knochen die angebliche äussere Ge- lenkfläche des Griffelknochens nicht in Folge einer zufälligen Reibung entstanden seyn könnte; im andern Falle dürfte ein Nachweis für die Zusammengehörigkeit dieses Knochenfragments mit dem Mittel- handknochen beizubringen seyn. Zur Annahme eines 4ten Zehen- rudiments, ähnlich dem von Palaeotherium, könnte ich mich aber um so weniger verstehen, als dieMittelhand dieser Gattung in ihrem Typus zu abweichend von dem der Pferde ist. Auch am Mittelfuss des Equus primigenius hat Kaup ein sehr abweichendes Verhalten angegeben. Der Mittelfassknochen gleicht, wie er sagt, dem des Pferdes, nur ist er schlanker und weniger hoch; anders aber sey es mit den Griffelfortsätzen, von denen er zwei vortrefllich erhaltene kenne. „Das Auffallendste ist,“ wie er hierüber angiebt, „die untere Gelenkfläche, welche so vollkommen ausgebildet ist, dass sich nothwendig ein oder zwei Glieder der Afterklauen angeschlossen haben; — auch die kleinen oberen Ge- lenkflächen sind anders gestellt und gebildet.“ Betrachtet man die Abbildung dieses Griffelknochens, so tritt einem an selbigem eine so seltsame Form entgegen, die man am Pferdeskelet gar nicht un- terzubringen weiss, dass man zweifelhaft werden könnte, ob oberes und unteres Ende an selbigem ursprünglich wirklich zusammen ge- hört haben dürfte. Auch in diesem Falle sagt uns Kaup leider nichts darüber, ob der angebliche Griffelknochen ursprünglich in der That ein einziges Stück gebildet und dem Mittelhandknochen noch angesessen habe, oder ob von ihm nur nach Conjecturen die Anein- 347 anderfügung versucht worden sey. In letzterem Falle würde ich die Richtigkeit der Zusammensetzung geradezu bestreiten, wozu mich noch ein besonderer Umstand veranlasst. Die Griffelknochen legen sich nämlich bei den lebenden Arten so fest an den Mittelfussknochen an, dass sie auf letzterem einen Eindruck jederseits auf der Hinterfläche hervorbringen, an welchem man ihre Form und Länge erkennen kann. Diese Eindrücke sind auch auf den Exemplaren, die ich von dem Mittelfussknochen des Egquus primigenius besitze und unter welchen nebst mehreren Frag- menten ein ganz erhaltener Knochen ist, deutlich zu sehen; sie kommen aber in ihrer Form, Länge und Lage mit den Eindrücken überein, welche die Mittelfussknochen des Quaggas und Pferdes zeigen und ich finde keinen Unterschied, als dass bei dem fossilen Knochen der Eindruck des untern Endes vom äussern Griffelknochen sich nicht auswärts, wie bei jenen, sondern einwärts wendet. Aus der Aehnlichkeit der Impressionen, welche die Griffelknochen hin- terlassen haben, halte ich mich berechtigt, auch auf Aehnlichkeit der letzteren selbst bei der ausgestorbenen Art mit den lebenden zu schliessen. Jedenfalls würde ich den von Kaup dem Mittelfusse des Equus primigenius zugeschriebenen Knochen weit eher bei der Mittelhand der hirschartigen Thiere, wo die Afterzehen besonderen Griffelknochen ansitzen, gesucht haben als bei dem Mittelfusse des Pferdes. Uebrigens möchte ich mich noch gegen die Deutung der Griffelfortsätze als Zehenrudimente verwahren, da ich in ihnen viel- mehr die unvollkommen entwickelten seitlichen Mittelhand- und Mit- telfussknochen sehe, denen jeder Ansatz zu einer Ziehe abgeht, während nur an dem mittlern Hauptknochen diese sich vorfindet, so dass also die Pferde im strengsten Sinne des Wortes Einzeher und Einhufer sind. Ich wollte diese Bemerkungen gegen die Kaup'schen Angaben 348 von der Bildung der Mittelhand und des Mittelfusses bei Equus primigenius hier zur Sprache bringen, da sich mir schon bei ihrer ersten Bekanntwerdung Zweifel dagegen aufgedrängt hatten, und diese sich mir in dem Maasse verstärkt haben, als ich selbst mit dem Knochenbau dieser Art aus eigener Ansicht genauer bekannt geworden bin. Mein Wunsch geht dahin, Veranlassung zu geben, dass die fraglichen Knochen, welche den Extremitäten der ausge- storbenen Art, wenn sie ihr wirklich angehören sollten, eine so un- gewöhnliche und zum Theil selbst paradoxe Bildung geben würden, nochmals einer gründlichen Prüfung unterworfen werden möchten, um die von mir angeregten Bedenklichkeiten in sicherer Weise zu beseitigen und insbesondere den bisher schuldig gebliebenen Nach- weis za liefern, dass diese Knochen wirklich in ihrer ursprünglichen Verbindung mit der Mitielhand und dem Mittelfusse gefunden worden sind. Dieser Nachweis allein kann genügen, um alle Bedenken auf einmal zu Boden zu schlagen. Noch habe ich schliesslich von der Form des fossilen Mittel- fussknochens zu erwähnen, dass er, obwohl etwas grösser als der des Quaggas, doch schlanker und feiner als der des letzteren, auf seiner Hinterseite zwischen denGriffelknochen tiefer ausgehöhlt ist, und dass er sich insbesondere noch von dem Mittelfussknochen des Pferdes, Quaggas und Esels dadurch unterscheidet, dass sein unterer Gelenkkopf verhältnissmässig weit schmäler als bei jenen ist. Diese Differenz geben alle Bruchstücke dieses Knochens, so wie ein seiner ganzen Länge nach erhaltener von Eppelsheim zu erkennen. Nachfolgende Dimensionsangaben vom Mittelfussknochen des Equus primigenius und des Quaggas werden das eben Gesagte näher be- stimmen: 319 Eguus Ouagya Equus primigenius (4 Griechenland| Eppelsheim Ganze Länge des Mittelfussknochens| 8" 7” er re Breite des obern Endes . . . .| 1 8 u}; 2 Breite des untern Endes » Mahal E.29 14 Ein wichtiges, noch nicht bekanntes Stück, das sich in der an uns gekommenen Sendung vorfindet, ist das Hufylied des Equus primigenius [Tab. 2 fig. 1, 2], das, als mit der normalen Bil- dung der lebenden Arten ganz übereinkommend, auch an diesem Theile den gewöhnlichen Typus der Pferdegattung bewährt. Seine Länge beträgt 1” 84, und seine Breite am hintern Ende ohnge- fähr 1” 7”. 4 HI. Rhinoberds; Nächst dem Pferde gehören die meisten Kuochen aus der Sen- dung des Herrn Dr. Lindermayer dem Nashorn an; sie sind in dem- selben Maasse beschädigt wie die der vorigen Gattung. Wenn nun schon an und für sich die Bestimmung der ausgestorbenen Rhinoceros- Arten eine höchst schwierige und in vielen Fällen zu keinem sichern Resultate führende Arbeit ist, indem theils unter den fossilen Ueber- resten gerade diejenigen fehlen, an welchen die specifischen Diffe- renzen haften, theils die grösste Unsicherheit in der Festsetzung der Arten besteht; so steigert sich die Schwierigkeit in der Aus- findigmachung der Species, denen die fossilen Ueberreste zuzuweisen sind, bis zur Unmöglichkeit, wenn dieselben in einem so beschädig- ten Zustande, wie die mir vorliegenden, sich befinden. Das Wich- tigste einer solchen Untersuchung bleibt die Nachweisung, dass un- ter den urweltlichen Ueberresten des genannten Fundortes auch die Gattung Rhinoceros in ziemlicher Menge repräsentirt ist, Abhandlungen der II, Cl. d.k. Akad. d. Wiss, V. Bd. Il. Abthl. 45 350 a. Unterkiefer. Vom Schädel des fossilen Nashorns sind mir nichts weiter als 2 Unterkiefer-Fragmente zugekommen. Das eine ist ein an seinen beiden horizontalen Aesten ziemlich gut erhaltener Unterkiefer, dem vorn nur der Rand zur Aufnahme der Schneidezähne fehlt, während der ganze aufsteigende Ast, zugleich noch mit einem Theile des angrenzenden horizontalen, abgebrochen ist. Das andere Fragment ist blos ein linker Unterkieferast, der in ähnlicher Weise verstüm- melt ist. Das erste von diesen beiden. Stücken |[Tab. 2 fig. 3, 4] läuft in einen schmalen Vordertheil aus, von dessen hinterem Symphysen- rande an die beiden Unterkieferäste sich in ihrem Verlaufe allmäh- lich immer weiter von einander entfernen. Der Vordertheil des Un- terkiefers, obwohl noch über 2” über den ersten Backenzahn sich vorstreckend, verschmälert sich vorwärts nur wenig, da er an den beschädigten Rändern des Bruchendes noch eine Breite von fast 14” hat. Die Schneidezähne sind zugleich mit ihren Fächern abgebrochen. Von Backenzähnen, die in einem ansehnlichen Zwischenraum von jenen abgestanden haben, sind in jedem Kieferaste die vier ersten vollständig hervorgetrieben, wenn gleich vom zweiten der linken Seite und vom ersten und zweiten der rechten die Kronen ganz abgesprengt sind, wofür indess ihre Wurzeln noch in den Alveolen enthalten sind. Hinter dem vierten Backenzahne ist auf dem linken Kieferaste kein folgender Zahn oder auch nur eine Alveole sicht- lich; hinter dem vierten Zahne aber auf dem rechten Aste ist bereits eine Lamelle des fünften Backenzahnes in Durchbruch begriffen, . während ihr grösster Theil noch verdeckt ist. Diese Beschaffenheit des Gebisses giebt demnach ein junges Thier zu erkennen, daes blos die 4 Wechselzähne*) aufzuweisen hat, während von den bleibenden *) , Blainville nimmt zwar nur ‚3 Wechselzähne an; Cuvier jedoch: und Owen. [Odontograph. p. 599] geben 4 an, 351 Zähnen der erste [der 5te in der Reihe] nur auf der einen Seite hervorzubrechen beginnt, auf der andern aber noch in seinem Fache verschlossen liegt. Der erste von den Backenzähnen des gedachten Unterkiefers ist auf dem rechten Aste an der Wurzel abgebrochen und nur auf dem linken Aste erhalten, jedoch ist sein Schmelzbeleg auf der innern Seite ganz und auf der äussern an der Spitze abgesprengt, so dass sich blos sein Ausfüllungskern vorfindet. Das, was indess von. diesem Zahne: geblieben, zeigt, dass seine Form mit der ge- wöhnlichen des ersten Backenzahnes*) im Unterkiefer des Nashorns in Uebereinstimmung ist. Hinsichtlich seiner Lage ist zu bemerken, dass er dem Hintergrunde der Kinn-Symphyse gerade gegenüber steht. Der zweite Backenzahn ist auf beiden Kieferästen. von der Basis an abgesprengt. Der dritte Backenzahn ist beiderseits erhalten, und zwar der linke vollständig, der rechte nur wenig beschädigt. Er hat noch seine ganze Höhe, indem die Abnützung den Schmelz der Zahn- leisten nur in so weit abgerieben hat, dass eben die Zahnsubstanz dazwischen sichtlich wird. Der Zahn ist auf seiner Aussenseite von feinen, etwas gebogenen Querlinien durchzogen und der vordere Halbmond ist auf derselhen Seite durch eine Längsfurche in zwei ungleiche Hälften getheilt. Wülste oder sonstige Ansätze an der Basis oder den Seiten der Zahnkrone fehlen gänzlich. Der vierteBackenzahn ist ebenfalls in beiden Kieferästennoch vor- “handen und nur unbedeutend beschädigt. Er ist etwas kleiner als *) Vergl. z. B. H. v. Meyer's Abh. die foss, Zähne und Knochen von Georgensgmündtab, 4 fig. 27, 28; doch hat unser Zahn keinen VWVulst an der Basis. 45% ” 352 der vorhergehende, auf der Aussenseite eben so in die Quere ge- streift, aber der vordere Halbmond ist einfach gewölbt, ohne die Längsfurche des dritten Zahnes; übrigens fehlen diesem vierten Zahn ebenfalls besondere Wülste oder Ansätze. Vom fünften oder ersten der bleibenden Backenzähne ist, wie schon erwähnt, nur auf der rechten Seite eine Spur sichtlich, in- dem eine Querwand im Durchbruch begriffen ist. Das andere von meinen beiden Kieferfragmenten [N. 2], der linken Seite angehörig, ist vorn unweit des ersten Backenzahns und hinten gleich hinter dem fünften Backenzahn abgebrochen. Die Form dieses Kiefers ist sehr abweichend von der des vorigen. Bei letz- terem ist nämlich der untere Kieferrand an beiden Seiten bauchig angeschwollen, während bei dem einzelnen linken Kieferstücke die Aussenseite nur flach gewölbt und auf der Innenseite unterhalb der Mitte sogar eiwas ausgehöhlt ist. Diese Schmächtigkeit des ge- dachten Kiefers fällt um so mehr auf, als seine Höhe beträchtlich die von N. 1 übertrifft. Unterhalb des ersten, so wie des zweiten Backenzahns findet sich je ein Gefässloch, wovon am ersten Kiefer ‚nichts zu seheır ist, vielleicht indess nur desshalb, weil er von der Gesteinsmasse zu sehr imprägnirt ist. Der 1te, 2te, 3te und 5te Backenzahn an dem Unterkiefer N. 2 ist weggebrochen; der erste hat in Bezug auf die Symphyse so ziemlich dieselbe Stellung wie im andern Kiefer. Nur der 4te Backenzahn ist erhalten und hat blos an einer Kante eine leichte Beschädigung erlitten. Er hat ganz dieselbe Form wie der vierte Zahn in N. 1., nur dass er etwas mehr abgenützt ist und dass auf seiner Vorder- und Hinterseite oberhalb der Basis ein gebogener Wulst nach der Quere verläuft. fe 353 Die Dimensionsverhältnisse des Unterkiefers N. 1 sind nachstehende: Ganze Länge des Bruchstücks . . . . ungen ON" Höhe des Kieferastes unterhalb des vierten char ch. 1.10 Dicke des Astes an dieser Stelle, . . » eh merk Aairsheune Kt / Entfernung der beiden Kieferäste zwischen pet beiden 4ten Backen- zähnen .,. ” r EEE s | Entfernung der Be Kieferäste BELLOR des beiden 1ten De 7 zähnen > ar ° Durchmesser des 1ten Backenzahns fon, vorn Hüch hinten] 1 08 _— — des 2ten Backenzahns [nach der Lücke gemessen] . 1 4 m des 3ten Backenzahns [nach der Lücke gemessen] . RT Een des dten Backenzahns [nach der Lücke gemessen] . 1:6 Ganze Länge der Reihe dieser 4 Backenzähne. . . .. .. Du Vom Kieferstück N. 2 sind folgende Dimensionsverhältnisse hbe- merklich zu machen. Höhe des Kieferastes unterhalb des dten Backenzahns . . . , 2 Dicke ‚desselben oberhalb der innern Ausfurchung 2 4 Dicke desselben unterhalb der innern Ausfurchung . . ... 1 Länge der Reihe der 4 ersten Backenzähne , 4) Durchmesser, vorn-hinterer, des 4ten Backenzahns . 1 Nach dieser ausführlichen Schilderung der Beschaflenheit der beiden Unterkieferfragmente bleibt mir nun nur noch der Versuch übrig, die Art auszumitteln, welcher dieselben angehören. Dieser Versuch ist aber ein sehr schwieriger, da, wie Bronn”) schon be- merklich macht, „die unteren Backenzähne der verschiedenen Rhi- noceros-Arten unter sich kaum unterscheidbar sind.“ Nehmen wir zuerst das erstere und am vollständigsten erhaltene Kieferfragment vor. Zufolge Blainville's neuesten Untersuchungen „hätten wir an fossilen Rhinoceros-Arten nicht mebr als 4, statt der 20 von verschiedenen Autoren aufgestellten, zu unterscheiden, näm- lich Rhinoceros unicornis fossilis, tichorhinus, leptorhinus und in- *)» Leth. geognost. II, S. 1210. 354 eisivus. Es ist hier nicht der Ort zu untersuchen, in wie weit diese Reductionen sich möchten rechtfertigen lassen, wozu mir ohne- diess das Material gebricht; für meinen Zweck kann es genügen bei der Annahme jener 4 Arten, als den Repräsentanten der 4 Haupt- formen dieser Gattung, einstweilen stehen zu bleiben. Von selbigen darf aber das Rhinoceros unicornis wohl gleich beseitigt werden, weil es bisher nur in Indien gefunden wurde. Eben so möchte auf Rhinoceros tichorhinus und leptorhinus auch nicht weiter zu achten seyn, schon aus dem äusserlichen Umstande, dass selbige nur in Diluvialbildungen gefunden wurden, während unsere Ueberreste an- geblich aus Tertiärablagerungen herrühren. Dazu kommt noch, wie Blainville hervorhebt, dass Rhinoceros tichorhinus nie zusammen mit Dinotherium vorgekommen ist, während diess umgekehrt mit den griechischen Ueberresten des Nashorns statt findet, und dass ferner Rhinoceros leptorhinus schon wegen der Stellung seines ersten und zweiten Backenzahns im Unterkiefer [in Bezug auf den hintern Rand der Symphyse] nicht mit unserem vorliegenden Unterkiefer in Bezug gebracht werden kann. So bleibt zuletzt zur Vergleichung nur noch Rhinoceros incisivus, oder wenn man will die verschiedenen, unter diesem Namen von Blainville begriffenen Formen übrig. Zunächst sind unter diesen die beiden, von Kaup*) und H. v. Meyer **) unter der Benennung Rhinoceros incisivus und Rhinoceros Schleiermacheri unterschiedenen Formen in Betracht zu ziehen. Nach ihren Angaben unterscheiden sich diese beiden Formen, zu deren specifischer Trennung allerdings hinlängliche Gründe vorzu- liegen scheinen, an den Backenzähnen des Unterkiefers dadurch, dass bei Rhinoceros incisivus an deren Aussenseite eigenthümliche gezähnelte oder warzige, bisweilen einen wirklichen Wulst an der *) ÖOssem. foss. 3tes Heft. *) Die fossil. Zähne u. Knochen von Georgensgm. $. 69. 355 Basis darstellende, Wülstchen sich zeigen, während bei Rhinoceros Schleiermacheri die untern Backenzähne nicht blos grösser als bei Rhinoceros ineisivus sind, sondern ihre Aussenfläche auch ganz glatt ist, oder doch nur höchst selten auf der innern und äussern Seite eine wulstige Falte gesehen wird, wovon die innere nicht über die Mitte des Zahnes sich erstreckt. Vergleiche ich mit diesen Angaben die 4 Unterkieferstücke, die wir in der Münsterschen Sammlung von Eppelsheim besitzen und worunter eines die ganze Zalinreihe [der hinterste Zahn ist jedoch ausgefallen] erkennen lässt, so finde ich bei allen Zähnen derselben fast keine Spur von einem Wulst und theile sie daher ‘ohne Bedenken dem Rhinoceros Schleiermacheri zu, während andere einzelne Backenzähne von Georgensgmünd und Westeregeln mit deutlichen und meist gezähnelten Wulsten eben desshalb dem Rhinoceros incisivus zufallen. Nach diesen Merkmalen würden die Zähne des Unterkiefers N. 1 mit denen des RhinocerosSchleiermacheri darin übereinstimmen, dass alle durchaus glatt und ohne Spur irgend eines Wulstes sind. Als Milchzähne würden sie auch in der Form und Grösse ziemlich gut zu den Milchzähnen passen, welche Kaup in seinem 3ten Hefte der Description d’ossements fossiles auf Tab. XI fig. 10 als Milch- zähne des Rhinoceros Schleiermacheri abgebildet hat. Eine grosse Differenz bleibt jedoch in der Form beider Kiefer, denn während solcher letzterer Art auch im jungen Zustande, sowohl nach der eben citirten Abbildung als auch nach einem Bruchstück in der Münsterschen Sammlung, seine hohe und stark zusammengedrückte Gestalt beibehält, hat der griechische Unterkiefer [N. 1] eine nied- rige und dabei dickbäuchig angeschwollene Form. Bei solchem Ver- halten lässt sich eine Zuweisung an Rhinoceros Schleiermacheri nicht vornehmen und da ich ihn auch bei keiner andern Art unter- zubringen weiss, so mag das Thier, dem er angehörte, einstweilen den Namen Rhinoceros pachygnathus führen, wobei ich jedoch weit 356 v entfernt bin zu glauben, dass ein Unterkiefer-Fragment mit Milch- zähnen schon allein für sich ausreichend sey, um darauf eine neue Art urwelilicher Nashörner mit aller Evidenz zu begründen. Ich wähle einen bestimmten Namen nur desshalb, damit man das frag- liche Bruchstück bei vorzunehmenden Untersuchungen leicht bezeich-: nen könne. Nach der Mittheilung eines sachkundigen Augenzeugen sollen in Athen ganze fossile Schädel aufbewahrt seyn, deren Ver- gleichung allein in sicherer Weise zur Bestimmung der Art, der diese Ueberreste angehören, führen kann. Was das Unterkieferstück N. 2 anbelangt, so stimmt solches nach der Form seines horizontalen Astes, in so weit selbiger er- halten ist, mit der des Rhinoceros Schleiermacheri überein. Dass: der vierte Backenzahn auf der Basis der Hinterseite eine kleine Falte trägt, würde nicht gegen eine solche Zusammenstellung sprechen, als ausnahmsweise ein kleiner Wulst auch bei jener Art vorkommen kann. Indess wäre es voreilig, auf ein so geringes Fragment hin, gleich eine Vereinigung vornehmen zu wollen; es genügt mir, die Beziehungen nachgewiesen zu haben, in welchen es zu der einen unter den bekannten urweltlichen Arten steht, und dass wir berech- tigt sind, nach der Kieferform unter den griechischen Ueberresten auf 2 verschiedene Arten von Rhinoceros zu schliessen. b. Gliedmassen. Von Knochen der Gliedmassen, die dem Nashorne oder einer dieser anverwandten Gattung angehören, sind mehrere vorhanden, doch fast alle mehr oder minder beschädigt und daher nicht immer mit Sicherheit zu bestimmen, weshalb ich hier nur diejenigen bemerk- lich mache, die hinlänglich erhalten sind, um ihre Deutung vorneh- men «zu können, 357 Am Besten hat sich die obere Hälfte eines Oberarmknochens |Tab.3 fig. 1, 2], conservirt, der etwas unterhalb des Hakens abgehro- chen soust aber in sehr gutem Stande ist. Im Vergleich mit dem Oberarmknochen des Rhinoceros tichorhinus, wovon unsere Sammlung einen vollständig erhaltenen und einen am untern Ende beschädigten besitzt, zeigt er die wesentliche Beschaffenheit des Nashorns-Hume- rus, doch unterscheidet er sich von dem der genannten urweltlichen Art in einer sehr erheblichen Weise. Im Ganzen hat dieser Knochen bei der griechischen Art bei grösserer Breite gleichwohl eine ge- ringere Dicke als diess bei dem Oberarmknochen des Rhinoceros tichorhinus der Fall ist. Die Vertiefung, welche sich zwischen dem innern und äussern Rollhügel auf der Vorderseite findet, ist bei Rhinoceros tichorhinus weit und seicht, bei dem griechischen Ober- armknochen ungemein tief und weit schmäler. Dasselbe Verhältniss findet auf der Oberseite dieser Extremität statt, wo die Aushöhlung, die einerseits von den beiden vordern und andrerseits von dem hin- tern Rollhöcker eingeschlossen wird, bei Rhinoceros tichorhinus seicht ist, bei dem griechischen Knochen aber eine beträchtlich tiefe, dabei enge und stark gewundene Rinne darstellt. An der Hinterseite un- sers Knochenstücks ergiebt sich der Unterschied, dass sie eher et- was ausgehöhlt als gewölbi erscheint und dass die Leiste, die vom Haken zum hintern Rollhöcker sich hinzieht, länger und vorspringen- der als beiRhinoceros tichorhinus ist; ein Verhalten, das an Cuwier's Abbildung in den Recherch. I. 1. tab. 10 fig. 1 erinnert. Mit dem Oberarmknochen des Rhinoceros tichorhinus verglichen, ergeben sich für unser griechisches Fragment folgende Dimensionsbestim- mungen. Abbandlungen d. Il. Cl. d. k, Ak. d. Wiss V. Bd. I, Abth. 46 Griechisches | Rhinoceros Fragment | tichorhinus ı Grösster Durchmesser des obern Endes [vom äussern Rollhügel bis zum Vorderrande des Gelenkkoptsp "RN ME NEN DE { | Weite der Rinne zwischen dem innern und hin- tern Rollhöcker nur De | Breite des Knochens vomuntern Rande desHakens an quer über gemessen | Entfernung des untern Hakenrandes von der Spitze des äussern Rollhügels Die geringe Dicke unsers griechischen Humerus-F'rragments, zu- mal neben und unterhalb des Hakens, im Verhältniss zur grössern Breite, die tiefen und schmalen Rinnen zwischen den Rollhöckern, von denen die auf der Vorderseite, ‚wenn gleich seichter und er- weiterter, auf der Vorderfläche des Körpers sich noch beträchtlich herabzieht, unterscheiden diese Form des Oberarmknochens einer- seits von der des Rhinoceros tichorhinus, und andrerseits nach den zu einer evidenten Bestimmung freilich nicht ausreichenden Zeich- nungen und Angaben von den andern Species zu urtheilen, von den übrigen urweltlichen Arten in so auffallender Weise, dass wir dar- nach auf eine neue eigenthümliche Art zu schliessen berechtigt sind. Zu welcher der beiden vorhin erwähnten Unterkiefer-Formen dieser Oberarm übrigens gehören möchte, lässt sich natürlich mit Gewiss- heit nicht ermitteln; bei seiner beträchtlichen Differenz von dem ana- logen Knochen an den andern Arten lässt sich indess vermuthen, dass er mit dem Kiefer, der auch erhebliche Abweichungen von dem der andern Species zeigt, nämlich mit dem von mir als Rhino- ceros pachygnathus bezeichneten, zusammen gestellt werden dürfte. Noch liegt mir ein anderes oberes Fragment eines Oberarm- 359 knochens aus der griechischen Sendung vor, das jedenfalls einem weit kolossaleren Thiere und zugleich einer andern Art angehörig war. Es ist die obere Hälfte des gedachten Knochens, an dem ‘aber gleich hinter der vom Gelenkkopf aufsteigenden Wand des in- nern Rollhöckers die ganze Parthie von da an bis zu den beiden andern Rollhügeln und hinab bis zum Haken weggehrochen ist. Von dem erstbeschriebenen Fragment unterscheidet er sich sowohl durch beträchtlichere Grösse, als auch dadurch, dass der Körper in seinem untern Verlaufe schmäler und doch zugleich in der entgegengesetz- ten Richtung dieker wird. An Grösse übertrifft dieser Oberarın- knochen alle audern in unserer Sammlung befindlichen, denn wäh- rend die Entfernung des innern Rollhöckers vom äussersten Punkt der Gelenkkugel hei dem, dem Rhinoceros pachygnathus beigelegten Humerus 53”, bei dem grössten Exemplar von Rhinoceros tiehor- hinus etwas über 6” beträgt, macht sie dagegen bei dem eben be- sprochenen Fragment über 74” aus. In der Form des Körpers nähert sich dieses viel mehr als das vorige der des Rhinoceros ticho- rhinus an, allein trotz erheblicherer Grösse ist es doch weit mehr als letzteres zusammengedrückt. Endlich ist noch ein ungleich grossartigeres, als selbst dieses eben angeführte Fragment von einem Oberarmknochen vorhanden, mit dessen Deutung ich mich jedoch erst im IVten Abschnitte he- schäftigen werde. Von einem Oberschenkelknochen kommt das untere Endstück vor, das indess an den Kanten zu stark abgerieben ist, um seine Formen genau bestimmen zu können. Seine Breite zwischen den beiden Gelenkknorren beträgt ohngefähr 54 Zoll. Eine untere Hälfte des Schienbeins mit ansitzendem Wadeubein zeigt nichts Besonderes, als dass sie grösser als ein ähnlicher Theil vom Rhinoceros ticho- rhinas ist. Unter etlichen Hand- und Fusswurzelkuochen findet sich 46 * 360 auch ein ganzes vorderes Kahnbein und ein Sprungbein, das noch grösser als ein gleichnamiges von Eppelsheim und als das von H. v. Meyer auf Tab. XI, fig. 87 a. abgebildete ist, übrigens auch noch eine verhältnissmässig grössere Breite hat. II. Dinotherium. Drei Backenzähne, wovon der eine ganz, die beiden andern . nur fragmentarisch sind, geben unverkennbar das Vorkommen der Gattung Dinotherium zu erkennen, die auch anderwärts zugleich mit den Ueberresten urweltlicher Nashorn-Arten und des Eguus primigenius sich eingestellt hat. Den einzigen, ganz erhaltenen von diesen Backenzähnen kann ich, nach Vergleichung mit Gypsabgüssen und Abbildungen, für nichts anders als den 2ten obern Backenzahn der linken Seite nehmen. Er hat eine fast quadratische, nach der Innenseite verschmälerte Gestalt und ist noch wenig abgenützt. Seine Länge von vorn nach hinten beträgt auf der Aussenseite 2” 1”, auf der Innenseite 1” 1””, seine Breite auf der Vorderseite 2” 2°”, auf der Hinterseite 2” 3°”. Der zweite Backenzahn zeigt in Vergleich mit dem Kaup'schen Gypsabguss eines dritten obern Backenzahns von Eppelsheim, dass er der dritte des Oberkiefers ist, jedoch ist die vordere Querleiste abgebrochen, während die beiden andern vollständig und nur wenig abgenützt sich erhalten haben. Dieser Zahn hat längs der Mittel- leiste gemessen eine Breite von 2” 5” und könnte daher wohl mit vorigem in einem und demselben Kiefer gesessen haben. Der dritte Backenzahn ist ebenfalls nur zur Hälfte erhalten und dürfte, mit einem vierten obern Backenzahn von Eppelsheim 361 verglichen, wohl dieselbe Stellung im Kiefer eingenommen haben. Seine Breite beträgt 2” 8”. Nach’den gegebenen Maassen würden die erwähnten Backen- zähne mehr an Dinotherium Cuvieri [s. Dinotherium bavaricum] als an D. giganteum hinsichtlich ihrer Grösse sich anreihen, indess hat Kaup selbst zuletzt erklärt, dass nach den Messungen er nicht mehr im Stande sey, beide Arten voneinander zu unterscheiden, auch andere Verhältnisse zu ihrer Auseinanderhaltung ihm nicht be- kannt seyen. Eben so wenig ist es Blainville gelungen, zwischen ihnen noch andere Verschiedenheiten als die der Grösse auszumit- telo, und da zwischen den grössten und kleinsten Zähnen alle Mittel- grössen vorkommen, so scheint es fast, als ob man zur Annalime zweier Arten nicht berechtigt wäre. IV. Zweifelhafte Ueberreste grosser Dickhäuter. Ein höchst merkwürdiger Umstand ist es, dass während die Zähne von Dinotherium bisher an vielen Orten gefunden wurden, selbst Unterkiefer und Schädel bereits bekannt geworden sind, gleich- wohl vom ganzen übrigen Skelet auch nicht ein einziger Knochen mit Sicherheit nachgewiesen werden konnte. Die Auffindung von solchen wäre aber höchst wünschenswerth, um durch das Gewicht der Thatsachen den Streit zu entscheiden, ob das Dinotherium den Diekhäutern, welchen’ es schon Owvier zugetheilt hatte, oder den Sirenen [Cetacea herbivora], wie es Blainville wollte, anzureihen sey. Meiner Meinung nach wird es sich sicherlich als Resultat er- geben, dass auch in diesem Falle wieder Cuvier, trotz des dürf- tigen Materials, das ihm von Dinotherium zu Gebote stand, das Richtige getroffen hat. In der Hoffnung unter den grossen Knochen in der griechischen Sendung auf solche Formen zu stossen, die von 362 den bisher bekannten, und darunter zunächst von den der Nashör- ner und Mastodonten, als den nicht selten in den Tertiärablagerungen vorkommenden, abweichend sich verhielten und daher mit Wahrschein- lichkeit dem Dinotherium zuerkannt werden dürften, verglich ich sorgfältig die grossen Knochenüberreste; allein so weitich nur immer mit einiger Sicherheit sie deuten konnte, wollten sich keine anderen Formen als die vom Nashorn ermitteln lassen, mit Ausnahme von zwei Stücken, die ich jetzt zur Sprache bringen will. Das eine von diesen Stücken ist das Fragment eines Oberarm- knochens [Tab. 2, fig. 5], an dem beide Enden zugleich abgebrochen sind, so dass also nur das Mittelstück uns vorliegt. In seiner Ge- stalt hat diess unter den bekannten kolossalen Formen die meiste Aehnlichkeit mit dem Oberarmknochen des Nashorns. Wie bei die- sem ist nämlich der Obertheil des Mittelstücks flach ausgehreitet und der untere Theil ist in ähnlicher Weise verdreht. Es ergiebt sich jedoch zwischen beiderlei Formen die erhebliche Differenz, dass das - fossile griechische Fragment fast nochmal so gross ist als derselbe Theil an den bekannten lebenden und ausgestorbenen Nashorn-Arten, dass ferner bei jenem das Mitteltheil verhältnissmässig länger als bei letzterem, die Leiste [der äussere Winkel], die vom äussern Gelenukknorren zumMittelstück geht, sich an demselben weiter hinauf- zieht und schon desshalb sich nicht so plötzlich als beim Nashorn nach aussen wendet, und dass ferner die hintere, zur Aufnahme des Ellenbogenknorrens bestimmte Grube weder so enge, schief und tief, sondern weit und seichter ausgehöhlt ist: In dieser Beziehung weicht unser Fragment von dem gleichnamigen Theile bei Rhinoceros tichorbinus und Rhinoceros Schleiermacheri [s. Rhinoceros ineisivus], die ich in Originalen damit vergleichen konnte, so entschieden ah, dass ich, da auch bei den lebenden Nashorn-Arten die nämliche Bildung des Humerus wie bei den ausgestorbenen vorkommt, un-. 363 möglich annehmen kann, dass gedachtes Fragment irgend einer Species von Rhinoceros zugehörig gewesen ist. Nachdem so das Nashorn beseitigt war, konnte ich nur noch an Elephant und Mastodon denken, da die andern Pachydermen- Gattungen schon ihrer geringern Grösse, und das zunächst stehende Flusspferd durch eine stark abweichende Form seines Mittelstück es wegen, sich von der Vergleichung ausschlossen. Aber auch auf den Elephanten war zunächst nieht Rücksicht zu nehmen, als man bis- her dessen Ueberreste nicht zugleich mit denen von Dinotherium zu- sammen gefunden hatte, so dass also nur Mastodon zur Vergleich- ung übrig blieb. Dadurch ergab sich mir aber eine besondere Schwie- rigkeit, da ich vom Oberarmknochen dieser Gattung kein Original vergleichen konnte, sondern nur an die vorhandenen Beschreibungen und Abbildungen mich halten musste. Nachdem jedoch Cuvier von diesem Knochen erklärt, dass seine allgemeine Form fast die des Blephanten ist, so konnten zwei in unserer Sammlung aufbewahrte Fragmente des Humerus vom Mammuth [Elephas primigenius], wovon das eine blos der obern Extremität entbehrt, das andere fast genau denselben Theil wie das griechische Bruchstück darstellt, zur Ver- gleichung ausreichend befunden werden. Als Resultat derselben hat es sich herausgestellt, dass zwar das griechische Oberarm-Fragment mit dem gleichnamigen Theil des Mammuths darin übereinkomnt, dass die vom äussern Gelenkknorren abgehende Leiste höher und zugleich nicht so schief am Mittelstück sich hinaufzieht als beim Nashorn und dass die hintere Grube weiter und seichter als beim letzteren ausgehöhlt ist; aber es ergiebt sich der grosse Unterschied, dass diese Leiste beim griechischen Krag- ment ungleich angeschwollener ist als beim Mammuth und nicht zu- geschärft, sondern stumpf abgerundet, dass ferner jenes Bruchstück in seinem untern Theile (dem Anfang der bintern Grube gegenüher) auf 364 der Vorderseite nicht wie beim Mammuth verdünnt, sondern verdickt ist, und dass zuletzt in seinem obern Theil der Knochen des Frag- ments eine Breite, bei einer verhältnissmässig beträchtlichen Com- pression seiner Seitentheile, erlangt, die auffallend von der weit schmälern und döch dabei viel dickern Form des Mammuths absticht. In der Voraussetzung, dass, was ich allerdings aus Mangel an Vergleichungsmitteln nicht gewähren kann, das Mastodon sich ganz wie letzteres hinsichtlich des Oberarmknochens verhalten dürfte, würde also auch diese Gattung sich ausschliessen und man würde alsdann wohl an keine andere als an das Dinotherium denken, dem ein so kolossaler Humerus zuzutheilen wäre. Bevor jedoch eme solche Zusammenstellung eine grössere Evidenz erlangen könnte, wäre theils eine unmittelbare Vergleichung des_ griechischen Frag- ments mit einem Oberarm des Mastodon nöthig, theils auch vollstän- diger erhaltene Stücke von jenem, an denen denn doch zum wenig- sten der eine Kopf noch unbeschädigt wäre. Schliesslich gebe ich noch die hauptsächlichsten Dimensionsverhältnisse des besprochenen griechischen HubarasıHrsiiseniee an. Länge des Bruchstücks . . . ENB- SEITEN ORERENE FEHRETBEE DR NT Breite, grösste, am obern Ende alensekike — am untern Ende . . . . . - Dicke des Knochens in der Mitte seines a Ede ongefake — der vom äussern Knorren aufsteigenden Leiste . ge wmwanoon > > Noch habe ich der untern Extremität eines grossen Oberschen- kelknochens hier zu gedenken, von der die unmittelbare Vergleich- ung mit den gleichnamigen Knochen des Mammuths und Nashorns auf den ersten Anblick zeigt, dass sie weder der einen noch der andern Gattung angehört, während mir ihre weitere Bestimmung dieselben Schwierigkeiten wie bei dem vorigen Bruchstück macht, indem mir von Mastodon, auf das ich zunächst hingewiesen bin, kein gleichnamiger Knochen vorliegt, auch keine detaillirte Beschreibung 365 desselben mit Maassangaben mir bekaunt ist. Wenn ich jedoch das Wenige, was Cuvier und Blainville über die Form des Oberschen- kelknochens vom Mastodon beibringen, so wie die Abbildungen, welche letzterer in seiner Osteographie von diesem Knochen giekt, in Betracht ziehe, so werde ich allerdings keinen Fehlschluss machen, wenn ich in dem griechischen Fragment eine grosse Aehnlichkeit mit dem gleichartigen Theil des Mastodons finde, ohne dass ich je- doch hierüber zur vollen Evidenz hätte gelangen können. Die Breite dieses untern Kopfstücks zwischen den beiden Gelenkknorren beträgt 6”, sein grösster Durchmesser von vorn nach hinten etwas über 5”; oberhalb des Gelenkkopfes hat der nur auf etliche Zoll Länge er- haltene Körper desKuochens in der Mitte blos eine Dicke von?” 4”. Ich habe die Beschreibung der gedachten beiden Knochenstücke, obwohl ich mit ihrer Deutung nicht zu einem sichern Resultate kommen konnte, hier mitgetheilt, um Denjenigen, welche die mir fehlenden nöthigen Vergleichungsmittel besitzen, Gelegenheit zu Beben, die Bestimmung derselben zu übernehmen. V. Wiederkäuer. Schon bei der ersten Acquisition, die ich von fossilen Säug- thierüberresten aus Griechenland machte, waren etliche Stücke von Wiederkäuern darunter, doch waren ihrer zu wenige und ihr Zu- stand ein zu fragmentarischer, als dass ich mit Sicherheit generische Ausscheidungen hätte vornehmen können. Auch @. Jäger“) hat seitdem mehrere fossile Wiederkäuer-Ueberreste aus der Ebene von *) Münchn. gel. Anzeig. XXII S. 10. Abhandlungen d. II. Cl. d. k, Ak. d. Wiss, V. Bd. II. Abth. 47 366 Marathon erhalten, in denen er eine. Hirschart, wahrscheinlich das gewöhnliche Reh, zu erkennen glaubte. Eine grössere Anzahl habe ich nun in der Sendung des Herrn Dr. Lindermayer vorgefunden, doch ebenfalls nur in einer sehr fragmentarischen Beschaffenheit, die einer nähern Bestimmung grosse Schwierigkeiten verursachte, was um so misslicher ist, als bekanntlich unter allen Säugthier-Ordnungen die Wiederkäuer diejenige ausmachen, deren Gattungen in ihrem Knochen- gerüste und Zahnbaue die grösste Uebereinstimmung ‚zeigen und daher nach diesen Theilen am schwersten zu unterscheiden sind. Die Ueberreste,. die mir gegenwärtig vorliegen, bestehen in 15 Bruch- stücken von Hornzapfen, etlichen Kieferstücken nebst einzelnen Backen- zäbnen und in einigen Krochenfragmenten der Gliedmassen. a. Stirnzapfen von Hörnern. Von den erwähnten Hornzapfen gehören 7 entschieden der Gattung der Antilopen an, indem sie schraubenförmig gewunden sind; eine Form, die bei den andern hohlhörnigen Wiederkäuern nicht ge- funden wird, denn die spiralförmig gewundenen Hörner mancher Schafrassen können, als von Hausthieren herrührend, hiebei nicht in Betracht kommen und haben auch eine andere Gestalt. Leider sind es nur kurze Bruchstücke, die mir von jenen Hornzapfen zu- gekommen sind, indem die längsten nur wenig über 4 Zoll messen. Die dicksten [Tah. 4, fig. 5] haben im Querdurchschnitt einen rund- lich ovalen Umfang, während die dünneren mehr oder weniger zu- sammengedrückt sind, und Letzteres um so mehr als sie dünner werden. Jedes Bruchstück ist an dem einen Ende dicker als an dem andern, woraus ersehen wird, dass die Verdünnung dieser Hörner allmäblig erfolgt. Das stärkste Bruchstück, das allem An- schein nach den Wurzeltheil eines solchen Hornes ausmacht, misst im grossen Querdurchmesser 1” 9°” und im kleinen 1” 7”. Die Längskiele, welche durch die schraubenförmige Windung des Hornes 367 um seine eigne Achse entstehen, sind bei allen Fragmenten sehr stark markirt. Bei dem gleichförmigen Charakter, den diese sämmt- lichen Bruchstücke zeigen, wäre es wohl möglich, dass sie von einer und derselben Art, wenn auch von verschiedenen Individuen her- rühren, und es scheint, dass von ihnen sowohl Wurzel- als Spitzen- theile vorliegen, wornach auf eine ziemliche Länge des ganzen Horn- zapfens zu schliessen ist. Der ansehnlichen Stärke dieser Hörner gemäss, mochte die urweltliche Antilope noch die Antilope pygarga an Grösse übertroffen haben; ich bezeichne sie zu Ehren des Gebers mit dem Namen Antilope Lindermayeri. Die andern Ueberreste von Hornzapfen [Tab.4, fig. 6] haben eine von den eben erwähnten ganz abweichende, dafür aber unter sich übereinstimmende Form. Zwei von ihnen sind ihrer ganzen Länge nach erhalten, die übrigen haben ihre Spitzen verloren. An den voll- ständigen Exemplaren sieht man, dass diese sehr kurz und einfach und schwach rückwärts gekrümmt sind. Sie sind im Querdurch- schnitte etwas gedrückt oval, die Vorderseite mehr abgerundet und breiter, die Hinterseite mehr comprimirt, übrigens ohne einen vor- springenden Längskiel, dafür aber der ganzen Länge nach tief und unregelmässig gefurcht. Die Länge der ganzen Exemplare beträgt in gerader Linie ohngefähr 34 Zoll, ihr vorn-hinterer Durchmesser an der Wurzel etwas über 1”, der seitliche an der stärksten Stelle fast 10”; unter den Fragmenten sind etliche, die einen etwas grös- seren Umfang, aber die nämliche Form haben. Was die Ausmitte- lung der Gattung, von der diese Hornzapfen abstammen mochten, anbelangt, so sehe ich mich in grosser Verlegenheit, da wir an ihnen eine Form vor uns haben, die eben sowohl auf Bockthiere [Aegoceros], worunter ich Schafe und Ziegen gemeinschaftlich begreife, als auf ziegenartige Antilopen hinweist. Nun wird freilich angegeben, dass die Hornzapfen der letztern in ihrem Innern kleine, die der erstern grosse Höhlen zeigen; es ist jedoch hiebei zu bemerken, dass noch 47* 368 lange nicht alle Arten auf dieses Merkmal untersucht sind und seine Sicherheit daher nicht ‚allgemein constatirt ist. Nehmen wir. indess dieses Merkmal wenigstens für die Bockthiere als durchgreifend an, so würden solche im Vergleich mit den fossilen Hornzapfen gleich sich ausschliessen, da an letzteren keine grössere Höhlungen im In- nern bemerklich sind und wir würden sonach mit dieser zweiten Form der Hörner ebenfalls auf die Antilopen hingewiesen werden, zu deren Gunsten auch noch die tiefe Längsfurchung der Hornkerne sprechen. dürfte, die ich in solchem Maasse nicht bei den gewöhn- lichen Bockthieren gefunden habe. Wer übrigens weiss, wie subhtil und künstlich die Grenze zwischen Ziegen und ziegenartigen An- tilopen gezogen ist, wird es mir nicht verdenken, wenn ich nur mit grossem Zweifel mich über die Gattung, der diese Hörnerform zu- zuerkennen wäre, ausspreche. Vor der Hand mag die Art, von der sie herrühren, mit dem provisorischen Namen Antilope capri- cornis bezeichnet werden. b. Zähne. Sehen wir zu, ob unsere Bedenken vielleicht durch Betrachtung der Zähne, die zugleich mit diesen Hornzapfen vorkamen, eine be- friedigende Lösung finden dürften. Uns liegt in dieser Hinsicht vor: ein linker Unterkiefer mit allen 6 Backenzähnen, wovon indess der 4te ganz, der öte in seiner innern Hälfte abgesprengt ist, ferner 6 andere Unterkieferstücke mit einem oder etlichen Zähnen, ausser- denn mehrere einzelne Zähne, worunter auch obere, welch letztere aber meist mehr oder minder beschädigt sind, so dass das Haupt- anhalten uns die untern Zähne gewähren müssen. Es ist aber hin- ‚länglich bekannt, wie gross die Aehnlichkeit der Backenzähne bei den Hirschthieren und den hohlhörnigen Wiederkäuern ist, so dass eine sichere Unterscheidung der Gattungen, zumal wenn man sich hauptsächlich auf die Zähne des Unterkiefers beschränkt sieht, auf grosse Schwierigkeiten stösst. 369 Nach der geringen Grösse der uns vorliegenden Zähne dürften wir bei unsern Bestimmungsversuchen die Rinder und Giraffen aus- schliessen, zumal als diese ausserdem Merkmale zur Unterscheidung von den andern Gattungen darbieten; letzteres dürfte auch wohl von den Bisamthieren gelten. So blieben uns nur noch die Hirsche aus der einen Familie und aus der andern die Antilopen und Bockthiere [Ziegen und Schafe] übrig. Nach den gewöhnlichen Angaben aber, wie wir sie z. B. bei Pictet*) treffen, würden sich die Hirsche leicht von den letztgenannnten Hohlhörnern dadurch unterscheiden, dass jene an den hintern Backenzähnen zwischen den gewölbten Theilen ihrer Pfeiler kleine Zacken tragen, welche den Zähnen der Antilopen und Boekthiere abgehen sollen. Legen wir nun dieses Merkmal bei Bestimmung unserer fossilen Zähne zu Grunde, so ersehen wir, dass darnach weit die meisten der Gattung der Hirsche zuzuweisen wären. Dieses Resultat kommt uns aber ganz unerwartet und befremd- lich, da wir unter allen Hörner-Frragmenten keines gefunden haben, das uns irgend einen Hirsch zu erkennen gegeben hätte; im Gegen- theil hätten wir ausschliesslich oder doch in überwiegender Mehrheit Antilopenzähne erwarten sollen. Dieser Umstand veranlasst uns zu- zusehen, ob denn das von den Palaeontologen gewöhnlich angegebene Unterscheidungsmerkmal auch ein durchgreifend allgemeines sey-. Befragen wir uns desshalb bei dem Begründer der Palaeontologie, bei Cuvier”*), so erfahren wir von ihm allerdings, dass das Vor- kommen einer kleinen Spitze zwischen den Pfeilern der Backenzähne keinen Zweifel über die Hirschgattang lasse; wir müssen jedoch beifügen, dass er selbst schon eine Ausnahme angiebt, indem er nämlich von dem dritten Milchzahne der Antilope dorcas und seripta *) Paleontolog. I. p. 296. *) Recherch. IV. p. 8 u. 212. 370 bemerklich macht, dass dieser ebenfalls eine ähnliche Spitze wie bei den Hirschen hätte*). Ziehen wir Owen**) zu Rathe, so be- lehrt er uns, dass jene Spitze oder Säulchen dem Rennthiere und Damhirsche und hinsichtlich der untern Backenzähne fast allen kleinern Hirscharten fehle, auch sey es weder hei den Antilopen, noch bei den Bockthieren entwickelt. Aus dieser Angabe würde demnach folgen, dass Backenzähne mit der accessorischen Spitze wenigstens nicht den Antilopen, sondern nur Hirschen zugeschrieben werden dürften, während umgekehrt Backenzähne ohne solche Spitze doch auch von Hirschen herrühren könnten. Vergleichen wir nun selbst verschiedene Schädel von Antilopen, so werden wir bald finden, dass auch für diese die von Cuvier und Owen angegebenen Unterscheidungsmerkmale keineswegs allgemein gültig sind. So sind z. B. bei Antilope Oreas zwar die obern Backenzähne ohne das accessorische Säulchen, dafür sind sie an den untern ganz in derselben Entwicklung und Form wie beim Elennthiere vorhanden; ja bei der Antilope Addax sind nicht nur die obern, sondern auch die untern Backenzähne mit dem hohen, für die Rindergattung cha- racteristischen Säulchen ganz so wie bei letzterer versehen, so dass ich insbesondere die untern Backenzähne der A. Addax, wenn sie mir einzeln vorlägen, kaum von denen des Ochsen zu unterscheiden wisste. Es giebt demnach unter den Antilopen Arten, deren Backen- zähne sowohl mit dem Säulchen der Hirsche als der Rinder besetzt . seyn können, und dieses Merkmal ist demnach an und für sich nicht geeignet in zweifelhaften Fällen eine sichere Entscheidung zu ge- währen. Gegen die Schafe und Ziegen hin haben ohnediess bezüg- lich derBackenzähne die Zoologen keineGrenze zu ziehen gewusst. Zwar hat eine‘ solche Owen zu stecken versucht, und so, wie *) Ebenda S. 188. **) Odontograph. p. 534. 371 er die Aussenfläche der Backenzähne und ihre Schmelzfiguren auf der Kaufläche des Gnu’s angiebt, habe ich sie niemals bei den Bock- thieren, wohl aber bei mehreren Antilopen, wie z. B. Antilope al- bifrons, pygarga und selbst an den obern Backenzähnen von A. Oreas gefunden. Dagegen schliessen sich schon Antilope subgulturosa und A. Saiga in den genannten Beziehungen so innig an die Bock- thiere an, dass ein durchgreifendes Merkmal zur zweifellosen Un- terscheidung der letztern von den Antilopen nicht angegeben werden kann. Die Antilopen bleiberr demnach wie im äussern Habitus, so auch bezüglich der Beschaffenheit ihrer Backenzähne, eine Mittel- gattung, die von einem allerdings eigenthümlichen Mittelpunkte aus- gehend einerseits zu den Bockthieren und Rindern, andrerseits zu den Hirschthieren hinüber streift. Diese Vorbemerkungen habe ich für nöthig erachtet, bevor ich mich auf die Deutung der mir dermalen vorliegenden fossilen Backen- zähne einlassen konnte. ‘Betrachten wir nun zuerst das am voll- ständigsten erhaltene fossile Unterkiefer- Fragment [Tab. 4, fig. 1] mit seinen 6 Backenzähnen, von denen der 4te ganz und der 5te auf der Innenseite abgesprengt ist. Die beiden hintersten Backen- zähne zeigen uns das Säulchen ganz so, wie es sich bei vielen Hirschen findet, ja selbst noch mehr entwickelt als es bei diesen der Fall ist, Selbst am 3ten ist noch eine Andeutung davon zu sehen, ganz in der Form, wie sie das Elennthier und die Antilope Oreas am 4ten zeigt. Die beiden vordersten, zumal der erste Backenzahn, sind ungewöhnlich gross. Auf der Innenseite der Backenzahukronen sind die Längsfalten nicht so stark ausgedrückt als bei den Hirschen, sondern schwächer wie bei vielen Antilopen. DieLänge der ganzen Backenzahn-Reihe beträgt in gerader Linie 3° 10”. Ob dieser Un- terkiefer von einem Hirsche oder einer Antilope herrührt, lässt sich aus der Beschaffenheit der Zähne, wie vorher bemerkt wurde, nicht mit Sicherheit bestimmen; aus den zahlreichen Bruchstücken von 372 Antilopenhörnern dürfte jedoch eher auf letztere Gattung geschlossen werden, und dieLänge der Zahnreihe würde wohl in einem ange- messenen Verhältnisse zu der Grösse der gleichzeitig mit aufgefun- denen Hornzapfen stehen. _ Ausser dem eben beschriebenen Unterkiefer sind uns noch. 6 an- dere Fragmente mit einem oder mehreren Backenzähnen zugekommen, die sämmtlich einer und derselben Art angehört haben könnten (Tah.:4, fig. 2, 3). Sie zeigen vom 4ten Backenzahn an auf der Aussenseite dieselben kleinen Säulchen zwischen den Pfeilern wie der vorige Unterkiefer, doch ist der Zacken am 4ten Backenzahn mehr losgelöst und den übrigen ähnlich, und alle Zähne sind be- trächtlich kleiner, indem z. B. an dem best erhaltenen Stück, das die Wurzel des ersten Zahns und die 4 darauf folgenden Zähne vollständig besitzt, die ganze Reihe von (diesen 5 Zähnen nur eine Länge von 1” 9” hat, während dieselbe Reihe bei dem grossen Unterkiefer 3” misst. Dieser beträchtliche Grössenunterschied rührt nicht etwa vom Alter her, denn die starke Abnützung sämmtlicher Zähne des kleinen Kieferstücks (Fig. 2) zeigt ein erwachsenes Thier an, sondern sie beruht auf einer specifischen Differenz, die zwischen diesen kleinen Kieferstücken und dem grossen besteht. Wir haben hier. also eine zweite, aber weit kleinere Art von Wiederkäuern mit birschartigen Backenzähnen vor uns, deren Einreihung unter die be- stehenden Gattungen wir so lange müssen ausgesetzt seyn lassen, bis vollständige Schädel mit den ansitzenden Hörnern werden auf- gefunden werden. Von obern Backenzähnen haben sich in der Sendung sehr we- nige, sämmtlich einzelne und mehr oder minder beschädigte vorge- funden, die sowohl nach dem accessorischen kleinern Zacken zwischen den Pfeilern, als nach den Schmelzfiguren auf der Kaufläche, sich der den meisten grössern Hirscharten eigenthümlichen Norm an- 373 schliessen, wie solche Owen angegeben hat. Sie werden darnach wohl mit den vorhin beschriebenen untern Backenzähnen zusammen- gehört haben. Einer der am besten erhaltenen ist Tab. 4, fig. 4. dargestellt. Eine dritte Art Wiederkäuer giebt sich durch die Backenzähne zu erkennen, die ich schon in meiner ersten Abhandlung über fossile Ueberreste aus Griechenland auf S. 168 beschrieben und von denen ich einen auf der ihr beigegebenen Tafel unter Fig. S damals be- reits abgebildet habe. Es sind mir nun noch zwei nebeneinander sitzende hintere von derselben Form und Grösse zugekommen, die sich von den bisher erwähnten Backenzähnen durch den Mangel der accessorischen Säulchen zwischen den Pfeilern unterscheiden und dadurch mehr den eigentlichen antilopenartigen Character an sich tragen, so dass sowohl dieses Umstandes als ihrer Grösse wegen die Möglichkeit gegeben ist, dass nicht die vorhin beschrie- benen, sondern diese Zähne es seyen, die mit den gewundenen Horn- zapfen zusammen gehört haben dürften, worüber, wie schon bemerkt, lediglich die Auffindung ganzer Schädel mit den ansitzenden Horn- kernen Entscheidung gewähren kann. Nur ein einzelner unter den mir neuerdings zugekommenen untern Backenzähnen macht von dem schon früherhin abgebildeten in sofern einen Unterschied, als jeder seiner Pfeiler, der eine an der vordern, der andere an der hintern Wand, stark eingedrückt ist und zwischen ihnen, aber ganz im Hintergrunde und an die eine Pfeilerwand fest angelehnt, ein dünner Griffel von der Basis der Zahnkrone an bis zur Mitte derselben verläuft. An Knochen des Rumpfes und der Gliedmassen haben sich nur etliche Bruchstücke gezeigt, die als zur näheren Bestimmung der Gattung unzureichend, hier übergangen werden können, Abhandlungen der II, Cl. d. k. Akad. d. Wiss, V. Bd. II. Abthl. 48 374 VL Nager. Von der ganzen Ordnung der Nager hat sich nichts weiter als ein einzelner Zahn vorgefunden, der indessen so charakteristisch ist, dass er eine genauere Beschreibung verdient. Er ist ein 1” 9°” langes Bruchstück eines untern Schneide- zahnes |Tab. 4, fig. 7, 8] und zwar aus der linken Kieferhälfte. In der Breite der Vorderfläche hält er das Mittel zwischen dem gleichnamigen Zahne des Bibers und Stachelschweines, von denen er sich jedoch gleich dadurch unterscheidet, dass sich seine hintere Parthie nicht in demselben Maasse verdünnt, daher seine Kaufläche eine ganz andere, mehr gleichbreite Figur zeigt, während sie hei den genannten beiden Gattungen sich ab- und hinterwärts rasch verschmälert. Der Schmelzbeleg hat einen blassgelblichen Ton und ist ausserordentlich stark, indem von ihm die Innenseite des Zahnes zu 4, und die Aussenseite fast zur Hälfte belegt ist. Die Vorder- seite ist ganz glatt, nur längs der Mitte mit einer kaum merklichen Ausbuchtung; gegen die Aussenseite ist sie stark abgerundet, gegen die innere ist sie es schwächer. Die Aussenseite ist etwas gewölbt, die innere flach, wodurch sich ebenfalls der vorliegende fossile Zahn von den Schneidezähnen des Bibers, Trogontheriums und Stachelschweins unterscheidet. Der ganze Zahn ist nur wenig ge- krümmt und seine, an den Rändern etwas beschädigte Schneide scheint in derselben Form wie die des Bibers zu endigen. Seine Dimensionsverhältnisse sind in der Abbildung genau wieder gegeben. Da ich diesen Zahn bei keiner der bekannten Gattungen unter- zubringen weiss, folglich auf eine ausgestorbene Form zu schliessen ist, so mag auf diese einstweilen unter dem Namen Lamprodon primigenius aufmerksam gemacht werden. 375 VI. Fleischfresser. Das Vorkommen dieser Ordnung unter den urweltlichen Ueber- resten Griechenland’s war mir schon unter den ersten Stücken, die ich von daher erhielt, durch etliche Backenzähne angezeigt, die mich zur Errichtung der Gattung Galeotherium bestimmten; ein Name, den ich, als gleichzeitig von Jäger für eine andere Gattung ange- wandt, jetzt mit dem von Ictitherium vertausche. Von diesem Genus sind mir neuerdings keine weitern Ueberreste zugekommen. Dagegen habe ich mit der letzten Sendung das Fragment eines Ellenbogenbeins, nämlich den ganzen Ellenbogenknorren [Tah. 2, fig. 6] erhalten, der seiner Grösse wegen nicht mit jenen Zähnen zusammen gehört haben kann, sondern von einem. weit grösseren Thiere herrühren muss, und zwar seiner Form nach von einer Art aus der Gattung der Katze. Das Characteristische dieses Theils liegt bei der Katze darin, dass er oberhalb der Gelenkhöhle be- trächtlich verlängert ist und dass diese Verlängerung vorn in zwei ungleiche und schief gestellte Höcker sich spaltet. Das Tbier, von dem dieser Ellenbogenknorren herrührt, war ansehnlich grösser als irgend eine lebende Katzenart, denn während bei dem grössten von unsern 3 Löwen-Skeleten die Entfernung des untern Randes der Gelenkhöhle vom obersten Rand des Knorrens nur 3” beträgt, macht sie bei dem fossilen Olecranon 3 11” aus. Diese urweltliche Art war demnach, gleich der Felis spelaea, um ein Beträchtliches grösser als die grössesten der jetzt lebenden Katzenarten. In welchem Verwandtschaftsverhältniss 'sie zu der Felis spelaea gestanden hat, lässt sich vor der Hand aus Mangel an Vergleichungs-Objekten nicht ermitteln, denn während meine Kenntniss von der griechischen urwelilichen Art lediglich auf dem vorliegenden Ellenbogenknorren beruht, ist mir dieser Theil von der Felis spelaea weder bei 48% 376 meinen früheren Ausgrabungen in der gailenreuther Höhle, noch bei der Bestimmung der fossilen Knochen in der Universitätssammlung von Erlangen*) zu Gesicht gekommen oder sonst durch eine Be- schreibung oder Abbildung bekannt geworden. Das Thier, von dem der beschriebene Ellenbogenknorren herrührt, mag einstweilen mit dem Namen Felis gigantea bezeichnet werden. VIIN. Affen. Das Interessanteste, was ich in meiner ersten Nachricht von urweltlichen Säugtbier-Ueberresten in Griechenland den Palaeonto- logen vorlegen konnte, war das Schädel-Fragment eines Affen, dem ich unter dem Namen Mesopithecus pentelicus seine Stellung im Systeme anwies. Auch diessmal habe ich wieder ein Stück desselben erhalten und zwar sonderbarer Weise abermals das Frag- ment eines rechten Oberkiefers, jedoch in einem mehr beschädigten Zustande. Von den beiden Schneidezähnen dieser Seite, so wie von dem Eck- und dem ersten Backenzahne zeigen sich nur die ausgefüllten Alveolen; der Eckzahn ist durch die vorhandene Zwi- schenkiefernath deutlich von. den Vorderzähnen geschieden und scheint, nach dem geringen Umfang seiner Alveole zu urtheilen, noch nicht zu seiner vollen Entwicklung gelangt zu seyn. Vollstän- dig erhalten sind der 2te, 3te nnd Ate Backenzahn, von denen die beiden letzten ganz mit denen des schon früher beschriebenen Frag- ments übereinkommen, nur dass ihre Spitzen fast noch gar keine *) Vgl. meine Beschreibung der Ueberreste urweltlicher Säugthiere aus den Muggendorfer,, Höhlen in der Isis 1829. S. 966 und 1831. S. 555. an ee Mn nn nn f . 377 Abnützung erlitten haben. Dasselbe ist auch mit dem 2ten Backen- zahne der Fall, der in seiner Form dem gleichnamigen der ver- wandten altweltlichen Gattungen, und zwar Üercopithecus noch mehr als Hylobates und Semnopitheeus, entspricht. Uebrigens giebt die Form dieses Kieferstücks und seiner Backenzähne unzweifelhaft zu erkennen, dass es mit dem ersten Kieferfragment der nämlichen Art, nämlich dem Mesopithecus pentelicus angehört. Erklärung der Abbildungen. Tab. 1. Schädel von Equus primigenius, auf 3 der natürlichen Grösse reducirt. Tab. 2. Fig. 1 und 2. Hufglied von Equus primigenius in natürlicher Grösse. Fig. 3 und 4. Unterkiefer von Rhinoceros pachygnathus, um die Hälfte verkleinert. Fig. 5. Mittelstück eines Oberarmknochens, auf 4 der natür- lichen Grösse redueirt; seine Deutung ist im IV. Abschnitt erläutert, Fig. 6. Ellenbogenknorren von Felis gigantea in natürlicher Grösse. 378 T ab. 3. Obere Hälfte des Oberarmsknochens eines Nashorns, wahr- scheinlich von Rhinoceros pachygnathus, auf die Hälfte seiner Grösse gebracht. Fig. 1 stellt die Ansicht von oben, Fig. 2 die von der Seite dar. . Tab. 4. Alle Figuren in natürlicher Grösse. Fig. 1. Unterkiefer eines Wiederkäuers. Fig. 2. Bruchstück eines Unterkiefers von einer 2ten Art Wiederkäuer. Fig. 3. Bruchstück eines Unterkiefers von einer 3ten Art Wiederkäuer. Fig. 4. Oberer Backenzahn eines Wiederkäuers. Fig. 5. Stirnzapfen der Antilope Ländermayeri. Fig. 6. Stirnzapfen der Antilope capricornis. Fig. 7 und 8. Schneidezahn von Lamprodon primigenius. Note über eine Eigenschaft der Reihen, welche discontinuirliche Functionen darstellen. Von Ph. L. Seidel, Fi} Note über eine Eigenschaft der Reihen, welche discontinuirliche Funetionen darstellen. Man findet in Cauchys Cours d’Analyse algebrique Cap. 6, $. 1. einen Lehrsatz, welcher ausspricht, dass die Summe einer convergirenden Reihe, deren einzelne Glieder Functionen einer Grösse x, und zwar continuirliche in der Nähe eines bestimmten Werthes . von x sind, immer gleichfalls in dieser Gegend eine stetige Function derselben Grösse sei. Hieraus würde folgen, dass Reihen der vor- ausgesetzten Art nicht geeignet sind, discontinuirliche Functionen in der Nähe der Stellen, wo ihre Werthe springen, noch darzu- stellen ;— mit andern Worten: dass durch ein Aggregat stetiger Grössen discontinuirliche auch dann nie repräsentirt werden können, wenn man die Form des Unendlichen zu Hilfe nimmt; so dass das Letz- tere nicht, wie es einen Uebergang vom Rationalen zum Irrationalen bildet, so auch eine Brücke zwischen stetigen und nicht stetigen Grössen zu schlagen vermöchte. Denn die Convergenz der Reihe würde aufhören, also die gewählte Form ihren Sinn verlieren, wo die Discontinuität beginnt. Abhandlungen d. II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. V. Bd. II. Abth. 49 3832 Der Beweis, auf welchen dieser Satz am angeführten Orte ge- gründet wird, beruht im Wesentlichen auf der Bemerkung, dass man - die Summe der ganzen Reihe abtheilen kann in die Summe einer Anzahl n ihrer ersten Glieder und in die ergänzende alles Folgenden. Die letztere kann man, was auch x sei, bei der vorausgesetzten Convergenz der Reihe durch Vergrösserung von n so klein machen als man nur immer will; dasselbe wird von der Veränderung geschlossen, die sie erleidet, wenn x um wenig geändert wird; das. Increment der Summe der n ersten Glieder nimmt ohnedies, da sie aus einer endlichen Zahl continuirlicher Functionen von x besteht, zu- gleich mit derAenderung von x unendlich ab: es scheint also, dass man n so gross und das Increment von x so klein wählen känn, dass die Aenderungen beider Theile, also auch die der ganzen Reihe, kleiner gemacht werden als eine beliebig kleine Grösse, und hier- mit wäre die Continuität der Summe der Reihe, in dem Sinne in welchem sie hier genommen wird, erwiesen. Gleichwohl steht der Satz im Widerspruch mit dem, was Dirichlet gezeigt hat, dass z. B. die Fourier'schen Reihen auch dann immer convergiren, wenn man sie zwingt, discontinuirliche Functionen dar- zustellen; — ja die Discontinuität wird gerade durch die Form dieser Reihen, deren einzelne, Glieder doch stetige Functionen sind, häufig hereingebracht, indem diese die Periodicität, welche den goniometri- schen Functionen eigen ist, allen, ‚die man so darstellen will, auf- drängt, und dadurch diejenigen, welche sich nicht von selbst unter dies Gesetz ‚beugen, gewaltsam discontinnirlich macht. Man braucht selbst nicht den intricaten Gang der Dirichletschen Beweise nach- zugehn, um sich zu überzeugen, dass die Allgemeinheit des Satzes, von welchem die Sprache ist, Einschränkungen, hat: auch die ‚ge- wöhnlichsten Integrale, welche discontinnirliche Werthe haben, z. B. das bekannte x 383 ; L Sin za At Tee nah da können Beispiele davon abgeben; denn man kann dieses, durch blose Zerlegung des unendlichenIntervalles, in welchem es zu nehmen ist, in eine unendliche Anzahl endlicher, verwandeln in eine Reihe, deren einzelne Glieder Integrale sind, von denen man fast @ vue beweist, dass sie stetig von x abhängen, und welche Reihe nothwendig stets convergirt, weil ihre Summe immer einem der drei möglichen Werthe des ganzen Integrales gleich ist. Wenn man, ausgehend von der so erlangten Gewissheit, dass der Satz nicht allgemein gelten kann, also seinem Beweise noch irgend eine versteckte Voraussetzung zu. Grunde liegen muss, den- selben einer genauern Analyse unterwirft, so ist es auch nicht schwer, die verborgne Hypothese zu entdecken; man kann dann rückwärts schliessen, dass diese bei Reihen, welche discontinuirliche Functionen darstellen, nicht erfüllt sein darf, indem nur so die Uebereinstimmung der übrigens richtigen Schlussfolge mit dem, was andrerseits be- wiesen ist, gerettet werden kann. Auf solche Art erhält man einen Satz, welcher sich auf diese Klasse von Reihen bezieht, und so ausgesprochen werden kann: Theorem. Hat man eine convergirende Reihe, welche eine discontintirliche Function einer Grösse x darstellt, von der ihre einzelnen Glieder continuirliche Functionen sind, so muss man in der unmittelbaren Umgebung der Stelle, wo die Function springt, Werthe. von © angeben können, für welche die Reihe beliebig laugsam con- vergirt. 49* 334 Der Zweck des gegenwärtigen Aufsatzes ist es, diese Eigen- schaft nachzuweisen, ‘welche meines Wissens’ noch nirgends aus- drücklich hervorgehoben worden ist. Durch sie würde diese Art der Darstellung nicht stetiger Functionen wesentlich an Werth ver- lieren, wenn es sich dabei darum handelte, aus der Reihe die Func- tionalwerthe in der ‚Gegend wo sie springen wirklich numerisch zu berechnen, ein Fall der aber in den Anwendungen, wo der umge- kehrte häufiger ist, sehr selten vorkommen wird. Zu bemerken ist, dass hier unter discontinuirlichen Functionen nur solche verstanden sind, welche Stellen haben, wo es nicht möglich ist die Aende- rung der Variabeln so klein zu machen, dass die der Function kleiner würde, als eine beliebig kleine Grösse: also nur Fiunctionen, welche graphisch durch Curven repräsentirt sind, deren Ordinaten an gewissen Stellen plötzlich springen. Die Reihe, welche nur für Werthe der Veränderlichen (x) be- trachtet werden soll, für welche sie convergirt und demnach irgend eine Function von x darstellt, möge sein: fd) t+f D+F&D-+... in inf. Ihre ganze Summe werde ich bezeichnen mit F' (x), die Summe ihrer an + 1 ersten Glieder oder die Grösse ID + @D+..- +f@m mit S, (2) , die alles Folgenden oder den Ausdruck f@e,rnr+D + fon +2) +... in inf. mit R, (2). Man hat also 385 @ Fi) =8,(@ + R, (@) Ueber: die. hier vorkommenden Grössen ‘wissen wir nor. dies, dass man n so gross nehmen kann, dass. R,, (x) kleiner wird, als eine beliebig kleine Grösse o (d. h. dass die Reihe convergirt), und dass S/, (2), so lange n nicht über alle Grenzen wächst, eine con- tinuirliche Function von z ist. Denn es ist die Summe einer beschränk- ten Zahl Glieder welche einzeln, der Voraussetzung nach, diese Bedingung erfüllen. Es gehe nun x über in z-+&, und dadurch ändere sich F'(x) um AF', S, (x) um AS. So wird auch sein: 0) Fa) AF=S,@)-+AS, +R, (@+9 und wenn man hievon die Gl], (1.) subtrahirt: (3) AF=AS +R, er) — R,@ Soll sich nun beweisen lassen, dass in einem besondern Falle F (x) eine continuirliche Function von x ist, oder dass A F' mit & zu- gleich unendlich abnimmt, so wird man zeigen müssen, dass die drei Grössen zur Rechten in der letzten Gleichung sich gleichzeitig so sehr verkleinern lassen, als man nur immer will. Da man nehmlich im Voraus'nicht weiss, ob R „ (2) eine continuirliche Function ist, so kann man im Allgemeinen nicht anders darauf ausgehn, den Un- terschied R,(@+9)—R,z zu verkleinern, als dadurch, dass man jede dieser Grössen für sich sehr klein macht. Diess muss durch Vergrösserung von n geschehen, während man durch Verkleinerung von & bewirkt, dass AS, un- endlich abnimmt, Zum Beweise der Continuität von F'(z) in der 336 Gegend des bestimmten Werthes & wird also erforderlich sein zu zeigen, dass man für diesen Werth gleichzeitig n so gross aber endlich, und & so klein aber von Null verschieden machen kann, dass die drei Bedingungen erfüllt werden: A S, Lr (4) Rad) Le R, (e+9)L e" wo r, 0, 0” beliebig klein anzunehmende absolute Grössen bezeich- nen, und sämtliche Ungleichheiten abgesehen vom Zeichen zu nehmen sind. Bestehen sie alle auelejch, so wird dann aus (3.) AF' dem Zahlenwerthe nach Zr + 0° —+ 0”, kann also so klein Bpmaeht werden, als man nur will. Was zunächst die Erfüllung der beiden letzten Ungleichheiten betrifft, so kann man folgende, Betrachtung anstellen: Es bezeichne 7 irgend einen bestimmten, von Null verschiedenen, Werth des Incrementes & von x... So: klein es auch gewählt sein mag, so wird man doch nachher 7.so klein annehmen können (was in der Willkühr liegt), dass für, das Bestehen der ersten Ungleich- heit in (4.) erforderlich ist, & / 7 zu nehmen; wir können also o und'y als die möglichen Grenzwerthe von, ansehen. Es sei nun. g eine Grösse, kleiner als der kleinere der beiden Werthe e° und 0”, und man verstehe unter » (abhängig von &) die möglichst kleine positive ganze Zahl, welche gleichzeitig allen Bedingungen genügt: R, »(e +9) Le‘ v RR, (@& (5) vi +9) Le R,ı (z a5 €) v e elc. in ‘inf, 387 (Bedingungen, die sich, bei der vorausgesetzten Convergenz der Reihe,’ immer müssen erfüllen lassen) — so können zwei Fälle ein- treten: entweder‘ es wird, (I) während‘ s alle Werthe von o bis 7 durchläuft (einschliesslich. der Grenzen), » für irgend 'einen darunter einen ’Maximalwerth erlangen (und dann überhaupt nur eine endliche Zahl verschiedener Werthe haben); oder (NM) es kann » in der nächsten Nähe von & = o, zugleich mit. dem ohne Ende abnehmen- den s ‚ über alle Grenzen wachsen. Geschähe nehmlich das Letz- tere in der Nähe eines andern bestimmten Werthes von e als bei & — 0,'so würde man’ diesen dadurch ausschliessen können, dass man ».kleiner machte, so dass er nicht mehr in das Intervall von o.bis 7 fiele Es braucht also nur der eben bezeichnete Fall he- rücksichtigt zu werden. | I. Findet nun von den beiden Möglichkeiten die erste wirk- lich statt, dass es nehmlich ‘einen Maximalwerth N der Zahlen » gibt, welche zu den e zwischen o und 7; gehören, so wird es nur nöthig sein, für n in (4.) diese Zahl N zu nehmen, um vermöge der Bedingungen in (5.) sicher zu sein, dass den beiden letzten der drei Ungleichheiten genügt ist, wie auch e in dem Intervalle ge- wählt werden möge, Diese Grösse wird man nun, was bei der Continuität der Function S, (2) immer möglich ist, so zwischen o und 7 und verschieden von dem erstern Werthe anzunehmen haben, dass auch die erste Bedingung As, Lt erfüllt ist, und für jedes noch kleinere erfüllt bleibt; man wird daun also vermöge (3.) und (4.) haben Ar Lite re oder da die Grössen zur Rechten beliebig klein angenommen werden 388 können, ‚so wird gezeigt sein, dass die Aenderung der durch ‚die Reihe dargestellten Function #'(2) zugleich mit dem Incremente e der Variabeln x unendlich abnimmt, dass also die ganze convergirende Reihe, deren einzelne Glieder stetig von x abhängen, ebenfalls eine in der Nähe des bestimmten Werthes von = continuirliche Function dieser Grösse darstellt. In diesem ersten Falle ergibt sich also wirk- lich der Cauchy’sche Satz. II. Anders verbält es sich mit dem oben mit II. bezeichneten Falle, zu dessen Betrachtung ich mich jetzt wenden werde. Es könnte auf den ersten Anblick scheinen, als ob dieser Fall, dass nehmlich für sehr kleine g und in der nächsten Nähe von ==o die durch die Ungleichheiten (5.) definirte kleinste Zahl » über alle Grenzen wächst, gar nicht eintreten könnte. Denn da die Reihe für alle Werihe von s zwischen o und » convergirt, so muss sich für jeden von ihnen ein endliches v angeben lassen, welches jene Un- gleichheiten alle erfüllt. Daraus folgt aber durchaus nicht, dass alle solchen » unter einer bestimmten Grenze N + 1 liegen müssen es könnte z.B. in einem besondern Fall der Zusammenhang, welcher vermöge der Bedingungen (5.) zwischen & und » Statt findet, der Art sein, dass » die grösste in dem Ausdruck 4 € enthaltne ganze Zahl wäre, — so würde es für jedes von O ver- schiedene & endlich bleiben, und doch alle Grenzen überschreiten, Man könnte einwenden, dass der hier beispielsweise angenommene Zusammenhang zwischen » und &, und ehenso alle ähnlichen, dess- halb unstatthaft sei, weil nach ihm für e=o die Zahl » unendlich, also die Reihe, gegen die Voraussetzung, für diesen Werth divergent würde. So darf aber nicht geschlossen werden. Denn 389 da man im Voraus nichts darüber weiss, ob die Grössen R,(2-+e) R, 14 (@\} e) etc. continuirliche Functionen von (x oder) & sind (was ja eben durch den Cauchy'schen Satz erst bewiesen werden soll), und überhaupt im Allgemeinen nichts über sie weiss, als dass sich die Bedingungen (5.) immer erfüllen lassen, so kann auch nicht behauptet werden, dass nach, denselben », mit einer gewissen Regel- mässigkeit, einer Art von Continuität, von ‚e abhängt, und es könnte sehr wohl sein, dass es, um bei dem gewählten Beispiele zu bleiben, für jedes von 'o verschiedene, sonst heliebig kleine, e die grösste in er € enthaltene ganze Zahl wäre, für < — o aber, die Continuität des Gesetzes verlassend, gleichwohl keine unendliche sondern irgend 'eine bestimmte Grösse hätte. Also würde in dem Beispiele sich in der That für jedes &, die Null eingeschlossen, ein endliches » an- geben lassen, welches die Bedingungen (5.) erfüllt, und doch kein Grenzwerth, unter welchem alle diese » liegen. Mit anderw Worten: die Reihe wird zwar für die betrachteten Werthe der Variabeln immer, convergiren, wie es die Voraussetzung fordert, aber man wird, in‘ der nächsten Nähe von & — o, Stellen angeben können, wo sie es beliebig langsam thut, d. h. wo man, um sicher zu sein, dass die Summe ‚aller weggelassenen Glieder oe: aus der Vernachlässigung aller folgenden entspringen: kann, ‚ist natürlich selbst abhängig von’e. Wenn dieses eine bestimmte Grösse übersteigt, so wird man im Allgemeinen immer sicher ‚sein, ein.be- stimmtes endliches N aufstellen zu können, welches für /alle-Werthe der absolut Variabeln innerhalb gewisser Grenzen (# + 7) seiner Definitionsbedingung genügt. Bei einer bestimmten vorgelegten Reihe muss ‘daher der hier mit IL ‘bezeichnete Fall als vorhanden ange- sehen werden, sobald er für sehr kleine o eintritt. , Bei Reihen also, welche der Kategorie I angehören (und hierunter müssen alle sein, ‚welche. discontinuirliche Functionen einer Grösse x darstellen, ‚von der ihre einzelnen Glieder stetig abhängen) — wird es einen ge- wissen ausgezeichneten Werth von @, P, geben, der Art, dass man, so lange 0 7 Pist, immer ein bestimmtes N so angeben kann, dass für & zwischen o und », . R, @+9? Nach Spix leben diese Affen familienweise in den Wäldern am Solimo&s, wo er namentlich einen der südlichen Seitenflüsse desselben, Teffe, anführt, und verbreiten sich gegen Peru zu. Nat- *) Aus Natierer's Aufzeichnungen füge ich meiner obigen. Beschreibung folgende Angaben über ein Weibchen bei. Die Iris ist dunkelbraun; das Gesicht und die nackte Haut des Körpers sehr blass fleischfarbig, letztere ins Bläuliche ziehend; die grossen Ohren gelbbräunlich fleisch- farben und die Nägel kaum etwas dunkler. **) An diesem Exemplare ist offenbar der Schwanz beim Ausstopfen zu stark in die Länge ‚gedehnt worden, Abhandlungen der II. Cl. d. k. Akad. d. Wiss, V. Bd. II. Abthl. 50 430 terer erhielt seine Exemplare ziemlich aus den nämlichen Gegenden, nämlich von Borba und der Barra do Rio negro, so dass der Caia- rara also dem nordwestlichen Theile von Brasilien ’angehört und von da sich weiter in Peru und Columbien verbreiten mag. 2. Cebus nigrivittatus Narr. Der schwarzbindige Rollaffe. C. sordide flavido-brunneus, humeris limboque faciem cingente. al- bido-lutescentibus aut sordide albidis; crista verticis (angusta longitudinali nec non munibus nigricantibus aut ferrugineo-fuscis. Von diesem Affen, erhielt Natterer 2 Exemplare, wovon er das eine, ein junges Männchen, eine Zeitlang lebend: besass, bis es einer Krankheit unterlag. Ein 3tes Exemplar, unbekannter Her- kunft, das nach dem starken Gebiss ein ganz erwachsenes- Männ- chen ist, findet sich ausserdem noch in der Wiener Sammlung vor. Das Münchner Museum hat keinen ähnlichen Affen aufzuweisen; auch ist mir keine auf ihn bezügliche Abbildung oder Beschreibung bekannt, da sowohl der ©. griseus von Fr. Cuvier und Desmarest, als der Sajou gris von Buffon und die Simia hypoleuca von Hum- boldt entschiedene Differenzen von ihm darbieten. Die von Natterer zurückgebrachten Exemplare sind sich in der Färbung ziemlich gleich. Die Wangen sind mit kurzen Haaren be- setzt, die nach unten länger werden und über den Unterkiefer etwas herabhängen. Auf dem Vorderkopfe nach seiner ganzen Breite sind die Haare sehr kurz und werden rückwärts allmählig etwas länger. Längs der Mitte des Vorderkopfes verläuft von der Stirne an gegen das Hinterhaupt eine Binde aus, längeren Haaren; diese ist anfangs schmal, erweitert sich aber schnell, so dass sie in der Mitte des Scheitels 14 Zoll breit ist und spitzt sich dann bald 431 gegen das Hinterhaupt zu. Diese Binde, welche keineswegs die ganze Breite des Scheitels zwischen den Ohren ausfüllt, sondern jederseits einen grossen Zwischenraum zwischen ihrem Rande und dem Ohre freilässt, ist schwarz und unterscheidet sich dadurch sehr von der übrigen Kopffarbe, ‚welche am Vorderkopfe licht gelbbräun- lich ist, was allmählig trüber wird, und am Hinterkopfe ins dunkler Rosthraune mit helleren Haarspitzen übergeht. Die nämliche Farbe herrscht längs des Rückgrathes und des Anfangs der Schwanz- worzel; nach den Seiten und dem Unterleibe herab wird sie etwas blasser. Die seitliche Gesichtseinfassung hat anfangs noch den gelb- bräunlichen Ton der Stirnbehaarung, der abwärts aber durch , Auf- nahme von Gelb immer lichter. wird. :Der Vorderhals, der obere Theil der Brust, die Schultern und die ganzen Vorderarme sind weisslich gelb behaart, wobei die Haare einfarbig sind, während sie auf den Vorderarmen in ihren untern Theilen russbraun werden und daher die lichte Färbung trüben. Die Hände sind ganz schwarz- braun, welche Färbung auch auf der Innenseite der Vorderarme von da an herrschend ist, oberwärts zu aber durch die gelhlichen Haarspitzen aufgeklärt wird. Die Aussenseite der hintern Glied- massen ist trüb rosthräunlich, durch viele gelbe Haarspitzen lichter gemacht; auf der Innen- und Vorderseite herrscht das glänzend Fahlgelbe vor. Auf der Fusswurzel der Hinterhände trübt sich wieder die Färbung und diese sind mit fuchsig schwarzbraunen Haaren besetzt. Der Schwanz ist russig. rostbräunlich und gelb melirt, auf der schmalen Unterseite eher etwas dunkler. Der Kör- per des jungen Männchens hat eine Höhe (vom Scheitel zum After) von 114“, der Schwanz misst fast 16". Das erwachsene Männchen, dessen vorhin gedacht wurde, kommt in der Färbung ziemlich mit den beiden andern überein. Es hat gleiche kurze Kopfbehaarung, die nur längs des Scheitels in einem dunkel rostbraunen Kamme hervorsteht. Die Aussenseite ist 55 * 432 , schmutzig rostbraun, was auf dem Schwanze am trübsten ist, eben so an den vier Händen. Die Behaarung der Stirne und um das ganze Gesicht, so wie am Vorderhalse und auf den Oberarmen: ist schmutzig weisslich. Das Gesicht scheint fleischfarben gewesen zu seyn. Die Nägel sind braun. Die Höhe dieses Individuums ist 144“, der Schwanz misst 17”. Natterer hat seine Exemplare am oberen Rio branco erhalten, Vom Caiarara unterscheidet sich diese Art durch ihre‘ trübe Färbung anstatt der rostfalben, darch ihre weisslichen Vorderarme und die schmale Längsbinde längs des Vorderkopfs, welche das Hinterhaupt ganz frei lässt und auch auf dem Mittelkopfe, wo sie am breitesten ist, über die Seitentheile sich nicht ausbreitet. V. PITHECIA. Schweifaffe. Während ich früherhin bei den andern amerikanischen Affen- gattungen mitunter die Arten zu stark eingezogen hatte, hat mir dagegen die Benützung von Natterers Sammlungen und Notizen gezeigt, dass ich bei Pithecia die Reduction noch weiter hätte führen dürfen, indem wir jetzt nicht mehr als 4 Species ‘von dieser Gattung anzunehmen berechtigt sind. Die Schweifaffen gehen der ganzen südlichen Hälfte des tropischen Amerika’s ab, treten erst in Brasilien gegen den 1öten Breitengrad auf, jedoch hier blos in der Westhälfte, und erst gegen den Amazonenstrom hin erscheinen sie längs der ganzen Breite zwischen den Cordilleren und dem ‚atlan- tischen Ocean, so dass sie, wie schon Tschudi richtig bemerkt, den 50sten Längengrad nicht überschreiten. 433 1. Pithecia Israelita Sex, Der Judenaffe. YA nigra aut fulvo-fusca, capite, barba crassa caudaque nigris;z capillitio subradiato, longitudinaliter diviso. Pithecia [Cebus] Satanas. Horrmassseese, Hums., Georrr., Kunr. Pithecia IAsraelita.: A. Waen. in Schreb. Suppl. I. 219 tab. XXXI. B. Brachyurus Israelita. Spıx tab. 7. Simia chiropotes. Hung. rec. I. p. 358 und 312. Schon nach Ansicht der 4 in der zoologischen Sammlung in Berlin aufgestellten Exemplare bin ich zur Ueberzeugung gekommen, dass Pithecia Satanas und P. Israelita nur Varietäten einer und derselben Art sind, deren Verschiedenheit nicht in der Weise der Kopfbehaarung, sondern lediglich in der Färbung des Pelzes liegt, und zwar so, dass die unter P. Israelita beschriebene Form der Kopfbehaarung die normale ist. Von jenen 4 Exemplaren sind 2 (Männchen und Weibchen) schwarz, und die beiden andern, eben- falls von beiden Geschlechtern, sind braun, aber Kopfmütze, Bart und Schwanz schwarz. Letzterer Varietät gehörig ist die Simia Chiropotes. Die Berliner Exemplare geben schon zur Genüge zu erkennen, dass die Verschiedenheit in der Färbung nicht, wie bisher ange- nommen wurde, auf einer Geschlechtsverschiedenheit beruhe; auch Natterer hat beiderlei Färbung hei den verschiedenen Geschlechtern gefunden. Eine geographische Differenz scheint ebenfalls nicht zu bestehen, denn wiewohl Natterer seine braunen Exemplare am Rio branco, seine schwarzen dagegen weit davon entfernt bei Para er- legte, also von demselben Orte, woher Graf Hoffmannsegg seinen 434 Cebus Satanas bezog, so sollen doch nach andern Angaben hellfar- bige auch in Guiana und dunkle in Peru vorkommen. Zur genaueren Kenntniss beiderlei Varietäten füge ich noch einige Bemerkungen bei. Ein altes Männchen, das Natterer am Rio branco (einem Sei- tenarme des Rio Negro) am Fusse des kleinen Gebirges Arimani erlegte, hat ganz die Kopfmütze, wie ich sie von P. Israelita be- schrieben habe. Kopf, Backenbart, Schwanz, Unterleib, Innenseite der Gliedmassen und der grössere Theil ihrer Aussenseite, so wie der Schwanz ist schwarz, was an Kopf und Schwanz am dunkel- sten ist. Der ganze Rücken und die Oberarme sind russig semmel- farben. Die Höhe vom Scheitel bis After beträgt 1’ 3”, die Schwanzlänge 1‘ 4”. Die nackten Theile sind nach Natterer's No- tizen folgendermassen gefärbt. Die Iris ist haselnussbraun; Gesicht und nackte Ohren schwarz, die Haut am Unterleibe röthlichschwarz, die Sohlen schwärzlich. Der sehr grosse Hodensack ist bläulich- weiss und der Penis geht ins Violettröthliche über. — Am alten Weibchen von eben daher fand Natterer keine bemerkbare äussere Clitoris. Ein anderes altes Weibchen von der schwarzen Abände- rung, das er im hohen Walde bei Para erlegte, zeigte dieselbe Färbung der nackten Theile. Dieser Affe verbreitet sich von Peru aus längs des Amazonen- stromes bis zum atlantischen Ocean und nordwärts durch Guiana und die Länder am obern Orinoko. Tschudi setzt in Peru seine Südgränze unter dem 10° s. Breite fest; in Brasilien reicht er in- dess nicht so weit hinab, denn hier scheint er kaum bis zum 5° Breite südwärts herabzugehen. 435 2. Pithecia melanocephala Hums. Der Vacary. P. brevicaudata, dorso flavescente, capite artuumque parte anteriori nigris, cauda femoribusque ferrugineis. Pithecia melanocephala. Huns., Gxorrr., Kun. Pithecia Ouakary. Srix tab. 8. Durch seinen Zahnbau schliesst sich der Vacary zunächst an die P. Israelita an, wie andererseits P. leucocephala und P. hirsuta in dieser Beziehung wieder unter sich übereinstimmen. Durch die Kürze des Schwanzes- unterscheidet er sich gleich auffallend von den 3 andern Arten. Von den 3 Exemplaren, die Nafterer mitbrachte, kommen 2 in der Färbung ganz mit dem von Syix überein, nur ist bei ihnen die- selbe noch etwas lehbhafter. Bei einem 3ten Exemplare sind aber nicht blos die Schenkel und: der: Schwanz rostroth, sondern’ auch der. Rücken ist ‚rostroth. überlaufen, Die Iris giebt Natterer als haselnussbraun an; die nackte Haut des Gesichts und die Ohren schwarz auf röthlichem Grunde, die Finger und Sohlen schwarz, die durchscheinende Haut am Unterleibe schwärzlich auf fleisch- farbigem Grunde; zu jeder Seite des Penis ist ein Hoden, die eben- falls sämmtlich schwarz sind. Der Schwanz ist kurz, dünn, lang. behaart und sein Ende wie abgestutzt. Die ganze Länge eines Männchens bis an die Spitze der letzten Schwanzknochen beträgt 2' 2“, des Schwanzes vom ‚After bis eben dahin 6“ rheinl. Von einem alten Weibchen macht die ganze Länge bis an die Schwanz- haare 2’ 14“, des Schwanzes 74”. x Natterer hat seine Exemplare am Rio Negro erlegt; eines ‘ etwas unterhalb Moura, ein anderes: bei. Marabitanas, ‚also aus Ge- 436 genden, woher auch die Exemplare von Humboldt und Spix stam- men. Der Vacary scheint demnach auf den nordwestlichen Theil Brasiliens jenseits des Amazonenstromes und auf die angränzenden Theile von Neugranada und Ecuador beschränkt zu seyn. 3. Pithecia leucocephala Aun. Der weissköpfige Schweifaffe. P. villosissima, unicolor nigra aut luteo-irrorata, manibus nigris. &) Mas adultus; unicolor niger, limbo faciali albido aut ochraceo, Pithecia leucocephala. Gsxorrr. ann. XIX, p. 117. — Kun. Beitr. S. 45. — Desmar. mamm. p. 91. — Is. Georrr. diet. class. XV. p. 58. — A. Wacn. in Schreh. Suppl. I, S. 222. — Scaome. in Lond. u. Edinb. phil. mag. X, p. 73. Yarkea leucocephala. Less. spec. des mamm. p. 177. Callithrix Teucocephala. Gkorrr. catal. p. 9 Simia leucocephala. Aunse. sing. VI. 1. p. 9 fig. 2. — Hums. recueil I. p. 359. Simia Pithecia. Saaw. gen. zool, I. 1. p: 61; Mus, Lever. p- 169. tab. 5. Saki. Burr. hist. nat. XV, p. 88 tab. 12; Dausent. p. 90. Yarke. Cuv. rego, anim. I, p. 103. P):- Femina el juniores; pilis nigris apice lutescentibus. Pithecia rufiventer. Gxorrr. ann. XIX, p. 116. — Kunı. Beitr. S. 43. — Deswar, mamm. p. 89. — Cuv. regn. anim. I, p. 103 — Is. Grorrr. diet. class. XV. p. 58. Simia rufiventer. Hums. rec. I. p. 39 und 358. 437 Simia Pithecia. Lixs. syst. nat. XI. — Scares. Säugth. I, 125. — Auper. sing. VI, 1. p. 7 fig. 1. Pithecia nocturna. Ir. in d. Abh. der Berl. Akad. von 1804 — 1811. S. 107..— Ourers, neue Bibl. der Reisebeschr. XV, S. 198. — Less. spec. des mamm, p. 173. Callithrix Pithecia. Gkorrr. cat. p. 9. Pithecia adusta. Ir. a. a. O0. — [P. irrorata Auver.] Ourers 2.2. 0. Pithecia rufibarbata. Kunst Beitr. S. 44. — Desmar. mamm. p- 90. Pithecia capillamentosa. Srıx sim. bras. p. 16. tab. 11. Singe de nuit |Yarke]. Burr. suppl. VIL, p. 113. tab. 30, 31. . Pithecia Pogonias. Gxar zool. of the voy. of the Sulphur p. 13, tab. 2. Keine Art ist so vielfach aus einander gerissen worden als diese, und um desto mehr erfreut es mich, durch Natterer die Mit- tel erlangt zu haben, der grässlichen Confusion ein Ende machen zu können. i Als ich den Text zu Schreber's Supplementen ausarbeitete, war mir von Pithecia leucocephala nur das männliche Geschlecht, und zwar lediglich nach dem Exemplare der Erlanger Sammlung be- kannt. Temminck's Meinung, dass Kuhl’s P. ochrocephala blos das Weibchen oder Junge davon sey, führte ich an, ohne dass ich im Stande gewesen wäre, sie zu bestätigen oder zu widerlegen. Die grosse Menge von Exemplaren, welche sich Natterer von dieser Art zu verschaffen wusste, hat mir jetzt hinlänglich die Mittel ge- boten, über die Alters- und Geschlechtsverschiedenheiten der P. Abhandlungen der II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. V. Bd. II. Abthl. 56 438 leucocephala die befriedigendste Auskunft zu geben. ‘Die Anzahl der Arten, welche ich schon sehr zusammengezogen hatte, wird hierdurch noch mehr vermindert. Die alten Männchen einerseits, so wie die Weibchen und Jungen andererseits sind in der Färbung sehr verschieden. Da diese Thiere vor Natterer in ihrem freien Zustaude nicht beobachtet, also die Alters- und Geschlechtsdifferenzen aus Beobachtungen nicht be- kannt worden waren und in den Sammlungen solche nicht ermittelt werden konnten, so setzten die Zoologen nach und nach eine ziem- liche Anzahl von Arten fest, die Lesson sogar in 2 Untergattungen: Pithecia und Yarkea vertheilte. Den verschiedenen Alters- und Geschlechtsständen der P. leuco- cephala sind folgende Merkmale gemein. Die Behaarung ist ausser- ordentlich lang, straff und grob; nur die ‚Unterseite und die Hände sind sehr spärlich behaart; die Ohren kahl. Auf dem Hinterkopf steht ein Haarwirbel, von dem die langen Haare strahlenförmig nach allen Seiten auseinander fallen. Eine kürzere weissliche oder ockerfarbige Behaarung fasst das Gesicht ein und hängt an den Wangen jederseits als ein Bart herab, der jedoch Kinn und die untere Seite des Unterkiefers ganz frei lässt. Noch kürzere Haare derselben Färbung finden sich an den Gesichtsseiten. Der Schwanz ist ausserordentlich buschig, an seinem Ende nicht abgehackt, son- dern spitzt sich hier etwas zu. Die 4 Hände sind schwarz. be- haart, was gleich von P. hirsuta, wo sie gelblich sind, unter- scheidet. Das alte Männchen ist am ganzen Körper einfarbig schwarz, nur an den Vorderarmen behalten die Haare meist kurze gelbliche Spitzen. Der ganze Vorderkopf bis zu den Augenbraunen ‚herab ist dicht mit kurzen lichten Haaren besetzt; diese Binde ist jedoch‘ 439 längs der Mitte getheilt, so dass hier die schwarze Haut der Stirne zum Vorschein kommt. Erwähnte Binde setzt sich an den Wangen weiter herab fort, indem zugleich die Haare länger werden und ziebt sich weit in die Gesichtsseiten mit viel kürzeren Haaren hin- ein; um die Lippen stehen ebenfalls einzelne lichte Haare. Diese ganze Gesichtseinfassung von ziemlicher Breite ist entweder fast ganz weiss bis gelblichweiss, was an den Seiten der Wangen herab und namentlich an dem Fortsatze in das Gesicht hinein immer mehr ins Ockerfarbige fällt, oder der Gesichtskreis ist schön ocker- gelb, was nach unten und auf dem nach der Nase hinziehenden Haarbesatz ganz rostroth wird. Da der rostfarbige Gesichtskranz nicht bloss bei jungen, sondern auch bei vielen alten Männchen vor- kommt, so kann man darnach unter den alten Männchen 2 Abände- rungen, die eine mit gelblichweisser, die andere mit rostfarbiger Gesichtseinfassung, unterscheiden. Die Iris ist haselnussbraun, das Gesicht schwarz mit weissen oder rostfarbigen Haaren besetzt, die Ohren schwarz und fleischfarbig gefleckt, Sohlen, Finger und Nägel schwarz. So wie bisher beschrieben ist die ächte Simia [Pithecia] leucocephala. Sehr verschieden hievon ist das Weibchen, das in seiner Fär- bung der P. hirsuta sehr nahe kommt *). Alle Haare desselben auf der Ober- und Aussenseite haben mehr oder minder lange gelbe Spitzen; ihr übriger längerer Theil ist braunschwarz. Die spärlich behaarte Unterseite ist licht ockergelb oder roströthlich. Der Schwanz ist von der Farbe des Rückens; die 4 Hände sind schwarz behaart. Am Kopfe lassen sich, wie diess schon Spix bei seiner P. capilla- mentosa bemerklich gemacht hat, dreierlei Haare unterscheiden. Unten am Hinterkopf ist der gewöhnliche Haarwirbel, von dem aus *) Ein solches Weibchen hat @ray als besondere Art unter dem Namen Pithecia Pogonias unterscheiden wollen. 56* 440 die langen Haare mit ihren gelben Spitzen nach allen ‚Seiten. hin- fallen und. auch den Vorderkopf bedecken, so: dass nur die Stirne frei bleikt. Die Stirne. ist mit. kurzen Haaren. besetzt, .die beider- seits an den Wangen herabziehen, dabei länger werden und wie ein Backenbart herabhängen. Die Haare dieser Gesichtseinfassung sind nur am Grund schwarz, dann lichtgelb, so dass. an ihr ‚die gelbe Färbung, namentlich am untern Bartende und in das, Gesicht hinein, vorherrscht. Diese Stirnbinde ist nicht, wie beim Männchen, längs der Mitte getheilt, obschon sich ihre Haare am Vorderrande in. der Mitte etwas auseinander begeben. Ausser der eben erwälin- ten ‚Stirnbehaarung sieht man noch eine kürzere Behaarung, die der vorigen von der Nasenwurzel aus sich entgegen wendet und divergirend von dieser aus kurze schmutzig gelbliche Augenbrauen über das Auge aussendet. Gesicht, Ohren, Sohlen und Krallen sind dunkelfarbig. Aehnlich wie die Weibchen sind die Jungen heiderlei Ge- schlechts gefärbt. Ein besonders lebhaft gefärbtes junges Männchen, etwas mehr als halbwüchsig und eben im Verwechseln seiner Zähne begriffen, das Natterer eine Zeitlang lebend unterhalten hatte, zeigt schmutzig fahlgelbe Haarspitzen auf der Ober- und Aussenseite des Körpers, den Gliedmassen und am Schwanze.. Die Unterseite des Körpers nebst der Innenseite der Gliedmassen ist schön roströthlich. Die Stirneinfassung ist breiter als beim Weibchen und geht bis zu den Augen vor; längs der Mitte sind ihre Haare zwar durch eine Längsfurche getheilt, aber diese reicht nicht: bis auf die Haut. Er- wähnte Stirnbinde ist ockergelb, indem der dunkle Grund an ihren Haaren ganz verdeckt ist. Diess ist auch der Fall bei dem Besatz der Wangen, der stark in's Roströthliche zieht. Die Hände, sind schwarz behaart, mit einzelnen gelblichen Haaren untermischt *). €) Kuhl's P. ochrocephala ist ein solches noch nicht erwachsenes Männ- 441 Mit dem Alter nimmt bei jungen Männchen das Schwarze immer mehr überhand und verdrängt zuletzt die gelbliche Färbung der Spitzen ganz. Dabei breitet sich dann die weissliche oder rostrothe Gesichtseinfassung immer weiter, aus und‘ wird ‚ebenfalls einfarbig. Die ganze Länge eines erwachsenen Männchens bis zur. Schwanz- spitze beträgt 2'834“, die des Schwanzes vom After bis an die Spitze der Haare 154‘ rheinl. Mit diesem Affen wurden wir zuerst aus dem französischen und holländischen Gujana bekannt. Schomburg sagt, dass er im Innern des britischen Guiana’s in beträchtlicher Anzahl vorhanden ist. Spixr hat ihn von‘ seiner Reise nicht mitgebracht; dagegen Natterer in vielen Exemplaren, und zwar nordwärts des Amazonensiromes, von der Barra und dem Forte de Rio branco, also aus dem hrasilischen Guiana. Der Amazonenstrom bildet die südliche Gränze von dieser Art, die der östlichen Hälfte des nördlichen Theils vom tropischen Südamerika angehört. 4. P. hirsuta Sreıx. Der Zottelaffe. P. villosissima, pilis nigricantibus apice lutescentibus; sincipite manibusque stramineis. Pithecia hirsuta. Srix. tab. 9.— A. Waen. in Schreb. Suppl. I, S. 221 tab. XXXIL A. Pithecia inusta. Srix. tab. 10. chen, wahrscheinlieh auch seine P. rufibardata. Die P. capillamentosa von. Spiz scheint ein altes Weibchen zu seyn, wo die gelblichen Haarspitzen ziemlich geschwunden sind; wie Wagler (Natürl. Syst. der Amphib. S. 7) bemerkt, kam übrigens dieses Exemplar nicht aus Bra- silien. Unter ‚Simia rufiventer etc. scheinen grösstentheils Weibchen begriffen zu seyn. 442 Pithecia irrorata. Gray zool. of the voy. of Sulphur I, p. 14 tab. 3. Natterer hat diese Affen zahlreich im nordwestlichen Brasilien angetroffen. Als südlichsten Punkt finde ich bei ihm den Wald do Cravari bei Cidade de Mato grosso genannt, von wo sie sich am Rio Mamore und Madeira abwärts bis zum Rio Negro ausbreitet. Die P. hirsuta ist demnach derjenige Schweifaffe, der am weitesten gegen Süden geht, viel tiefer als die P. leucocephala, die dagegen beträchtlich weiter in nordöstlicher Richtung ausgehreitet ist. Aus Natterer's Notizen füge ich über die Form des Kopfes und die Beschaffenheit der nackten Theile noch Folgendes bei. Der Kopf ist klein und von den Seiten zusammen gedrückt, die Stirne flach und die Schnauize ziemlich hervortretend. Die Iris ist hasel- nussbraun; das Gesicht nackt und graulichschwarz, die obern Augendeckel fleischfarben; die Ohren sind nackt und an der innern Seite etwas fleischfarbig; die untere Seite der Hände graulich- schwarz. Das Scrotum ist sehr klein, schwarz und etwas behaart; der sehr kleine Penis ist an der Spitze fleischfarbig. Die Clitoris ist ebenfalls sehr klein. Von 2 alten Männchen bemerkt Natterer, dass das Gesicht haarlos war, dagegen giebt er es von 2 Weih- chen als behaart an, indem sich vom vordern Augenwinkel bis zum Mundwinkel herab ein breiter Streif von weissen Haaren zeigt. Bei P. hirsuta kommen beide Geschlechter in der Behaarung und Färbung mit einander überein und beide nähern sich dadurch sehr dem Weibchen, der P. leucocephala, doch giebt die schwarze Behaarung der Hände, bei letzterer Art ein sicheres Unterschei- dungsmerkmal, da bei P. hirsuta dieselben mit gelblichen , Haaren besetzt sind. Weitere Unterschiede. zwischen beiden Species habe ich am knöchernen Schädel ausfindig gemacht, indem bei P. leuco- 443 cephala der-Jochbogen nochmals so: breit und weit stärker gekrümmt als bei P. hirsuta ist. Vl. NYCTIPITHECUS. Nachtaffe. Bei einer Gattung, die vom 25° s. Breite bis zu dem 5° n. Breite ihre Wohnsitze ausgedehnt hat, musste es allerdings in einige Verwunderung setzen, dass über diesen ungeheuren Flächenraum nur eine einzige Art verbreitet seyn sollte. Zwar waren bereits von einigen Systematikern 3 Arten unterschieden worden, aber in so ungenügender Weise, dass. einer strengen Kritik ihre Selbststän- digkeit wenigstens sehr zweifelhaft erscheinen musste. Diese Zwei- fel sind nunmehr durch Natterer und Is. Geoffroy gelöst worden und wir können jetzt mit Sicherheit 3 Arten unterscheiden, die zu- gleich verschiedenen Verhreitungsbezirken angehören. 1. Nyctipithecus felinus Spriıx. Der Mirikina. N. supra brunneo-cinereus, gastraeo toto ochraceo, taenia verticis nigra media lateralibus duplo latiore. Nyctipithecus felinus. Srıx tab. 185 A. Wuaen. und Narterer im Wiegm. Arch. 1843. 2. S. 21. — Is. Georrr. arch. d. mus. IV, p- 19. Nocthora trivirgata. Fr. Cuv. mamm. livr. 43. Nyetipithecus trivirgatus. Renee. Paraguay S. 58. — A. Waon. in Schreb. Suppl. I. S. 226. (zum Theil), tab. XXI C. 444 Simia Asarae. Hoss. rec. I, p. 359. Miriquouina. Azar. ess. II. p. 243. | Wenn Gray das Verdienst zukommt, in neuerer Zeit zuerst auf die wirkliche specifische Verschiedenheit des N. felinus Spix von Humboldt’s Aofus trivirgatus, wenn auch nur in wenigen Wor- ten, aufmerksam gemacht zu haben, so hat dagegen erst Natterer durch seine umständliche Auseinandersetzung der unterscheidenden Merkmale nnd der grossen Verschiedenheit in der geographischen Verbreitung die specifische Differenz zwischen beiden zur vollen Evidenz gebracht. Woher Natterer seine sämmtlichen Exemplare erlangt. hat, finde ich in seinen Papieren nicht verzeichnet, nur von zweien be- merkt er, dass er sie bei Cuyaba und am Guapor& (in der Provinz Mato grosso) gefunden habe. Diess wird auf der Westseite wohl ihre nördlichste Gränze seyn, während ihre südliche erst mit dem 25sten Breitengrade in Paraguay gegeben ist. Auf der Ostseite Brasiliens würde sie dagegen viel weiter nordwärts sich erstrecken, wenn anders die Angahe von Spix richtig ist, dass seine Exem- plare aus den Umgebungen von Para abstammen. 2. Nyctipithecus trivirgatus Hums. Der rückenstreifige Nachtaffe. N. supra einereus, gutture pectoreque brunneo-canis, albido- inter- spersis; stria dorsali fusca, taeniis verticis tribus nigris ae- qualibus. Aotus trivirgatus. Hums. rec. I, p. 358 u. 305 tab. 28. Nyctipithecus trivirgatus. Gray ann. of nat. hist. X, p. 256.— 445 A. Wäss. und Narrerer im Wiegm. Arch. 1843. 2. 8. 1. — IE. Georrr. archiv. da mus. d’hist. nat. IV, p. 24, 28. Diese Art war bis in die neueste Zeit lediglich aus der Be- schreibung und Abbildung von Humboldt bekannt, indem kein Exem- plar davon in irgend einer europäischen Sammlung aufgestellt war. Natterer sandte zuerst von ihr Exemplare an die Wiener Sammlung ein, und viel später kam dem brittischen Museum auch ein solches zu, von dem Gray einige Notizen erhob. Der rückenstreifige Nachtaffe tritt erst nordwärts des Amazonen- stroms auf. Natterer erhielt seine Exemplare am obern Rio Negro und Humboldt fand ihn am Cassiquiare und dem obern Orinoco bei Maypures und Esmerelda. 3. Nyetipithecus vociferans Seiıx. Der wollige Nachtaffe. N. supra fulvido-cinereus aut fulvido-brunneus; taenia verticis nigra media lateralibus duplo latiore; vellere toto lanuginoso. Nyectipithecus vociferans. Six tab. 19. — A. Wasn. im Wiegm. Arch. 1813, 2. S. 22; 1846, 2. S. 136. Nyctipithecus lemurinus. Is. Grorrr. arch. du mus. IV, p. 25, tab. 2. Obwohl Spix den N. vociferans bereits als eigene Art von seinem NV. felinus unterschieden hatte, so ist man seiner specifischen Selbstständigkeit doch erst durch Is. Geoffroy völlig versichert worden. Zwar hat letzterer beide für verschieden angesehen, in- dess die Vergleichung des Spix’schen Exemplares mit Is. Geoffroy's Beschreibung und Abbildung des N. lemurinus hat mir zur Evidenz gebracht, dass beide zu einer und derselben Art gehören. Abhandlungen der II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. V. Bd. II, Abthl. 57 446 Spix entdeckte diesen Affen in den Waldungen von Tabatinga am Solimo&s dicht an der peruanischen Gränze, daher sich auch vermuthen lässt, dass der von Poeppig in den Wäldern des Hual- laga beobachtete Nachtaffe derselben Art 'angehörig ist. JIs./Geof- froy giebt ihn als gemein an in den 'Waldungen der gemässigten Zone von Quindiu in Neu-Granada. "VH. CALLITHRIX. Springaffe. Natterer hat diese Gattung nicht blos mit 2 neuen Arten be- reichert, sondern sein reiches Material hat mir auch die Mittel an die Hand gegeben, die schon früherhin aufgestellten, aber in ihrer Artberechtigung von vielen Seiten’'her beanstandeten brasilischen Arten mit mehr Sicherheit festzusetzen, wobei mir abermals seine Angaben über die Wohnbezirke derselben von wesentlichem Nutzen gewesen sind. Man kann nach der Weise der Behaarung die Arten der Gattung Callithrix in 2 Gruppen vertheilen, a). vellere longissimo laxo, itaque .capite, trunco caudaque incrassatis; statura majore. 1. Callithrix personata Hums. . Der schwarzköpfige Springaffe. ©. brunneo-flavescens, capite toto manibusque nigris, cauda rufe- scente. Callithriz personata. Six tab. 12. — Pr. x. Nzuw. Beitr.I, S. 107. — A. Wacn.' im Schreb, Suppl.I, S. 229 tab. XXX A, 447 Die zur ersten Gruppe gehörigen Arten haben unter sich grosse Asehnlichkeit, doch kann man die ‘©. personata von der ihr zu= nächst stehenden ©. nigrifrons durch den ganz schwarzen und klei- neren Kopf und die Männchen noch überdiess durch den lichten Nackenfleck leicht unterscheiden. Man kennt diese Art nur aus den: Küstenstriche an der Ost- seite Brasiliens zwischen dem St. Matthäus-Flusse und den Wäl- dern bei Rio de Janeiro. Natterer, dessen Reisen mehr die west- liche Richtung nahmen, hat sie nirgends angetroffen. Ich bin daher zweifelhaft, ob sie, wie T'schudi angiebt, auch in Peru vorkommt, oder ob etwa eine andere nah verwandte Art für sie daselbst auf- tritt. 2. Callithrix nigrifrons Srix. Der schwarzstirnige Springaffe. Ü. brunescens, taenia frontali lata manibusque nigris; [capite crasso, vellere villosissimo laxo]. Callithrix. nigrifrons. Srıx sim. Bras. p. 21 tab. 15. Die unter dem Namen Callithrix nigrifrons, melanochir, Gigot und cinerascens aufgestellten Arten sind bisher den Zoologen zum grossen Anstosse gewesen. Ich hatte sie früher alle 4 unter einer Art begriffen, für die ich den Namen CO. melanochir auswählte *), Lesson**) ging noch weiter, indem er nicht blos ©. infulata und donacophila dazu zog, sondern alle sammt und sonders der ©. per- sonata unterordnete, was freilich ein grosser Missgriff war. Tem- ı *%) Schreb. 'Supplem. '1,,$. 230. *%) Spec. des mamm, p. 163. 57* 448 minck hielt die ©. nigrifrons nur für das Junge von O. personata, worin: er sich‘ jedoch, wie ich diess ‘schon früher nachgewiesen habe, geirrt ‘bat. Nach Untersuchung einer grösseren Anzahl von Exemplaren bin ich jetzt zur Ueberzeugung gekonmen, ‚dass ‚Spix ganz Recht hatte, wenn er Ü. nigrifrons ‘von ©, ‚Gigot specifisch trennte. Ferner bin ich der Meinung geworden, dass der Gigo des Prinzen von Neuwied der Art nach von: dem Spix’schen abweicht, und dass: ©. 'canescens ebenfalls eine eigene Art ausmacht: | Während ich früherbin von C.: nigrifrons ‚nur das eine von Spsx mitgebrachte Exemplar zur Vergleichung benützen nnd von ..der Standhaftigkeit seiner: Merkmale demnach zu: keiner Versicherung gelangen konnte, bot sich diese mir leicht dar, als ich in Wien Gelegenheit bekam, nicht weniger als 12 Exemplare zu vergleichen, während ein 13tes schon früher an das Münchner Museum abgege- ben worden war. Aus der Untersuchung dieser 14 Exemplare er- gab sich bald die Gewissheit, dass ©. nigrifrons sowohl von C. melanochir als von ©. Gigot getrennt werden müsse. Alle 14 Exemplare stimmen in folgenden Merkmalen überein. Die Grösse ist ansehnlich. Der Pelz ist ausserordentlich lang und zot- tig, selbst auf. dem Kopfe und rings um ihn, wodurch dieser ungemein dick wird und sich hiedurch gleich von dem viel kleineren Kopfe . der ©. personata unterscheidet. Auf dem Rücken und den Seiten- theilen erreichen die Haare eine Länge von 3 bis 34 Zoll und dar- über. Auch der ganze Unterleib und der Schwanz ist reichlich be- haart. Auf dem Gesichte sitzen nur einzelne Härchen, während die Wangen weit einwärts von dem ‚langen Pelze besetzt sind. Die nackte Haut ist schwärzlich. Der vorherrschende Farbenton ist schmutzig lichtbräunlich mit graugelblichem oder rostigem Anfluge. Die Haare. der Oberseite 449 sind schwarzbraun ‘und licht fahlbräunlich 'geringelt, ‘doch ist die Ringelung wenig deutlich, An den Armen herab wird sie merklicher; diese nehmen zugleich gegen die Handwurzel hin etwas mehr Schwarz auf und die Hände selbst sind ganz mit schwarzen Haaren bedeckt. Die hintern Gliedmassen erlangen gewöhnlich abwärts mehr licht Rostroth, das auch noch theilweise den Mittelfuss be- deckt, während die Finger der Hinterhand- glänzend schwarz sind. Die Stirne ist von einer zollbreiten, glänzend schwarzbraunen Binde bedeckt, die scharf von der licht graugelblichen Farbe des Kopfes absticht. Diese dunkle Binde entsteht, indem die Kopfhaare (die weiter rückwärts blos in der untern Hälfte schwärzlich, in ihrer obern gelblich und braun melirt sind) auf der Stirne fast einförmig . schwarzbraun, nur am hintern Theile mit einzelnen lichten Ringen unterhalb der Spitze besetzt sind. Auch in der Ohrgegend und an ‚den Wangen herab sind die Haare zum Theil schwarzbraun, die Ohren auf ihrer Innenseite mit eben solchen Haaren bewachsen. Das dunkelfarbige Gesicht ist auf der Nasenkuppe, dem Kinn und beiden Lippen mit schmutzig weisslichen Härchen besetzt. Die Unterseite des Körpers nebst der Innenseite der Schenkel ist leb- hafter oder trüber rostig gelblichhraun oder rostgelblich. Der Schwanz ist entweder mehr rostbraunroth ‘oder mehr rostgelblich oder licht rostbräunlich; die äusserste Spitze fast immer schmutzig gelblich. Die Iris ist, nach Natterer’s Augabe, licht umbrabraun, fast haselnussbraun; die nackte Haut des Gesichts graulich schwarz und ‘die obere Hälfte der obern Augenlieder bräunlichweiss, was jedoch nur bei geschlosseiiem Auge sichtlich wird. Die Ohren sind grau- schwarz mit weisslichbraunen Pünktchen; die Haut der Hände braun- schwarz, das Scrotum dunkel braungrau. Beide Geschlechter sind gleichfarbig. — Die ganze Länge des frischen Thieres beträgt, nach Natterer, % 11” xheinl., wovon auf den Schwanz 1’ 54” kommt. i 450 Alle Exemplare des Wiener Museuns‘ sind: von Natierer in der Kapitanie von St. Paul und Rio de Janeiro gesammelt worden. Das: Exemplar von Spix rührt aus Minas Geraes am Flusse vi Ongas““ her. 3. Callithrix Gigot Sei. Der rauchgraue Springaffe. ©. sordide canescens, stria angusta frontali manibusque nigris, [ca- pite crasso, vellere villosissimo laxo]. Callithrix Gigot. Srıx sim. Bras.'p. 22. tab. 16. Diese Art ist sehr ähnlich der ©. nigrifrons, so. dass ich sie früherhin, wo ich nur das eine Exemplar von ihr, das Spix mit- brachte, untersuchen konnte, für identisch mit jener nahm. Jetzt, wo ich in Wien noch 2 Exemplare sah, die jenem vollkommen ähn- lich sind, und durch diese überdiess von der Verschiedenartigkeit ihres Wohnortes überführt wurde, halte ich es besser, beide speci- fisch zu sondern, selbst auf die Gefahr hin, dass künftighin es'sich erweisen sollte, dass C. Gigot nur eine constante nördliche Varie- tät von .O©, nigrifrons oder melanochir- ausmachen möchte. An Grösse und Länge des Pelzes kommt sie ganz mit Ü. nigri- frons überein, eben so in dem dicken Kopfe. In der Färbung, ist der Unterschied, dass statt eines gelbbräunlichen Tones eine trüb braungraue Färbung‘ vorherrscht. Die am Grunde dunkelbraunen Haare der Oberseite sind weiterhin trüb bräunlichgelb und schwärz- lich gesprenkelt. Das Bräunlichgelbe bekommt nur längs des Kreu- zes einen schwach rostbräunlichen Anflug, der‘jedoch durch, die dunklen Spitzen fast, ganz verdeckt wird, und in gar keinen Ver- gleich mit dem rothbraunen Unterrücken von C©. melanochir gebracht werden kann. Die Unterseite ist nicht viel lichter als die obere. 451 Die Stirne ist vorwärts von einem schmalen schwarzen Querstreifen begränzt, indem die Kopfhaare hier’ ganz schwarz ‚sind, oder nur einen schmalen ‚gelblichen Ring unter der Spitze: zeigen. Indem diese Ringe grösser werden, wird weiterhin die Kopffarbe bräunlichgelb und schwarz gesprenkelt. Die Haare um die Lippen sind schmutzig weisslich. Die 4 Hände sind schwarz; die nackte Haut: ebenfalls dunkelfarbig. Der- Schwanz ist bei dem hiesigen Exemplare trüb und verwischt rostbraunröthlich mit Schwarz untermischt; im weitern Verlauf wird er etwas lichter, ohne eine reinere Färbung zu ge- winnen. Bei dem einen Wiener Exemplare ist der‘ Schwanz an- faugs rostroth, in der. letzten Hälfte schmutzig gelblichweiss; bei dem andern, wo jedoch die Spitze fehlt, ist 'er ganz rostfarben. Die Höhe vom After zum Scheitel beträgt 1’ 44“, der Schwanz misst 14.7”, Spix hatte sein Exemplar aus den Waldungen an der Meeres- küste bei Bahia erhalten; die.des Wiener Museums sind ebenfalls von Bahia, Die C. Gigot tritt hier an die Stelle der weiter süd- wärts wohnenden (©. nigrifrons. 4. Callithrix melanochir Nruw: Der rothrückige Springaffe, ©. cinerascens, tergo castaneo-rufo, manibus nigris. Callithrix melanochir. Pr. ,. Nzuw. Beitr. II, S. 114 mit Ab- bildung. “ Obwohl der Prinz von Neuwied seinen Gigo [C.' melanochir] selbst für identisch mit dem von Spix als C. Gigot beschriebenen erklärt, so besteht doch in der Färbung des Unterrückens eine -zn grosse und consiante Differenz, als dass man nicht an einer solchen Zusammenstellung irre werden sollte. Bei allen Exemplaren, die ich 452 vom ‚Spix'schen Gigot gesehen habe, ist die rothbraune ‘Färbung, welche den Gigo des Prinzen von Neuwied auszeichnet, gar nicht vorhanden. Ob sonst noch andere Differenzen, wie es scheint, vorkommen, kann ich mit Sicherheit nicht behaupten, da mir die ©. melanochir aus Autopsie nicht bekannt ist, ‘indem weder die bayerischen noch die österreichischen Reisenden sie aufgefunden haben. Sie mag bis zu weiterer Prüfung als selbstständige Art angesehen werden, Ihre Heimath beginnt an der Ostküste Brasiliens voni St. Mat- thäus-Flusse unter 1840 s. Breite und zieht sich nordwärts zu einer noch nicht ermittelten Gränze. b) vellere breviore minus laxo, itaque capite caudaque gracilioribus; statura minore. ' 5. Callithrix cinerascens Srıx. Der graue Springaffe, Ü. cupreae magnitudine, cinerascens, dorso dilute ferrugineo-brune- scente, manibus yriseis, cauda nigricante. Callithrix: cinerascens. Seıx tab. 14. Man kennt zur Zeit diese Art, deren Selbstständigkeit ich nun nicht mehr bezweifle, lediglich nach dem einen Exemplare, das Spix in den Wäldern am Putamais oder Ica an der peruanischen Gränze auffand. 6. Callithrix Moloch Horem. Der mausfarbige Springaffe. C. murina, temporibus, genis gastraeoque flavo-ochraceis; cauda nigro-fusca, apice pallidiore. 453 Callithrix Moloch. Horrm. im Mag. naturf. Fr. I.S. 97. — Is. Gsorrr. arch. d. mus. IV. 31 tab. 3. Simia Saki Moloch. Srıx, Denkschr. d. Akad. z. Münch. 1813. S. 330 tab. 17. Diesen schönen Affen hat Natterer am 5. August 1834 bei der Villa de Tagajor im nahen hohen Wald unterhalb der Campina an- getroffen. Obwohl ich diese Lokalität auf der Karte nicht habe auffinden können, so kann doch, der Zeitangabe nach, damit nur ein Ort an der Ausmündung des Amazonenstromes gemeint seyn, also in der Gegend von Para, woher auch Graf Hojffmannsegy sein Exemplar erhielt. 7. Callithrix cuprea Srıx. Der kupfrige Springaffe. ©. supra dilute fuscescens, genis, gastraeo, artubus manibusque cupreo-rufis, capite superiore toto concolore. Callithrix cupreus. Srix tab. 17. — A. Wacn. im Schreb. Suppl. I. S. 233. Die ©. cuprea bewohnt den Theil Brasiliens; der dem Wohn- bezirke der ©. Moloch in westlicher Richtung gerade entgegenge- setzt ist, nämlich die Waldungen am Solimoes gegen die peruanische Gränze hin. Natterer hat sie auf seinen Reisen nicht wahrge- nommen. 8. Callithrix caligata Narr. Der rostrothe Springaffe. €. supra dilute fuscescens aut rufescens, gastraeo, genis artubusque cupreo-rufis; sincipite nitide atro; manibus nigricantibus, pilis nonnullis dilutioribus intermiztis. Abhandlungen der II. Cl, d. k, Ak. d. Wiss. V. Bd. II, Abthl. 98 454 : Callithrix caligata. A. Waen. im Arch. für Naturgesch. 1842. 1. S. 337. Die Callithrix caligata steht in einem älınlichen nahen Verhält- nisse zu Ü. cuprea, wie Ü. nigrifrons zu Ü. Gigot. Sie hat mit der ©. cupreu die gleiche Grösse; die Wangen, die Unterseite und die Gliedmassen sind ebenfalls lebhaft rostig kupferroth, die Rücken- farbe ist ähnlich oder hat mehr Roth, aber die ©. caligata unter- scheidet sich dadurch, dass der ganze Vorderkopf glänzend schwarz ist, was hinterwärts ins Fuchsige spielt, indess bei Ü. cuprea der Vorderkopf mit dem Hinterkopf gleichfarbig is. Während ferner bei C. cuprea die 4 Hände mit dunkel kupferrothen Haaren besetzt sind, sind sie es bei ©. caligata mit schwarzen, denen einzelne bräunlichgelbe untermengt sind. Natterer hat von dieser Art 2 er- wachsene männliche Individuen mitgebracht, wovon ich das durch seine Färbung ausgezeichnetste näher beschreiben will. Der Rücken und ein Theil der Aussenseite der Gliedmassen ist schimmernd rostrothbraun. Die Wangen, die spärlich behaarte Unterseite des Körpers, die Innen- und Vorderseite der vorderen Gliedmassen, die Innen- und Hinterseite der hinteren Gliedmassen nebst den Unterschenkeln ist gesättigt rostkupferroth. Die Haare der Aussenseite sind am Grunde dankel rostbraun, dann undeutlich rostroth und schwarz geringelt, während an Ü. cuprea die Ringe- lung sehr markirt ist. Am deutlichsten ist noch die Ringelung in der Kniegegend und auf den Vorderarmen. Der ganze Vorderkopf ist über einen Zoll breit mit glänzend schwarzen, rückwärts ge- richteten Haaren besetzt, die hinterwärts, wo eine feine rostbraune Ringelung der Haare beginnt, einen fuchsigen Ton annehmen. Die Haare des Hinterkopfs sind rostgelb und schwarz geringelt, wobei die hellere Farbe vorherrscht. Die 4 Hände sind mit schwarzen Haaren besetzt, unter welchen sich einzelne rostgelbliche einnengen. 455 Die Ohren sind aussen nackt, innen mit einzelnen schmutzig weissen Haaren versehen. Der Schwanz ist im Anfange schmutzig gelblich- weiss und schwarz gescheckt, indem hier die weisslichen Haare in der Mitte schwarze Ringe haben. Diese werden kleiner und ver- schwinden endlich, so dass die grössere hintere Hälfte des Schwan- zes einförmig gelblichweiss ist. Gesicht, Ohren und Sohlen sind schwarz, ersteres mit einzelnen schwärzlichen und um die Lippen mit einzelnen schmutzig weisslichen Härchen besetzt; die Krallen sind dunkelbraun. Die Höhe vom Scheitel zum After beträgt 124%, die Länge des Schwanzes 144”. Das eine Exemplar stammt von Borba am Rio Madeira, nicht weit von dessen Einmündung in den Amazonenstrom; das andere ist vom Rio Solimo&s. Da demnach C. caligata in der Nähe von ©. cuprea gefunden worden ist, so bleibt es weiteren Untersuchungen in der Heimath dieser Thiere vorbehalten, ob nicht Mittelglieder zwischen ihnen vorhanden sind, oder ob sie schroff gesondert neben einander stehen. 9. Callithrix brunnea Narr. Der braune Springaffe, C. castaneo-fusca, taenia frontali lata manibusque nigris; occipite brunneo-lutescente, cauda fusca. Callithrix brunnea. A. Wacn, im Arch. für Naturgesch. 1842. 1. S. 357. Eine von Natterer entdeckte Art, die sich zunächst an C. ca- ligata anreiht, mit der sie in Grösse, Gestalt und der schwarzen Stirnbinde übereinkommt, von derselben aber durch die rostig ka- stanienbraune Färbung, die ganz schwarzen Hände und den dunkeln Schwanz sich unterscheidet. Es könnte auch mit ©. nigrifrons 58 * 456 einige Aehnlichkeit gefunden werden, allein die C. brunnea unter- scheidet sich gleich durch ihre Färbung, durch die geringere Grösse, den kürzeren Pelz mit schlichten, nicht zotteligen Haaren, der na- mentlich am Schwanze glatt anliegt und diesen daher dünner er- scheinen Jässt, was auch noch von der Kopfbehaarung gilt. Die herrschende Farbe ist ein etwas saftiges und schimmerndes rostiges Kastanienbraun mit lichten bräunlichen Spitzen. Diese Farbe wird gegen den Kopf ganz licht gelbbräunlich, während sie nach den Leibesseiten und auf den Gliedmassen immer dunkler wird; die 4 Hände sind ganz schwarz. Die Haare sind in ihrer untern Hälfte dunkel russbraun, dann schwarz mit licht gelbbräunlichen Ringen. Auf dem Nacken und Hinterkopf ist die obere Hälfte der Haare einförmig licht bräunlichgelb, daher hier diese Farbe allein auftritt, und scharf von dem dunklen Vorderkopf abschneidet. Die- ser ist in seiner vorderen Hälfte mit glänzend kohlschwarzen Haaren besetzt, die in seiner hintern Hälfte mit Rostroth untermengt sind, indem hier die Haare kurze fuchsrothe Spitzen haben. Die dunkle Färbung des Vorderkopfes schneidet quer über die Mitte des Schei- 'tels scharf von der lichten Färbung des Hinterkopfes ab. Auch die Seiteneinfassung des Gesichts ist gegen die Stirnbinde zu aus glän- zend schwarzen Haaren gebildet; mit ziemlich langen Haaren von eben dieser Farbe ist- das Ohr auf seiner Innenseite dicht be- setzt. Der Unterleib ist spärlich mit schwarzbraunen, undeutlich geringelten Haaren versehen. Der Schwanz ist einförmig dunkel- braun, mit sehr verwischter Ringelung, doch wird die äusserste Spitze etwas lichter Gesicht, Ohren, die nackte Unterfläche der Hände und das Scrotum sind schwarz, ersteres an den Lippen mit weisslichen Härchen besetzt. Die Nägel sind schwarzbraun, und die Iris haselnussbraun. | Die Wiener Sammlung, besitzt 4 Exemplare von dieser Art: 457 ein erwachsenes und ein junges Männchen, und 2 Weibchen. Die Höhe vom Scheitel bis zum After ist 124“, die Länge des Schwan- zes 174”. Natterer entdeckte diese Art auf seiner Flussreise auf den Rio Madeira hinab, also an der Westgränze des mittlern Brasiliens. 10. Callithrix torquata Horrm. Der Kragen-Springaffe. ©. supra fusca aut nigra, subtus torque collari albido, manibus anterioribus luteis aut albidis. Callithrix torquata, amicta et lugens Avcr. Von einem Weibchen hat Natterer aufgezeichnet, dass die Iris haselbraun ist, Gesicht und Ohren schwarz, die obern Augenlider schmutzig weiss, der Oberrücken dunkel kastanienbraun, was am Unterrücken ins Schwarzbraune übergeht, die Oberseite der Vorder- hände bräunlich gelb und der Schwanz schwarz. Diese Art ist im nordwestlichen Theile des tropischen Süd- amerika’s weit verbreitet. T'schudi giebt den 12° s. Breite in Peru als ihre Südgränze an, von wo aus sie nordwärts sich fortzieht. Im weitern Verlaufe hat sie Spir am Solimo&es gegen die peruani- sche Gränze hin gefunden und Natterer bei S. Gabriel am linken Ufer des obern Rio Negro. Noch weiter nordwärts ist ihr Humboldt in den Waldungen am Cassiquiare und Rio Guaviare bei S. Fer- nando de Atabapo und den niedern Bergen am rechten Ufer des Orinoco hinter der Mission von S. Barbara begegnet, so dass ihr Wohnbezirk vom 12° s. Breite bis zum 5° n. Breite sich ausdehnt, jedoch nur auf die Westhälfte dieser Region sich beschränkt. 453 VIII. CHRYSOTHRIX. Saimiri. Durch die Vergleichung der vielen von Natterer zurückgebrach- ten Exemplare mit denen von Spix, so wie mit den vorliegenden Beschreibungen bin ich nunmehr im Stande, 3 Arten Saimir’’s*) zu unterscheiden, die sämmtlich in Brasilien, aber nur in dessen nord- westlichem und nördlichem Theile vorkommen und von da aus in die benachbarten Länder übergehen. Nachstehende Charakteristik wird fortan diese Arten nicht mehr mit einander verwechseln lassen. 1. Chrysothrix sciurea Liss. Der Saimiri. Chr. supra olivaceo-flavescens, nigro-adspersa; dorso splendide au- rantiaco-miata; capite supra e nigro flavidoque subtilissime punctulato vittisque privato; amntibrachiis manibusque dilute rubiginoso-fulvis. Ä Chrysothrix sciurea. A. Waen. im Wiegm. Arch. 1846. 2. S. 135. Simia sciurea. Scarer. I. S. 121, tab. XXX. Saimiri. Daussst, Burr. XV, p. 67. — Fr. Covv. mamı, li- vrais. 10. Saimiris ustus. Is. Grorrr. arch. d. mus. IV, p. 6 tab. 1. Es ist dies die nordöstliche Art, die uns daher auch zuerst *) Die grossen Differenzen, welche sich im Bau: des Schädels und der Eckzähne kundgeben, habe ich ausführlich in den Abh. der k. bayer, Akad. der Wissensch, II, S. 441 erörtert. 459 bekannt geworden ist. Sie ist offenbar gemeint von Daubenton, Pennant [sein Orange ape], Barrere, Froger und Fr. Cuvier. Is. Geoffroy hat von ihr zwar neuerdings eine zweite Art als Saimiris ustus abtrennen wollen, aber damit nur Altersverschiedenheiten be- zeichnet, denn sein S. ustus, den er übrigens blos nach dem ein- zigen von seinem Vater aus Lissabon mitgebrachten Exemplare kennt, ist lediglich ein ganz erwachsenes altes Individuum, während sein S. sciureus die jüngeren Altersstufen der nämlichen Art darstellt. Dass diese Behauptung richtig ist, bezeugen die vie- len von Natterer zurückgebrachten Exemplare aus den verschiedenen Altersstufen, worunter die ganz alten vollkommen mit dem S. ustus übereinstimmen. Bei alten Individuen ist das Orangen- oder Pomeranzenroth des Rückens sehr lebhaft; die Oberseite des Kopfes, die immer ohne schwarze Zeichnungen ist, und die Aussenseite der Gliedmassen ist gesprenkelt olivengrau, wobei das Olivengelbe vorherrscht; Vorder- arme und Hände sind lebhaft goldig roth, ohne braune Beimischung. Man kennt diese Art schon lange aus dem französischen und holländischen Guiana; in Brasilien ist sie aber erst von Nafterer aufgefunden worden und zwar bei Borba, Barra do Rio Negro und am Rio Branco, Spix hat sie nicht mitgebracht. 2. Chrysothrix entomophaga D’Ors. Der Saguhy. Chr. supra olivaceo-serina, nigro-adspersa, dorso splendide colorato, capite supra aterrimo; antibrachiis manibusque splendide aureo- fulvis. Chrysothriz entomophaga. A. Waen. im Wiegm, Arch. 1842 1. S. 357; 1846 2. S. 135. 460 Callithrix entomophaga. D’Ors. voy. tab. 4. Saimiris entomophagus. Is. Grorrr, arch. d. mus. IV, p- 17. Diese Art war bisher nur durch D’Orbigny's Abbildung ange- deutet, bis ich, sie nach den beiden von Natterer mitgebrachten Exemplaren beiderlei Geschlechtes, durch eine Diagnose näher charakterisirte. D’Orbigny hat hisher noch keine Beschreibung mit- getheilt, wohl aber Is. Geofroy, woraus ich ersehe, dass die bei- den ihm vorliegenden Stücke noch nicht die vollkommene Färbung hatten, daher ich seine Angaben nach dem Exemplare Natterer's vervollständigen will. Die ganze Kopfplatte ist kohlschwarz, doch haben die Haare lichte WVurzelhälften, die aber völlig verdeckt sind; von dieser schwarzen Platte verläuft ein schmaler Längsstreif am Nacken her- unter, so wie: jederseits eine Binde vor den Ohren herab bis zur Mitte der Wangen. Die Farbe der ganzen Ober- und Aussenseite ist schön zeisiggelb und schwarz gesprenkelt; letzteres ist am mei- sten dem Rücken und nächstdem der Aussenseite des Schwanzes, der Oberarme und der Ober- und Unterschenkel beigemischt. An den Seiten überwiegt die zeisiggelbe Farbe über die schwarze; auf dem Unterleib und der Innenseite der Gliedmassen tritt sie rein hervor, wird gegen die Ränder an den Hinterfüssen lebhafter und geht so allmählig in die schöne goldrothe Farbe der letztern über, die an den Vorderarmen und Vorderhänden noch weit lebhafter ist. Gesicht und Vorderhals sind mit weisslichen Haaren besetzt, die an den Ohren mehr gelblich werden. Der Schwanz ist auf der Ober- seite dem Rücken gleichfarbig, unten einfarbig goldgelblich, die ganze Schwanzspitze schwarz. Die Haut der Augengegend ist, nach Natterer's Angabe, hlass fleischfarben, fast weiss; die Nase sammt den beiden Lippen, wie bei den zwei andern Arten, von 461 einem runden schwarzen Fleck bedeckt; die Unterseite der 4 Hände ist bräunlichgelb. Beide Geschlechter sind gleichfarbig. Die Höhe vom Scheitel bis zum After beträgt 11“, der Schwanz misst 144. Natterer eutdeckte diese Art am Rio Mamore im Walde am linken Ufer, wo sie in Gesellschaft zusammenlebt. Der Fundort von D’Orbigny's Exemplaren ist nicht angegeben, doch lässt sich als solcher wohl der angränzende Theil von Bolivien oder Peru ver- "muthen. ‘Der nach Poeppig in den Bergwäldern des obern Huallaga häufig vorkommende Saimiri wird wohl der nämlichen Art ange- hören. 3. Chrysothrix nigrivittata Waen. Der schwarzbindige Saimiri. Chr. supra olivaceo-cana, nigro-adspersa; dorso minus splendide colorato; vitta nigra utrinque ante et supra auriculas ducta; antibrachiis manibusque saturate ferrugineo-fulvis. Chrysothrix nigrivittata. A. Waen. im Wiegm. Arch. 1846. 2- S. 135. So lange ich von dieser Gattung keine andern Exemplare zur Ansicht hatte, als die von Spir gesammelten, hatte ich mit ihm und Wagler kein Bedenken, dass selbige der Simia sciurea Liss. zuzu- theilen seyen. Nachdem ich nun aber die vielen Exemplare Natte- rer's mit denen von Spix vergleichen konnte, habe ich alsbald er- kannt, dass letztere eine besondere Art bilden müssten, der ich den Namen Chr. nigrivittata heilegte. Sie ist bisher nicht beschrieben, denn wenn auch Humboldt's Titi darch die Kopfzeichnung daran er- innert, so passt doch die übrige Beschreibung nieht dazu, weun Abhandlungen der II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. V.Bd. II. Abthl. 59 y 462 anders letztere sich nicht auf ‚Chr. sciurea bezieht, da Humboldt wirklich von 2 Arten spricht*). Unsere Sammlung besitzt 3 Exemplare aus verschiedenen Alters- stufen. Die Färbung ist weit weniger lebhaft als bei Chr. seiurea, und an der Oberseite des Kopfes und der Aussenseite der Glied- massen herrscht der graue Ton über den klass olivengelben vor. Der Scheitel ist schwarz und olivengelb gesprenkelt. Da wo an den Kopfseiten oberhalb der Ohren die weisse Farbe von der ge- sprenkelten des Scheitels sich scheidet, läuft jederseits eine schwarze Binde hin, die sich zuletzt senkrecht an den Wangen herabzieht. Bei jungen Exemplaren ist zwar diese Binde nur schwach angedeu- tet, es kann jedoch gleichwohl keine Verwechslung mit der Chr. sciurea eintreten, da auf dem Scheitel sowohl die schwarze Spren- kelung vorwaltet, als auch das Gelb nur von einem blassen Tone is. Den Händen und Vorderarmen ist Braun heigemischt, daher diese nur rostig braunroth sind. Die Rückenhaare sind von unten nach oben grau, dann citrongelb, schwarz und rostfalb geringelt, mit kürzeren oder längeren schwarzen Spitzen, daher der Rücken ans Schwarz, Rostfalb und Citrongelb gesprenkelt ist, was am in- tensivsten längs des Rückgraths, an den Seiten aber lichter wird, indem hier das Gelb vorwaltet. Die Haare des Gesichts, der Ohren, des Unterkiefers und Vorderhalses sind weisslich, was allmählig in die blassgelbliche Farbe des Unterleibes übergeht. Der Schwanz ist auf der Oberseite von der Farbe des Oberarmes und der Schen- kel, auf der Unterseite schmutzig weissgelblich; seine ganze lange Spitze ist schwarz. Die Innenseite des Oberarmes ist blassgelblich, das an der des Vorderarmes immer mehr ins Falbe übergeht. Die Innenseite der Hinterbeine ist fast ganz gelblichweiss, was erst gegen *) Humboldt’s Titi de 7’Orenogue scheint in keiner Sammlung vorhanden zu seyn, wenigstens fehlt er auch der pariser. 463 die Fusswurzel ins Rostfalbe verläuft. Die Länge des Körpers beträgt 134“, des Schwanzes mit den überragenden Haaren 16”. Die Jungen haben eine sehr trübe Färbung, die erst mit dem Alter lebhafter wird, doch. nicht in dem Maasse wie bei den beiden andern Arten. Spix hat seine Exemplare bei Ega, an der Ausmündung des Teffe in den Solimoes erhalten; Natterer hat diese Art nicht angetroffen. Sollte Humboldt’s Titi de TOrenoque hieher gehören, was mir aber zweifelhaft erscheint, so würde sieh diese Art nordwärts am Uassi- quiare, Guaviare und obern Orinoco weiter ausbreiten. IX. HAPALE. Seidenaffe. Von dieser Gattung hat Natterer zwei neue Arten entdeckt, von denen die eine, Hapale chrysopyga, schon vor geraumer Zeit durch Mikan behannt gemacht wurde, während von der andern, Hapale chrysoleucos, hier die erste Beschreibung zur Vorlage: ge- bracht werden soll. Auch über andere, bisher nur unvollständig gekannte Arten, insbesondere über ihre geographischen Verbreitungs- Verhältnisse stehen mir jetzt so viele Thatsachen zu Gebote, dass ich nunmehr eine schärfere Charakteristik der brasilischen Seiden- affen, als sie bisher möglich war, entwerfen kann. Ich behalte da- bei die auf die Beschaffenheit des Gebisses begründeten beiden Gattungen von Geoffroy, Jacchus und Midas, bei, denen ich übri- gens nur den Werth von Untergattungen zugestehe. 59* 464 1) Subgenus Jacchus. +) capite penicillato, cauda annulata. 1. Hapale Jacchus Liss. Der weisspinselige Sahui. H. cinerascens, dorso flavo alboque variegato; penicillo albo ante et pone auriculam, macula frontali alba. Hapale Jacchus. Pr. v. Neuw. Beitr. II, S. 128. — A. Waen. im Schreb. Suppl. I. S. 241. Quistiti. Burr, Aupss,, Fr. Cuv. £) collo albescente. Jacchus albicollis. Srıx tab. 25. Der Sahui mit weissem Ohrpinsel scheint auf den mittlern Theil der Ostküste Brasiliens beschränkt zu seyn, wo man ihn mit Sicher- heit zwischen dem 14. und 8° s. Breite kennt. Sein Vorkommen im holländischen Guiana hat sich nach den Angaben Sack’s und des Anonymus in der Isis (1844 S. 92) als unbegründet erwiesen. 2. Hapale penicillata Gxorrr. Der schwarzpinselige Seidenaffe. H. cinerascens, dorso flavo alboque variegato; penicillo nigro ante auriculam, macula frontali alba; capite colloque nigris. Hapale [Jacchus] penicillata. Srıx. tab. 26. — Pr. v. Neuw. Beitr. I, S. 162. — Fr. Cuv. mamn. tab. 75. P) genis guttureque albis, Jacchus leucocephalus Geoffr. Pr. v. Nzuw. S. 135 mit Abbild. 465 Die Hapale leucocephala kaun ich nach den Exemplaren, die ich nunmehr in Wien‘ und Berlin gesehen habe, nur für eine Varie- tät von H. penicillata halten, da die ganze Differenz blos in der weissen Färbung des Vorderkopfes und Vorderhalses besteht, und darin selbst Schwankungen vorkommen, indem bald der ganze Vorder- kopf bis hinter die Ohren weiss gefärbt, bald der Scheitel davon ausgenommen und schwarz ist. Zur Verstärkung meiner Meinung dient noch der Umstand, dass die beiden angeblichen Arten gleiche Heimathsverhältnisse haben. Als Wohnbezirk der H. penicillata ist die Ostküste Brasiliens von Rio de Janeiro an nordwärts bis zum 14° s. Breite bekannt, von wo sie sich westwärts (nach Spix und Lund) in der Provinz Minas Geraes ausbreitet; ein von Natterer mitgebrachtes Exemplar, dessen Fundort ich notirt finde, kommt von Porto do Rio Pa- rana *). — Die H. leucocephala hat der Prinz v. Neuwied in den Waldungen am Espirito Santo beobachtet, und daher stammt auch wohl das durch Sellow an Natterer abgelassene Exemplar, das jener bei Campos oder Villa Vittoria erhalten hatte. 3. Hapale aurita Georrr. Der weisskämmige Seiden- affe. H. nigra, rufo-mixta; auriculis pilis Tongis interne obsitis, fronte facieque albo-pilosis. Hapale [Jacchus] aurita. A. Waen. im Schreb. Suppl. I, S. 243. tab. XXX. C. %) An diesem Exemplare, einem Weibchen, bezeichnet Nafterer die Iris als haselnussbraun, die oberen Augendeckel weisslich, die übrige Haut des Gesichts schwarzbraun. 466 Als Heimath dieser Art wurde bisher zwar Brasilien vermuthet, ohne dass man jedoch einen sicheren und näheren Ausweis hatte. Diesen kann ich nun beibringen, denn Natterer hat seine Exemplare ‚bei Matto dentro (San Paulo) und am Parana erhalten, so dass also diese Art auf das südliche Brasilien angewiesen ist. Da die Färbung der nackten Theile bisher nicht bekannt war, so gebe ich sie hier nach Natterer's Aufzeichnungen an. Die Iris ist sehr licht gelbbraun, die Haut um die Augen röthlichgrau und über den obern Augenliedern fleischfarben; die Hand- und Fusssohlen sehr hell graulichhbraun. Das Serotum ist gross und bläulichweiss, mit einigen fleischfarbigen Warzen; die Gegend um den Penis fleischfarbig. +7) eapite penicillato, cauda haud annulata, 4. Hapale chrysoleucos Narr. Der blonde Sahui. H. albida, manibus caudaque splendide rutilo-fulvis, aurieulis albo- ‚penicillatis. Hapale chrysoleucos. A. Wacx. im Wiegm. Arch. 1842. 1. S. 357. Eine schöne von Nafterer entdeckte Art, die der Form ihrer Schneidezähne nach zur Untergattung Jacchus gehört und in der- selben ein vermittelndes Glied zwischen der vorigen und letzten Gruppe bildet, indem die Ohren wie bei jener gepinselt sind, der Schwanz dagegen wie bei dieser ungeringelt ist. Die Behaarung ist sehr weich und alle Haare sind der ganzen Länge nach einfarbig. Die sehr grossen Ohren sind beiderseits mit langen Haaren besetzt, die den ganzen Öhrenrand mit einem hohen 467 Haarkamme einsäumen. Die sämmtliche Behaarung des Kopfes, der Ohren, des Vorderkörpers und der Oberarme ist weiss, was all- mählig Gelb aufnimmt (an dem einen der 3 von Natterer eingelie- ferten Exemplare schon am Ohrenpinsel), so dass Vorderarme, der Bauch, der untere Rand von der Aussenseite der Oberschenkel, der grössere Theil der Aussenseite der Unterschenkel, die vier Hände, Aftergegend und der ganze Schwanz mehr oder minder rostgelb, ins Rostrothe überziehend sind. Die Haut des Gesichts ist sehr schön licht fleischfarben, gleich der Haut eines Weissen, und mit einzelnen weissen Härchen besetzt; die Nasenflügel sind etwas bläu- lich, die Iris hell haselfarben. Die Ohren, Sohlen und das Serotum sind dunkel fleischfarben. Die ganze Länge beträgt 2 rheinl., wo- von der Schwanz bis zur Spitze der überragenden Haare 134" einnimmt. Natterer ‚entdeckte diese Art bei Borba gegen die Ausmündung des Madeira in den Amazonenstrom, wo sie im niedern ‚Walde in kleinen Gesellschaften gefunden wird. jrtr) capite haud penicillato, cauda annulata. 5. Hapale pygmaea Spıx. Das Zwergäfflein. H. omnium minima, supra e brunneo- fulvido nigroque variegata; pilis capitis longioribus, retroversis, auriculas obtegentibus. Jacchus pygmaeus. Srıx tab. 24 fig. 2. ; Man kennt diesen Affen nur aus dem einzigen von Spix mit- gebrachten Exemplare, das noch dazu nicht im besten Zustande sich hefindet. Ich hatte früher Bedenken getragen, ihm die Artberech- tigung zuzugestehen, indem ich in diesem Exemplar nur das Junge eiues Pinseläffchens, vielleicht der Hapale penicillata, dem jedoch 468 noch der Ohrenpinsel fehlte, vermuthete. Weitere Vergleichungen, so wie auch die mir von Herrn v. Martius gewordene Mittheilung, dass er dieses Individuum eine Zeitlaug lebend gehalten habe, machen es mir nun wahrscheinlicher, dass in ihm eine besondere, von allen andern verschiedene Art repräsentirt sey. Seine geringe Grösse war es besonders, die mich früher auf den Gedanken brachte, dass es ein noch nicht erwachsenes Junges seyn möchte; indess die Vergleichung seines Gebisses mit dem der Jungen anderer Arten hat mich nun überführt, dass das Gebiss vollständig ausgebildet ist und dieses Thier demnach seine volle Grösse entweder schon ganz oder beinahe ganz erreicht hat. Das Gebiss ist das ächte eines Jacchus, im Sinne, wie Geof- froy diese Gattung begränzt. Die Behaarung ist lang, reiehlich und weich; besonders lang ist sie auch am Kopfe, zumal an den Seiten- theilen, und dabei rückwärts gerichtet, so dass die Ohren dadurch ganz verdeckt werden. Die Ohren sind auf der Aussenseite nackt, anf der Innenseite aber mit längeren, über den Rand etwas vor- ragenden Härchen besetzt; ein besonderer Ohrenpinsel fehlt gänzlich. Die Färbung der ganzen Ober- und Aussenseite des Körpers ist aus lichtbräunlich Lehmgelb und Schwarz gescheckt, indem die lehmgelben Haare an der Wurzel und Spitze schwärzlich gefärbt sind, wobei letztere häufig noch von einem kurzen gelben Ende überragt wird. Diese rostiggelbe und schwarze Färbung ist in der Weise angeordnet, dass sie auf Kopf und Nacken gesprenkelt, auf dem Rücken aber in abwechselnden Querbinden auftritt. Die Unter- seite ist einfarbig lehmgelblich. Der Schwanz ist aus Rostgelb und Schwarz geringelt; die 4 Hände sind rostiggelb behaart, die Kral- len sind weisslich. Die Länge des Körpers nach der Rückenkrüm- mung, beträgt etwas über 1 der Schwanz scheint beinahe eben so lang zu seyn. 469 Dieser Affe bildet auch ein Mittelglied zwischen der ersten und der nachfolgenden Abtheilung, mit jener durch den geringelten Schwanz, mit dieser durch den Mangel der Ohrenpinsel überein- stimmend. Unter allen amerikanischen Affen ist er bei weitem der kleinste. i Das Zwergäffchen ist bisher von keinem andern Reisenden als von Spix aufgefunden worden, der es in den Wäldern von Taba- tinga am Rio Solimoes erhielt. +tff) capite haud penicillato, cauda non annulata. 6. Hapale melanura Gsorrr. Der weissnasige Sahui. H. supra fusca, infra fulvido-lutescens; femoribus rufo-fuscis, latere anteriore abrupte albidis; cauda nigra. Hayale [Jacchus] melanura. Gxorrr., Hums., Kunr. Es ist dies eine bisher sehr wenig bekannte und in den Samm- lungen nicht häufige Art, von der noch keine vollständige Beschrei- bung vorliegt und als deren Heimath nur im Allgemeinen Brasilien bezeichnet ist. Die mir von Natterer an die Hand gegebenen Ma- terialien lassen das bisher Mangelnde vollständig ergänzen. Die Oberseite des Körpers ist im Allgemeinen gelblich rostig- braun; der Vorderhals gelblichweiss, was an dem Unterleibe ins licht Rostbräunliche zieht, während die Seiten mehr ins Gelbliche fallen. Die Stirne ist schwärzlich, der Vorderkopf dunkelbraun, was auf der Mitte des Scheitels in eine Spitze ausläuft, so dass dadurch ein Dreieck entsteht, das jedoch nicht immer deutlich ist. Die Aussenseite der vordern Gliedmassen ist gelbhräunlich, was gegen die Hände ins Dunkelbraune übergeht; die Innenseite ist hel- Abhandlungen d. IL. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. V. Bd. II, Abth. 60 470 ler und hat. mehr Gelblich. Die Aussenseite der Hinterbeine ist dunkel rostbraun, während die Vorderseite der: Oberschenkel von den Hüften an bis unter das Knie scharf abgeschnitten gelblichweiss ist. Die Innenseite der Unterschenkel ist lichter rostbraun als die Aussenseite; die Füsse sind auf der Oberseite dunkelbraun behaart. Der Schwanz ist einförmig schwarz; nur an der Unterseite ist seine Wurzel auf eine kleine Strecke hin rostroth. Die einzelnen Haare des Rückens sind in ihrer untern Hälfte schmutzig lichtgelblich, dann dunkelbraun mit kürzerer oder längerer graugelblicher Spitze. Die Haare der Unterseite, der Vorderseite und des Schwanzes sind einfarbig. Die Haare am hintern Rande der Aussenseite der Hinter- beine sind am Grunde roströthlich, dann braunschwarz mit graugelb- lichen Spitzen längs des Oberschenkels. Die Iris ist haselbraun; die Haut des Gesichts dunkelbraun, ausgenommen die zwischen den beiden Nasenlöchern liegende Nasen- kuppe, die blass fleischfarbig ist, eben so wie der darunter lie- gende Theil der Oberlippe. Von einem Männchen giebt Natterer an, dass die Unterlippe an dieser Stelle von derselben Färbe war, während bei einem Weibchen sich daran nichts Fleischfarbiges zeigte. Die Ohren sind ziemlich gross, ganz fein mit Härchen be- flogen, dunkelbraun, an der Wurzel röthlich, vorn mit einem bläu- lich fleischfarbigen Fleck, der jedoch von den bräunlichen Wangen- haaren bedeckt wird. Das Scrotum ist blass fleischfarbig; die Soh- len sind hellbraun, ins Fleischfarbige übergehend, beim Weibchen sehr hell fleischfarbig; die Krallen sind dunkelbraun. Das Gebiss ist das ächte von Jaechus. Die Länge des Körpers beträgt 10%, des Schwanzes mit den Haaren 144”. Natterer fand diese Art bei Cuyaba und Caissara in der Pro- vinz Mato grosso, also in der Westhälfte des mittleren Brasiliens. 471 7. Hapale argentata Lans. Der Miko. H. argenteo-alba; facie, auriculis palmisque rubris; cauda nigra. Hapale argentata Avcr. Lange Zeit war von diesem schönen Aeffchen nur das einzige im pariser ‚Museum aufgestellte Exemplar bekannt, das La Conda- mine, als er auf dem Amazonenstrom durch die Waldungen von Para reiste, von den Landeseingeboruen als ein ihnen unbekanntes Thier im lebenden Zustande zum Geschenk erhielt. Aus denselben Gegenden stammen wahrscheinlich die beiden Exemplare in der Berliner Sammlung, da sie von Sieber herrühren. Woher das hie- sige und andere in verschiedenen Museen aufgestellte Individuen gekommen sind, ist mir nicht bekannt. Natterer hat so wenig wie Spix diese Thiere irgendwo angetroffen. Von Is. Geoffroys Ver- muthung, dass der Miko entweder ein Albino von H. melanura oder deren erwachsener Zustand seyn möchte, ist jedenfalls die letztere Alternative unrichtig, da wir nunmehr von dem weissnasigen Sahui durch Natterer die Färbung alter Exemplare kennen; dagegen könnte allerdings der Miko ein Albino von H. melanura seyn, da man ihn nur vereinzelt, nirgends familienweise angetroffen bat. 2) Subgenus Midas. +) capite haud jubato. 8. Hapale Ursula Horrn. Ber Neger-Sahui. H. nigra, dorso rufo-undulato, manibus nigris. Hapale [Midas] Ursula Avcr. Diese Art ist längs des Amazonenstromes weit verbreitet, da Natterer sie sowohl in den Umgebungen von Para, woher sie schon 60* 472 längere Zeit bekannt war, als auch kei Barra do Rio Negro auf- fand. Nordwärts wird sie aus Guiana aufgeführt. Nach Natterer's Aufzeichnungen kommt sie im ganzen Hahitus und der Form der Ohren mit H. Midas überein; die Iris ist umbrabraun, Gesicht und glänzende Ohren schwarz; Scrotum und Penis schwarzbraun, ober- halb des letztern eine ovale Drüse. Bei dem Weibchen zieht sich von den Schamlippen bis zur Nabelgegend ein breiter flacher Wulst, der eine Art Moschusdrüse zu seyn scheint, aus der bei Druck ein riechendes Oel hervortritt. 9. Hapale Midas Liss. Der Tamarin. H. nigra, dorso flavo-undulato, manibus rufis. Hapyale [Simia] Midas Avcr. Midas alaer, Georrr. ann. XIX, p. 120. Eine im nördlichen Theil des tropischen Südamerika's weit ver- breitete Art, die schon lange aus Guiana bekannt ist, von Natterer auch am Forte do Rio branco und nunmehr von’ T'schudi ebenfalls in Peru aufgefunden wurde, so dass sie in jenem Theile vom Ost- fusse der Kordilleren bis zur Küste des atlantischen Oceans ihr Wohngebiet ausgedehnt hat. 10. H. labiata Georrr. Der weissbärtige Seidenaffe. H. nigra, labio superiore mystace albo; dorso infimo femorumque latere externo flavis aut rufescentibus, nigro - undulatis. Midas labiatus. Gxorrr. ann. XIX, p. 121. Midas mystax, nigricollis et. fuscicollis. Seıx tab. 20 — 22. 473 Spix hat diese Art zwischen dem Solimoes und Iga bei Oli- venza, also in der Nähe der columbisch- peruanischen Gränze anf- gefunden und Tischudi hat sie nun auch in Peru angetroffen. Nat- terer hat sie auf seinen Reisen nicht wahrgenommen. 11. Hapale bicolor Srıx. Der zweifarbige Seidenaffe. H. corpore anteriore toto albo, posteriore griseo-brunneo; cauda supra nigra, infra apiceque ferruginea. Midas [Hapale] bicolor. Srıx tab. 24 fig. 1.— A. Waen. im Schreb. Suppl. I, S. 251. Von dieser schönen Art brachte Spix nur ein einziges junges Exemplar, und dies noch dazu im üblen Zustande, zurück, so dass seine Beschreibung nicht vollständig ausfallen konnte und es des- halb Cuvier nicht zu verargen ist, wenn er vermuthete, dass diese H. bicolor nnr eine Varietät von H. Oedipus seyn dürfte. Jetzt, wo ich alte und junge Exemplare in Natterer's Sammlung ver- glichen habe, kann ich diese Vermuthung als ganz unbegründet abweisen und durch eine vollständige Beschreibung die specifische Selbstständigkeit dieser Art ausser allen Zweifel setzen. Der ganze Vorderkopf bis zu den Ohren und der Mitte des Scheitels ist bei alten Individuen fast ganz nackt, fein runzelig und schwarz, und nur mit feinen weissen Härchen beflogen, die blos an den Augenbrauen und Lippen länger sind; bei jungen 'Thieren ist jedoch, wie das Spix’'sche Exemplar es zeigt und die Angabe von Natterer bestätigt, das Gesicht mehr behaart. Die eigentliche Be- haarung des Kopfes beginnt erst in der Gegend zwischen den Ohren und ist am ganzen Halse und dem Rumpfe ziemlich lang. Der Ohrenrand ist oben etwas übergebogen, unten vorwärts geschlagen. 474 Das Hinterhaupt, der ganze Hals, die Brust und ein spitz auslau- fender Streif am Bauch, so wie die Schultern und die ganzen Vorderglieder sind schön weiss, mit Ausnahme des Hinterrandes der Vorderarme, der ockerfarbig überlaufen ist. Der übrige Rumpf und die Aussenseite der Hinterbeine ist bräunlich gelbgrau, mit etwas Schwarz gesprenkelt, wobei die Färbung auf dem Rücken dunkler als an den Schenkeln ist. Die Vorder- und Innenseite der Ober- und Unterschenkel ist licht rostroth; die Oberseite der-Hinter- hände und der Hinterbauch mehr licht ockerfarb. Der Schwanz ist oben schwarz, auf der ganzen Unterseite und an der Spitze rost- röthlich, was am lebhaftesten längs der Schwanzwurzel ist, Beide Geschlechter sind gleichfarbig. Die Rückenhaare, einzeln betrachtet, sind schwarz, in der obern Hälfte mit zwei schmalen gelblichen Ringen, woran sich meist eine kürzere oder längere schwarze Spitze ansetzt. Aehnlich ist die Aussenseite .der Hinterbeine, nur dass die gelben Ringe eine weit grössere Ausdehnung gewinnen. Die weissen Haare sind einfarbig. Die Haut des Gesichts und die Ohren sind schwarz; das Innerste der letzteren und ein Fleck nahe am obern Rande fleischfarben. Die Haut der Finger und Sohlen ist schwarz, die Krallen dunkel- braun. Das Scerotum ist schwarzgrau mit fleischfarbigen Flecken. Die Clitoris ist sehr unscheinlich und von den Schamlippen bedeckt, von denen sich ein langer, breiter, flacher, schwarzbrauner, zungen- förmiger Wulst bis zum Anfang des Bauches hinzieht. Die Länge des Körpers beträgt 91‘, des Schwanzes 124". Natterer hat diese Art in den Waldungen der Barra do Rio Negro angetroffen, woher auch das Exemplar von Spir rührt. 475 12. Hapale Geoffroyi Pucn, Der rothnackige Seidenaffe. H. supra e nigro flavoque undulata, subtus alba; zona verticis an- Juste pilosa antice alba, postice ferruginea; cauda nigra basi ferrugineo-mizta. | Hapale Geoffroyi. Pucser. rev. zool. 1845. p. 138. Midas Oedipus var. Srıx tab. XXIH. — A. Waen. im Schreb. Suppl. I, S. 252. Seitdem ich mit der ächten Simia Oedipus bekannt geworden war, hatte ich mich überzeugt, dass das hiesige Exemplar, welches von Spix und mir für eine blosse Varietät derselben gehalten wurde, der Repräsentant einer eigenen Art sey. Diese ist seitdem auch von Pucheran aufgestellt worden; er scheint es jedoch ganz über- sehen zu haben, dass sie schon lange vorher von Spix beschrieben und abgebildet worden ist. Zu ihrer richtigen Kenntniss will ich noch folgende Charakterzüge nach dem Exemplare der hiesigen Sammlung. beifügen. Der ganze Kopf ist mit feinen, anliegenden, weissen, hinter den Ohren auch schwärzlichen Haaren beflogen, zwischen denen allenthalben die nackte schwarze Haut sichtlich ist. Nur längs der Mitte des Oberkopfes verläuft ein eigentlicher dichter und längerer Haarhesatz, der gegen die Stirne in einer Spitze sich auskeilt und hinterwärts als eine schmale Binde am Hinterkopf sich herabzieht und dann am Nacken sich ausbreitet, ohne jedoch eine Mähne zu bilden, was schon gleich von der ächten ‚Simia Oedipus unterschei- det. Die Behaarung am übrigen Körper ist sehr reichlich und lang. Die Färbung ist schon von Spix und mir angegeben worden und kommt mit der überein, wie sie Pucheran beschreibt. Die Länge 476 des Körpers beträgt nach meiner Messung 104“, des Schwanzes 14". Spix wusste selbst nicht mit Sicherheit, woher das von ihm beschriebene Exemplar gekommen war, indem er nur muthmasslich Guiana als Heimath angiebt. Mit Zuverlässigkeit ist für selbige von Pucheran Panama bezeichnet worden und es steht also sehr in Frage, ob diese H. Geofroyi etwa noch bis in die nördlichsten Theile Brasiliens sich herabzieht. Natterer hat sie so wenig als H. Oedipus in Brasilien wahrgenommen. fr) capite jubato. 13. Hapale chrysomelas Nzuw. Das goldmähnige Löwen- äffchen. H. splendide nigra; juba, antibrachüs striaque dorsali caudae au- reo- aut rufo-fulvis. Hapale chrysomelas. Prinz v. Neuw. Beitr. II, S. 153. mit Abbild. Vom Prinzen von Neuwied an der Ostküste zwischen dem 14 — 154° s. Breite entdeckt; dagegen von Natterer längs der Westgränze Brasiliens, wo er sich doch lange unter gleichen Breite- graden aufhielt, nicht wahrgenommen, obwohl ihre ausgezeichneten Formen diese Art sehr bemerklich machen, daher es auffallend ist, dass T'schudi sie in Peru auffand, und daraus abzunehmen ist, dass sie in diesem weiten Verbreitungsbezirk nur sporadisch anftritt. 14. Hapale chrysopyga Narr. Das goldsteissige Löwen- äffchen. H. tota nigra, juba concolore; fascia frontali, natibus femoribusque extra intusque flavis. Jacchus chrysopygus. Mix. delect. fase. 3 mit Abbild. Eine Art, die von Natterer entdeckt wurde und durch Mikan zur Bekanntmachung gelaugte. Sie wurde von ihm in der Provinz S. Paulo aufgefunden und gehört demnach zu den wenigen Arten von Seidenaffen, die ihre Heimath im südlichen Brasilien haben. 15. Hapale Rosalia Lass. Das rothe Löwenäffchen. H tota rufo-fulva. Hapale [Midas] Rosalia Avcr. Als ihren Verbreitungsbezirk längs der Ostküste Brasiliens be- stimmt der Prinz von Neuwied den 22 — 23% s. Breite, worüber sie nur wenig hinauszugehen scheint, da auch Spix und Natterer (soweit mir hierüber von Letzterem Angaben vorliegen) von daher ihre Exemplare gebracht haben. Dass ebenfalls Guiana als ihre Heimath angegeben wird, rührt wohl nur davon her, dass diese netten Aeffchen aus Rio de Janeiro dahin verschleppt und dann von Cajenne oder Surinam aus zu uns übergeführt wurden, wo- durch ihr sekundärer Wohnort für ihren ursprünglichen galt. Weder Sack noch der Anonymus in der Isis haben sie im hol- ländischen Guiana ausfindig machen können. Abhandlungen d. 11. Cl. d. k Ak d. Wiss. V. B. Il. Abthl. 61 ATS Erklärung der Kupferlafel. Schädel der Pithecia leucocephala. Schädel der Pithecia hirsuta. Abbildung der kurzen Muskeln an der linken Hand des Ateles pentadactylus. Diese Abbildung ist genommen von dem Exemplare, dessen Muskulatur ich in Schreber's Na- turgeschichte der Säugthiere, Supplement I, S. 192 be- schrieben habe. Dieses Exemplar hat dadurch ein beson- - deres Interesse, dass ihm an der rechten Hand der Dau- men ganz fehlt, während er an der linken vorhanden: ist. Dass der Daumenmangel an der rechten Hand nicht Folge einer erlittenen Verstümmelung ist, beweist der Umstand, dass die ihm sonst eigenthümlichen 4 Muskeln ebenfalls nicht vorkommen, folglich jener Defekt ein angeborner ist. An der linken dagegen, wo.der kleine Daumen vorhanden ist und aus einem vollständigen Mittelhandknochen und einer vollkommenen Phalanx besteht, sind auch diese 4 Muskeln vorfindich. Zur Erläuterung der von mir vorhin citirten Beschreibung der kurzen Muskeln an der linken Hand dieses Exemplars von Ateles pentadactylus soll unsere Fig. 3 dienen, auf der die beigefügten Buchstaben folgende Bedeutung haben: d. b. c: Se . adductor pollicis mit seinen 3 Köpfen. opponens pollicis. flexor brevis pollicis. abductor brevis pollicis. 4179 e. Sehne des vordern Kopfs des adductor pollicis, von der Kleinfingerseite der ersten Phalanx des Mittel- fingers abgehend. f. adductor digiti indicis proprius. 9. opponens digiti minimi. Bei dieser Gelegenheit muss ich einen Schreibfehler berichtigen, den ich im angeführten Schreber'schen Werke auf S. 193 Zeile 2 und 4 v. u. begangen habe, indem da- selbst statt kleiner Finger zu lesen ist (kleiner) Daumen. Fig. 4 und 5. Schädel von Isothrix bistriatus; zur Erläuterung der auf S. 236 angegebenen Gattungsmerkmale. Zusatz. Die neuen Arten amerikanischer Affen, die im Vorstehenden durch Natterer und mich aufgestellt wurden, sind demnach folgende 1) Ateles variegatus. 2) Cebus nigrivittatus, 3) Callithrix caligata. 4) Callithrix brunnea. 5) Chrysothrix nigrivittata. 6) Hapale chrysoleucos. 7) Hapale chrysopyga. 61* 480 Von diesen 7 Arten ist nur die letzte schon vor geraumer Zeit durch Mikan puhlieirt und abgebildet worden; die 6 andern sind noch nicht bildlich dargestellt. Von 4 derselben, nämlich von Ate- les variegatus, Callithrix. caligata, Callithrix brunnea und Hapale chrysoleucos, habe ich durch die Liberalität der Direction des k. k. Naturalienkabinets in Wien schöne Abbildungen erlangt, die ich zu- gleich mit andern in einer besonderen Synopsis der brasilianischen Säugthier- Fauna in einiger Zeit bekannt zu machen gedenke. Die Muskelirritabilität. Von Dr. E. Harless, Privatdocenten an der k. Ludwig - Maximilians-Universität zu München. Die Muskelirritabilität. Von Dr. E. Harless, Privatdocenten an der k. Ludwig-Maximilians- Universität zu München. ” Die Frage, um welche es sich hier handelt, ist die: „Kann Zusammenziehung willkührlicher Muskeln nur auf Anlass der in ihnen sich verzweigenden Nerven eintreten, oder können Contractionen in ihnen direct auch von anderen Reizen hervorgerufen werden ohne Vermittlung der Nerven?“ Bei der Beantwortung physiologischer Fragen sollte man nie die Erwägung an die Spitze stellen, was durch diese oder jene Lösung des Problems theoretisch gewonnen wird; gleichwohl kann ich nicht umhin, gerade hier diesen Grund- satz aufzugeben und vor Allem zu untersuchen, welche Vortheile für die Theorie der Lebenserscheinungen aus der einen und aus der entgegengesetzten Beantwortung jener Frage entspringen. Es wird dies gerechtfertigt erscheinen, wenn man bedenkt, dass bis jetzt schlagende Beweise für die Entscheidung gefehlt haben, dass die Beleuchtung dieses Problems stets mehr theoretisch als experimentelt versucht wurde. Hat es auch nicht an Experimenten gefehlt, so wurde ihre Stichhaltigkeit entweder vou der Kritik oder den Ex- perimentatoren selbst in Zweifel gezogen, so dass bis jetzt an eine definitive Lösung der Frage nicht zu denken war. Die Frage selbst 184 hat aber neben dem physiologischen zugleich ein historisches Interesse, denn sie wurde zuerst von dem unsterblichen Haller angeregt, wel- cher den Muskeln neben „der todten und der nervigten“ noch eine „angeborne“ ihnen eigenthümliche Kraft, die „Irritabilität“ zugeschrie- ben hat. Haller sah in dem spät nach dem Tode noch auftretenden Zucken der Muskeln, in den rhythmischen Pulsationen des ausge- schnittenen Herzens, in den fortdauernden peristaltischen Beweg- ungen des aus dem Thiere entfernten Darmes, in den Bewegungen nervenloser Pflanzentheile die Beweise für jene eigenthümliche Con- tractionskraft, die unabhängig. vom Willen, unabhängig von der Thä- tigkeit der Nerven schien. Als die genauere mikroskopische Analyse der Muskeln überall, selbst in den feinsten Fibrillen noch Nervenprimitivfasern auffand, als man einsah, dass es unmöglich ist, von jeder Nervenfaser die Muskelbündelchen zu befreien und auf sie allein Reize wirken lassen zu können, welche nicht zugleich auch jene träfen, 'zweifelte man ‘an der Existenz 'einer Muskelirritabilität im Sinne Haller's und trante der Muskel-Substanz an sich nicht mehr die Eigenschaft zu, sich ohne Vermittlung der Nerven auf äussere Reize zu contrahiren. Da alle Experimente, welche man darüber anstellte, weder unum- stösslich ‘beweisen konnten, dass eine Muskelirritabilität’besteht, :noch dass sie nicht besteht, so mussten für oder gegen ihre Annahme theoretische Gründe vorhanden seyn. Prüfen wir zuerst, welche theoretische Vortheile ihre Annahme und dann ihre Verwerfung für die allgemeine Anschauungsweise der Lebensprozesse bietet. Je weniger wir von dem Nervenagens wissen, je geheimniss- voller die Wirkungen dieser allenthalben sich ausbreitenden Fasern sind, je dunkler die letzte Verzweigung und der endliche Verlauf 485 derselben innerhalb der verschiedenen Organe, um so grösser dünkt uns der Spielraum der Kräfte, welche in ihnen wirken, um so mehr glauben wir ihnen zutrauen zu dürfen, um Effeete hervorzurufen, welche ohne sie unmöglich scheinen. Gordische Knoten, welche durch die Verwicklung organischer Processe geschürzt sind, glauben wir mit einem Schwertschlag gelöst zu haben, wenn. wir sie auf Rechnung der Nervenkraft zw bringen wissen. Leider, dass wir dabei eine unbekannte Grösse mit einer zweiten in eine Gleichung bringen, welche vor der andern nichts voraus hat, als eine etwas elegantere Form, aufgeputzt mit dem vielsagenden Wort dynamisch oder specifisch, animalisch und dergl. Wie eine plötzliche Ver- rückung der feinsten Elemente eines Muskels, wie ihre Aneinander- lagerung mit einemmal eine gauz andere werden könne, sobald eine Einwirkung sie trifft, welche alle anderen Gewebe oder alle Körper der todten Natur nicht auf irgend wahrnehmbare Weise aus ihrer Ruhe stören kann, scheint ohne Vermittlung ganz eigeuthümlicher Kräfte nicht glaublich, und wem könnte man diese Funktion besser zutrauen, als den in ihnen sich verhbreitenden Nerven, die man so- gar geschickt genug hält, die Gedanken au ihre allmächtige Kraft _ zu produciren. Fragt man freilich nach dem „Wie“, so wird das ganze Phänomen nicht erklärlicher, als wenn man ihre Vermittlung nicht beansprucht. Niemand hat noch Molekularbewegung in den Nerven gefunden, Niemand hat noch Bewegungen in ihnen bei ihrer heftigsten Erregung nachweisen können: also durch ruhende Körper wird ein beweglicher in Bewegung gebracht. Die Analogie, welche man zwischen Nervenagens und Elektrieität lange Zeit festhielt, half über diese Schwierigkeiten der Erklärung hinweg, nur fehlte der Beweis der Analogie, und könnte er geführt werden, so müsste man, je stringenter er ausfiele, um so mehr überzeugt seyn, dass Elektrieität. eben auch unmittelbar Muskelcontractionen hervorrufen kann, wenn sie die Rolle ihrer analogen Nervenkraft übernimmt. Glauben wir daher, dass die Fähigkeit der Muskeln eine Eigen- ' Abhandlungen der II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. V. Bd. II, Abthl. 62 486 schaft ihrer Substanz ist, welche sich äussert, wenn die Beding- ungen zu ihrer Aeusserung überhaupt gegeben sind, und dass sol- cher Bedingungen mehrere seyn können, sowohl Nerveneinfluss, als Elektricität, als Wärme etc., so haben wir den Vortheil bei der Beurtheilung des ganzen Phänomens, dass wir dasselbe als Resul- tat zweier Prämissen betrachten können, die logisch zu jeder Her- vorrufung eines Effects gefordert werden. Das eine ist die Irrita- bilität der Muskeln, das andere der Reiz, welcher von den Nerven ausgehen kann, aber nicht muss, sondern welcher von andern Agen- tien ebenso gut ersetzt werden kann. Wir ersparen dadurch eine sonst nothwendige Erklärung; nämlich die, dass der Nerv durch seine Thätigkeit erst die Fähigkeit der Muskeln: sich zusammenzu- ziehen, erzeugt, und gewinnen damit einen Anhaltspunkt für die Untersuchung der Nervenaction, wenn wir sie hiebei in Eine Kate- gorie mit ‚bekannteren physikalischen Kräften treten sehen. So scheinen wir jedoch die Schwierigkeit der Erklärung von dem Ner- ven weggewälzt zu haben, um sie der Irritabilitätslehre aufzubürden; denn wenn wir die selbstständige Contractilität der Muskeln als eine Lebenseigenschaft derselben hinstellen, so sind wir der Ein- sicht in den ganzen Process der Bewegung noch um keinen Schritt näher. Wir hätten jetzt, anstatt zu beweisen, wie die Muskeln durch die Nerven contractil werden, darzuthun, wie das Leben ihnen diese Eigenschaft verleihen kann; und wenig scheint gewon- nen, wenn wir statt der Nervenkraft jetzt die Lebenskraft als Ex- pediens bei der Erklärung figuriren lassen. Gleichwohl dünkt uns die Aufgabe dadurch etwas einfacher geworden. Unter der Lebens- kraft verstehen wir den idealen weiter nicht mehr zu verfolgenden Grund der Verkettung verschiedener auf einander mit ihren ein für allemal in sie gelegten Gesetzen wirkender Substanzen, in deren Folge die Lebenserscheinungen auftreten. So wird durch denselben Grund der anatomischen Anordnung 487 gewisser Elemente ein Mechanismus hergestellt, welcher, so lange er im Verband aller der weiteren Bedingungen, welche im lebenden Organismus stattfinden, bleibt, als Effect die Zusammenziehung in Folge äusserer Reize besitzt. So ist denn die Muskelcontraction, welche in Folge der Nerveneinwirkung auftritt, nicht mehr ein iso- lirt dastehendes Factom, sondern kann parallelisirt werden mit der, welche auf Applieation der Elektroden entsteht oder der, welche andere physikalische bekanntere Kräfte hervorrufen, und wir sind dadurch der Lösung des Räthsels um einen Schritt näher; denn „in den Naturwissenschaften bestehen Räthsel nur so lange, als es uns nicht gelingt, sie einer Klasse von Erscheinungen anzureihen, die wir bereits kennen“ (Bischoff)*). Dass dadurch gleichzeitig die Nervenkraft einen Theil ihres geheimnissvollen Wesens verliert, können wir für keinen Nachtheil halten, denn wenn sich dadurch beweisen lässt, dass sie eben auch mechanisch auf einen Mecha- nismus wirkt, so liegt darin nur ein weiterer Beweis der Harmonie der Weltordnung, in welcher, ohne neue sonst nirgends geltende Kräfte ins Spiel zu setzen, die überall herrschenden im Organismus ebenfalls in Anwendung gebracht sind, um Effecte zu erzielen, welche sonst nicht auftreten, und die nur durch die weiseste Be- rechnung aller gegen einander abgewogenen Substanzen und deren Eigenschaften hervorzurufen waren. Statuiren wir nun, auf dieses Raisonnement fussend, eine den Muskeln eigene, von den Nerven nicht mehr als von anderen phy- sikalischen Bedingungen abhängige Contractilität, so haben wir noch einem teleologischen Einwand zu begegnen, welcher neuerdings mündlich von E. Weber gegen diese Ansicht erhoben wurde. > Dieser Einwand besteht darin, dass man es für unwahrschein- *) Müller’s Archiv 1847, pag. 426. 62* 488 lich und für den Zweck der Muskelbewegung gefährlich erachtet, dass eine so wichtige Function durch beliebige Einflüsse hervor- gerufen werden könnte, dass sie also nicht ausschliesslich im Dienst der Nerven stehen sollte. Ich glaube nicht ohne einiges Recht dar- auf antworten zu dürfen, dass ein ähnliches Verhältniss sich bei vielen anderen Organen nachweisen lässt. Die Retina z. B. ist da- zu bestimmt Lichteindrücke aufzunehmen und so Lichtempfindung zu vermitteln. Das Licht ist für sie der adäquate Reiz wie für den Muskel der Nerv. Gleichwohl entstehen Lichteindrücke durch alle möglichen anderen Reize, welche die Retina treffen. Wäre Licht- empfindung zu vermitteln ihr ausschliesslicher Zweck und zwar so, dass diese wirklich nur äussere Lichteindrücke dem Sensorium zu- führen sollte, so müssten Vorkehrungen getroffen seyn, dass die Retina eben von weiter nichts als von Licht afficirt werden könnte, Dass diess im normalen Zustand auch wirklich blos geschehe, dafür sind allerdings die zweckmässigsten Anstalten getroffen, nicht aber im Bau der Netzhaut oder in der Leitungsfähigkeit des Opticus, sondern in der Anordnung der umgebenden Apparate. Ebenso verhält es sich bei den Muskeln, um sie anderen als von den Nerven herrührenden Einflüssen möglichst zu entziehen. Um zu verhüten, dass sie von verschiedenen äusseren Einflüssen zum Schaden des Organismus afffeirt werden, sind sie möglichst verwahrt durch luftdicht schliessende, die Elektrieität schlecht lei- tende Häute, durch Fettpolster, durch eigene Elastieität, wodurch sie von mechanischen Einwirkungen geschützt werden. Wir haben demnach keinen Grund anzunehmen, dass die Mus- keln mit, ihrer Reizbarkeit vor der Erregung durch mannichfache äussere Einflüsse mehr oder anders geschützt seyn sollten, als die Nerven mit ihrer Erregbarkeit. Dass sie im normalen Zustand und für gewöhnlich allerdings fast ausschliesslich unter den regulirenden 489 Einflüssen des Nervensystems stehen, und dass dabei andere stö- rende Einwirkungen möglichst eliminirt sind, dafür ist nicht durch die unzertrennliche Verkettung von Contractilität und Nervenkraft, sondern durch weitere mechanische Anordnung gesorgt, nach deren Zerstörung verschiedene andere Einflüsse ebenso gut‘wie die Ner- venthätigkeit Zuckungen hervorrufen können. Verwerfen wir a priori die Irritabilität, so haben wir die ganze Last des Beweises auf uns, wie die Contractionsfähigkeit in den Muskeln durch die Nervenkraft erzeugt werden kann, und wir gewinnen nichts, als dass wir den Nerven eine weitere ge- heimnissvolle Wirkung zutrauen, deren Art und Grund wir anzu- geben bis jetzt noch schuldig bleiben müssen. Zugestehen können wir immerhin, dass für den lebenden Organismus die Nervenkraft für die Contractilität der Muskeln notwendig ist, nicht aber des- wegen, weil jene diese unmittelbar erzeugt, sondern weil sie zu den allgemeinen Lebensbedingungen der Muskeln gehört, nach deren Entziehung die Muskelsubstanz so verändert wird, dass sie zu Contractionen unfähig ist. Kann diese Entziehung rasch genug geschehen, so ist es möglich die Existenz einer Irritabilität nach- zuweisen, welche an sich auch ohne die Nerven noch bestehen wird, wie so manche andere Function des Organismus, bei welcher ebenfalls nicht alle Bedingungen ihres Eintritts gleichzeitig, sondern nur theilweise abgeschnitten sind. . Ehe ich an die Mittheilung der Experimente gehe, welche de- finiiv jene an die Spitze gestellte Frage zu lösen im Stande sind, will ich noch einige Beobachtungen anführen, welche zuerst mich auf die Annahme einer Irritabilität gebracht haben. Diese Beobach- tungen haben mehr den Zweck, jauf eine interessante Erscheinung aufmerksam zu machen und zu weiteren_ Untersuchungen aufzufor- 490 dern, als zum direeten Beweis der Existenz einer Irritabilität zu dienen. Durch die Berichte über die Cholera in Prag 1836 auf die länger nach dem Tode andauernde Beweglichkeit der Iris aufmerksam ge- macht, unternahm ich an einer grossen Anzahl von Leichen Mes- sungen ihrer Pupillen zu verschiedenen Zeiten nach dem Tode. Sämmtliche Untersuchungen wurden im Winter 1845 angestellt, wo- bei sich die Leichen in einem Gewölbe bei ziemlich gleichhleibender Temperatur befanden. Von den vielen Beobachtungen führe ich hier nur solche an, welche am entschiedensten waren, und die grössten Durchmesser- verschiedenheiten der Pupillaröffnung vor und nach den Versuchen zeigten, wo also am wenigsten eine Irrung bei der an sich schwie- rigen Messung der Pupille durch die Cornea hindurch im Spiel seyn konnte. \ 1) An einem 48jährigen an Morbus Brightii früh 5 Uhr ge- storbenen Mann. Das linke Auge war geschlossen, das rechte offen. Um 7 Uhr Morg. mass diePupille d. rechten 3, die d. linken 3 Mill. ” 84 ” ” ” ” 44 ” 53 ” ” 113 „ „ „ „ 44 ” 54 ” „ 13 Uhr Nachmittag 3. » 44 ” 54 „ »„. 8 „ d. andern Tags „, y 2 » 4 „ 2) An einer 26jährigen an Peritonitis puerperalis früh 5 Uhr verstorbenen F'rau. $ 491 Das linke Auge war mit einem Heftpflasterstreifen offen ge- halten, das rechte geschlossen. Um 8 Uhr früh mass d. Pupille d. rechten 6, die d. link. Aug. 6 Mill. ” 1 0 ” ” ”„ ” 6 ” ” 6 ”„ ” 1 1 4 ” ”„ ” ” 64 ” „ 5 ” » 1 24 ” ”„ ” ” 6 4 ” ” 3 3 ”„ Nun wurde das linke Auge geschlossen und das rechte offen gehalten. Um 24 Nachm. mass d. Pupille rechts 5, d. Pup. links 53 Mill. ” 54 ” ”„ ” ” 4 ” ” B) ” 3) An einem 30jährigen an Peritonitis um 3 Uhr früh verstor- benen weiblichen Individuum. Das linke Auge war geschlossen, das rechte offen. Um $ Uhr früh mass die Pap. rechts 7, die Pup. links 7 Mill. ” 94 ”„ ” ”„ ” 6 ” ” 7 ” » 6 Uhr Nachmittag ,„ „uenz 5 ARTEN » 8 „ des andern Morg „ 4% » RL), ” 9% ”„ ”„ ” ” 44 » „ 64 ” Zwischen 8 und 9 Uhr war der Leichnam in den helleren Sectionssaal gebracht. So waren also Veränderungen der Durchmesser an den Pupillen noch 30 Stunden nach dem Tode bemerkbar, die offenbar mit Licht- wirkungen auf das Gewebe der Iris im Zusammenhang standen. An eine Wirkung der Nerven konnte nicht mehr gedacht werden, 492 was indessen experimentell ebenfalls an frisch exstirpirten Augäpfeln des Schweins nachgewiesen wurde. Die Beweglichkeit der Iris im Leben rührt bekanntlich von einer Reflexwirkung der gereizten Re- tina auf die motorischen Irisnerven her. Reflexbewegungen sind aber ohne Gegenwart eines Centralorganes undenkbar. _ Wenn nun nach dessen Entfernung gleichwohl Verengerungen und Erweite- rungen der Pupille auf Lichtreize eintreffen, so können diese nur durch unmittelbare Einwirkung auf die contractilen Fasern oder auf deren Nerven direct hervorgerufen werden. Eirregbarkeit der Ner- ven wird man nach 20 Stunden wohl schwerlich mehr bei warm- blütigen Thieren oder dem Menschen statuiren wollen, und so kommt die Erscheinung allein auf Rechnung der darch das Licht sich zu- sammenziehenden Fasern der Iris. Dass die ganze Erscheinung nicht von etwaiger Verdunstung abhängig war, lässt sich aus fol- gender Versuchsreihe ersehen. Vier ganz frisch exstirpirte Schweinsaugen hatten einen Pu- pillendurchmesser von 11 Mill., welchen sie bis 5 Uhr Abends bei- behielten, bis um welche Zeit sie im Dunkeln standen. Nun wur- den sie sämmtlich unter Glasglocken gehracht, die mit Wasserdampf erfüllt waren: Das I. unter eine weisse Das HN. unter Das Ill. unter Das IV. RR: Glocke, das Centrum war eine blaue. eine weisse. unter eine E 25 im Focus einer Linse, rothe Gl. =235[ um 8 U. Abends 10 Mill. 44'), Mill. 41 Mill, 9 Mill, 258 or 9, 1° > 12”, ge BE 2 8 U. früh 5 =, 10 ” 10 » 5, Mill. en 11 PR) b) „ 10 eE m 4 Be a Er 5 U. Nachm. 4 „ 8 „» 6a 3 „ Ohne auf die andern Resultate ein Gewicht zu legen, welche bei diesem Experiment noch unklar blieben, beweist dasselbe nur, 493 dass die Verengerung der Pupille in. keinem Zusammenhange mit der Verdampfung steht, welche bei allen 4 Augen gleich, nämlich Null war. J. Müller machte mir, als ich ihm diese Versuche mittheilte, die Bemerkung, dass es ibm habe scheinen wollen, als zuckten manchmal die biosgelegten Muskeln eines Frosches sehr lebhaft, wenn plötzlich ein Sonnenstrahl auf ‚sie fiel, und veranlasste mich, die Wirkung eines intensiven Lichtes auf die Muskeln zu unter- suchen. Ich stellte die Versuche bei künstlicher Beleuchtung an und brauchte die Vorsicht, das Präparat hinter einer ganz dünnen Schicht Frauenglas zu fixiren, um die Effecte der Wärme fern zu halten. Bis jetzt konnte ich jedoch bei den willkührlichen Muskeln zu keinem entscheidenden Versuch kommen, obgleich. ich sehr em- pfindliche Apparate construirte, welche mir die kleinsten Contrac- tionen hätten zeigen müssen. Es scheint also bis jetzt das Gewebe der Iris allein für Licht- einflüsse empfindlich. Die Reaction dieses Gebildes ist aber im lebenden Zustande eine ganz andere als nach dem Tode. Im ersten Fall nämlich tritt sie plötzlich ein und geht parallel den verschie- densten Schwankungen der Lichtintensität, im zweiten Fall zeigt sich ein merklicher Unterschied im Durchmesser der Pupille im besten Fall erst nach 4 — 4 Stunde. Es ist denkbar, dass bei langanhaltendem intensivem Licht die selbstständige Zusammenzie- hung der Iris die Thätigkeit der Nerven ablöst und dadurch an Sicherheit in der Accommodation des Diaphragma’s in Beziehung auf die Intensität der Lichtquelle gewonnen wird. War ich durch diese Versuche auch ziemlich überzeugt, dass das Gewebe der Iris eine Contractilität besitzt, welche es auch ohne Vermittlung der Nerven äussern kann, wenn es wie in diesem Abhandlungen d. II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. V. Bd. II. Abth. 63 494 Fall von einem Lichtreiz getroffen wird, so konnte ich darauf bin nicht unmittelbar auf ein gleiches Verhalten der anderen muskulösen Gebilde schliessen. Experimente, welche ich bei der Untersuchung der Wirkung der Schwefelätherinhalation anstellte, mussten mich zu der Annahme führen, dass die Muskeln überhaupt auch ohne Nerven- einfluss durch andere Reize, z. B. elektrische Ströme, zu Contrac- tionen bestimmt werden können. Ehe ich zur Beschreibung dieser und meiner neueren Versuche übergehe, eine historische Erinnerung, wie die Sache vor der Veröffentlichung meiner Experimente’ lag. Drei Vertheidiger der Muskelirritabilität sind im Jahre 1841 auf- getreten und haben Untersuchungen bekannt gemacht, durch welche sie zu beweisen suchten, dass nach dem Tod der Nerven in den noch lebendigen Muskeln Contractionen durch fremde Reize hervor- gerufen werden können. Es waren dies Stannius, Reid und Longet*). Die Versuche gehen darauf hinaus, dass Nervenstämme durch- schnitten, die Schnittränder zur Verhütung der Regeneration von ein- ander entfernt gehalten werden, worauf die Nerven absterben und nun die Muskelsubstanz so gleichsam von ihren Nerven isolirt ver- schiedenen Reizen ausgesetzt werden kann. Bei diesen Versuchen werden zunächst bloss die grösseren Stämme in ihrem Zusammen- hang gestört, sie allein trifft hier die mechanische Schädlichkeit; gleichzeitig aber werden viele sympathische Fasern durchschnitten, welche die normale Ernährung der Muskeln unterbalten. Es ist nun durch Versuche bewiesen, dass bei durchschnittenen Nerven der Tod derselben allmählig von den Stämmen aus gegen die Peripherie hin fortschreitet; wann er aber in den letzten mikro- ‚skopischen Endigungen der Nerven eingetreten ist, diesen Zeitpunkt kann man niemals mit Bestimmtheit angeben, und darauf kommt *) Froriep’s Notizen 1841, Nr. 418 p. 337, Valentin’s Repertorium 1832. p- 416 ff. 495 doch alles an, wenn. die Experimente Beweiskraft haben sollen. Diese Einwürfe wurden von Valentin“) und Bischoff**) gegen Stan- nius erhoben und können auch durch dessen kürzlich mitgetlheilte weitere Versuche nicht beseitigt erscheinen. Da ich diese Zweifel gegen die Beweiskraft jener Experimente theilte, so freute es mich bei den Untersuchungen über die Wirkung des Schwefeläthers von Resultaten überrascht worden zu seyn, welche die Frage auf genügende Weise zu lösen schienen. Da aber gegen meine Beweisführung, ja selbst gegen die Richtigkeit der Beobachtung von namhaften Autoritäten (R. Wagner, Stannius, münd- lichen. Nachrichten zufolge Henle) Bedenken erhoben wurde, ‘so musste mir vor allem daran liegen, mich selbst zu überzeugen, ob ich mich nicht getäuscht hatte, und zweitens womöglich mit Experi- menten den theoretischen Einwürfen zu begegnen, um so die ob- schwebende Frage zur definitiven Lösung zu bringen. Zuerst stellte ich die Versuche ganz auf dieselbe Weise an, wie früher. Hatte ich damals sachverständige Augenzeugen genug, welche die Resultate bestätigen konnten, so stellte ich diesmal die Versuche sehr häufig in Gegenwart meiner Zuhörer und mehrer Col- legen an, so dass über die Richtigkeit der Beobachtung nicht der geringste Zweifel seyn kann. Es wurden die Thiere in grössere oder kleinere Kästen ge- bracht, welche entweder ganz von Glas oder mit einer Glasthüre verschlossen waren. In der einen Wand befand sich eine Oeffnung, in die der Hals einer Retorte einpasste, welche halb mit Aether ge- *) Valentin’s Repertor. 1842. p. 416. **) Müller’s Archiv 1842. p. XCIV. 63* 496 füllt war. Unter das Niveau des Aethers ragte durch den Tubulus der Retorte ein gekrümmtes Bleirohr, das mit einem Blasbalg in Verbindung stand, durch welchen atmosphärische Luft in den Ka- sten durch den Aether hindurch gebracht werden konnte, wobei also eine Mischung der Luft mit Aetherdampf den Thieren zur Athmung geboten wurde. Aus einer Oeffnung in der gegenüberstehenden Wand konnten die ausgeathmete © und der überflüssige Aetherdampf entweichen, so dass die Thiere eine stets erneuerte mit Aether- dampf geschwängerte Luft athmeten. Je nach der Gattungs- oder individuellen Verschiedenheit der Thiere tritt nach einer gewissen Zeit Sopor ein, welcher sich so weit steigern lässt, dass auch nicht die geringste Spur einer Re- flexbewegung, z. B. bei Fröschen auf Reizung der Schwinmhaut mit Essigsäure, mehr eintritt, oder dass wie bei Säugthieren ein sehr heftiger Inductionsstrom quer durch den Kopf geleitet nicht die geringsten Zuckungen in den oberen oder unteren Extremitäten her- vorzurufen im Stande ist. Dieser Zeitpunkt muss abgewartet werden, wenn die jetzt zu erwähnenden Erscheinungen eintreten sollen. Geschieht dies nicht, so bekommt man freilich ganz abwei- chende Resultate. Im andern Falle kann man aber sehr starke Ströme durch das Rückenmark oder durch blosgelegte isolirte Nervenplexus leiten, ohne dass in den von ihnen versorgten Mus- keln auch nur die geringste Zuckung auftritt, die sogleich äusserst heftig wird, wenn man die Pole an die Muskelsubstanz selbst ap- plieirt. Ich habe zahlreiche Versuche an Säugthieren, Vögeln und Amphibien gemacht und stets dieselben Resultate erhalten. Es wurde der plexus brachialis klosgelegt, isolirt und mit den stärk- sten Strömen gereizt: es entstand nicht die geringste Zuckung in einer der Muskeln der abgebalgten oberen Extremitäten. Es wurde ebenso an dem isolirten plexus ischiaticus operirt, ohne dass ein Muskelbündelchen der unteren Extremitäten sich zusammenzog. Immer 497 aber zeigten sich heftige, jedoch stets local bleibende Zuckungen in den Muskeln, wenn ihre Substanz zwischen die beiden Pole ge- bracht wurde. Die chemische Natur des Schwefeläthers liess mich mit Bestimmtheit vermuthen, ‘dass die peripherischen Nervenendi- gungen ebenso ihre Erregbarkeit verloren haben, wie die Stänme. Denn der Aether besitzt bei seiner grossen Verwandtschaft zum Fett wie zum Wasser die Fäligkeit, alle Gewebe des thierischen Körpers mit der grössten Leichtigkeit zu durchdringen. So gelangt er von der Lungenoberfläche aus in die Circulation und im Blut zu allen Organen, in deren Parenchym er aus den Gefässwandungen auf exosmotischem Weg ungehindert eindringt; in dem Parenchym der Muskeln verzweigen sich aber die feinsten Nervenendigungen „entblösst von allen Scheiden, also am meisten der Einwirkung des Aeihers ausgesetzt. Wenn mir nun von einer namhaften Autorität*) der Einwurf gemacht worden ist, dass diese Versuche über die Muskelirritabilität nicht völlig entscheidend seyen, weil „nach neueren Untersuchungen die feinsten Nervenfäden in das Innere der feinsten Muskelelemente eindringen, wohin keine Blutgefässe mehr reichen; es könnten daher diese letzten Nervenverzweigungen auch vor der unmittelbaren Einwirkung des Aethers geschützt bleiben“, so habe ich hierauf zu erwiedern, dass der Aether, um überall in das Paren- chym der Organe zu dringen, der Blutgefässbahn gar nicht be- darf, wie ich mit vielen Experimenten bewiesen habe und neuer- dings bestätigt fand. Ich habe viele Frösche decapitirt und ihnen das Herz ansgeschnitten, gewartet bis alle ‚Circulation in der Schwimmhaut aufgehört hatte, und sie dann erst in den Aetherapparat gebracht und alle Zeichen der Narkose ebenso gut hervorgerufen wie an unverletzten Thieren; ich habe die verschiedensten Theile *) Nr. 334 in der Beilage zur allgemeinen Zeitung vom 10. Dec. 1847: „die Wirkung des Schwefeläthers in chemischer und en Beziehung ete.“ 493 der Thiere einzeln losgetrennt von dem... Organismus, den Ae- therdämpfen exponirt und einzeln für sich. narkotisiren können, wofür sich in meiner Schrift über die Aetherwirkung viele ‚Belege finden*). Ich habe Mittel gefunden, einzelne Theile eines Organs vor der Einwirkung des Aethers zu. schützen, und gleich- zeitig andere ihr auszusetzen; kurz durch die mannigfachsten Modi- ficationen dieser Versuche dargetban, dass der Aether nicht erst in die Cireulation aufgenommen zu werden braucht, um ‚überall hinzu- dringen, sondern dass er vermöge seiner chemischen Eigenschaften von der Oberfläche jedes beliebigen Organes aus die ganze Suh- stanz ‚desselben zu durchdringen vermag, ohne dabei an die Bahn der Capillarnetze gebunden zu seyn. Trifft daher der Aetherdampf auf Muskelsubstanz, so. ist: es ganz einerlei, in welchem Verhältniss die Capillaren zu den letzten Nervenendigungen stehen, denn ihre Gegenwart ist durchaus nicht nothwendig, um den Aether erst durch die in ihnen bestehende Blutcirculation bis zu den letzten Nerven- endigungen hinzubringen. Die Anwendung des Aethers hat daher vor der anderen. von Stannius eingeschlagenen Methode unbedingt den Vorzug . deshalb, weil wir dadurch sämmtliche Partien des Nervensystems zu glei- cher Zeit der gleichen Schädlichkeit aussetzen können, während bei Durchschneidung eines Nervenstammes die Alteration zuerst nur die kleine Durchschnittsstelle in Folge des mechanischen Eingriffs trifft. Die darauf folgende Veränderung und Entmischung der Nervensubstanz rührt von dem aufgehobenen Zusammenhang mit dem Centralorgan her, welche ganz allmählig gegen die Peripherie hin fortschreitet. Wie lange dort noch durch die fortgehende Ernährung die Nerventhätigkeit erhalten bleibt, wann sie in den feinsten *) Die Wirkung des Schwefeläthers etc, von Bibra, und Harless p. 74, 73 — 80. 499 Nervenendigungen erloschen ist, sind wir vollständig unvermögend anzugeben; denn Stannius giebt selbst zu, dass er der isolirten Be- obachtung einer desorganisirten Nervenprimitivfaser in einem einzel- nen Muskelbündelchen, die er geronnen fand, wenig Gewicht bei- legen könne. Noch schwieriger dürfte der Beweis seyn, dass die Muskelsubstanz durch die Durchschneidung der Nerven nicht sollte alterirt worden seyn.‘ Wir wissen, welche mannigfache Ansichten über den Bau der normalen Muskelfasern geherrscht haben und noch herrschen, wir wissen, wie delicat die Untersuchung dieser Gebilde ist, und dass gerade jene für die willkürlichen Muskeln als charak- teristisch geschilderte Querstreifung der Muskelfaser als solcher gar nicht angehört, sondern ihrer Umhüllung*), durch welche eben die Einsicht in normale oder alterirte Formen der eigentlichen Muskel- faser so sehr erschwert wird. Es können also doch in den Ver- suchen von Stannius Veränderungen in den Muskeln durch die ge- störte Ernährung eingeleitet worden seyn, ohne dass sie bemerkbar gewesen wären, und es ist wahrscheinlich, dass sie eingetreten sind, wenn wir Magendie’s Versuchen über die Durchschneidung des Trigeminus Vertrauen schenken wollen; denn bei Durchschneidung des N. ischiaticus mussten sympathische Fasern nothwendig mit verletzt werden, deren Einfluss auf die Ernährung bekannt genug ist. Allerdings kommt dies hier weniger in Betracht, wo eben das Eintreten von Contractionen den Beweis abgab, dass die Verände- rung in den Muskeln noch nicht so weit vorgeschritten war, um die Contraction dadurch unmöglich "zu machen, als bei den Versuchen, in welchen man die Irritabilität der Muskeln durch Unterbindung von Ge- fässen beweisen wollte, durch deren Resultate man’ sich zu dem Schluss berechtigt glaubte, die Fähigkeit'der Muskeln, sich zusammenzuzie- hen, sey weniger von den Nerven als von dem Blut bedingt. Hiebei kommt jedoch in Betracht, dass man durch diese Operation nicht *) R. Wagner’s Handwörterbuch III. Bd. Abthlg. 2 p. 65 ff. 500 allein den Muskeln, sondern ebenso gut den Nerven ihre Lehens- quelle abschnitt und den Beweis schuldig blieb, dass die Nerven, welche jetzt keine Zuckungen durch ihre Erregung mehr hervor- rufen konnten, noch vollkommen normal functionirend waren. Der Schwefeläther ist nun eine Substanz, welche durch ihre chemische Eigenschaft der Zusammensetzung der Nervenmasse viel gefährlicher ist, als der der Muskeln. Ganz abgesehen von allen chemischen quantitativen Analysen, auf welche ich die Theorie der Aetherwirkung in unserer citirten Schrift basirt habe, kann man sich von der Einwirkung des Aethers auf die Nerven unter dem Mikroskop ganz leicht überzeugen, ja man kennt die durch ihn hervorrufbaren Veränderungen schon längst. Wird nur so viel Aether in Substanz, nicht in Dampfform, in den Körper gebracht, dass alle Gewebe von ihm vollkommen durchtränkt werden, so wird man sicher zugeben, dass auch die feinsten Nervenfasern, ja diese leichter noch als jene, durch ihr Neurilem etwas mehr geschützten grösseren Nervenstämme so verändert werden, dass sie Reize auf- zunehmen und zu leiten vollkommen unfähig werden. In diesem Sinne wurden nun ‚mehrere Experimente zu wieder- holten Malen angestellt. Es wurden die beiden Schenkel eines de- eapitirten Frosches vom Rumpfe getrennt, ihre nerv. ischiat.. frei heraus präparirt und mit den Unterschenkeln in Verbindung gelassen, während alle übrigen Theile des Oberschenkels entfernt waren. Der eine so präparirte von seiner Haut befreite Unterschenkel kam in ein kleines Porzellan-Schälchen, an dessen Rand ein Glasröhr- chen angekittet war, welches immer mit Wasser angefeuchtet wurde, während das Schälchen mit Oel: gefüllt war. - Die Muskeln des Unterschenkels wurden in ‚dem: letzteren unter das Oel gebracht und durch ein in Oel getränktes Löschpapier verhindert, sich über die Oberfläche zu erheben. Der Nerv dagegen kam in das angefeuchtete 501 Glasröhrchen, ‚welches gerade der Mündung der Aetherretorte in dem Apparat gegenüber aufgestellt wurde. ash ° j „Das zweite Präparat‘ wurde auf‘ eine durchbohrte Korkplatte gelegt, die iu einer flachen‘ Schale auf: Oel schwamm.. Durch das Loch der dünnen Korkplatte hing der Nerv in das Oel herab. So. war. dort die Muskelsubstanz und die peripherische Nerven- verzweigung;' hier der Nervenstamm vor der Einwirkung des Aether- dampfes geschützt. Nun, wurde gegen 4 Stunde Aetherdampf durch den kleinen Apparat über die beiden Präparate ‘getrieben. Als sie heraus. ge- nommen ‚wurden, konnten die stärksten Ströme eines sehr kräftig wirkenden Inductionsapparates nicht die geringsten Zuckungen her- vorrufen, wenn sie durch den einen oder andern‘ Nervenstamm ge- leitet, .wurden. Bei dem einen: auf‘ dem Oel schwimmenden Präparat, dessen peripherische,. Nerven jedenfalls von den Aether paralysirt ‚waren, wurde ‚eine tiefere Muskelschicht blosgelegt und ein zu ihr tretender Nervenzweig heraus präparirt, , allein auch‘ von, ibm. aus ‘konnten keine Zuckungen‘, durch 'galvanische Ströme erzengt werden, ein Beweis, . dass.. der Aether die ganze Masse des Schenkels durch- drungen hatte. Da er aber nur von der Oberfläche aus gegen die Mitte hin sich in. dem Organ verbreiten konnte, so musste er noth- wendig. gerade jene mehr an der ‚Oberfläche gelegenen. letzten Endigungen der Nerven zuerst getroffen haben und diese mussten doch wohl paralysirt seyn, wenn der unter einer 2“ dieken Muskel- schieht in seinem. Neurilem eingehüllte Zweig in der Tiefe bereits vollkommen gelähmt. war. Gleichwohl zuckten die Muskeln, wenn sie zwischen die Pole gebracht wurden, äusserst heftig. Abhandlungen der II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. V. Bd, II, Abthl. 64 502 Fernere Experimente hatten denselben Beweis’ zum "Zweck. Es wurde nämlich der Frosch durch einen Schlag auf den Kopf betänht, dann das Herz blosgelegt, dessen Spitze abgeschnitten und eine Canule eingeführt, hierauf wurde der N. ischiaticus. hlos- gelegt, sorgfältig in seinem ganzen Verlauf bis zum Kniegelenk hin von den benachbarten Gefässen getrennt, bei seinem Austritt aus der Beckenhöhle abgeschnitten und so auf eine kleine trockene Glas- rinne gebracht, welche etwas geneigt gestellt wurde. Dadurch blieb der Nervenstamm vollkommen verwahrt vor dem Aether, welcher nur durch die Canule in das Herz und von da aus durch die Arte- rien mit Leichtigkeit in alle Gefässe konnte gespritzt werden. Lang- sam wurden 24 Cnbikcentimeter Aether durch die Gefässe getrieben, welche natürlich bei dem Druck des Stempels in der Spritze um so leichter durch die Wandungen der Capillaren in die Muskelmasse eindrang. Während dies geschah, wurde fortwährend der: isolirte Nerv mit einem einfachen Plattenelement gereizt. Beantworteten die Muskeln diesen Reiz im ersten Augenblick mit sehr starken Con- tractionen, so waren sie in der ?2ten Secunde schon ganz schwach, nar wenig deutlicher bei Anwendung stärkerer Ströme, bis nach 5 — 6 Secunden auch die intensivsten vom Nerven aus keine Spur von Zuckungen in den Muskeln mehr hervorrufen konnten, welche jedoch ungemein stark waren, wenn die Pole auf die Muskelsub- stanz selbst applieirt wurden. Hier war gewiss, wenn man der Endosmose bei Athmung von Aetherdämpfen nicht zumuthen will, dass sie dieselben gleichmässig im ganzen Parenchym vertheilt, die Durchtränkung der Muskeln mit flüssigem Aether durch den mecha- nischen Druck ganz sicher und zuversichtlich die ganze peripherische Verbreitung der Nerven in Folge der Berührung mit Aether paraly- sirt. Gleichwohl aber zuckten die Muskeln noch, wenn sie unmittel- bar mit den Polen des Apparates berührt wurden. 503 Dass die Muskelsubstanz von dem Aether nach und nach, aber viel später, ebenfalls so verändert: wird, dass sie sich auf äussere Reize nicht mehr zusammenzieht, habe ich in meiner oben citirten Schrift (p. 77) bereits erwähnt und ‚auch bei diesen Versuchen be- stätigt gefunden, indem keine Contractionen mehr: eintraten, wenn 4 — 5 Cubikcentimeter Aether. nach und nach durch das. Gefäss- system getrieben worden waren. Man könnte nun wiederum einwenden, es wäre der Zeitpunkt nicht genan anzugeben, in welchem die Paralyse der feinsten Ner- ven bereits eingetreten ist, während die Mittelfasern noch vollkommen lebendig, sind. Allein ‚es giebt dennoch ein Mittel, mit Bestimmtheit zu beweisen, wann die Nerven ihre Leitungsfähigkeit verloren haben, während ‚die. Muskeln ihre Irritabilität noch besitzen, und das beruht auf der Beobachtung des Eintretens oder Aushleibens der Reflexbewegungen. Wenn nämlich eine gewisse Zeit die Frösche dem Aetherdampf ausgesetzt waren, so konnte auf. Reizung der Schwimmhaut keine Reflexbewegung in den untern Extremitäten dadurch erzeugt werden, wohl aber sehr heftige in den oberen; die sensitiven ‚leiteten also wohl noch die äusseren Eindrücke zu dem Centralorgan fort, allein es konnte keine Zuckung in den unteren Extremitäten mehr reflec- tirt dadurch hervorgerufen werden. Es ist diess jedoch durch ‚zweierlei Umstände möglich: entweder die motorischen Nerven haben ihre Leitungsfähigkeit verloren, oder die motorischen Centra sind ihrer normalen Kraft verlustig geworden, centripetal zugeführte Erregung centrifugal fortzupflanzen. Um zu ermitteln, welche von beiden Ursachen hier die allein in Rechnung zu. bringende ist, wur- den andere Experimente angestellt, wobei zugleich versucht wurde, ob sich die Aetherwirkung, nicht durch ein anderes auf die Nerven vorzüglich "wirkendes Agens ersetzen liesse. Als solches betrachtete 64* 504 ich die Elektrieität, wie sie'sich mittelst der stärksten Inductions- ströme im’ extremsten Maasse anwenden’ lässt. | . Zuerst wurde also versucht, ob solche heftige Ströme dasselbe bewirken können, was der Aether vermag, nämlich Tod der Ner- ven ohne‘ Aufheben der Muskelirritabilität. 1) Die Frösche wurden so präparirt (ich wiederholte den Versuch gegen 12mal mit stets gleichem Erfolg), dass alle Theile, mit Ausnahme des Plexus ischiatieus, von den Schenkel entfernt waren; hierauf wurde ein sehr starker Strom durch den isolirten plezus geleitet. Die dadurch erzeugten tetanischen Krämpfe waren in dem Schenkel sehr heftig, hörten aber allmählig auf, so zwar, dass sich zuletzt 'ein blosses mit der Loupe eben noch wahrnehm- bares Zittern in den feinsten Muskelbündelchen zeigte. Während so noch der starke Strom durch den plexus ging, wurde der nervus ischiaticus blosgelegt und von einem zweiten Strom gereizt: es er- folgte nicht die geringste Zuckung in den von ihm versehenen Mus- keln, welche sofort in’sehr bedeutendem Grade eintrat, als die: letz- teren selbst dem gleichen oder einem um das 20fache schwächeren Strome ausgesetzt wurden. So verhielt es sich an allen weiteren noch leicht zu isolirenden Zweigen des Nerven und deren zugehöri- gen Muskeln. nn 2) Nun wurde ein Präparat angefertigt, bei dem die Schenkel durch ihre plexus mit dem unversehrten Rückenmark in Verbin- dung gelassen wurden. Die Reizung des isolirten einen plexus hatte heftige tetanische Zuckungen in beiden Schenkeln zur Folge, welche zuerst in derselben Weise, wie in den eben erwähnten Versuchen in dem Schenkel, aufhörten, ‘dessen motorische Nerven direct gereizt wurden. Nachdem man sich vergewissert hatte, dass von keinem grösseren Nervenstamm oder dessen Zweigen aus "505 "Zuekungen "in ‘den von ihnen versorgten Muskeln erregt werden konnten, während man sie wieder sehr lebhaft bei unmittelbarer Application der Pole an die Muskelsubstanz auftreten sah, wurden "die refleetirten Zuckungen ins Auge gefässt, ‘welche am andern "Schenkel bei Reizung der Haut des ersteren eintraten. Wir nennen "diesen ersteren A, den zweiten B. Als die Schwimmmhaut' von A “mit einem sehr starken Strom gereizt wurde, welcher bei anderen frischen Präparaten die ausgedehntesten Reflexbewegungen in dem "zweiten Schenkel verursachte, entstand hier bei B keine Spur einer Zuckung. Als der Wadennerv von A gereizt wurde, zuck- -ten die Zehen von B etwas; als der Schenkelnerv von A'zwischen die Pole gebracht wurde, zuckten einige Muskeln in B beträchtlich; als endlich der plexus ischiaticus von A gereizt wurde, entstanden heftige Reflexbewegungen in dem Schenkel B. Natürlich war stets durch Isolation in möglichst nahe Aneinanderbringung der Poldrähte dafür gesorgt, dass ein Ueberspringen der Elektricität von A auf B unmöglich war. 3) Der letzte entscheidende Versuch war endlich folgender: Es wurde ein Frosch so präparirt, dass seine Schenkel nur dnrch die Plexus ischiatiei mit dem Rückenmark in Zusammenhang | blieben. Alle andern Organe waren entfernt. Nun wurde der Rückenmarks- Kanal von vorn erbrochen, alle motorischen Wurzeln des Schen- kels A an ihrer Ursprungsquelle abgeschnitten und isolirt den hef- "tigsten "Inductionsströmen ausgesetzt. Natürlich traten nur in A tetanische Zuckungen ein, B blieb in seiner gebeugten Stellung ganz rohig. Als nun in A bei fortgesetzter Reizung seiner motorischen Wurzeln keine Zuckungen mehr entstanden, wurde die Schwimm- haut von A mit Essigsäure gereizt; es entstanden keine Reflex- bewegungen in B; ebenso 'wenig als die Zehenspitzen den’ stärksten Inductionsströmen ausgesetzt ‘wurden. Reizung des Schenkelnervs rief aber stets refleetirte Bewegungen in dem Schenkel B’ hervor, 506 die selır. ‚heftig wurden, als der Plexus ischiaticus von A gereizt wurde. Diese letzten Versuche. veranlassen uns zu folgenden Schluss- folgerungen. Durch so intensive elektrische Ströme ‚werden die Nervenfasern des gereizten Stammes oder, Plexus, sämmtlich der gleichen Wirkung ausgesetzt, und dass. diese Wirkung ‚sich fort- pflanzt bis zu den feinsten Verzweigungen, sehen wir an dem zu- letzt auftretenden kaum noch bemerklichen Zittern der kleinsten Muskelfibrillen. Nun weiss man. wohl; dass wenn man mit einem einfachen Plattenpaar einen jsolirten Nerv eine Zeitlang gereizt hat, von diesem Punkt aus keine Muskelcontractionen mehr dadurch kön- nen hervorgerufen werden; dass diess aber möglich ist, wenn man entweder die Pole umgekehrt applicirt, ‘oder durch .eine etwas tiefer gelegene Stelle desselben Nervenstammes die. Kette schliesst. Dies gilt aber nicht von den heftigen Inductionsströmen, welche durch das ausserordentlich häufige Oeffnen und Schliessen der ‚Kette bekannt- lich eine viel intensivere Wirkung auf die Nerven äussern und deren Kraft viel. schneller erschöpfen als einfache galvanische Ströme... Nach sehr kurzer Zeit konnte daher auch beim Wechseln der Applicationsstelle-am Nerven keine Zuckung der Muskeln mehr erzeugt werden. Bei dem von R. Wagner entdeckten Verhältniss der letzten Nervenendigungen zu den feinsten Muskelbündeln, ‚dem zufolge jene in diese unverfolgbar übergehen, hat es etwas Uner- klärliches, dass die Elektricität von den Stämmen ‚aus. geleitet in die letzten Endigungen in der Nervenbahn isolirt, bleiben ‚und. nicht von dort aus in die Muskelsubstanz überspringen sollte. ; Wenn wir daher nach der ‚offenbaren Paralyse der Nervenstämme, noch Zuck- ungen in den. Muskeln erhalten, wenn. wir mit ihnen ‚die Kette schliessen, so ist nur zweierlei möglich: entweder es sind die letz- ten Nervenendigungen eben doch, noch. nicht. vollkommen paralysirt, oder ‚die ‚Elektrieität vermag wohl. ‚die Nervenerregbarkeit, nicht 507 aber, oder wenigstens erst viel später, die Muskelirritabilität auf- zuheben, wenn sie auch in der Form dieser ausserordentlich starken Ströme angewendet wird. Es scheint das letztere stattzufinden; denn wenn man die zwei Schenkel eines Frosches so präparirt, dass man beide ihrer Haut entblösst, den plexus ischiaticus des einen in Verbindung mit der zugehörigen Muskulatur lässt, hierauf diesen plerus so auf den musculus cruralis des andern Schenkels legt, dass er als Leiter allein beide Schenkel mit einander verbin- det, und nun einen Strom von den Zehen des einen durch dessen ganze Muskulatur zu der Mitte des plexus ischiaticus des andern gehen lässt, so wird gleichzeitig durch denselben Strom blos. der Nery des einen, bei dem andern dagegen die ganze Muskelmasse gereizt. Die Contraetionen hören in diesem Experiment früher in dem ersteren als in dem letzteren auf; nach längerer Einwirkung der Elektricität natürlich auch in diesem. So konnten also diese Experimente noch immer nicht stringent die Entbehrlichkeit der Nerven bei dem Zustandekommen von Muskelcontractionen in Folge elektrischer Reize beweissn. Deshalb wurden die Experimente (sub 2) angestellt, bei welchen der physio- logische Vorgang folgender war. Sensitive und motorische Nerven des einen Schenkels wurden durch den Induetionsstrom gleichzeitig direet gereizt. Von jenen aus gieng die Erregung centripetal zu dem Rückenmark und sprang dort auf die motorisehen Nerven des andern Schenkels über, ‘in welchem daher ebenfalls heftige Bewegungen, aber reflectirt, ent- standen. Aus Ch, Bell’s Versuchen wissen wir nun, dass eine motorische Wurzel'niemals die Erregung eines Punktes centripetal 'fortpflanzt, ebenso nie eine 'sensitive dieselbe in centrifugaler Richtung. Erst der - Vermittlung eines‘ Centralorganes, ‚das ‚in, Zusammenhang mit, heiderlei Wurzeln steht, ‚bedarf, es,..um,,eine,.centripetal gehende, Erregung in ‚eine, centrifugale ‚umschlagen zu, Jassen,...Ob also über- haupt und in welcher; Ausdehnung solche, Reflexbewegungen zw, Stande. kommen, hängt 'von, der. Integrität ıdes, Centrums und der leitenden motorischen Bahn ab. . Lässt man nun durch sehr heftige elektrische Ströme von den seusitiven ‚Nerven aus ‚bedeutende Er- regung, in die, Centralorgane und von da in die motorischen. Nerven sich fortpflanzen, so kann. die erste, Folge die seyn, dass. die Cen- tralorgane unfähig werden, die Erregung. überzutragen, ‚so .dass darin, wie in unseren Experimenten, auf Reizung der Schwimnmhaut A und B keine. Reflexbewegung mehr auftritt... Träte sie eben ‚so wenig mehr auf, wenn der Waden- oder Schenkelnerv gereizt. wird, so ‚möchte die Störung in ‚den Centralorganen | sehr wahrscheinlich werden; da sie aber eintritt, wenn. diess geschieht, so wird: diese Annahme wieder unwahrscheinlicher, dagegen wird es glaublicher, dass die Paralyse. der letzten Endigungen der. sensitiven Nerven an,dem Ausbleiben der Reflexbewegungen in B Schuld ist, welche nach den angeführten Versuchen früher ‚ausser. Function, treten, ' als ihre Stämme. Wollen wir uns hievon noch mehr überzeugen, so haben wir die‘ Wirkung der elektrischen Reizung vom Centralorgan möglichst fern zu ‚halten, und. das geschah. in unseren, Versuchen Nr. 3. In- dem hier!die motorischen ‚Wurzeln allein gereizt ‚wurden, ‚konnte sich von der gereizten. Stelle aus unmittelbar ‚keine Erregung. zum Rückenmark fortpflanzen: und dieses mit der Zeit überreizen. . Die Erregung ging zuerst primär entlang der motorischen Bahn, die nach und nach vollkommen gelähmt wurde. Gleichwohl traten dieselben Erscheinungen am Schenkel: B auf, ‘wenn. verschiedene Nervenpar- tieen in. A. gereizt: wurden, | wie im: vorigen. Versuch. ‚So war ‚es also gewiss 'geworden: nicht Paralyse des Rückenmarks,, sonder 509 Paralyse der letzten Endigungen der sensitiven Nerven ist die Ur- sache, dass auf Reizung der Schwimmhaut des einen Schenkels in dem andern keine reflectirte Bewegung mehr erfolgt. Wie soll aber diese Paralyse der sensitiven Nervenendigungen zu Stande kommen, wenn doch wie im zweiten Fall blos die motorischen Wurzeln dem Reize ausgesetzt werden, oder auch wie im ersten Fall, wo der Reiz die in dem Plezus eingeschlossenen ‚sensitiven Stämme trifft und dem Bell'schen Gesetze zufolge die Erregung in den sensitiven Nerven nicht centrifugal fortgeleitet werden kam? Wir haben biefür keine andere Erklärung, als dass in Folge der heftigen Krämpfe, welche in den Muskeln entstehen, die Quelle neuer mechanischer Reize liegt, die auf die sensitiven Nerven wir- ken und diese paralysiren. Wir wissen, dass Muskelbewegungen von dem Gefühl der Bewegung begleitet sind, dass heftige Krämpfe heftige Schmerzen verursachen, dass somit Erregung sensitiver Nerven mit Muskelcontraction eng verbunden ist, mag nun diese Erregung in eigenen sensitiven Muskel- oder Hautnerven entstehen. Wissen wir nun aus andern Experimenten mit dem Schwefeläther, dass die Erregbarkeit der sensitiven Nerven die der motorischen unter gleichen Umständen überdauert, so werden wir in dem Fall, wo die sensitiven paralysirt erscheinen, wohl mit Recht annehmen, dass dasselbe auch in den motorischen der Fall ist. Wir fanden aber Paralyse der letzten Endigungen der sensitiven Fasern und glauben somit auch mit Recht schliessen zu dürfen, dass die moto- rischen letzten Endigungen ebenfalls gelähmt sind. Ist dies aber der Fall und wir können gleichwohl noch Contractionen in den Muskeln hervorrufen, wenn wir mit ihrer Substanz die galvanische Kette schliessen, so dürften die letzten Einwendungen gegen die Annahme einer Muskelirritabilität beseitigt scheinen. Gleichzeitig erfahren wir aus unseren Experimenten (Nr. 2 und 3), dass wenn eine gleiche Schädlichkeit die Nerven in ihrem ganzen Verlauf trifft, zuerst die letzten Endigungen und dann erst die Stämme Abhaadlungen d. 11. Cl. d, k. Al. d. Wiss. V. Bd. II. Abthl. 65 510 absterben. Dass bei Anwendung des Aethers in Dampfform oder noch mehr in Substanz, wie wir es hier gethan haben, wirklich eine solche gleichzeitige Einwirkung desselben auf die ganze Bahn stattfindet, bedarf jetzt wohl keines weiteren Beweises mehr, und so erachten wir die Lehre von der Muskelirritabilität hiedurch zu einem genügenden Abschluss gebracht und die an die Spitze gestellte Frage gelöst, nämlich so: dass die Zusammenziehung will- kührlicher Muskeln auch ohne Vermittlung der Nerven direct durch Reize, besonders Elektricität, zu Stande kommen kann, so lange ihre Mischung und Textur erhal- ten geblieben ist. . Fig. 159 Schüizodon. fuscus Wat. Au.3.Wagner's Beiträgen Tab. h Tab. VIE Macrocolus halficus Wagn . iu A Wagners Beiträgen Tab. I. er es 7 Tab. VI. Fis.1-5 Ascomys canadensis. Fig.6-8 Ascomys mexicanus. der math, physik. Claße Bd. F- Abth. 2 Au, d Wagners Beiträgen Tab ©. ZGEI TabIXN. ul % Equus primigentus o Zu.1. Wagners urreltl, SäugthierUcberrest ab 4 Tab.X F > 2 F Fie6 Felis oioantea ST} V 1 i ? "6b. Felıs g & r F Ss Fio h. Rh Ss ie5. Dinotherium & 1 ch Vo" hus. 1% o Enlus ad. 111006708 achygnat i i »MIIUS. ale 6) ir.1.2 ‚quu: prımig o Zur A Wagners urweltl. Säugth der math physık (lasse BdF- Abtızil 2 Tab.XI. Fig.1. 2. Rhinoceros pachygnathus (Humerns). (der math. physik. Lasse Bel. F Abtheil.2, Zur.d Wagners urmeil Saugthier. Ueberrest. Tab. 5. Tab.XI. Fig.7.8. Lamprodon (dens incisivus). Zu.d Wagners urmeltl. Saugthier Veberrest. Trb.b. Tab-Xll. Fo 12_ 22. Kuryale ferox. ZuL.C. Iranremus observat. Tab. Tab. XV | UNSER, fig 4,Pithecia leucocephala. Fig.2.P. hirsuta. Fıg.3 Ateles pentadactylus. Fig, 4 5.Jsothrix biftrianıs . Wandkdermash. plejsik. Classe.BaV deeheitr Zend. Wagners Beträgen 5480. Ted} ABHANDLUNGEN DER MATHEM. - PHYSIKALISCHEN CLASSE DER KÖNIGLICH BAYERISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. FÜNFTEN BANDES DRITTE ABTHEILUNG. KADAIIATA HAAR a2‘ ARHLL) VAHDELKANIETCHG - MAHTAM KEHDEIARNYAA BOLDTADA Haa aa TEENS HARZIW aaa WIMIJAANZA: BAUALR KATsrTa YASMHABTAA STTIRU ABHANDLUNGEN DER MATHEM.- PHYSIKALISCHEN CLASSE DER KÖNIGLICH BAYERISCHEN AKADEMIE ın WISSENSCHAFTEN. FÜNFTEN BANDES DRITTE ABTHEILUNG. IN DER REIHE DER DENKSCHRIFTEN DER XXII. BAND. MÜNCHEN. AUF KOSTEN DER AKADEMIE. 1850. GEDRUCKT IN DER J. G. WEISS’'scues BUCHDRUCKEREIT. VADMUIGNAHEA | a4a 4224.29 VAHD@LIANIEYHI- Inairrau mann BOHOA na NATTAHIFNEE aıw nad HINCAAR ’ ’ nn nn m a nen PRar 7 aaazıa vaTanır AELIRUTGA ITTINE EN IE Bau NATEImeahEn dad AUIRE Aa m | fs; Jaudrse. SINAGAAA AIG VETZOR IIA \ DwoeaRr a AANSDIIUNERIUE au dalay > KB EI DIDURASO Inhalte Die fossilen Ueberreste gavialarliger Saurier aus der Lias-Formation in der kön. palaeontologischen Sammlung zu München. Beschrieben von Dr. Andr. Wagner, ord. Mitzl. der Ak. Mit 8 Tafeln. (Taf. XV—XXII. des Bandes.) . Beschreibung und Vergleichung der galvanischen Telegraphen Deutschlands, nach Besichtigung im April 1849. Feststellung der vortheilhaftesten Sy- steme. Angabe einer Verbesserung des Morse’schen Apparates. Von C. A. Steinheil, ord. Mitgl. der Ak. . r Ueber den Zahnbau von Myliobates und dem verwandten Rochen Trikeras. Von Dr. E. Harless. Mit 3 Kupfertafeln.. (Taf. XXIII. XXIV. XXV. des Bandes.) . Ueber die Uebereinstimmung des Pygopterus lucius Agass. mit dem Archego- saurus Dechenii Goldf. Von Dr. @. Jäger, ausw. ord. Mitgl. der Ak. Mit einer Tafel. (Taf. XXVI. des Bandes.) . Seite 511 607 841 877 z ılsdal Eher. stadt R e \ ih mi oa -arich ob ann Versmpe- myitieleieeyg Aasnındy] malizach sich , AU ndr nsdstslaaall ‚endsaiitl us yholmınid mndoatgoleinosniag oh: 1. HUR—VZT) Are he A ai ro engel Abk De 3 A a Nas Ba EP Ne De 20. k.asbemtl. na bneidosientt nailqurgslst nadoninsyrion oh yaualsisigwmV bu yandivulonsd -1B nateofiedlischrov ob yanllotatesl ‚ist IrgA mt yengiloiesd dann noY. zteınggh adar'saıol a0b yayımenadın V yonio odegaf auaik i 2 een au iii ir Wein Jh 2 ‚ers hin nodoo uoibaswıay mob bau watmloitelt ov undidet mob 10400 IR. „VERK UEE ET) nee oo nd no BR 2 ne, TREE ES 2% ul) 72,77 0 VE -ogodoih mob Yin ‚any A auioul anıwigoyyT ash gimenmitanisıedoU ib Ba) Ah ob Ill „buo. ‚weoe ‚unhl DB dot 16lod Unna arme MA. 7 Ca VRR ET) RT one Die _ fossilen Ueberreste gavialartiger Saurier aus der Lias - Formation in der k. palaeontologischen Sammlung zu München. Beschrieben von Dr.) A. Wagner, Mitgliede der k. Akademie der Wissenschaften, Mit 8 Tafeln. Abhandlungen d. II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. V. Bd. III, Abthl. 66 13iınsd -asgitıslsivsg laarısda!J malte 7 9b Aus BEN NN SC, Er > Ge Tr sh si “ nd 3 + ri 4% nal N Berlenns edseinolotnonning - add h “ ‘ \" L br 1 no% ; e> N: 2 } SE 11131 u Bag SE: 5 ur ar ” NE r PERLLTEPTEU TE iaf, sünshafk- „A rub sure % Be x; «1 aloter im . 35 dördd- DE ba ba DE mposilanlda F R u 0 2 En Die fossilen Ueberreste gavialartiger Saurier aus der Lias - Formation in der k. palaeontologischen Sammlung zu München. Die Geschichte unserer Akademie der Wissenschaften wird es in ewig dankbarem Andenken aufbewahren, dass König Ludwig die palaeontologische Sammlung des Staates durch Ankauf der Münster’- schen Petrefaktensammlung aus ihrer Beschränktheit auf einmal zur ersten Deutschlands emporgehoben hat. Denn wenn gleich schon die akademische Sammlung eines ausserordentlichen Reichthums an Versteinerungen aus den lithographischen Schiefern Bayerns sich rühmen konnte, so war sie dagegen um so ärmer an organischen Ueberresten aus andern Formationen, insbesondere in den heiden grossen Klassen der kaltblütigen Wirbelthiere, von deren mannig- faltigen und seltsamen, zum Theil gigantischen Formen, wie sie im Muschelkalk und Liaskalk niedergelegt sind, unsere Sammlung 66 * 514 früherhin nichts als etliche Wirbel und Rippenstücke aufzuweisen hatte, Der Ankauf der reichen weltbekannten Sammlung des Gra- fen Münster hat auch in diesen Abtheilungen der früheren grossen Armuth aufeinmal abgeholfen und mir damit Gelegenheit gegeben, zur Förderung der Kenntniss von diesen untergegangenen Thierklassen beitragen zu können. Zu dem Material, das die Münster'sche Samm- lung hiezu lieferte, ist auch noch einiges anderes, zu dessen Besitz ich erst in neuester Zeit gelangt bin, hinzugekommen. Den Anfang mache ich mit den gavialartigen Sauriern der Lias- formation und zwar mit derjenigen Abtheilung, deren Wirbel bicon- cav sind und die man unter die Gattungen Mystriosaurus, Engyom- masaurus, Macrospondylus, Pelagosaurus und Teleosaurus gebracht hat. 5lb ERSTER ABSCHNITT. Die Gattung Mystriosaurus. Nächst schönen Exemplaren von Ichthyosaurus zeichnen sich in der Münster’schen Sammlung unter. den Sauriern der Liasforma- tion besonders diejenigen Ueberreste aus, welche nach dem Vor- gange von Kaup der Gattung Mystriosaurus zugetheilt sind. Wenn man zunächst gewohnt ist, in den urweltlichen Reptilien Formen vor sich zu sehen, die von den lebenden höchst abweichend, zum: Theil ganz paradox sind, so treten uns dagegen in Mystriosaurus und sei- nen Verwandten Gestalten entgegen, deren innige Verwandtschaft mit den Krokodilen und insbesondere mit den Gavialen auf den er- sten Anblick sich kundgibt, wenn gleich Differenzen genug vorhan- den sind, um eine generische Scheidung von den drei Gattungen der lebenden Krokodile vollständig zu rechtfertigen. In wie fern nun aber die weitere Vertheilung der gavialartigen Saurier aus dem Liaskalke in mehrere Gattungen, wie sie Kaup, Bronn und H. von Meyer aufgestellt haben, auf sichere Haltpunkte sich stützen kann, darüber werden wir am Schlusse dieses Abschnittes unser Urtheil abgeben. Die im Nachfolgenden ausführlich zu beschreibenden Ueberreste fossiler gavialartiger Saurier sind die nämlichen, von denen schon früher Graf Münster *) eine kurze Notiz mitgetheilt hat, wozu noch *) Jahrb, der Mineralog. 1843. S. 127. 516 kurz vor seinem Tode, also nach der Veröffentlichung jenes Auf- satzes, ein höchst wichtiges Exemplar hinzugekommen ist, das den Rumpf mit seinen Gliedmassen und Knochenschildern in einer Voll- ständigkeit zeigt, wie kein anderes der bisher aus dem deutschen Lias bekannten Stücke. Den Münster'schen Exemplaren habe ich selbst noch etliche schöne Platten heifügen können, die ich von Berg erhalten habe. Im Ganzen sind es drei verschiedene Fund- orte, von denen die sämmtlichen Exemplare unserer Sammlung aus den Gattungen Mystriosaurus und Pelagosaurus herrühren, nämlich 4) Boll und die in der Nähe liegenden Orte Ohmden und Holzma- den, 2)Berg zwischen Altdorf und Neumarkt, und 3) Mistelgau bei Bayreuth. Ein schöner Gypsabguss vom Teleosaurus cadomensis wird mir zuletzt Gelegenheit geben, auch diesen in Vergleich zu ziehen. I. Die Mystriosaurus von Boll. Besonders reich ist unsere Sammlung an schönen Ueberresten aus der Gattung Mystriosaurus von Boll und dessen Nachbarschaft, indem unter ihnen ein fast vollständiges Skelet und das schon er- wähnte Rumpfskelet sich findet. Mit der Beschreibung dieser Exem- plare von Mystriosaurus mache ich daher auch den Anfang und zwar zuerst mit dem Rumpfskelet, weil dasselbe weit besser und geordneter erhalten, als das ganze Skelet, und daher an ihm die einzelnen Theile leichter und sicherer zu erklären sind. 1. Rumpfskelet des Mystriosaurus Münsteri. Wie erwähnt, ist dieses Exemplar. [Tab. 1], das zur Kenntniss des Rumpfes mit den Gliedmassen und: Schildern unter ‚allen den 517 höchsten Werth hat, dem Grafen erst nach Publication des Verzeich- nisses der in seinem Besitze befindlichen Mystriosaurus-Ueberreste zugekommen, und zwar aus den Brüchen von Holzmaden. Das Thier liegt auf der Bauchseite und wendet also seinen Rücken dem Beschauer zu; dabei ist es fast gerade ausgestreckt. Die Wirbel- säule ist vom letzten Halswirbel an bis zum 23sten Schwanzwirbel vollständig erhalten, wenn auch grossentheils von den Schildern überdeckt; die ganze Länge dieser Wirbelreihe beträgt 54 Fuss. Der Schädel mit den ersten sechs Halswirbeln ist durch einen Querriss im Gesteine weggebrochen; der letzte von. diesen nebst den fünf ersten Rückenwirbeln ist grösstentheils sichtlich; die fol- genden sind nebst den Lenden-, Becken- und den ersten Schwanz- wirbeln unter den Schildern verborgen; die letzten von diesen sind aber wieder frei. Die Gliedmassen sind auf der rechten Seite in der natürlichen Verbindung ihrer Theile geblieben, nur die Hand- knochen sind aus- und durcheinander geworfen. Auf der linken Seite dagegen sind die Knochen der Gliedmassen bedeutend aus- einander gerissen worden, der Oberschenkelknochen sogar quer un- ter dem Rückgrathe durchgeschoben, so dass sein oberes Ende da- durch auf die rechte Körperseite zu liegen kommt; das Schienbein und der ganze Hinterfuss sind jedoch in ihrer normalen Verbindung untereinander geblieben. Beide Hinterfüsse sind in ihrer ganzen Vollständigkeit bis zu den äussersten Phalangen erbalten, was bei keinem andern der bisher beschriebenen Skelete der Fall ist, und wodurch also die Beschaffenheit dieser Theile klar dargelegt ist. Ein weiterer Vorzug dieses Exemplares ist, dass von den Rücken- schildern zwei ganze Längsreihen vom ersten Rückenwirbel an bis auf das erste Drittel des Schwanzes hinab sich erhalten haben, so dass Form und Verbindung derselben an dem grössten Theile der Oberseite deutlich erkannt werden kann. Als gedachtes Exemplar in den Besitz des Grafen Münster kam, war es grösstentheils von 518 der festen Gesteinsmasse überlagert, aus der die geschickte Hand seines Dieners Ditterich, der nunmehr auch der unserer palaeontolo- gischen Sammlung geworden ist, es in der gelungensten Weise her- ausarbeitete.. Wir gehen nun zur Beschreibung dieses Exemplares über, wobei die Vorlage unserer Abbildungen in den meisten Fäl- len eine ausführliche Detailschilderung entbehrlich macht, zumal als in den Formen der Knochen der wohlbekannte Krokodil-Typus wie- derholt ist. a. Wirbel und Rippen. Die Wirbelsäule dieses Exemplares ist grösstentheils von den Schildern überdeckt und nur ihr Anfang und Ende ist durch Ver- schiebung von den letzteren entblösst. Die sechs ersten Halswirbel fehlen zugleich mit dem Schädel; nur an dem letzten hat sich noch ein Tbeil des Körpers nebst dem beilförmigen Rippenfortsatz der rechten Seite erhalten. Rückenwirbel lassen sich sechzehn nachweisen, was auch durch die Zahl der Rippen auf der rechten Seite bestätigt wird, und dar- auf folgen drei rippenlose Lendenwirbel. Bronn gibt zwar für beide bei seinen zuerst beschriebenen Exemplaren eine geringere Zahl an; dies wird aber wohl nur von dem schadhaften Zustande der von ihm untersuchten Exemplare herrühren; denn Owen hat am Mystrio- saurus [’Teleosaurus] Chapmani dasselbe Verhältniss wie ich ge- funden. Die ersten fünf Rückenwirbel liegen entblöst da, jedoch mit verstümmelien Fortsätzen, so dass sich wenig mehr üher ihre Form sagen lässt, als dass sie auf der Aussenseite stark ausgehöhlt | sind. Die folgenden Rückenwirbel sind von dem Panzer überdeckt, doch lassen sie sich an ihren obern Dornfortsätzen unterscheiden, welche sich zwischen den beiden noch erhaltenen Längsreihen von 519 Schildern emporgedrängt haben, als letztere durch den gewaltigen Druck’ der sich ablageruden Gesteinsmassen niedergedrückt und da- durch auseinander gerissen wurden. Diese obern Dornfortsätze sind heträchtlich breit, so dass sie einander ganz oder fast ganz berüh- ren. Die 3 Lendenwirbel sind ebenfalls verdeckt, lassen jedoch auch den obern Rand ihrer ansehnlichen obern Dornfortsätze wahrnehmen. Ihre hintere Begrenzung ist durch den vom ersten Beckenwirbel zum Hüftbein abgehenden Qnerfortsatz unverkennbar gegeben. Die Beckenwirbel sind gleich ihren Vorgängern verdeckt, sie sind jedoch, und zwar im Betrage von nicht mehr als 2, durch die beiden starken Querfortsätze, die von ihnen zum Hüftbein abgehen, angezeigt; der erste von diesen ist ganz, der letzte nur theilweise vorhanden. Auch die Schwanzwirbel sind anfangs von den Schildern über- lagert, doch treten bald ihre Körper hervor und die letzten 5 [ Tab. 4 Fig. 1] sind ganz eniblöst.. Die Fortsätze sind meist abgebrochen; nur. die 'Dornfortsätze haben sich, indem’ die Wirbel bei der Ver- steinerung auf die Seite gewendet wurden, bei den letzten gut. er- halten und sind stärker als bei den Krokodilen. Von den untern Dornfortsätzen sind nur wenige, und diese meist‘ nicht deutlich vor- handen; an. besten ist es der letzte, der sich in’ der Form eines Y kundgibt. So weit die Bildung der Wirbel erkannt werden kann, zeigt sich ihre grosse Aehnlichkeit mit der der Krokodile; über die Be- schaflenheit der Gelenkflächen jedoch müssen wir uns Auskunft bei den folgenden Exemplaren erholen. Brustrippen sind auf beiden Rumpfseiten sichtlich, und zwar Abhandlungen der II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. V. Bd, III. Abth. 67 520 auf der 'hesser erhaltenen rechten 15, die in geordneter natürlicher Lage unmittelbar hinter der Halsrippe aufeinander folgen. Von der 16ten Rippe ist nur ein Bruchstück wahrnehmbar. Die Rippen sind stark, gekrümmt, und wie bei allen Krokodilen ist an den vordern ihr oberes Ende gespalten, um sich mit zwei Stellen des Wirbels in ‘Verbindung zu setzen, Bei der’Bauchlage unsers Exenplares lässt sich vom Brustbein und etwaigen Bauchrippen nichts wahrnehmen, wenn anders nicht der auf der rechten Seite unmittelbar vor dem Schambeine sichtliche rippenförmige Knochen eine solche andeutet. b. Vordere Gliedmassen. Mit allen andern Mystriosauren theilt auch der vorliegende das Missverhältniss in der Länge der vordern und hintern Gliedmassen, indem letztere fast um das Doppelte länger sind als die erstern. In diesem Missverhältnisse liegt auch ein Hauptunterschied der My- striosauren von den Krokodilen. Die langen Knochen sind alle mit Markröhren versehen. | Auf der linken Seite sind Schulterblatt und Schlüsselbein nicht sichtlich und die Knochen der Extremität selbst auseinander gerissen und umher gestreut; auf der rechten Seite finden sich dieselben in besserer Ordnung. Der Krokodils- Charakter ist in ihren Formen deutlich ausgeprägt. Das Schulterblatt ist am Gelenkrande etwas verdrückt und be- schädigt. Das ‚Schlüsselbein, richtiger als Rabenschnabelhein [os eo- racoideum] bezeichnet, tritt nur mit seiner äussern Hälfte frei hervor. 527 Das Oberarmbein‘ | Tab. 5 Fig. 1]..ist viel‘ kleiner und. schwä- cher als beiin' Krokodil, sonst: von, ähnlicher Gestalt, nur! etwas we- niger gekrümmt. Das rechte zeigt sich von der Aussenseite, das linke von der Innenseite, und: an dieser lässt sich die Leiste: wie bei: den: lebenden: Verwandten. wahrnehmen: Das Ellenbogenbein ist stärker gekrümmt als bei den Kroko- dilen; die Speiche ist etwas auswärts gebogen, su: dass beide zwi- schen sich einen verhältuissmässig grössern Zwischenraum lassen. Während Ober- und Vorderarm auf der rechten Seite in: ihrer natürlichen Verbindung geblieben sind, sind dagegen die Knochen der beiden Hände mehr oder weniger auseinander gerissen worden, so dass sich nicht die Zahl der Finger und noch weniger die jhrer Phalangen ermitteln lässt. In der Handwurzel sind: übrigens’ die beiden grossen-Knochen der Krokodile, von denen der grössere un- ter der Speiche, der kleinere unter der Ulna liegt, noch wohl: er- halten; Mittelhandknochen und Phalangen, so wie 2 kleine zuge- spitzte Krallenglieder sind ebenfalls zu unterscheiden. Sie sind vom ‚ typischen Charakter der Krokodile, nur sind die Hände bei der aus- gestorbenen Gattung überhaupt unverhältnissmässig schwächer und kleiner, als bei jenen. ce. Hintere Gliedmassen. So schwach die vorderen Gliedmassen entwickelt sind, so: be- trächtlich sind es die hinteren. Auch ihre Formen sind durchgängig nach denen der Krokodile gemodelt, so dass’ wir uns'bei ihrer Be- schreibung kurz fassen können: Das Hüftbein: hat sieh‘ auf: der' rechten Seite- in seiner 'natür- 67* 522 lichen Lage erhalten, nur ist sein hinterer Rand beschädigt. Es zeigt ganz den Charakter der Krokodile. — Das Sifsbein ist mit seinem hinteren Rande aufgerichtet, dabei aber so -beschädigt, dass sich seine Form nicht sicher erkennen lässt. Hierüber wird das unter Nr. 3 in Rede kommende Exemplar evidenten Aufschluss ge- währen. — Das Schambein [Tab. 5 Fig. 3] ist auf der rechten Seite ganz sichtlich und von der in dieser Familie charakteristischen Form, aber schlanker. Die rechte Extremität ist längs ihrer ganzen Erstreckung noch in der natürlichen Verbindung aller ihrer Theile geblieben. Das rechte Oberschenkelbein |Tab. 6 Fig. 2] ist selbst noch in seiner Gelenkung mit dem Becken erhalten, während das linke aus der- selben gerissen und quer unter den Panzer durchgeschoben wurde. Beide zeigen sich von ihrer Aussenseite, daher auch ihre Krümmung in einer und derselben Ebene liegt. Es ist ein langer, starker, mässig gekrümmter Knochen. Die Unterschenkelknochen [Tab. 6 Fig. 1], obschon sie sich auf der rechten Seite ebenfalls nicht von ihrer breiten Fläche her zeigen, erscheinen doch beide als sehr starke und lange Knochen, wenn gleich sie in dieser Hinsicht dem Oberschenkelbein nachstehen. Der Schaft des Wadenbeins ist schwächer als der des Schienbeins. Auf der linken Seite stellt sich das Schienbein in seiner ganzen Breite dar, indem es die Vorderseite aufweist; sein Schaft ist stär- ker als bei den Krokodilen. Von besonders guter Erhaltung sind die beiden Hinterfüsse, die sehr kräftig gebaut sind. Die Fusswurzel besteht wie bei den Kro- kodilen aus 5 Knochen von ähnlicher Form und Lage: die beiden grossen [Sprung- und Fersenbein] in der ersten, und die 3 kleinern 523 in der 2ten Reihe; von den letztern ist jedoch das äussere ebenfalls ziemlich gross. — Der Mittelfuss ist wie bei den Krokodilen nur aus 4 Knochen zusammengesetzt, von denen der innere am kräftig- sten und am meisten gekrümmt ist, während die andern schlank und gerade sind; alle sind sehr lang, doch die beiden äussern etwas kürzer. — An beiden Füssen sind die Phalangen vollständig erbal- ten, und es zeigt sich, dass die innerste Zehe aus 2, die zweite aus 3, die dritte aus 4 und die vierte oder äusserste ebenfalls aus’ 4 Phalangen besteht. Die äusserste Zehe trägt an ihrem letzten Gliede keine Kralle, wohl aber die 3 innern. Sowohl in dieser Hinsicht als in der Zahl der Zehen und ihrer Phalangen kommt der Hinter- fuss des Mystriosaurus mit dem der Krokodile überein. Die Krallen dagegen sind nicht so lang und nicht so gekrümmt als bei letzteren, dafür am ersten und zweiten Finger stärker. d. Panzer. Die Beschaffenheit des Panzers, der die Mystriosauren eben so wie die Krokodile bedeckt, ist zur Zeit noch nicht in seiner ganzen Zusammensetzung bekannt. Auch bei unserem Exemplare ist die Panzerbedeckung nicht in ihrem ganzen Zusammenhange erhalten, aber doch sind von ihr zwei Längsreihen des Rückens in grosser Ausdehnung und Vollständigkeit übrig geblieben, so dass wir wenigstens deren Beschaffenheit genauer angeben können als dies bisher der Fall war. Die beiden eben erwähnten Längsreihen gehören der Mittelge- gend der Rückenseite unsers Exemplars an und erstrecken sich fast über deren ganze Länge, indem sie nur den hintern Schwanzwirbeln, die an demselben erhalten sind, abgehen. Diese beiden Längsreihen theilen sich, insoweit sie noch vorhanden sind, wieder in 39 parallel 524 unter. einander verlaufende Querreihen, so dass. jede der letzteren 2 nebeneinander: liegende Schilder enthält; nur’ sehr selten Zzeigem sieh noch: schwache ‚Spuren eines; dritten. i Diese Längsreihen beginnen mit: dem: ersten. Rückenwirbel| und: sind anfänglich neben diese auf die linke Seite gedrückt, so. dass sie deren. Körper sichtlich werden: lassen. Aber schon mit-der: Sten wenden ‚sie sich mehr rechts: und verdecken. von nun an die Wir- bel, von. denen nur noch vom: 9ten Rückenwirbel‘an bis zum Anfang! der; Schwanzwirbel' die obern. Dornfortsätze durchgebrochen sind, so: dass im dieser Erstreckung dadurch: die: beiden: Reihen auseinan- der: gehalten werden. Was die Zahl der in diesen Längsreihen vorkommenden Schil- der anbetrifft, so sind vom ersten Rückenwirbel an bis zum ersten Beckenwirbel, der an seinem starken, zum Hüftbein gehenden Quer- fortsatz leicht zu erkennen ist, mit aller Sicherheit 19 Querreihen zua- zählen, also eben so viel als Wirbel [nämlich 16 Rücken- und - 3« Lendenwirbel] in‘ derselben Region zu zählen sind: ‚Auch im weitern Verlaufe längs des: Beckens und Schwanzes: zeigt es sich, dass die Zahl: der Schilder-Querreihen der. der Wirbel‘ entspre- chend ist. Wie bei, den andern Mystriosauren sind. alle: diese Rücken- schilder auf ihrer Oberseite mit Gruben versehen, . wodurch: sich: die. ausgestorbene Gattung gleich von den lebenden Krokodilen unter- seheideti' Die ersten Rückenschilder, [Tah. 4 Fig; 2] sind: klein, fast! quadratisch, nur etwas: breiter. als lang [letzteres von vorn naeh: histen: gerechnet] und: tragen längs: der- Mitte eine erhabene Lieiste,, neben. .der:jederseits 3—4 Gruben: befindlich: sind: Indem die Sehil- der im: Fortgange schnell..grösser : werden. und dabei» die Dimension, 525 der Breite über die der Läuge vorwiegt, rückt die Leiste mehr gegen die Aussenseite derselben, ist jedoch nur schwach angedeutet, bis sie vom Aufange des Schwanzes an wieder stark sich 'hervor- hebt und nun zugleich ganz den Aussenrand ausmacht, indem 'we- nigstens ihr darüber hinausragender Theil von der nächstfolgenden Längsreihe ‚überdeckt wird [Tab. 4 Fig. 3, 4]. Sonach bilden sich ‚auf dem ‚Schwanze 2. starke Längskiele, von denen je einer längs des Aussenrandes einer jeden der beiden Schuppen in den. zwei Längsreihen ‘verläuft. Mit Ausnahme der ersten Rückenschilder haben die übrigen Schilder der Rücken-, Lenden-, Becken- und des Anfangs der Schwanzgegend ziemlich gleiche Grösse, bis sie im weitern Verlaufe des Schwanzes wieder kleiner werden. Die Art, wie sie sich gegenseitig decken, ist aus unsern Abbildungen deut- lich zu ersehen und wird noch weiter bei Teleosaurus cadomensis erläutert werden. Während die Unterseite der Schilder ganz glatt und eben ist, ist dagegen ihre Oberseite mit zahlreichen [zwischen 20 und 30 sich belaufenden] Gruben besetzt, die eine mehr oder minder ovale Form, eine Länge von 1—4 Linien und eine Tiefe von 1 Linie und darüber haben. Da ihre Zwischenwände nicht sehr breit. sind, so bringen sie eine Art unregelmässigen Netzwerkes zu Wege. Ueber die Beschaffenheit der Bauchschilder lässt sich nichts Sicheres sagen, da dieselben grösstentheils verdeckt sind. Erwäh- nung verdient nur noch eine Reihe Schilder, die von den bisher er- wähnten abweichen. Man sieht nämlich auf der rechten Seite des Schwanzes gleich hinter dem quer durchgeschobenen Kopfe des lin- ken Oberschenkels — also gegenüber der doppelten Längsreihe grosser Schilder — eine Reihe kleinerer Schilder längs der Schwanz- wirbelreihe verlaufen, von denen die ersten 8 platt und eben sind 526 und: vorn einen zungenähnlichen Vorsprung haben, ähnlich wie Bronn solche Schilder auf Tab, IC bei R angegeben hat. ‚Die folgenden Schilder in dieser Reihe sind grubig mit einem starken. Längskiele und kommen in ihrer Form. mit den kleineren Schwanzschildern über- ein, welche auf die grossen nachfolgen. Die Dimensionsverhältnisse der Schilder können aus den nach- stehenden Angaben, so wie aus der Ansicht der ganz genau gefer- tigten Zeichnungen entnommen werden. Länge (von vorn Breite. nach hinten). Schild aus der 2ten Querreihe derRückenwirbel| 0 114 | 1 Fr PL }} Sten „ „ ” 1 fe) De 2 sten 7% „ Lendenwirbel| 1 7 ei) — dasselbe bis zur Längsleiste gerechnet | . . 009 — aus der 3ten Schwanzreihe, inneres . | 1 7 AT Fr ”„.» » ” äusseres . er 1. 10 — dasselbe bis zur Längsleiste gerechnet 1,3 Die Ausmessungen der übrigen Grössenverhältnisse dieses Exem- plares werden bei dem folgenden mit aufgenommen werden. 2. Ganzes Skelet des Mystriosaurus Münsteri. Ich gehe nun über zur Beschreibung des in grösserer, Ausdeh- nung, als es bei dem im Voranstehenden charakterisirten Exemplare der Fall ist, erhaltenen Skeletes, das aus der nämlichen Localität von Holzmaden herrührt, und dessen schon Graf Münster *) unter - *) Jahrb. für Mineralog. 1843. S. 132. 527 Nr. 11 gedenkt. Es zeichnet sich von dem vorhergehenden dadurch aus, dass an ihm der ganze Schädel mit den 7 Halswirbeln und vom Schwanz äuch weit mehr, nämlich 35 Wirbel desselben erhalten sind, so dass es im Ganzen eine Länge von 10 Kuss hat. Das Thier liegt auf der Bauchseite; der Rumpf ist in einem starken Bo- gen gekrümmt, der sich längs des Schädels und Schwanzes fort setzt, so dass beide ab- und auswärts gerichtet sind. Der Schä- del und die meisten Halswirbel sind in sehr gutem Zustande; die Rücken-, Lenden- und Beckenwirbel sind aber stark auseinander geworfen und eben so die Schilder umhergestreut, wodurch diese ganze Region an Deutlichkeit dem vorhergehenden Exemplare weit nachsteht. Unter der Zerrüttung, die diese Gegend erfahren hat, haben auch die Gliedmassen gelitten, indem sie theils beschädigt, theils von den umhergestreuten Wirbeln, Rippen und Schildern ver- deckt sind; ain meisten haben darunter die Extremitäten, welche der linken Seite angehören, weit weniger die der rechten Seite an ihrer Integrität eingebüsst. a Sehädel. Der vorzüglichste Theil des ganzen Skeletes ist der Schädel [Tab. 2], der in der grössten Vollständigkeit erhalten ist, und sich mit seiner Oberseite dem Beschauer zuwendet, während seine untere ' auf der Steinplatte aufliegt. Nur das Vorderende der Schnautze ist von dem Uebrigen durch einen Querriss getrennt, was den grossen Vortheil mit sich brachte, dass man es deshalb leicht aus dem Ge- stein loslösen konnte, so dass es herausgehoben und nu» auch die Beschaffenheit des Unterkieferendes wahrgenommen werden kann. Der Unterkiefer ragt mit seinen gewaltigen Gelenktheilen weit über das Hinterhaupt hinaus und ist auch noch zu beiden Seiten des Hin- terschädels etwas sichtlich; längs des Schnautzentheils ist er aber Abhandlungen d. IE €} d. k Ak. d. Wiss. V. Bd. Ill. Abth. 68 528 auf der linken Seite ganz verdeckt und kommt nur auf der rechten Seite mit seinem obern Rande etwas zum Vorschein. Der ohnedies flache Schädel ist durch den Druck noch etwas flacher geworden, auch scheint die linke Seite des Hinterhauptes einen schwachen seitlichen Druck erlitten zu haben, wie denn schon Bronn bemerkt, dass in den Liasschiefern nicht blos hohle, sondern jauch zellige und poröse Körper leicht erweicht und dadurch biegsam geworden zu seyn scheinen. Der Schädel hat im Ganzen eine langgestreckte schmächtige Form und zeichnet sich besonders durch die überaus lange, flache, rüsselartige Schnautze aus, zu der er sich vor den Augenhöhlen ziemlich schnell verschmächtigt und dadurch an die Gaviale sich anschliesst. Da die untere Seite ganz verdeckt ist, so kann an diesem Schädel auch keine Auskunft über seine Grundfläche erholt werden und die zwischen Geoflroy und Bronn strittig gewordene Frage über die Lage der hintern Nasenlöcher darf also von diesem Exemplare keine Lösung erwarten. Nur über die Oberseite kan er Auskunft geben, und auch da lässt sich über die Abgrenzung der einzelnen Knochen gegeneinander wenig Sicheres sagen, da alle Näthe verschwunden sind. In seinen wesentlichen Merkmalen komtmnt übrigens der Schädel unsers Exemplares, wie dies der erste Bliek auf die Abbildung schon ausweist, vollkommen mit den typischen Formen der Gattung Mystriosaurus überein, so dass wir bei seiner Beschreibung nur das Charakteristische hervorzuheben brauchen. Das Uebergewicht der grossen Scheitellöcher über die Augen- . höhlen theilt er mit allen Mystriosauren als charakteristisches Gat- tungsmerkmal, Die Scheitellöcher sind etwas länger als breit, mit eingebogenem Aussenrande und abgerundeten äussern Winkeln. Ein schmaler Saum fasst sie hinten und an den beiden Seiten ein, und 529 unter sich sind sie ebenfalls blos durch eine schmale Leiste getrennt, so dass dem Scheitelbeine und den beiden Zitzenbeinen nur sehr * wenig Substanz übrig bleibt. Bei ihrer grossen Weite kann man einen Theil der Schädelgrundfläche sehen, in ähnlicher Weise wie beim Mystriosaurus Tiedemanni und 'Feleosaurus cadomensis. Die Augenhöhlen sind verhältwissmässig klein, ganz nach oben gewendet und ohne aufgeworfenen Rand; sie haben eine ovale Forn und die linke ist weit sehmäler als die rechte, was indess blos Folge des seitlichen Druckes zu seyn scheint, den die linke Hälfte des Hin- terhaupts erfahren hat. Der Zwischenraum zwischen den beiden Augenhöhlen ist ziemlich breit, ausgehöhlt und mit Grübehen wie bei den Krokodilen besetzt. Die Nasenbeine laufen an derselben Stelle wie bei den Gavialen in einen Zwickel aus und nehmen also an der Bildung der vordern Nasenhöhle eben so wenig Antlreil als bei letzteren, so dass der gavialartige Rüssel im grössten Theil seiner Erstreckung auf der Oberseite nur von den Oberkiefer- und Zwi- schenkieferbeinen gebildet wird. Nach seiner ganzen Länge ver- läuft vom Stirnbeine an eine tiefe Mittelfurche und neben ihr jeder- seits eine schwächere, welche jedoch nicht so weit rückwärts reicht als die mittlere und vorn in eine Reihe von seichten Gruben sich auflöst. Eine starke Anschwellung findet sich zu beiden Seiten des Wurzeltheils des Rüssels. Der Unterkiefer, so weit er sichtlich: ist, stellt sich in der charakteristischen Forın der Krokodile dar, mit starken, pyramidalen, gebogenen, auf der Oberseite theilweise aus- gehöhlten Gelenktheilen, die bis zum Eude des dritten Halswirbels reichen und dem Gelenkstück des Schläfenbeins [os tympanicum s. quadratum] eine breite Gelenkfläche darbieten. Längs der rechten Seite sieht ınan theilweise die fortlaufende Reihe der Zähne des Ober- und Unterkiefers, welche miteinander abwechseln, eine ziem- lich schlanke, kegelförmige, etwas gekrümmte Gestalt haben und der Länge nach fein gestreift sind. Da sie meist vom Gestein ver- 68* 530 deckt oder abgebrochen sind, so lässt sich ihre volle Anzahl nicht ermitteln. Besondere Berücksichtigung verdient noch das Vorderende desRüs- sels [Tab. 3 Fig. 1, 2], das, wie schon erwähnt, vom Gestein los- gelöst und daher von allen Seiten der Betrachtung zugänglich ge- worden ist. Beide Kiefer sind fest aufeinander gepresst und der obere breitet sich am Ende spatelartig aus mit breit abgerundetem Vorderrande. Die Nasenhöhle liegt ganz am Vorderende in querer Richtung, so dass sie fast nochmal so breit als lang ist. Ihr binte- rer Rand hat in der Mitte einen schwachen Vorsprung nnd ist zu dessen beiden Seiten etwas ausgeschweift: ihr vorderer Rand ist zugleich der der Rüsselspitze. Längs der Mitte des Bodens der Nasenhöhle ist eine Leiste sichtlich, die bis zum Vorderrande auf- steigt. Der Unterkiefer ist in seinem Endtheil etwas flach gewölbt, hat längs seiner Mitte einen feinen Kiel, und erweitert sich nur schwach gegen sein Ende. Am Vorderrande hat er einen tiefen Ausschnitt, wie er sieh auch an andern Mystriosauren findet, und ist um 5“ kürzer als der Oberkiefer, dessen Vorsprung auf der Unterseite durch eine tiefe Rinne ausgehöhlt ist. Zu jeder Seite dieser Rinne sitzen dicht nebeneinander 2 Zähne, von denen die beiden linken und der innere rechte ganz abgebrochen sind, wäh- rend der äussere rechte noch sichtlich ist und sich als ein schmäch- tiger, etwas gekrümmter uud gestreifter Zahn darstellt. Etwas ab- gerückt von diesen Zähnen sieht man auf. der linken Seite hinter ihnen die ausgefüllten Alveolen zweier anderer Zähne und auf der rechten Seite ragt ein starker, ohne die abgebrochene Spitze noch 74 langer und am Grunde 24” breiter Zahn hervor. Der Unter- kiefer trägt am Vorderende jederseits 2 etwas gekrümmte Zähne, die 34” auseinander stehen. Das Gebiss am Vorderende des Ober- 531 und Unterkiefers ist also von derselben Beschaflenheit, wie sie von Kaup und Bronn angegeben ist. b. Rumpf und Gliedmassen. Zur Kenntniss der Structurverhältnisse des Knochengerüstes von Mystriosaurus ist es uns von Wichtigkeit, dass gerade an die- . sem Exemplare noch die sämmtlichen 7 Wirbel des Halses erhalten sind, von denen am vorigen Stücke nur der letzte allein und noch dazu in sehr beschädigtem Zustande vorbanden ist. Sie sind zwar hier auch aus ihrer normalen Lage gebracht, so dass der erste ganz zerrüttet und die übrigen so umgewendet sind, dass die obern Dorn- fortsätze nach unten, die rippenförmigen Anhängsel nach oben schauen; allein sie sind doch in hinreichend gutem Stande, um an ihnen den Krokodilscharakter zu erkennen und insbesondere daran wahrzuneh- men, dass die rippenartigen Anhängsel der Halswirbel ganz von derselben Beschaffenheit sind, wie sie bereits Bronn ausführlich be- schrieben hat. Die Anzahl der Rücken-, Lenden- und Beckenwirbel lässt sich an diesem Exemplare nicht mit Sicherheit angeben. Zwar will Graf Müuster 17 Brust- und Lenden-, daun 2 Beckenwirbel erken- nen; indess bei der grossen Zerrüttung, die der ganze Rumpf er- litten, und wodurch dessen Wirbel auseinander gerissen und zum Theil von den Schildern überdeckt wurden, bleibt eine solche Zäh- Jung immer unsicher. Mit einiger Verlässigkeit glaube ich in der ganzen Rumpfregion nur 16 Wirbel aufgefunden zu haben; jeden- falls sind aber etliche verdeckt, und es kann wohl keinem Zweifel unterliegen, dass ihre Zahl und Vertheilung die nämliche wie bei dem vorigen Exemplare ist. 532 Trägt die Zerrüttung der Rumpfregion die Schuld, dass die Anzahl der Wirbel nicht ermittelt werden kann, so bringt sie dage- gen den Vortheil, dass an vielen Wirbelo die Biconcavität ihres Körpers und an andern die ganze Ausdehnung und Form ihrer Quer- fortsätze erkannt werden kann. Besonders deutlich sind mehrere Wirbel aus der Mitte des Rückens, an denen zwar die Doinfort- sätze abgebrochen, desto besser aber die beiden flügelartig ausge- breiteten Querfortsätze wahrzugehmen sind, die hier sehr stark er- scheinen und deren jeder, wie bei den Krokodilen, an seinem Einde 2 Gelenkflächen zur Anfügung der Rippe seiner Seite trägt. — Die Rippen sind wie beim vorigen Exemplare beschaffen. Vom Brustbeme lässt sich auch hier mit Sicherheit nichts erkennen, Von Selwanzwirbeln sind 35 vorhanden, also nur einer weniger als Owen im vollständigen Schwanze des Mystriosaurus Chapmani gefunden hat; übrigens ist au unserem Exemplare der Schwanz nicht ganz vollzählig, doch werden wohl nicht mehr als 1 oder 2 Wirbel an der Spitze fehlen. Die Sehwanzwirbel sind zwar in ihrem na- türlichen Zusammenhange geblieben, aber sie sind ebenfalls umge- dreht, so dass die obern Dornfortsätze abwärts gewendet sind. Diese sind in der ersten Hälfte ungemein breit, werden dann schwä- eher und mehr denen der Krokodile ähnlich, indem sie am hinteren Wirbelende in einer schmalen Leiste aufsteigen, die an ihrer vor- dern Basis sich saumartig gegen den- Vordertheil des Wirbels hinzieht. Ueber die Beschaffenheit der @liedmassen brauche ich nur we- nig zu sagen, da sie durchgängig in allen ihren Formen mit denen des vorhin beschriebenen ersten Exemplares übereinkommen, aber in der Vollständigkeit der Erhaltung demselben weit nachstehen. Auf der rechten Seite sind Schulterblatt, Rabenschnabelhein und Ober- 533 armbein noch in gutem Stande, wenn gleich ausser Verbindung. Die dazu gehörigen Vorderarmknochen liegen noch nebeneinander, aber die Handknochen sind weit umhergestreut. Eben so hat sich auf derselben Seite das Schambein und der Oberschenkelknochen gut conservirt. Dasselbe gilt für die beiden Unterschenkelknochen, die in ihrer natürlichen Verbindung mit dem Hinterfusse geblieben sind, dessen Theile in der nämlichen Anzahl und Form wie bei dem vo- rigen Rumpfskelete vorkommen, nur dass sie minder dentlich und mehr beschädigt sind, weil sie aus einem von Schwefelkies stark durchdrungenen Schiefer herausgearbeitet werden mussten. Auf der linken Seite ist nur noch das Wadenbein sichtlich; die 4 Mittelfuss- knochen sind vorhanden, aber verschoben und dicht aneinander ge- drängt; die 4 Zehen sind abgetrenut und etwas verworfen, sonst jedoch ziemlich gut conservirt. r Eine Menge Schilder der Oberseite sind umher gestreut und kommen in allen Beziehungen mit denen des vorigen Exemplares überein. e. Grössenverhältnisse. In nachstehender Tabelle, welche die Dimensionsverhältnisse augiebt, habe ich die vorgenommenen Ausmessungen am ganzen Ske- let mit denen des zuerst aufgeführten Rumpfskeletes zusammengestellt. Ganzes Skelet. (Nr, 2.) Rumpfskelet. (Nr. 1.) Schädel. || Vom Hinterhauptsgelenkkopf bis zum 24" 10% Schnautzenrande . Vom Hinterhauptsgelenkkopf bis zum Vorderrand der Scheitellöcher . 3 11 | Vom Hinterhauptsrande zu den hintern Augenrändern.. Vom vordern NAHER bis zur Rüsselspitze . . ai Ya ı Breite der Scheitelfläche hinter den Au- genhöhlen . . ..... Breite der Scheitelfläche ae Fre Schei- tellöchern . . . a a ee | Breite des Schädels an den vordern Augenrändern. . . . - ; | Breite des Rüsseltheils in cf Mitte. Breite des Rüsseltheils, geringste, hinter dem 4ten Zahne . E Breite des Rüsseltheils, grösste, vor dem 4ten Zahne . g Dicke des Rüsseltheils am ee Grösste Länge der linken Augenhöhle er : Grösste Breite der linken Aueihöhne - \ — Länge „, rechten Y — Breite ,, linken 7 ‚ Kleinster Abstand beider voneinander . Grösste Länge des’Scheitellochs, aussen | Breite desselben ı Länge des Gelenktheils des Ühterkiffers hinter dem Gelenke Länge des grössten Zahns im Ober! kiefer ' Dicke desselben an der Wurzel . | Wirbel. \ Länge der Halswirbelreihe . . — der Rücken- und Lendenwirbel- reihe zusammen Ganzes Skelet. | Rumpfskelet. (Nr. 1.) (Nr. 2.) Ganzes Skelet. Rumpfskelet, (Nr. 1.) Länge ‘des 4ten Halswirbels. : — eines: vordern Rückenwirbels | 1" 7 ‚bis — eines Querfortsatzes an demselben | |Breite, grösste, desselben : | Länge eines: Schwanzwirbels im ersten Drittel BEN 4 Länge eines: Dornfortsatzes denselben v ‚Breite desselben. \ | h Vorderglieder. [Schulterbkatt, Länge . Breite des Gelenkrandes . Rabenschnabelbein, Länge . i . E= Breite des Schulter- endes.. u |Oberarmbein, Länge . ae Aa | j — geringste Breite, mitten. Eh ubörenzährel Länge . | _ Breite am obern Ende |Speiche, Länget. .. - .. . | _ Breite am obern Ende 4 Längster Knochen der Handwurzel . | _ „r Mittelhand. m OO Wo wo ı 8 Hinterglieder,. Schambein, Länge . m — Breite am vordern Ende oO n © _— » » ÄAintern ,, 3 t » 0 Oberschenkelbein, Länge . . . . . 8 177 ray 1 5 dein [or$ en Breite oben . , 1 1 2 ‚ unten or 1 00 fer |Schienbein, Länge.» » 22 =..1 5 5 Abhandlungen der I. Cl. d. k Ak. d. Wiss, V. Bd Ill. Abth. 69 536 Schienbein, Breite oben . — +: © unten) 0. mr. 48 Hinterfuss, Länge bis zur mittlern Zehen- SPIeZEIE TE NL ER, 1ster Mittelfussknochen |2ter —_ Ster _ | dter — ER I \1ste Zehe (Daumenzehe) 1 Glied. | — — 2 9 |2te Zehe 1 Glied DES U EEE Zu UV EEE ZEUG) Aus der vorstehenden Tabelle ist ersichtlich, dass beide Ske- lete in allen vergleichbaren Theilen fast genau dieselbe Grösse besitzen, woraus schon folgt, dass beide gleiche Körperlänge gehabt hatten. Dies Resultat ergiebt sich auch, wenn man die dem Rumpf- skelet fehlenden Stücke nach dem ganzen Skelet in folgender Weise ergänzt: Ganzes Skelet. Rumpfskelet. (Nr, 2.), (Nr. 1.) u El 0 11 7 10" 7 9 3 7 3 8 3 11? 3 114 3 114 3 114 3 8 1 1 1 4 0 94 0 8 0 7 0 7 0 8 0 7 0 8 0 64 1 54 1 5 0 410, 0 8 0 51 0 5 1 b) 1 7 0 10 0 104 0 64 0 64 ; 0 34 Länge des Rumpfskelets- Fragments . EA 1. w fehlenden 6 Halswirbel (an 2 ganzen Sheler DEZNEOTIERBEII)" "0. vor. Dam Ne ER | re N ii fehlenden Schädels . . . . . a RT | — des fehlenden Schwanzstücks (in so weit es noch am | Skelet Nr. 2 erhalten ist) gu dile 1 Im Ganzen . .. | 9 8 Es kommt demnach für das ergänzte Skelet Nr. 1 dieselbe Körperläuge heraus, wie sie unser Skelet Nr. 2 zeigt, und wir be- sitzen also an ihnen die Ueberreste zweier Individuen, die sowohl nach Form- als Grösseverhältnissen miteinander aufs vollkommenste übereinstimmen. 3. Drei kleinere Fragmente von Boll. a Es sind dies die nämlichen, welche Graf Müuster in seinen Berichte „über süddeutsche Lias-Reptilien“ unter Nr. 8, 9 und 10 aufgeführt hat. a) Das erste von diesen [Tab. 7 Fig. 9, Tab. 8 Fig. S] ist der vordere Rüssellheil eines Mystriosaurus, deu Graf Münster einer besondern Art, von ihm als Mystriosaurus canalifer bezeichnet, zu- geschrieben hat und der von Holzmaden herrührt. Während Mün- ster dieses Stück nur für „etwas verschoben“ ansieht, ist es dage- gen auf. die seltsamste Art verdrückt und dermassen aus seiner natürlichen Korm gebracht, dass die im normalen Zustande auf die obere und untere Seite des Rüssels fallende Breite nunmehr den Seitentheilen zukommt und dadurch der senkrechte Durchmesser des Schnautzentheils jetzt über den queren [von rechts nach links] eben so überwiegt, wie dies umgekehrt im- ordentlichen Zustande mit dem 69 * 538 letzteren über den’ersteren der Fall ist. Es muss wämlich zu der Zeit, als dieser Rüsseltheil von den sich niederschlagenden Schie- fermassen umhüllt-wurde, derselbe durch letztere dermassen ‚erweicht worden seyn, dass, als ein schief wirkender Seitendruek darauf Statt hatte, das flache Blatt jedes Kiefers Jäugs eines Raudes umgebogen und je auf die andere Seite geschoben wurde, in der Art, dass nun ‚die Zahnreihen nicht mehr eine senkrechte, sondern eine söhlige Lage haben. So stellt jetzt dieses Rüssel- Fragment eine schmale Platte vor, die bei einer senkrechten Höhe von 2 4 im Mittel doch nur eine Breite von 13“ im stärksten und wur won 84“ im schwächsten Theile hat, und wo auf der einen Seite die Mundspalte im untern, auf der andern Seite im obern "Theil des Schnautzen- Kragmentes liegt. Dass die Seitentheile ihrer ganzen ‘äussern Länge nach ausgehöhlt sind, rührt nur davon- her, dass die Mitte jedes Kiefers dem Drucke weniger Widerstand leisten konnte, als ihre mit den starken Zahnwurzeln ausgefüllten Zahnränder. Die Berech- tigung, die Graf Münster zur Errichtung einer neuen Art diesem Umstande beilegte, fällt also von selbst hinweg, und dieses Kiefer- stück gieht einen warnenden Fingerzeig, bei der Aufstellung neuer Arten aus den Liasschiefern mit grosser Vorsicht zu Werke zu gehen, da eben diese Schiefer nicht selten die ursprünglichen For- men durch Erweichung und Druck auffallend verändert und entstellt haben. N Im Uebrigen ist dieses Fragment interessant, als sich uns hier die Zähne beider Kiefer in ihrer Seitenansicht darstellen und gröss- tentheils in gutem Stande sind, so dass wir die mangelhafte Aus- kunft, die uns das Gebiss des vorigen Exemplares gewährte, hier durch dieses ergänzen köunen. Leider ist das Vorderende des Fragmentes so stark beschädigt, dass man dadurch des sichern An- haltspunktes zur Unterscheidung des Ober- und Unterkiefers ent- 539 behrt. Da das Fragment am Vorderende schief abgebrochen ist, so ist die Zahnreihe der einen Seite grösser als die der andern, und an jener grössern zählt man in dem Kiefer, den Münster für den Oberkiefer ‘ansieht, 9, und im entgegenstehenden Kiefer 10, die mit letzteren alterniren. Zwischen den meisten dieser Zähne zeigen sieh aber häufig noch 2— 3 Alveolen, die ausgefüllt sind; aus et- lichen ragt aber auch der kleine Ersatzzalın hervor. Die Zähne sind schlank [doch in dem einen Kiefer etwas mehr als in dem. an- dern], kegelförmig, schwach gekrümmt, scharf und zugespitzt und fein gestreift; die längsten ragen um 8° ans ihren Zahnhöhlen her- wor. Das ganze Kieferfragment hat ‚eine Länge von $. b) Das andere Fragment aus dem Schieferbruche von Ohmden und vom Grafen Münster unter Nr. 9 aufgeführt, besteht aus einem Bruchstück des Hinferhaupts, mit: welchem die‘ vollständige Reihe der Halswirbel und der Anfang der Rückenwirbel in Verbindung steht. Schulterblatt und Rabenschnabelbein sind auf der einen Seite noch in ihrer natürlichen Verbindung geblieben und zeigen sehr schön die Gelenkfläche für das Oberarmbein, welches auf dieser Seite fehlt, auf der andern aber in seinem grössern Theile erhalten ist, Auch etliche Rippen und grubige Schilder sind zu sehen. Alle diese Stücke gehören einem grösseren Individuum an, als es die ‚beiden waren, von denen unsere erstgenannten Skelete herrühren. Wenn Graf Münster erwähnt, dass das’ Brustbein von. etwas .ab- weichender Form sey, so kann er darunter nieht wohl etwas ande- res als das Rabenschnabelbein verstanden haben, dessen Form aller- dings ‚etwas von der normalen abweicht, aber wahrscheinlich ‚nur in Folge der Verdrückung und des Herausmeiselns aus einem sehr "harten Gestein. Zur Vergleichung der Grössenverhältuisse dieses Exemplares mit den vorhergehenden mögen folgende Angaben ge- 540 nügen. Der 7te Halswirbel ist 1 64 lang, der 5te Rückenwir- bel 1” 94 und das Rabenschnabelbein 3 9. -e) Eine Schieferplatte von Holzmaden [Nr. 8. vom Grafen Münster], nicht gauz 2 Kuss lang, enthält sehr schöne Ueberreste aus and in der Nähe der Beckenregion. Besonders instruetiv sind hier die Sitzbeine, die beide vorhanden sind und von denen zumal das linke sehr gut erhalten ist. Es zeigt die dem Krokodile cha- rakteristische Form dieses Theiles, ist aber im Verhältniss zu sei- ner Länge etwas breiter als bei demselben. Seine Länge beträgt 3% 74; seine Breite am obern [schmälern] Rande, wo es mit dem Hüftbeine artikulirt, 2, am untern [breitern] Rande 4” 2%. — Die Schambeine, ebenfalls von der normalen Korm, haben eine Länge von 44 6’ und an ihrem Vorderraude eine Breite vom 2’ 4%. — Ausser mehreren Brust- und Bauchrippen ist in besonders gutem Stande das rechte Öberschenkelbein, das merklich grösser ist als der gleichnamige Knochen an den beiden früher beschriebenen Skeleten, sonst aber die näwliche Form zeigt. Wie diese stellt es sich von der Aussenseite dar und giebt‘ sich als ein längerer und in seinem Untertheil stärkerer Knochen als bei den Krokodilen zu erkennen, wenn anders Letzteres nicht Folge der Zusammendrückung ist; auch sein Gelenkkopf ist mehr entwickelt. Die Länge dieses Oberschen- kelbeins beträgt 10” 3%; seine obere Breite mindestens 1’ 9, seine untere 1” 6% — Vom Wadenbein bat sich blos der Abdruck erhalten, der einen ziemlich starken, fast gleieh breiten und nur ganz schwach gebogenen Knochen ausweist; er ist etwas über 6“ lang und 6— 7° breit. — Einer der obersten Schwanzwirbel zeigt seine concave Gelenkfläche. Von etlichen der untern Yförmigen Dornfortsätzen derselben ist der am besten erhaltene im Ganzen 3 4'" lang, wovon die V artige Aushöhlung ohugefähr 1“ 3‘ ausmacht. Die Form ist wie bei den Krokodilen. dal Während die hier besprochenen Knochen un 4 grösser sind als die von unsern beiden Skeleten, sind dagegen die Schilder, wie dies schou Graf Münster hervorgehoben hat, merklich kleiner. Man sieht nämlich vor den Schambeinen 4 Querreihen von Schildern, wovon die zunächst Jiegende 1, die zweite und dritte je 3 und die letzte Reihe 4 Schilder enthält, neben weleh letzterer abgerückt noch: ein fünftes legt. Diese Schilder stehen iu parallelen Quer- und Läugsreihen, haben eine schmale vier- und rechtseitige Form, so dass der längere Durchniesser den kürzern merklich übertrifft. Die eine breite Seite ist flach zugeschärft, um sich in solcher Weise unter das ihr entsprechende Schild der nächsten Querreihe zu legen. Die sämmtliehen Schilder dieser 4 Beihen haben keine Längsleiste, wohl aber die gewöhnlichen Gruben, deren jedoch we- uigere sind als bei den vorhergehenden, indem sie höchstens etliche und 20 ausmachen, die in 4 Querreihen stehen ; überdies sind diese Gruben mehr rundlich als länglich. Etliche umhergestreute Schilder der nämlichen Sorte, die mit ihrer Aussenseite der Platte angehef- tet sind, hieten ihre Innenseite der Betrachtung dar und zeigen, dass dieselbe, wie bei den vorhergehenden Exemplaren, durchaus glatt und ohne alle Gruben ist, und dass ihre schmalen Ränder etwas gezackt sind. Die Länge dieser Schilder, in so weit sie sich decken, ist 1‘ 1‘, im Ganzen aber, mit Zurechnung des zugeschärf- ten Randes, 1” 4; ihre Breite beträgt 1 84’. Indem Graf Münster den Umstand berücksichtigte, dass die eben beschriebenen Schilder dieses Exemplars kleiner, der Oberschenkel- knochen aber länger und stärker ist als an seinem fast ganzen Ske- lete, getraute er sich nicht, das Thier, von dem jene herrührten, mit letzterem oder mit den von Bronn geschilderten Individuen in spe- eifische Vereinigung Zu bringen. Iudess hat er dabei übersehen, dass am gedachten Exemplare auch noch etliche Schilder von einer 542 s andern Sorte sich zeigen. Diese sind’ nämlich nicht blos grösser, so dass sie ohngefähr 5° Ouerreilien von Gruben zeigen, sonderır sie haben auch eine Längsleiste, welche den vom folgenden Schild überdeckten zugeschärften Raud von der unbedeckten grubigen Ober- fläche abscheidet. Die ganze Länge eines solchen’ 'Schildes ist 1“ 8; die Breite bis zur Leiste 1“ 8“, und mit Zurechnung des zu- geschärften Randes 2‘ 44“. Diese Schilder kommen daher in Form und Grösse mit den Rückenschildern des von uns gemessenen Rumpf- skeletes Nr. 1 überein, und: daraus leitet sich die Vermathung ab; dass jene erste Sorte von Schildern nieht dem Rücken, sondern den Bauch - oder Seitentheilen angehören dürfte, von welchen wir au den beiden ersten Exemplaren keine sicheren Nachweise beibringen konnten. 4. Vergleichung unserer Ueberreste von Boll unter- einander und mit denen von Bronn. Wir gehen jetzt über zu einer Vergleichung der in der hiesi- gen akademischen Sammlung aufbewahrten Ueberreste von Mystrio- sauren aus der Gegend von Bell, sowohl untereinander als mit de- nen, welche Bronn aus der nämlichen Localität zur Untersuchung vor sich hatte, um dadurch zu ermitteln, mit wie viel Arten wir es hier zu thun haben. Um mit der gegenseitigen Vergleichung der in unserer Samm- lung befindlichen Ueberreste von Mystriosaurus untereinander zu beginnen, so sehen wir es für erwiesen an, dass das von uns mit Nr. 1 bezeichnete Rumpfskelet und das mit Nr. 2 bezeichnete ganze Skelet einer und derselben Art angehören, da beide die nämlichen Grössen- und Formverhältnisse in den vergleichbaren Theilen zei- gen. Man könnte uns allerdings die Einwendung machen, dass wir 543 einer Gleichförmigkeit der Schädelbildung beider Exemplare nicht ver- sichert wären, und wir können es nicht läugnen, dass wir; einen directen Beweis beizubringen wicht im Stande sind; indess bei einer so viel- fachen Uebereinstimmung beider Individuen xı allen andern Stücken hat die Behauptung ihrer speeifischen Identität eine se ausserordent- lich grosse Wahrscheinlichkeit far sich, dass wir uns — so lange uns nieht ‚das Gegentheil nachgewiesen wird — für vollkommen be- rechtigt ausehen dürfen, ‚sie als Wirklichkeit auszusprechen. Wir haben diese Art bier einstweilen mit dem Namen Mystriosaurns Münsteri, unter dem sie in unserer Sammlung aufgestellt ist, be- ‚zeichnet. Wie es sich mit der Artberechtigmg des Mystrioseurus cana- bifer Murssr. verhält, ist schon von uns ‚dargethan worden. Das Rüsselfragment, auf das sich gedachte Art stützt, ist durchaus nieht zureichend, um daraus eine Verschiedenheit von der vorigen Species folgern zu dürfen. x Unsere beiden andern Fragmente von Boll rühren allerdings von grösseren Individuen her als unsere zwei erstgenaunten Ueber- reste; allein ihre Grössenunterschiede sind denn doch nicht von einer ‚Bedeutung, dass sie nothwendig auf eine specifische Differenz hin- wiesen, und dies um so weniger, als aus den Formverhältnissen eine solche ebenfalls nieht mit Evidenz sich herleiten lässt. Ohne die Möglichkeit, dass sie von einer andern Art herrühren könnten, ausschliessen zu wollen, haben wir doch die weit grössere Wahr- scheinlichkeit für uns, dass sie von der nämlichen Art, wenn auch von etwas grösseren Individuen, herstammen. ‘Wir gehen nun über zu emer Vergleichung unserer Exemplare mit denen, "welche Bronn aus dem nämlichen Fundorte, nämlich Abhandlungen d. 11 Cl. .d. %. Ak. d. Wiss. V. Bd. I. Abthl. 7U 544 aus dem :Lias von. Boll zur Untersuchung: vor sich hatte. Unter letzteren hat er nicht‘ weniger als 5 Arten unterschieden, ‘nämlich den Mystriosaurus Tiedemunni, M. Mandelslohi, M. Schmidti, M. Senckenbergianus und M. longipes. Es wird hiebei als ein seltsa- mer Umstand ‘erscheinen, ‘dass Bronn eben so viel Arten als er Exemplare vor sich hatte, unterschied; denn wenn er auch seinem M. Mandelslohi späterhin ein zweites Skelet beifügte, so ist dies doch nur zweifelhaft von ihm geschehen, da es gerade in dem Merkmale, auf welches er das meiste Gewicht legt [auf die Gau- menbildung], nicht mit. dem andern Exemplare übereinstimmt. Bevor ich jedoch auf eine weitere kritische Prüfung eingehe, halte ich es für angemessen, eine Zusammenstellung der hauptsächlichsten Maasse unsers Mystriosaurus Münsteri mit denen, welche Bronn von seinen Exemplaren entuommen hat, »vorauszuschicken, da dadurch die fol- gende Vergleichung sehr erleichtert: wird, zumal als ich bier meine frühern, nach dem pariser Kuss bestimmten. Maasse, nach dem Vor- gange von Bronn, auf den Metre-Maasstab reducirt habe. Bemer-, ken will ich noch, dass ich zu den Messungen des Schädels und der Halswirbel mein ganzes Skelet Nr. 2, zu dem Uebrigen aber das Rumpfskelet Nr. 1 benützt habe. Mm. Mm. = an Mm. Münsteri. | Senckenb. DIARER Fe tonyipes. IM lohi, _| manni. | ‚Schädel. | | | Vom Condylus bis zur Schnautze | 0,645. | 0,584 | 0,800. |.0,435° | 0,335 PR ” ‚„ zum. Vorder- | rand der Scheitellöcker . .| 106 195 061 Vom Hinterhauptrande bis zu den hintern Augenrändern . 115 074 053 Breite der obern Fläche hinter den Augenhöhlen .......]| 470: | 097 | 080 a _ a M. M. M. Mandels- tohi. Münsteri.\|Senckenb. M. Tiede- | manni. M. longipes. m Scheitellöchern . . . . .)0,186 Breite an den vordern Augen- Hähderne.iy. 7 DET Breite in der Mitte des Rüssels| 054 — geringste, hinter dem dten Zehne ls ae | 032 — grösste, vor dem ä4ten Zahne . er RN; ;) |Grösste Länge der Augenhöhle Isehieh)7 sage ve Mn 044 | Grösste Breite der Augenhöble| 035 ‚Kleinster Abstand beider. . .| 049 "Grösste Länge des Scheitellochs (angsenye a4. 1% GEM ir. ohne 104 | Breite des Scheitellochs . . .| 075 || Länge des Gelenktheils des Un-| i terkiefers hinter dem Gelenke| 095 Wirbel, | Länge der 7 Halswirbel . . .| 202? — derf3erstenRückenwirbel -—- mittlere, der Rücken- Kwirbei‘. „72.080 1.w0 ji Ok I Vorderglieder. ‚Sehulterblatt , Länge... - . .| 089 | Rabenschnabelbein , Länge . N — Breite des N Schulterrandes. . . . . .| 056 | ‚| Oberarmbein, Länge . . . „| 150- | —_ geringste Dicke, RDILEENN In... be 2 rn ea ae Breite des Schädels hinter den 0,043 038 235 562 045 139 130 1 n -! 0,106 165 363 028 053 026 088 006 70* 0,086 060 023 014 021 025 018 022 045 034 040 295 023 046 046 078 006 546 Eilenbogenröhre,, Länge . — . Breite am: obern| Bande 99.7. Mrz Speiche, Länge. . has Mittelhandknochen, längster . Hinterglieder. Schambein, Länge . : — Breite am vordern Ende he ERRATN Oberschenkelbein, Länge _ Breite oben Schienbein, Länge. . .- . . | — Breite oben . |Hinterfuss, Länge, grösste . 1ster Mittelfussknochen ter —_ 3ter _ ee dter — e Daumenzehe {stes Glied . —_ Ares: 145, ?2te Zehe istes ,„, _ tes —_ 3tes „ 3te Zehe istes „ _ tes _— tes „ — dtes „ 4te Zehe istes „, a BESTER, — tes „, M. Münsteri. M. Senckenb. —— lohi, Mandets- | \ Mm Tiede- manni. M. bongipes. —- - 0,104 026 090 030 100 045 242 042 146 032 214 099 107 107 099 019 033 016 015 038 . 018 013 011 042 — dies „ 023 015 008 027 | 014 049 ‘029 027 009 0,056 013 0,052 010 045 007? I 048 120 022 078 015 051 056, 055 049 547 Was bei unsern Vergleichungen zuerst den Mystriosaurus Senckenbergianus aubetrifft, von dem noch eine nähere Beschreibung fehlt, so können wir uns kurz fassen, indem H. v. Meyer *) selbst erklärt. hat, dass er aus der Zusammenhaltung dieses, Exemplares mit einer von Münster ihm überlieferten Zeichnung seines grossen Skeletes ersehen habe, dass beide eine und dieselbe Species dar- stellen. Die wesentliche Abweichung des Münster’schen Exempla- res vom Frankfurter bestehe dariu, dass bei jenem der Schnautzen- theil etwas länger sey, woraus: sich jedoch keiue besondere Art folgern lasse. Der Mystriosaurus Sehmidti ist nach zw wenig Fragmenten gekannt, als dass diese zur Feststellung einer eigenen Art ausrei- chend wären. Zwar hält sich Bronn zur Anerkennung einer sol- ehen durch die Form der Gaumenbildung berechtigt; indess möchte es sich doch sehr fragen, ob der Druck und die Erweichung, welche bei den Boller Exemplaren den Schädel an mehreren Stellen betrof- fen hat, nicht die Gaumengegend ganz besonders afficirt und dadurch in ihrer ursprünglichen Beschaffenheit alterirt haben dürfte. Ich kann mich vor der Haud nicht überzeugen, dass man auf dieses Merkmal so viel Gewicht legen dürfe, als es Brenn: gethan hat. Unter dem Nameır Mystriosaurus Mandelslohi führt Bronn 2 Exemplare an, die er jedoch nur fragweise zusammenstellt, da er insbesondere die Gaumenbildung bei ihnen: nicht gleieh findet. Von seinem 2ten Skelete macht er aber selbst auf die grosse Aelnlich- keit mit dem Mystriosaurus Senckenbergianus aufmerksam, und da- mit ist auch die mit unserem M. Münsteri von: selbst gegeben. Ver- *) Jahrb. für Mineralog. 1843. $. 134. Sr vn Rn gleiche ich die von Bronn mitgetheilte Beschreibung und Abbildung, insbesondere auch die Ausmessungen seines M.Mandelslohi mit un- serem M. Münsteri, so finde ich in den vergleichbaren Stücken im Wesentlichen keine andere Hauptverschiedenheit, als dass ersterer durchgängig und verhältnissmässig etwas grösser ist. Einzelne Ab- weichungen in den relativen Längenverbältnissen können füglich auf Rechnung der Art der Ausmessung und der Erhaltung der Knochen, deren Integrität durch den Meisel leicht gefährdet wird, gebracht werden; auch darf: man auf geringe Differenzen in den relativen Dimensionsverbältnissen kein Gewicht legen, da solche bei den In- dividuen der lebenden Arten sich ebenfalls einstellen, Eine wich- tige Verschiedenheit würde sich zwar dadurch ergeben, dass Bronn die äussere Zehe des -Hinterfasses von M. Mandelslohi als fünf- gliedrig aufführt, während sie bei M. Münsteri entschieden nur vier- eliedrig ist; allein in der Abbildung von jenem sind ebenfalls nicht mehr als 4 Phalangen wahrzunehmen, und die erstere Angabe be- ruht demnach auf einem 'Irrthume. Ich nehme deshalb keinen Au- stand, diesen M. Mandelslohi mit: M. Münsteri zu einer Art zu zählen. Dasselbe möchte wohl auch mit dem Mystriosaurus Tiedemanni der Fall seyn. Denn abgesehen von der Gaumenbildung, die ich mit‘der unsers M. Münsteri nicht vergleichen kann, und weiters ab- gesehen von der viel’ geringeren Grösse des ersteren, die eben nichts als ein jüngeres Exemplar anzeigt, wüsste ich ausser dem verhält- nissmässig etwas längeren Rüsseltheil des M. Tiedemanni kein er- hebliches Merkmal anzugeben, durch welches beide als gesonderte Arten sich rechtfertigen liessen. Selbst das: Verhältniss des Vor- derarms zum Oberarm und des Unterschenkels zum Oberschenkel ist in beiden fast dasselbe. Differenzen in einzelnen Theilen des Schä- dels möchten eben so gut auf Rechnung des Alters als des im er- 549 weichten Zustande. ausgeübten Druckes kommen. Uebrigens sind diese Differenzen noch lauge nicht so gross, als ich sie an 3 Ske- leten von Alligator sclerops, die aus den verschiedensten Altersstän- den herrühren, gefunden habe. Zuletzt. bleibt noch Bronn’s Mystriosaurus longipes übrig; das kleinste unter den bekannten Exemplaren, indem es nur halb. so gross als: unser M. Münsteri ist. Bronn unterscheidet, dasselbe: als eigene Art ‚hauptsächlich durch langen Schädel im Vergleich. zur Wirbelsäule, durch kurzes breites Feld auf der Keilbein-Anschwel- lung, durch sehr lange Symphyse und kurze Aeste des Unterkiefers, sehr breite Scheitellöcher, längsten Oberarm gegen die Halswirbel. stärkste vordere gegen die hintern Beine, stärksten Unterarm und Unterschenkel gegen den Oberarm und Oberschenkel und verhält- nissmässig eben so starke Mittelfussknochen. Ich habe Bronn's Beschreibung und seine Abbildungen des M. longipes genau mit unserem M., Münsteri verglichen, bin aber nicht im. Stande gewesen, alle augegebenen Differenzen bestätigen zu können. Zuvörderst habe ich zu bemerken, dass bei der Verschieb- barkeit der Wirbel die Vergleichung der Läuge des Schädels und der.‚Gliedmassen mit der der Wirbelsäule kein ganz sicheres Re- sultat liefern kann. Dann ist auch das Verhältniss des Vorderarns zam Oberarm nicht zu Guusten des M. longipes ausgefallen, indem es bei M. Münsteri fast das nämliche, ja sogar eher etwas grösser als ‚bei jenem ist: Dagegen ist allerdings der Unterschenkel bei M. longipes im Vergleich mit dem Oberschenkel relativ länger als bei M. Münsteri; denn wenn die gleiche Proportion bei jener Art wie bei dieser obwaltete, so dürfte ihr Schienbein nur 0,072” laug seyn, während es Bronn zu 0,078 angiebt. 550 Zur weitern Vergleichung habe ich ein Gipsmodell eines My- striosaurus benützen können, das nir von’ Krautz' in'Berlin unter dem Namen Mystriosaurus longipes zugeschickt wurde *). ‘Wenn gleich an künstlerischer Vollendung dasselbe strengen Anforderungen nicht völlig entsprechen konnte, so war es doch ausreichend, um nur auf den M. longipes bezogen werden zu dürfen, mit dem es fast in allen Dimensionsverhältnissen merkwürdig übereinstimmte, obsehon es keine Nachbildung von Brom’s Exemplare, sonders von einem andern war, das auf der Bauchseite lag uud besonders schön die Oberseite des Schädels darstellte. Verglichen mit M. Münsteri, konnte ich bei diesem Gipsmodeli bezüglich des Schädels, der Vor- derheine und der Rückenschilder fast nur die auf die Hälfte ge- brachte Copie von jener Art wieder finden und war demnach nach diesen Anhaltspunkten ausser Stande, mich für eine specifische Trennung beider auszusprechen. Was nun aber den schon erwähn- ten Differenzpunkt, nämlich die relativ grössere Länge des Unter- schenkels bei M. longipes anbelangt, so komute ich leider bei unse- rem Gipsmodell hierüber keine Auskunft erholen, indem ich zwar die Länge des Unterschenkels im Verein mit den 'Fusswarzelknochen genau so gross wie bei dem Bronn’schen Exemplare fand, dieselbe aber nicht mit der des Oberschenkels zu vergleichen vermochte, da dessen oberer Kopf durch eines der Rückenschilder verdeckt war. Hätte sich hier dieselbe Uebereinstimmung in den Dimensionsver- hältnissen mit M. Münsteri ergeben wie an den andern Skelettheilen; so hätte ich in unserem Gipsmodell nichts anderes sehen können . als das halbwüchsige Nachbild von jenen. Da mir aber in Bronn's *) In den Abbildungen, die Kvantz zu seinem Preisverzeichnisse der Gipsmodelle ausgegeben hat, ist.Tab. I. Fig. 5 eine Abbildung des- selben mitgetheilt. Das Original stammt aus der nämlichen Localität wie Bronn’s Exemplar, nämlich von Boll. 551 Angabe — »womit;seine Abbildung 'in Uebereinstimmung ist —- die relativ grössere Länge des Unterschenkels seines M. longipes etwas Auffallendes hat, so will-ich ver.der Hand ‚denselben ebenfalls von den audern Exemplaren gesondert hinstellen. 1. Die Mystriosaurus von Berg. Die Lias-Formation zwischen Altdorf und Neumarkt, und haupt- sächlich die Gegend von Berg, hat die ersten Ueberreste von dieser Gattung geliefert. Obschon sie daselbst nicht selten vorkommen und insbesondere durch Anlegung des Ludwigskanals viele derselben zu Tage gefördert worden sind, so "hat man doch bisher niemals Exem- plare in solcher Vollständigkeit wie bei Boll gefunden, was haupt- sächlich von dem Umstande herrährt, dass die Mystriosauren bei Berg in einem festen Kalkstein abgelagert sind, der sich nicht leicht in Platten ablösen, sondern mur mit Anstrengung lostrennen lässt, wobei dann die Skelete in Trümmern gehen. Es sind daher nur sehr unvollständige Exemplare, die ich im Nachfolgenden zur Be- trachtung vorführen kann. 1. Mystriosaurus macrolepidotus. Als ich im Jahre 1841 ‘die im Baue' begriffene Strecke des Ludwigskanals bei Berg besuchte, erhielt ich daselbst eine Anzahl Platten, die mit fossilen Saurier- Ueberresten, alle von schwarzer oder dunkelbrauner Farbe, erfüllt und bei ihrer Festigkeit durch Sprengarbeit gewonnen‘ worden waren. Natürlich hatte diese Ma- . nipulation eine grosse Zertrümmerung der Steinplatten zur Folge, und’ so liessen sich nur mehr eder' minder grosse Fragmente eines Abhandlungen der Il. Cl. d. k. Ak. d Wiss. V. Bd. Ill. Abth. 71 b52 Mystriosaurus erlangen, ‘die aller Wahrscheinhchkeit’ nach von ei- nem und (demselben: Individuum 'abzustammen scheinen, da sie von der nämlichen Lagerstätte ‚eingesammelt worden- sind. Wenn maır auch über viele Theile des-Skeletes gar keine Auskunft ertheilen kann, so sind doch genug andere vorhanden, um darnach wenigstens die Frage beantworten zu können, ob diese Ueberreste unter den bisher bekannt gewordenen Ärten eine Stelle finden werden oder nicht. Die hauptsächlichsten Stücke sind ‚aber ‚folgende. a): Ein. ganz zertrümmertes Fragment vom Rüsseltheil des Un- terkiefers, das theils in den Alveolen noch Zahnüberreste, theils auf der Platte abgesprengte einzelne Zähue zeigt, die aber alle sehr beschädigt sind. Sie sind von der gewöhnlichen kegelförmigen, ‚et- was gekrümmten und ‚seharf zugespitzten Form, dabei ziemlich glatt, ohne die feine Längsstreifung, aber mit, undeutlichen, schwachen Runzeln, und an zweien ist es ersichtlich, dass sie auf der Seite, in der :Nähe ihrer :Concavität, einen feinen: seharfen Kiel. haben. Der eine von diesen abgesprengten Zähnen ist noch 13‘, der, an- dere fast 12“ lang und hat am untern abgebrochenen Ende eine Breite von fast 4'“. b) Das zweite Stück beginnt mit einem ganz zertrümmerten Hintertheil des Schädels, worauf 7 massive Halswirbel und 2 Rücken- wirbel folgen, von denen übrigens nur die Körper und ausserdem noch. abgetrenute Rippen ‚sichtlich sind. Der erste Halswirbel ist za. stark beschädigt, als dass es der Mühe lohnte, ‚den, ganz verstümmelten, Ueberrest näher. zw beschrei- ben. — Der zweite Halswirbel liegt anf. der rechten ‚Seite, hat. alle seine, Fortsätze eingebüsst, und zeigt. den. Körper an seinem Seiten- _ theile .in,.ähunlicher Weise wie. bei den: Krokodilen ausgehöhlt, wäh- 553 rend an. seinem frei daliegenden Hinterende deutlich erkannt werden kann, dass dasselbe nieht convex, sondern concav' ist. — Der dritte Halswirbel liegt ebenfalls auf der Seite und zeigt seine zwei dicken Fortsätze zum Ansatz der eigenthümlichen Halsrippen. — ı Die fol- genden Wirbel [Tab., 7 Fig. 1] wenden ‚alle ihre Unterseite dem Beschauer. zu, Sie sind: seitlich etwas mehr ausgehöhlt als bei .den Krokodilen, se dass auch der Kiel längs der Mitte der Unterseite ‚stärker bervortritt, ohue dass jedoch, wie bei letzteren, ein unterer Dorufortsatz sich findet. Der vierte Halswirbel.liegt so, dass: man au ihm ebenfalls die Ueberzeugnug sich verschaffen kann, dass die hintere 'Gelenkfläche nicht gewölbt, sondern ausgehöhlt ist. — Der erste Rückenwirbel und ein «Stück 'des zweiten‘ zeigen nichts Be- sonderes. tr Von den Halsrippen liegen abgesprengt ‚auf der Steinplatte ‚die 4 letztern, nebst der ersten eigentlichen Rippe, die alle sehr stark und von: der gewöhnlichen‘ Norm‘ sind.» — Ferner sind ‚mehrere Schilder des Panzers umber gestreut, die hereits ziemlich gross sind und nur ihre glatte Innenseite zeigen. Blos 2 präsentiren ihre, Aus- senseite, ‚die mit grossen rundlichen, ‚Gruben besetzt ist. Länge der ganzen Halswirbelreihe ohngefähr „ . 13" 0’ — des Körpers vom 2ten Halswirbel „. »..'..2.0.6 2- u ” „ .oten 5 re 10 — % > „» . 1sten Rückenwirbel 4 10 ©) Das dritte Stück gehört der Rückenwirbel-Gegend an, wie dies schon die ‚vielen seitlich. angelagerten Rippen ‚beweisen. An die vorhergehende Platte schliesst sich diese ‚nicht unmittelbar an, sondern die Wirbel sind aus ‚der hintern Abtheilung der Rückenwir- belreibe. Von 7. soleher ‚Wirbel‘ siud die Körper noch ziemlich is 554 deutlieh vorlıanden und vor ihnen zeigen sich die Spuren von'2''an- dern. Da diese Platte längs der Wirbelreihe auseinander gesprengt ist, so hat sieh dadurch der Vortheil ergeben, dass man letztere deutlieher wahrnehmen kann’ und dass sich auch die Kuochen der Kehrseite leicht entblösen liessen. Die Körper der Wirbel [Tab.7 Fig. 2] sind kräftig, bieoneav, glatt, an den Seiten stärker als un- ten ausgehöhlt. ‘ Die Fortsätze sind abgebrochen, nur die Dornfort- sätze haben sich an mehreren und noch dazu in ihrer natürlichen Verbindung erhalten ; sie bilden starke Kämme, ‘die breiter als hoch und oben abgestutzt sind. Seitwärts der letzten Wirbel zeigt sich ein abgetreunter Querfortsatz, der, wenn auch an seinen Rändern beschädigt, doch noch an: der Form'seines doppelspaltigen, zur 'Ge- lenkung mit der Rippe bestimmten Endes erkennen lässt, dass er bereits den Rückenwirbeln hinter der Mitte der Reihe angehört. — Die Atippen sind: vonder gewöhnlichen Bildung und ungemein kräftig. Länge der Rückenwirbel im Durchschnitt. . ...... 2m zu “Höhe des Wirbels zugleich mit seinem Dornfortsatz .3 6 Breite des obern Dornfortsatzes » 2. 2. 2.2.2008 Höhe desselben über den Qnerfortsatz . .1:. 10 Wichtiger als die Wirbel sind an diesem Stücke die Schilder des Panzers. Ausser einzelnen umhergestreuten ist em Feld von 7“ Länge und fast 6“ Breite mit Schildern, die noeh in ihrem natürli- chen Zusammenhange geblieben sind, bedeckt. Sie sind in 5 Quer- reihen und 5 Längsreihen vertheilt; von letzteren ist indess nur die mittlere unversehrt erhalten. Die Schilder [Tab. 7 Fig. 3] haben eine quer- vierseitige Form, indem sie weit 'breiter ‘als lang sind, eutbehren einer Längsleiste und zeigen auf ihrer Oberfläche ziem- Jich ‘grosse, tiefe, länglichrunde Graben, ‘die 4” unregelmässige Quer- reihen‘ bilden. Mit ‘seinem 'vordern Rande‘ ist jedes Schild glatt 555 zugeschärft ‚und »wird ‚mit; diesem glatten Ende vom vorhergehenden Schilde überdeckt; seine Unterseite ist glatt, ohne alle Gruben Die: Schilder sind’ sowohl nach der Quere als nach der Länge re- gelmässig angeordnet, sor dass ibre Quer- und. Längsränder unter sich ziemlich parallele Linien bilden, ähnlich wie wir es schon: bei Mystriosaurus Münsteri gesehen haben: ‚Von diesem unterscheiden sie sich. aber dadurch, dass- die Zahl ihrer Querreihew nicht der Zahl der Wirbel entspricht, denn jene 5 Reihen nehmen keinen grössern Raum ein als: 3 Wirbel, und zwar im der Art, dass von ihnen 2 Wirbel ganz und jeder der vor und: hinter diesen liegende nur obngefähr zur Hälfte bedeckt wird. Aus der geringen Grösse der Schilder, so: wie, aus dem: Mangel der Längsleiste lässt‘ sich schliessen, dass; dieselben; mcht! dem: Rücken, sondern der‘ Unterseite angehören, was dadurch. eine ‚weitere Bestätigung erhält,. dass sie nicht: oberhalb der: Wirbelsäule,; sondern‘ auf ‚der einen. Seite. von dieser abgelagert sind. Die Länge eines: solehen- Schildes: in seiner ganzen Ausdehnung beträgt 1“ 114; bis zum Rande, bis zu dem es vom nächstfolgenden Sehilde überdeckt wird, aber nur 1 54”; die Breite ist. 2 9, Ausser dieser Art von‘Schildern- stellen: sich aber auf der vor- liegenden Platte noch andere ein; die vom jenen nach der Form’ und Grösse: sehr verschieden sind‘ [ Tab. 7 Fig. 5]. Drei. derselben sind gut erhalten; von etlichen ‘anderen finden sich wenigstens die An- ‚deutungen. Ihre, Lage ist ohngefähr in der Schultergegend, wo sie mit ihrer Aussenseite der Platte angeheftet sind, so dass sie’ ihre Innenseite dem Beschauer zuwenden. Die letztere ist aber‘ nicht durchgehends flach, sondern sie zeigt einen Längswulst, der sich indess nicht‘ dureh die ganze Länge des: Schildes: hinderchzieht, sondern vor dem einen Rande‘ durch einen schwach‘ angedeuteten Querwulst ‚begrenzt wird; überdies‘ zeigt sich an dem einen der 556 sehmälern ‚Ränder eine kleine knorrenartige ‚Anschwellung. Der Umriss’ dieser ‚Schilder ist auch sehr verschieden 'von dem der er- steren Sorte. Im Allgemeinen ist er wohl ebenfalls: vierseitig, aber er nimmt nicht blos "einen weit 'grösseren» Raum’ ein, "sondern die Länge ist auch im Verhältniss zur Breite beträchtlicher, und was die Hauptsache, der eine von den breiten Rändern ist etwas bogen- förmig gewölbt, ı während der andere durch zwei Buchten ausge- schnitten ist, und zwar so, dass (der dazwischen liegende Vorsprung dem Längswulste entspricht. Dass diese Schilder dieselben Graben wie. die vorhin beschriebenen Bauchschilder haben, giebt sich deut- lieh an einigen Fragmenten zu erkennen, die ihrer innern Wandang .so weit" beranbt ‘wurden, dass die‘ Grubenreihen‘ zunn "Vorscheine kamen. Diese zweite Art von‘ Schildern scheint der Rückenseite der -Schultergegend anzugehören. Die Länge eines solchen Schildes ist 24 94, seine‘ Breite 3° 83 ein anderes neben diesem hegen- des ist'noch etwas ' grösser. d) ' Eine‘ vierte weit kleinere Platte scheint nach’ einem Zwi- schenraum auf jene gefolgt zu seyn und Theile aus der Gegend der Schwanzwirbel aufzubewahren. Von 5 Wirbeln zeigen sich noch Spuren, doch zu undeutlich, als dass sie eine genauere Bestimmung zuliessen. Das Wichtigste ist eine freilich‘ sehr: verschobene und beschädigte: Längsreibe von Schildern, die sich längs‘ der obern Dorufortsätze fortzielt und zweierlei Sorten von solehen Bedeekun- gen aufzuweisen hat. “Die eine ‘Sorte ist von’ derselben Form, wie die von mir auf Tab. 4 Fig. 3, 4 abgebildeten Schwanzsehuppen des Mystriosaurns Münsteri und hat eben so einen ‚sehr stark hervor- springenden Längskiel längs ‘des Randes, der von: der ihr seitlich zunächst liegenden Schnppe überdeckt ist; die grossen Jänglich rund- lichen Gruben stehen fast in 6 Querreihen. Die Länge des am be- sten ‚erhaltenen Schildes ist ohngefähr 2 1, die ‚Breite ‚bis zur 557 Längsleiste 24 6, bis zum Eude etwas über 3. — Weit kleiner ist die andere Art von Schildern [Tab. 7. Fig.\6], und ihr überaus starker. Längskiel verläuft nicht in der Nähe des einen Randes, sondern längs der Mitte; auch haben sie nur wenige Gruben. Ihre Form ist ganz die, wie wir sie eben so bei Mystriosaurus Münsteri als die zweite kleinere Art von Schwanzschildern angetroffen haben. Dass. wir es bier. mit/ Schildern der Oberseite zu thun haben, geht aus (ihrer Lage wie. aus ihrer, gekielten Beschaffenheit hervor, — Noch liegt nebenan ein sonderbares , Schild, ‚das seine Innenseite zeigt; von rundlicher Form ist. und im grössten Theil seines Um- fanges in radienartig auslaufende, ausgehöhlte Zacken gespalten ist. e) Noch sind mehrere kleine, dünve Platten vorhanden, welche mit Panzerstücken. von dieser ‚ersten Sorte ‚bedeckt sind, und die wahrscheinlich alle zusammengehört haben, da sie gleicher Grösse und Korm sind und alle die nämliche Lage haben, nämlich mit ihrer Aussenseite der ‚Platte angeheftet und die Innenseite frei sichtlich lassend. Auf einer: von diesen Tafelu siebt man, wie sich 3, auf einer andern, wie sich 2, Läugsreihem von Schildera in 5 QOuerreihen aneinander fügen. , Sämmtliche ‚Schilder ['Tab. 7 Fig: '4] sind glatt und ‚vierseitig,‘ wobei die Breite weit über die Länge überwiegt; ihre Aussenseite, ‚die an einigen ‚entblöst wurde, zeigt die gewöhu- lichen Gruben. Besonders instructiv sind ‚diese Platten, um an ihnen die Aneinanderfügung der Schilder kennen zu lernen. Zuvörderst sieht man, dass ‚dieselben. nicht: in alternirenden, : sondern -in tegel- mässigen Parallelreilien, sowohl der Länge’ alsı der Quere: nach 'an- einander gereiht sind, ferner dass je zwei Schilder in der Längs- reihe sich so decken, dass sie mit ihren zugeschärften Rändern sich in ähnlicher Weise übereinander legen, wie ich es später bei Te- leosanrus cadomensis umständlicher beschreiben werde; endlich dass der Quere nach die Sehilder mit zackigen: Rändern ineinander 558 greifen und in dieser Weise einen’ festen‘ Gurt bilden. Alle diese Schilder ‘halte ich für solche, die’ ‘der Unterseite ‘des’ T'hieres’ zur Bedeckung gedient haben *%). Ihre Länge [ungerechnet den zuge- deckten Rand] ist olimgefähr 1% 4, ‚die Breite ‘ohne die Zacken fast 2". Nur eine einzige Platte ist 'es, welche Reste von @liedmassen aufzuweisen hat. ‘Diese bestehen in der «wntern Hälfte des ‚Ober- armbeins, dem fast vollständigen Ellenhogenbein und 2 sehr 'beschä- digten Handwurzelknochen. Die untere Hälfte des Oberarmbeins ist in ihrem. Verlaufe ‘mehr ‚gerade und ihr Körper nicht so flach gedrückt, sondern mehr rundlich. — Das Ellenbogenbein [Tab. 7 Fig. 7] ist nur am 'untern Ende ‚beschädigt und hat, im Vergleich mit einem gleich langen Knochen der nämlichen Art von Crocodilus selerops, eine etwas merklichere Krümmung, eine tiefere Aushöhlung im ohern Theil seiner Innenseite, und im ganzen Verlaufe :eine weit stärkere Breite. Seine Länge ist 5, seine ‘obere ‚Breite 1% 5, in der Mitte 6%. — Seitwärts vom Oberarmibein liegt nun abermals eines der grossen: Schilder ‘von der zweiten Sorte, wie 'sie'"vorhin unter Nr. e beschrieben wurden, von 3“ Länge und 3” 9+4Breite, und zeigt ‚ebenfalls die Innenfläche. Daneben 'hat ‚sich ein anderes Schild mit seiner Rückenfläche abgedrückt 'und bietet nun eben so viel vorspringende Warzen dar, als dieses Gruben hat. Dass wir an diesem Exemplare einen Mystriosaurus »vor uns haben , darüber ‘kann ‚kein Zweifel bestehen. Dass derselbe an *) Ganz derselben Art sind auch die Schilder, von denen Graf Münster unter Nr. 3 spricht und die von dem Bürgermeister Bauder in Alt- dorf ebenfalls bei Berg gefunden worden waren. Sie unterscheiden ‚sich durch die Färbung, “indem sie lichtbräunlichroth gefärbt sind. 559 Grösse alle bisher von uns ‘beschriebenen weit übertroffen hat, ge- ben die Ausmessungen der Wirbel, ‘Schilder und des Ellenbogen- beins hinlänglich zu erkennen. Wir können ihn ferner keiner der vorhergehenden Arten won Bell zutheilen, ‚da er dieselben wicht blos an Grösse weit übertrifft, sondern auch Abweichungen in der Be- ‚schaffenheit der Oberfläche der Zähne, vor Allem aber in der Schul- tergegend so eigenthümliche ‘Schilder zeigt, dass wir uns genöthigt sehen, in ihm vor der Hand eine eigenthümliche Art anzuerkennen, ‚der wir den Namen Mystriosaurus macrolepidotus beilegen wollen. 2. Mystriosaurus Egertoni Kaur. ‘Von dem.merkwürdigen, Unterkiefer-Fragınent, das dieser Art zu Grunde liegt, hat schon früher Graf Münster *) eine kurze No- tiz geliefert, und nach einem ihn von Letzterem überschickten Gips- Abguss hat Kaup**) eine auf 4 reducirte Abbildung mitgetheilt und nach dieser Vorlage eine :neue Art unter dem Namen Mystrio- saurus Egertoni errichtet. Da durch die allzustarke Verkleinerung der Kanp’schen Abbildung die Deatlichkeit ungemein verloren hat, so lege ieh von dem WVordertheil dieses Kiefers eine neue auf Tab. 3 Fig. 3 vor, und füge zur Charakteristik dem von meinen Vorgängern Gesagten noch einige Bemerkungen bei. Das Unterkiefer-Fragment, von dem hier die Rede ist, ist gleich hinter der Symphyse abgebrochen, und auch dieser Rest war in zwei Stücke zertrümmert, zwischen denen noch ein Stück fehlte; nach der Ergänzung, die Münster mit dem Gipsabgusse vornahm, würde die Länge von der Kieferspitze bis zum Symphysen-Winkel *) Jahrb. für Mineralog. 1834. $. 539, und später 1843. $. 128. **) Abh. uber die gavialart. Reptil, S. 3. Tab. 1. Fig. 7. Abbandlungen d. IE C) d. k. Ak. d. Wiss. V. Bd. III. Abth. 72 560 D ohngefähr 1‘ 74“ ausmachen. Das vordere schmale Stück von 114“ Länge, das in unserer Abbildung dargestellt ist, liegt mit seiner Mundfläche auf einer dicken Steinplatte, so dass seine Zähne ursprüng- lich in dieselbe eingesenkt, nunmehr aber mit ihren Aussenseiten von ihr losgelöst sind. Das hintere Kieferstück, an dem die Sym- physe sich endete, ist aber auch mit seiner Gawmenseite vom Ge- stein entblöst worden, wobei freilich ein Stück seiner Knochenwan- dung mitgenommen wurde, doch lässt sich inımer noch daran Brom's Bemerkung bestätigen, dass der Symphysenwinkel oben weiter vorm als unten liegt. Auch ein Stück vom Zahutheil des Unterkiefers mit 3 Alveolen ist noeh auf der rechten Seite jenes Winkels sichtlich. Das Vorderstück verschmälert sich allmählig nach vorn, doch schwillt es vor dem vierten Zahn etwas an, um sich dann gleich wieder za verengern, und sein Vorderende ist dadurch merklich schmäler als bei Mystriosauros Münsteri, wenn anders bei letzterenr die grössere Breite des Schnautzenendes nicht von stärkerem Drucke herrührt- Wie bei letzterem ist aber auch hei M. Egertoni der Vorderrand in der Mitte tief ausgeschnitten und dieser Ausschnitt zieht sich noch eine Strecke als Furche längs der Mitte der Unter- seite ‚hin. „Die Zähne, von deneır jederseits 15 erhalten sind, während in ihren weiten Zwischenräumen noch Spuren des einen oder andern vorkommen, zeigen sich schwächer und schlanker als bei allen andern Kiefern; in Bezug auf M. Münsteri Kisst sich dies namentlich bei den vordersten nachweisen. Am ‚längsten ist der 4te Zahn der linken Seite, der 84’ misst und doch am Grunde nur wenig über 14 breit ist. Wie bei M. Münsteri sind diese Zähne fein längs gestreift, etwas gekrümmt und scharf zugespitzt- Deutlicher als bei diesem zeigt es sich, dass das Vorderende der Schnautze von der Erweiterung an jederseits 4 Zähne besitzt, von 561 denen links nur der 2te und 4te, rechts die 3 ersten noch vorhan- den sind. Da bisher kein Unterkiefer gefunden wurde, der bei gleich ansehnlicher Grösse eben so schlanke schwache Zähne als dieser hätte, — am nächsten steht ihm der sogenannte Mystriosau- rus canalifer Münst. von Boll — se mag er allerdings eine eigne ‚ Art andeuten, zu der das vollständige Knochengerüste noch aufzu- finden wäre. Mit unserem M. macrolepidotus ist er nicht zu ver- einigen, da dieser weit stärkere Zähne hat. Unter den Theilen, welehe Graf Münster demselben Individuum zuschreibt und die alle eine schwarze Färbung haben, erwähne ich zuvörderst eines grossen Rücken- oder Lendenwirbeis [Tab.7 Fig. 8], dessen Ringtheil zwar abgebrochen, der Körpertheil aber grössten- theils vom Gestein enthlöst ist, so dass seine Formverhältnisse ge- nan angegeben werden könuen. Der Körper ist ganz glatt, von den Seiten wie von unten stark ausgeschweift und an beiden Gelenk- lächen eoncav. Seine Länge ist 2% 4“, die Breite der Gelenk- fläche 1” 9, die grösste Breite des Körpers in der Mitte 11‘. Dieser Wirhel ist allerdings schlanker als einer von denen, die von Mystriosaurus macrolepidotus vorhanden sind; indess möchte ich daraus noch nicht auf eine specifische Differenz schliessen, da ich von letzterem nicht alle Rumpfwirbel kenne wnd überdies ein an- derer Rückenwirbel, der von Münster ebenfalls dem M. Egertoni zugesehrieben wird, eine weit gedrängtere und robustere Form dar- bietet. Zwei Schwanzwirbel lassen nichts Besonderes erkennen. Ein Beckemeirbel mit dem einen, zur Anheftung an das Hüftbein bestimmten Querfortsatz zeigt in allen Theilen eine sehr kräftige Gestalt und ganz die charakteristische Krokodilsform; seine Länge heträgt fast 9. Unter versehiedenen Fragmenten von Knochen der Gliedmassen 22 562 führe ich nur ein Oberschenkelbein au, dem das untere Eude fehlt und dessen oberer Gelenkkopf ebenfalls beschädigt ist, der jedoch immer noch in so weit erhalten ist, dass er mit Bestimmtheit gedeu- tet werden kann. Wenn er auch nicht stärker ist als der von mir bei Mystriosaurus Münsteri unter Nr. 3 aufgeführte grosse Ober- schenkelkuochen, so rührt dies wohl daher, dass dieser plattgedrückt ist, jener aber seine ursprüngliche Form erhalten hat. Endlich kommen noch viele Schilder einzeln oder gruppenweise vor, die ganz die nämliche Form haben wie die, welche ich als Bauchschilder der 2ten Sorte vom Mystriosaurus macrolepidotus un- ter Nr.2 beschrieben habe; einige sind mit Rippen vergesellschaftet und zeigen dadurch die Unterleibgegend an,. der sie zum Schutz gedient haben. — Merkwürdig ist es aber, dass auf einer kleinen Platte eiw ganz anderes Schild sich einstellt als die vorigen, das ganz die Form von den Schildern der zweiten Art hat, wie ich sie unter Nr. e aufgeführt habe und das überdies dieselbe Lage wie die letzteren eiunimmt, indem es sich gegenüber der Gelenkung des Oberarmbeins und Ellenbogenbeins, von welch beiden Knochen sich Fragmente erhalten haben, befindet und gleich selbigen die In- nenfläche aufweist. Ob es nun bloser Zufall ist, dass diese grossen Sehilder an unsern Exemplaren nur in der Schulter - und Oberarm- gegend sich einstellen, oder oh sie überhaupt der Rückengegend des Thieres wie bei Teleosaurus cadomensis eigen sind, lässt sich nach unsern Vorlagen nicht bestimmen; doch hat letztere Vermuthung die grössere Wahrscheinlichkeit. Graf Münster hatte es nicht bezweifelt, dass alle diese Ueber- reste des Rumpfes und der Gliedmassen mit dem Unterkiefer, wor- auf Kaup seinen Mystriosaurus Egertoni begründete, zusammenge- hörig seyen, Ich muss dies jedoch völlig verneinen; denn abgesehen 563 von diesem Unterkiefer und: allenfalls noch von dem zuerst beschrie- benen Wirbel, sind alle andern vergleichbaren Stücke nicht von den gleichartigen des Mystriosaurns macrolepidotus verschieden, so dass ich kein Bedenken trage, sie dem letzteren anzureihen, wäh- rend ich in dem Unterkiefer, den ich leider nicht gehörig mit dem von diesem vergleichen kann, zur Zeit noch den Repräsentanten ei- ner eigenen Art, Mystriosaurus Egertoni, annehmen will, obwohl seine grosse Aehnlichkeit mit dem Unterkiefer des Mystriosaurus- Münsteri nicht zu verkennen ist. 3. Mystriosaurus speciosus Movenst. Mit diesem Namen; bezeichnete Graf Münster eine Art, die er‘ in seinem mehrmals erwähnten Aufsatze unter Nr. 5 aufgeführt und auf Fragmente eines Oberkiefers und Rückenschildes begründet hatte. Sie rühren: ebenfalls aus der Liasformation von Berg, her, sind aber nicht von schwarzer, sondern von hkolzbrauner Farbe. Vom Oberkiefer hatte Münster Bruchstücke erhalten, von denen 2 als zusammengehörig aneinander gekittet wurden und so eine Länge von 9‘ betragen, während. die beiden andern kleinern zu sehr beschädigt sind, als dass sie sieh au die vorhergehenden hätten an- reihen lassen, so dass wir unsere Beschreibung zunächst auf jenes grosse Stück |[Tab: 8 Fig. 1] begründen. Dasselbe ist ein Theil vom Rüssel und unterscheidet sich von dem des Mystriosaurus Mün- steri nicht blos durch ausehnlichere Breite, sondern hauptsächlich durch seine starke Wölbung, sowohl auf der Ober- als Unterseite, wodurch es eine ungleich grössere Höhe als jenes gewinnt. Indem es allmählig nach vorn sieh verschmächtgt, hat jenes Fragment am bintern Ende eine Breite von 2‘ 6‘ bei einer Höhe von 1” 4. Am vordern abgebrochenen Ende finden sich 2 durch eine schmale 564 Scheidewand getrennte Gruben, die auf den ersten Anblick für Na- senlöcher genommen werden könnten, wahrscheinlich aber nur die hintern Theile von Alveolen sind, deren Richtung mehr vorwärts als die der hinter ihnen folgenden liegt. Die Aussenseite ist mehr gewölbt, zumal an den Seiten, als die innere, welche mehr abgeplattet ist. Jene ist durch unregel- mässige und vielmals abgebrochene Längsfurchen sehr runzelig, diese ist feiner gestreift und scheint läugs der Mitte eine schwache Aus- furchung gehabt zu haben. Jederseits, und zwar etwas oberhalb der Gaumenfläche, verläuft eine Reihe von 10 runden, ‚im Durchmesser meist 6‘ haltenden Alveolen, die ziemlich gedrängt sitzen, deren Zähne aber sämmtlich abgebrochen sind. Graf Münster hält dieses Kieferfragment für einen Theil des Oberkiefers, und es mag aller- dings von diesem herrühren, obgleich ieh aus Mangel an anderwei- tigen festen Anhaltspuukten zu keiner Evidenz in dieser Beziehung gelangt bin. Wenn an dem eben beschriebenen Kieferstück von der Beschaf- . fenheit der Zähne nichts anderes entnommen werden kann, als dass sie, gemäss der Grösse ihrer Alveolen, von beträchtlicher Stärke gewesen seyn müssen, so lässt sich etwas mehr Auskunft hierüber an dem grösseru der beiden andern Bruchstücke erholen. An dem- selben sieht man die Zähne beider Seiten, aber freilich haben alle ihre Kronentheile verloren und nur ihre Wurzeltheile sind sichtlich, die an Stärke ihren weiten Alveolen entsprechend sind und zum Theil eine Dicke von 5—6“' haben, woraus sich auch auf eine ansehnliche Länge schliessen lässt. Sehr schön kann man auch hier die Bildung der Ersatzzähne innerhalb der hohlen Wurzeln der alten Zähne wahrnehmen. Bei-der starken Beschädigung aller Zähne 565 lässt sich über die Beschaffenheit ihrer Aussenfläche nichts Siche- res sagen. Mit den genannten Kieferfragmenten hatte Graf Münster zu- gleich das Bruchstück eines grossen Sehildes [Tab. 8 Fig. 2] er- halten, das er dem nämlichen Thiere zuschrieb, und das wenigstens dieselbe braune Färbung wie jene hat. Die Gruben sind an dem- selben sehr gross, aber nicht gleiehartig, denn während sie auf der einen Seite eines durchgehenden Längswulstes mehr rundlich sind, erscheinen sie auf der andern Seite mehr in die Länge gezogen und zugleich weit schmäler, wie dies unsere Abbildung deutlich ausweist. Schon Münster hatte seiner Notiz von diesen Frragmenten die Bemerkung beigefügt, dass die erwähnte Schuppe sehr verschieden von den Schildern der andern Arten sey, und dieser Umstand mag ihn mit bewogen haben, eine eigene Species aus den erwähnten Ueberresten unter dem Namen Mystriosaurus speciosus zu errichten. Indess auf dieses Schild allein würde ich mich nicht getrauen, eine eigene Art zu begründen, da die Jänglichen Gruben leicht die Folge einer Verdrückung seyn könnten, wie solche bei den Lias-Petrefac- ten überhaupt nichts Seltenes ist. Das ganze Gewicht für die Be- gründung einer besondern Art ist demnach auf die Kiefer-Fragmente zu legen, und diese lassen nicht blos auf einen ungewöhnlich gros- sen Rüsseltheil schliessen, sondern zeigen auch eine beträchtliche Höhe desselben an, so dass er jedenfalls einen specifischen Unter- schied von unserem Mystriosauras Münsteri zu erkennen giebt und ohne Frage auf einen solchen auch bezüglich unseres Mystriosaurus Egertoni schliessen lässt. Hinsiehtlich des Mystriosaurus macrolepi- dotus kann in Ermangelang eines Anhaltspunktes kein Vergleich vorgenommen werden; doch spricht die Verschiedenheit in der Fär- 566 bung nicht dafür, dass gedachtes Kieferstück von jenem Individunm herrühren möchte. Den sämmtlichen Arten von Bronm kann es eben- falls nicht zugetheilt werden, und so bliebe nur noch der Mystrio- saurus Laurillardi übrig, zu dessen genauerer Vergleichung aber die von Kaup gegebenen Notizen und Abbildungen nicht ausreichend sind; indessen ist unser Exemplar bedeutend grösser und die Al- veolen liegen nicht wie bei jenem im gleichen Niveau mit dem Gau- men selbst. Ob letzterer Umstand Berechtigung geben kann, auf eine besondere Art zu schliessen, wage ich nicht zu entscheiden; einstweilen mag dieser Mystriosaurus speciosus als eigene Varietät unter M. Laurillardi mitbegriffen werden. Seine richtige Stellung können wir ihm erst dann geben, wenn uns die, übrigen Theile des Skelets und des Panzers bekannt geworden sind *). 4. Mystriosaurus Laurillardi Kıw. 5, Es mag mir erlaubt seyn, hier eines ausgezeichneten Schädel- Fragmentes in der Kürze zu gedeiiken, wenn gleich es nicht in un- serer Sammlung, sondern in der des historischen Vereins zu Ans- bach niedergelegt ist. Dasselbe hat Herr Präsident von Andrian, der daselbst wie in Bayreuth mit lebhaftestem Eifer die einheimi- schen Petrefacten sammelte, aus der Gegend von Neumarkt erhal- ten. Es stellt den ganzen Schnautzentheil dar und zwar in einer *) Nur im Vorbeigehen soll hier das Kieferstück in Erwähnung kommen, das Münster ebenfalls von Berg erhalten und unter Nr. 4 beschrieben hat. Er findet in ihm die meiste Aehnlichkeit mit Mystriosaurus Lau- rillardi, doch lässt seine fragmentarische Beschaffenheit durchaus keine sichere Bestimmung zu. Da die Ersatzzähne wirklich neben, nicht unter den alten hervorzubrechen scheinen, so darf dieses Stück wohl gar nicht auf einen Mystriosaurus zu beziehen seyn, da bei dieser ‚Gattung die neuen Zähne in die hohlen Wurzeln der älten eindringen. 567 solchen Vollständigkeit, ‘wie mir von dieser Art kein anderes Exemplar bekannt ist. . Dieses Fragment ist von Jichtgrauer Farbe und. besteht aus zwei durch einen‘ Querbruch getrennten Stücken, von denen das weit grössere vordere kurz vor der Symphysenge- gend des Unterkiefers abgebrochen ist, und zwar in der Art, dass dadurch das hintere Stück der Gaumenfläche des Oberkiefers sicht- lich wird. Der Oberkiefer ‘ist vollständig erhalten, namentlich an seinem Vorderende, während der Unterkiefer an dieser Stelle be- schädigt ist. Der hier in Rede kommende Selmautzentheil, der vom festen Liaskalk eingeschlossen wurde, hat keine Verdrückung erlitten und zeigt daher ganz seine natürliche Form. Er ist von cylindrischer Form und eben wie unten stark gewölbt. Der Oberkiefer steigt hinten höher an und ist an seinem Vorderende, das über das des Unterkiefers vorspringt, spatelartig erweitert. Die Nasenöflnung, welche in ihrer vollen Integrität erhalten ist, ist nicht aufwärts, sondern gerade vorwärts gerichtet und hat in der Mitte ihres untern Randes einen ähnlichen Vorsprung, wie er sich bei Mystriosaurus Münsteri findet. Die starken Zähne des Oberkiefers sind im festen Liaskalk verborgen und daher nicht weiter zu beschreiben; ihre Al- veolenränder liegen im gleichen Niveau mit dem Gaumen, der auf seiner hinterwärts entblösten- Fläche zwei ganz seichte Längsrin- nen Zeigt. Der Unterkiefer, der bis hinter seine Symphyse erhalten ist, hat auf seiner Unterseite keine Längsrinne. Seine Zähne sind ehenfalls zum grossen Theil im Gesteine versteckt; von den vorhau- denen sind meist nur die Ersatzzähue sichtlich, die innerhalb der abgesprengten alten zum Vorschein kommen. Die gedachten Ersatz- zähne sind glatt, aber die Reste der alten Zähne sind fein gestreift. Abhandlungen der II. C}. d. k Ak. d. Wiss. V. Bd. Ill. Abth. 73 568 Die Länge des ganzen Symphysentheils vom Unterkiefer be- trägt 1* 3; die Höhe der Sehnautze ist in der Mitte 2% 8, am der Nasenöffnung 2‘; die Breite des spatelartig erweiterten Schnau- tzenendes misst 2%’ 4, Dieses Fragment schreibe ich unbedenklich dem Mystriosaurns Laurillardi zu, mit dem es auch den nämlichen Fundort theilt.*) *) In derselben Sammlung wird noch ein kleineres Schnaulzen- Frugment aufbewahrt, das; ebenfalls aus dem festen Liaskalk der Gegend von Neumarkt berrührt. Es stellt das Endstück eines Rüssels dar, von dem sich bei seiner fragmentarischen Beschaffenheit übrigens nicht mit Sicherheit die Zuweisung an eine der Arten von Mystriosaurus- vornehmen lässt. Der Oberkiefertheil ist in der Gegend der Nasen- höhle abgebrochen; das Unterkieferende ist dagegen gut erhalten, Beide Kiefer liegen nicht gerade aufeinander, sondern sind etwas ne- beneinander geschoben, was an den sogenannten Mystriosaurus cana- lifer erinnert, bei dem jedoch die Verschiebung in einem weit stär- keren Grade erfolgt ist. Sie hat bei gedachtem Exemplare übrigens den Vortheil gebracht, dass nunmehr dadurch ven jedem Kiefer theil- weise seine Mundfläche sichtbar wird. Der Oberkiefer an diesem Schnautzenfragmente: ist stärker ge- wölbt als der untere; beide sind auf ihrer Aussenfläche unregelmäs- sig längsgerunzelt, und der untere ist vorn stark erweitert. Ein grosser Theil der Zähne ist erhalten, und dies ist der Hauptgrund, warum ich hier dieses Stücks gedenke. Im Oberkiefer liegen die Alveolenränder in ziemlich gleichem Niveau mit dem Gaumen, der durch eine seichte Längsfurche von ihnen abgesondert ist. Die obern Zähne sind in der Regel stäıker als die untern; alle sind fein und etwas runzelig längsgestreift; am den obern zeigt sich deutlich ein feiner Seitenkiel, wie'ihn‘Bronn bei seinem zweiten Exemplare von Mystriosaurus Mandelslohi beschreibt 569 5. Mystriosaurus tenuirostris Musst. Als das zwerghafte Nachbild des Mystriosaurus speciosus kann das Kiefer-Fragment gelten, welches Graf Münster gleich dem vo- rigen von Berg erhalten und unter Nr. 6 mit dem Namen Mystrio- saurus Tenuirostris [Tab. 8 Fig. 3] bezeichnet hat. Gleich jenem ist dieses auf der Aussenseite schwach gewölbt und von unregel- nässigen Runzeln der Läuge nach gefurcht; die Gaumenseite ist längs der Mitte fast flach und von 2 seichten, aber nicht regelmäs- sigen, feinen Längsfurchen durchzogen, au den beiden Seiten dage- gen abschüssig und hier mit je S rundlichen Alveolen besetzt, deren Zähne alle abgebrochen sind. Die Alveolen halten im Durchmesser 24 bis 3° und stehen in etwas ausgehöblten Zwischenräumen vou 34 bis 4 Weite voneinander ab. Die Länge dieses Kieferfrag- ‚ments beträgt ohugefähr 44”; seine Breite hinten 11 und vorn 93"; die Höhe hiuten gegen 6, vorn gegen 5. — Münster er- wähnt, dass mit diesem Fragmente ein Schild gefunden worden sey, das auf der äussern Seite feine Erhöhungen uud Vertiefungen hatte, die hald rund oder elliptisch, bald vereinigt in maeandrischen Win- dungen erschienen. Da er es in seiner Sammlung nicht etikettirt hatte, habe ich dasselbe sicht wieder auffinden können. und ich ihn ebenfalls bei M. macrolepidotus gefunden habe. Diese obern Zähne sind zum Theil sehr lang und staak; ein isolirter, ob- wohl an Wurzel und Spitze nicht ganz vollständig, hat doch in gera- der Linie eine Länge von 2 34‘ und in der Mitte eine Dicke von 5“; er ist mässig gekrümmt. Die andern Zähne, zumal die untern, erreichen nicht diese Stärke. — Bei dieser Gelegenheit will ich doch noch bemerklich machen, dass, wenn bei Mystriosauren die Zähne glatt gefunden werden, dies wohl nur davon herrührt, dass beim Be- arbeiten der Meisel ihnen die Swweifung benommen hat, Zar 570 Obgleich Münster das vorliegende Kiefer-Fragment. mit einem besondern Namen bezeichnete, so erklärte er doch selbst, dass es dem Mystriosaurus [Engyommasaurus] Brongniartü sehr nahe stehe, wenn nicht selbst dahin gehörig. . Wenn gleich keine ausreichenden Vergleichungsmittel vorhanden sind, so möchte sich doch diese Er- klärung um so mehr rechtfertigen lassen, als die Kaup- und Bronn’sche Art von der näwmlichen Localität wie der Mystriosaurus tenuirostris herrührt. HI. Die Mystriosaurus von Mistelgau. Zu den grössten Seltenheiten des oberfränkischen Lias gehö- ren die Ueberreste von Mystriosauren, die sich bisber nur bei Banz und Bayreuth eingestellt haben. Jene sind in die herzogliche Samm- lung zu Banz, diese in die des Grafen Münster gekommen, der sie unter dem Namen Mystriosaurus franconicus von den andern Exem- plaren unterschied. 1. Mystriosaurus franconicus Murssr. Was die Münster’sche Sammlung an Ueberresten dieses Na- mens aufzuweisen hat, ist in der Nähe von Bayreuth bei Mistelgau [oder wie die Etiketten angeben bei Grötz] gefunden worden und besteht aus Fragmenten vom Schädel, Oberkiefer, den Schulterkno- chen, der Wirbelsäule und einigen Rippen und Schildern. a) Das Fragment vom Oberkiefer [Tab. S Fig. 4, 5] ist auf ohngefähr 7“ Länge erhalten, aber au beiden Enden abgebrochen. Es verschmälert sich allmählig nach vorn, ist auf’ beiden Seiten flach 571 und hat nur eine geringe Höhe; seine Breite beträgt hinten 1% 6%, vorn 1 3%, und: seine Höhe 4 — 5“ Die Oberseite ist in der Mitte von einer Längsfurche durchzogen und ausserdem durch un- regelmässige Furchen der Länge nach gerunzelt. Die Unterseite ist längs ihrer Mitte von einer breiten Rinne ausgehöblt, in der sich ein schmälerer sehneidender Kiel erhebt. Zu beiden Seiten dieser Rinne ist die Gaumenfläche etwas gewölbt und von der Zahnreihe jederseits durch eine tiefe Längsfurche geschieden. In der 'einen Reihe lassen sich 14, in der audern 12 Zähne zählen, die jedoch sämmtlich abgebrochen sind, an der Wurzel nur eine geringe Stärke und eine feine Längsstreifung zeigen. Dieses Oberkieferstück hat in seiner ganzen Form die grösste Aehnlichkeit mit dem gleichna- migen Theil am Mystriosauras Münsteri, doch lässt sich am letzte- ren freilich nicht ersehen, ob er ebenfalls läugs der Mitte der Gau- menfläche eine ähuliche Aushöhluug aufzuweisen hat. Zwei kleine Bruchstücke eines Oberkiefers in der Münster’schen Sammlung, von Berg herstammend, haben ganz die nämliche Gaumenbeschaffenheit wie bei Mystriosauras franconicus, rühren aber von einem stärkern Rüsselstück her, indem die Breite des einen Stücks | Tab. 8 Fig.6] 2” 2 nnd seine Höhe 64‘ beträgt. b) Der Schädeltheil ist ein 7“ langes Stück von der rechten Seite, das aber schmäler als die Hälfte derselben ist und bei sei- ner fragmentarischen Beschaffenheit wenig siehere Punkte zur Ver- gleichung darbietet. Es ist die Gegend des rechten Scheitelloches, die vom Hinterschädel vorfindlich ist, nebst dem hintern Theil des Unterkiefers, dessen Gelenktheil durch fehlerhafte Ausarbeitung aber sehr entstellt wurde. Das Scheitelloch, so weit es erhalten ist, ' zeigt sich im Allgemeinen von der Form wie bei Mystriosaurus Münsteri und steht demselben wenig an Länge nach, wornach man also, wie 512 aus dem ©berkieferstück, den Schluss ziehen dürfte, dass der Schä- del beider von ziemlich gleicher Grösse gewesen seyn möchte. e) Ein drittes Stück ist eine kleine Platte aus der Schulter- gegend. Schulterblatt und Schlüsselbein |Babenschwabelbein] stossen noch aneinander, sind aber lach gedrückt. Es sind beides schlankere Knochen als bei den Krokodilen, und der hintere. Seitenrand des Schulterblattes ist minder ausgeschweift und mehr gerade als bei Mystriosaurus Münsteri; das Rabenschnabelbein ist von. der nämli- chen Form wie bei diesem, nur wie jenes kleiner; es hateine Länge von 3“ und am: Brustbeinrände eine Breite von 4“ 7; das Schul- terblatt hält in der grössten Länge 3 3°, seine obere Breite be- trägt 1” 2”, seine geringste 64. Quer über das Schlüsselbein ist der Oberarmknochen geschoben, dessen. oberer Kopf abgebrochen und dessen Schaft breit gedrückt ist, wodarch er gerader erscheint als er ursprünglich war. Das noch erhaltene Stück hat eine Länge von 3% 94 und sein unteres Ende, das mit seiner breiten Fläche sich darstelli, hat eine Breite von 1“ Zwei. verdrückte Wirbel und einige Rippen bieten nichts Erwähnenswerthes dar. - d) Eine andere Platte enthält 11 Rückenwirbel, von denen aber keiner mehr mit dem andern in Verbindung ist, was wenig- stens den Vortheil bringt, dass mau sich au den meisten von der Biconcavität ihrer Gelenkflächen überzeugen kann. Ihr Körper ist wie gewöhnlich ausgeschweift, ganz glatt und ohne Spur von einem untern Dornfortsatz, die Querfortsätze wie bei den andern Mystrio- sauren gebildet. - Die mittlere Länge eines solchen Wirbels ist 1’ 5“, die ziemlich rundliche Gelenkfläche hält im Durchmesser 11 — 12‘, Wie die Schulterknochen, so sind also anch diese Wirbel kleiner als die von Mystriosaurus Münsteri. Auf der Platte sieht man viele Grübchen und Warzen als Anzeichen von den zerstörten 573 Schildern. Zwischen einer Rippe und einem Wirhel eingepresst, zeigt sich ein Schild von 14 Fänge und im grössten Querdurch- nıesser von fast eben so viel Breite, das die Iunenseite eines der grossen Schilder darzustellen scheint, wie wir sie schon in der Schultergegend des Mystriosaurus macrolepidotus getroffen haben. e) Es sind aber auch etliche besondere Schilder noch vor- handen, von denen 2 den Halsschildern des Mystriosaurus Münsteri entsprechen, indem sie nur eine geringe Grösse mit einer mittlern Längswulst haben, zu deren beiden Seiten etliche Reihen kleiner Gruben stehen. Obwohl die meisten der vorliegenden Stücke völlig ausreichend sind, in ihnen die Gattung Mystriosaurus zu erkennen, so ist dies doch nicht der Fall, wenn wir ihr Verhältniss zn den bereits anf- gestellten Arten festsetzen sollen. Die Erwägung indess von der ei- genthünlichen Furchung des Gaumens, die mir in solcher Weise von keiner andern Species bekannt ist, gibt allerdings Berechtigung in diesen Exemplaren vor der Hand eine eigene Art anzuerkennen, die jedoch in naher Verwandtschaft mit Mystriosaurus Müusteri zu ste- hen scheint. 574 ZWEITER ABSCHNITT. Die Gattung Pelagosaurus. Unter diesem Namen bat Bronn eine besondere Gattung gavial- arliger Saurier aufgestellt, die sich von Mystriosaurus nur. durch wenige und nicht sehr erhebliche Merkmale unterscheidet. Sie ist blos auf ein einziges Exemplar begründet, das ihm von Boll über- sendet und mit dem Namen Pelagosaurus typus von ihm bezeich- net wurde. 1. Pelagosaurus typus Bronn. Schon Graf Münster hat es richtig erkannt, dass ein kleines, ihm von Boll zugekommenes Saurier-Fragment in allen wesentlichen Beziehungen, sogar in der zufälligen der Lage, mit dem entsprechen- den Abschnitt von Bronn’s Pelagosaurus typus in Uebereinstimmung sey. Ich kann dies vollkommen bestätigen und habe es daher für überflüssig gehalten, Abbildungen von unserem Fragmente zu geben. Hinsichtlich der Beschreibung werde ich mich allerdings etwas aus- führlicher verbreiten, da unser Exemplar erst das zweite ist, wel- ches von dieser Art und Gattung bekannt wurde. Unser Fragment ist nicht viel über 6 lang und zeigt die letz- ten Hals- und die ersten Rückenwirbel in fortlaufender ununterbro- chener Reihe. Dazu kommen nur noch die obersten Theile der vor- dern Gliedmassen und eine Längsreihe von Schildern, die längs und 575 über den Dornfortsätzen verläuft. Graf Münster hat dieses Exem- plar in bereits ausgearbeitetem Zustande erhalten; aber leider ist bei der Entblösung vom Gesteine hier und da die Knochenmasse beschädigt und dadurch mitunter in ihrer natürlichen Form und Ver- bindung alterirt worden, so dass meine Beschreibung über manche‘ Punkte keinen völlig sichern Aufschluss geben kann. Ausser Zweifel ist es, dass die ersten 4 Wirbel der Halsgegend angehören, indem sie durch.die axtförmigen Rippen hinlänglich be- zeichnet sind. Ob der öte den Hals- oder Rückenwirbelu zuzu- schreiben ist, lässt sich bei seinem schadhaften Zustande zu keiner Gewissheit bringen; die nach ihm kommenden 5 sind jedoch ächte Rückenwirbel, so dass sich im Ganzen 10 Wirbel erhalten haben. Im Vergleich zu Pelagosaurus typus finde ich bei unserem Exem- plare, dass au diesem die Dornfortsätze von vorn nach hinten brei- ter sind, daher einen schmälern Zwischenraum zwischen einander lassen als bei letzterem, was indess bei diesem vielleieht auf Rech- nnng einer zu starken Bearbeitung, unter der er gleich dem unseri- gen gelitten hat, gebracht werden dürfte. Die Länge jedes der letz- ten 5 Halswirbel, die scharf gemessen werden können, beträgt 64 Linien; von den Brustwirbeln ist keiner gauz scharf zu bestimmen, doch dürfte der vorletzte unsers Fragments eine Länge von 8% er- reichen. } Das Schultergerüste ist ganz unkenntlich, desto besser hat sich das Oberarinbein erhalten. Es ist ein sehr schlanker, in der Mitte stark verengter, an den beiden Enden erweiterter Knochen, der in seiner Form ganz mit dem von Bronn abgebildeten überein- kommt. Seine Länge beträgt 1” 94“ [0”,048] und er würde dem- nach kleiner seyn als der von Bronn gemessene, wenn dieser nicht selbst bemerklich machte, dass sein Knochen wahrscheinlich durch Abhandlungen d. 11. Cl. d. k. Ak. d. Wiss: V. Bd. II. Abthl. 74 576 Zusammenpressung mit andern länger als im natürlichen Zustande erschiene und ohne solche Vergrösserung nur 0”,048 messen würde, also genau so viel als der fragliche Kuochen unsers Exemplars. Längs der Dornfortsätze sämmtlicher Wirbel, und diese anfangs theilweise, zuletzt ganz überdeckend, zieht sich eine Längsreihe von Schildern hin, von denen die 3 ersten ihre platte Innenseite, die folgenden aber ihre grubige Aussenseite aufweisen. Ihre Zahl scheint der der Wirbel zu entspreehen, was wenigstens bei den 6 ersten bestinimt erkannt werden kann, während bei den folgenden die Be- arbeitung die Grenzen verwischt oder doch unsicher gemacht hat. Sie zeigen ein sehr feines Netzwerk von rundlichen Grübchen, die nur durch schmale Scheidewände voneinander getrennt sind. Das 6te Schild unsers Exemplars mag ohngefähr eine Länge von 54 erreichen; die letzten nehmen aber an Länge zu. Vergleieht man Bronn’s Beschreibung und Abbildung seines Pe- lagosaurus typas mit unserer Schilderung, so wird unsere vorhergehende Behauptung über die specifische Identität beider Exemplare -vollkom- men gerechtfertigt erscheinen; ein Resultat, das mir weit mehr Be- friedigung gewährt, als wenn es mich auf ein gegentheiliges ge- führt hätte. DRITTER ABSCHNITT. Der Teleosaurus und Glaphyrorhynehusim Vergleich mit Mystriosaurus. Es sind dies zwei Gattungen, deren Stammarten bisher zwar wicht in der eigentlichen Liasformation gefunden wurden, die aber mit den darin vorkommenden in nächster Verwandtschaft stehen und ‚daher mit ihnen in Vergleichung zu bringen sind. J. Teleosaurus cadomensis. Wälırend die deutschen Palaeontologen zwischen Mystriosaurus und Teleosaurus einen generischen Unterschied annehmen, haben dagegen die französischen und englischen einen solehen in der Re- gel nicht anerkannt, sondern alle diese Ueberreste mit dem Namen Teleosaurus bezeichnet. Diese Gattung ist von Geoflroy auf Cuvier's Orocodile [Gavial] fossile de Caen begründet wurden und bisher blos nach sehr wenigen Skelettheilen und noch ungenügenderen Ab- bildungen bekannt gewesen, so dass ihre Vergleichung mit Mystrio- saurus nur auf wenige Anhaltspunkte fussen konnte. Um einer sol- chen Vergleielung eine breitere Grundlage zu gewähren, habe ich es für zweckdienlich angesehen, von den wunderschönen Gipsab- güssen, die Graf Münster durch das Museum d’histoire naturelle de Paris von dem fossilen Crocodile de Caen [Teleosaurus cadonmensis] erhalten hat, und die über weit mehr Theile, als bisher bekannt waren, Aufschluss gewähren, eine ausführliche Besehreibung zu liefern. 74* 578 a Unterkiefer. Von dem Schädel ist weiter nichts vorhanden, als ein 13 lan- ges Stück des Unterkiefers, nämlich der rechte Ast desselben von seiner Spitze an bis etwas hinter die Endigung der Zahnreihe, welch letztere wenig über 11” lang ist. Die Spitze ist schwach kolbenartig angeschwollen, und die beiden Zähne dicht vor der An- schwellung stehen ganz nahe beisammen; der Vorderrand der Spitze ist mit einer oder selbst 2 Alveolen versehen. Dieser Kieferast kann aber keineswegs dem Teleosaurus eadomensis angehören, denn abgesehen davon, dass er sich sehon durch seine düster russbraune Farbe von den andern schön rothbraun gefärbten Gipsabgüssen un- terscheidet, weicht 'er in der Form und in der Anzahl der. Zähne von jenem beträchtlich ab. Erstere ist uns freilich nur aus den Bruchstücken des Vorderendes, die Cuvier beschrieb, bekannt; indess reicht dies doch aus, um zu ersehen, dass die relativen Grössenver- hältnisse erheblich differiren. ° Denn wenn Cuvier die Breite des Unterkiefers um dreimal‘ grösser als dessen Höhe [0,033 : 0,011] angiebt, so übertrifft dagegen bei unserem Gipsabguss die Höhe des Kiefers noch etwas die Breite des Kieferastes [= 0,023 : 0,021], so dass die Breite des ganzen 'Unterkiefers in seinem vordern Drit- tel noch ‘nicht das Doppelte der Höhe ausmacht. Ferner rechnet Cuvier auf jeden Kiefer 45 Zähne, während dagegen der vorliegende Abguss die Alveolen von höchstens 21 oder 22 Zähnen wahrneh- men lässt. : Diese ‘beiden Merkmale sind 'ausreiehend,‘ um daraus schliessen zu können, dass unser Abguss nicht von Uuvier's Gavial oder Crocodile de Caen,: sondern von einer andern Art herrührt. Diese scheint aber identisch oder doch wenigstens nahe verwandt mit der:zu seyn, welche Cuvier als erste Art der Orocodiles [Ga- viales] de Honfleur bezeichnet und deren Unterkiefer er in seinen Recherches Tom. V. 2 auf Tab. 8 Fig. 1 u. 2 abgebildet hat. Mit 579 dieser kommt unser Fragment in der Zahl der Zälne, in der Höhe des Kiefers und in der schwachen Auswärtsbeugung des nicht sym- physirten Theiles desselben überein, nur rührt es von einem ungleich eineren Kiefer her, . Uehrigens hat schon Geoflroy bemerklich ge- kl Kiefer bh Uebrig hat schon Geoflroy b klich g macht, dass zu Caen ausser dem Teleosaurus noch 2 Arten von Steneosaurus vorkommen, und so mag denn eine davon in dem vor- liegenden Unterkiefer repräsentirt seyn und einstweilen den Namen Steneosaurus cadomensis führen, ph, Wirbel Das schönste Stück unter den Abgüssen vom ächten Teleosau- rus cadoniensis ist ein.2 Fuss langer Block, welcher die weisslich- gelbe Farbe unsers Jurakalks hat und im Zusammenhange 13 Rücken- wirbel enthält, vor und. hinter, denen noch je das Bruchstück eines andern Wirbels liegt, und die so schön ausgearbeitet sind, dass man sie von beiden Seiten sehen kann. Die Körper sind ganz gut erhalten, eben so die Querfortsätze, und zwar sind die der beiden Seiten vollzählig; dagegen sind alle Dornfortsätze abgebrochen. Au den Wirbelu sind die Körper, mit Ausnahme der beiden ersten, laug gestreckt und schmächtig, indem sie sich in der Mitte fast bis auf die Hälfte verschmälern; dabei sind sie ganz glatt und untere Dorn- fortsätze fehlen ihnen ganz. Bei dem ersten von diesen Wirbeln ist das Gelenkstück für den Kopf der Rippe noch am Körper an- sitzend, am zweiten schon am Ringtheil desselben, und bei dem drit- ten, wie bei allen folgenden Wirbeln, ist es bereits vom Querfort- satz mit aufgenommen, der dadurch an seinem Vorderende weit aus- gerandet wird. Da nun bei den lebenden Krokodilen blos die 4 ‚ersten Rückenwirbel solche von den Querfortsätzen getrennte Ge- lenkstücke für die Rippenköpfe aufzuweisen haben, so dürfen wir annehmen, dass unsere beiden ersten Wirhel der 3te und 4te aus 580 # der Reihe der Rückenwirbel sind und alle folgenden derselben Ka- tegorie angehören, also auch der letzte, d. h. der 16te, der sich als ächter Rückenwirbel durch das Bruchstüek seines zweispaltigen Qnerfortsatzes, das sich von ihm erhalten hat, zu erkennen giebt. Nach diesem Block zu urtheilen, ist also die Zahl der Rückenwir- bel bei Teleosaurus mindestens so gross als bei Mystriosaurus. Die einfachen @Querfortsätze der beiden ersten Wirbel sind schmal und kurz; die folgenden nehmen schnell an Länge und Breite zu und ihre beiden Gelenkenden für die Rippen bleiben immer weit auseinander gerückt. Auf ihrer untera Seite sind sie nicht, wie bei den Krokodilen und unsern Mystriosauren, platt, sondern ihr. länge- rer Theil ist verdickt mit vorspringendem abgerundeten Kiele; die Oberseite ist flach, längs der Mitte etwas ausgeschweift. Wie schon Cuvier bemerklich gemacht hat, ist der hintere Rand der Querfort- sätze etwas concav und mit seinem Ende schwach rückwärts ge- riehtet, was bei den’ lebenden Krokodilen nicht der Fall ist. Die Gelenkfortsätze sind ähnlich wie bei djeseu; eben so die breiten, stark gekrümmten Rippen, Die Grössenverhältnisse der in diesem Blocke enthaltenen Wir- bel, wobei der vorderste als der erste gezählt ist, sind folgende: Länge des 1sten Rückenwirbkels „2. 2.2.2. gr gg — „ 2ten “ 175% — „ 3ten = ARE I EN EHE ER 6 — .,„ . 4ten B ME a a En u — „ 6ten # EIN BA AR RER REIT SFTDAGE — „ 10ten 1 el Wh =) — „ 12ten > a; Auch: asia — „ 13ten EZ 177 58l Breite der vordern Geleukfläche der 10 letzten Wirbel durebschnittlich 14 wu lern ist bis 1 0 —, untere, des 5ten Querfortsatzes - =» 2 2.0.20... 0 — „ 12ten N Ra ae EHE EN —_ . „ T3ten % ee erre Ein zweiter kleinerer Block enthält die Beekenwirbel nebst dem letzten Lenden- und dem ersten Schwanzwirbel. Es zeigt sich, dass auch hier, wie bei allem lebenden und ausgestorbenen Krokodilen, nur 2 Beckenwirbel vorhauden sind. Ueber die Be- schaffenheit der Körper derselben kann ich nichts sagen, da sie nicht von der Gesteinsmasse entblöst darliegen, dagegen haben sich ihre Dornfortsätze zum Theil und die Querfortsätze fast ganz er- halten. Letztere sind zwar nach dem Muster der Krokodile gemo- delt, aber doch von denen der letzteren durch längere, schmächtigere, au den Hüftenden verflachte Form leicht unterscheidbar. Der letzte Lenden- und Schwanzwirbel bieten nichts Besonderes dar und sind gleich den beiden Beekenwirbeln mit starken, breiten Dornfortsätzen versehen, während ihre Qnuerfortsätze schmal sind. Da die hintere Gelenkfläche des ersten Schwanzwirbels frei daliegt, so kann man sich überzeugen, dass sie nicht convex, sondern concav ist. Enter den Dimensiousverhältnissen sind folgende hervorzuheben: Länge des letzten Lendenwirbels . . 2... 2... 1 44 — „ 1sten Beckenwirbels ohngefähr . . - .....1 64 — .„ 2ten 5 = ae a ae a ei: — 5 4sten Schwanzwirbels . - » 2.2.2 .2..138 — „. Querfortsaizes vom 2ten Beckenwirbel - . .2:7 Grösste. Weite der Oeffuung zwischen den beiden Quer- fortsätzen der nämlichen Seite . . » » - 2.2.1 532 Etliche einzelne Hals- und Schwanzwirbel verhalten sich so, wie sie schon Cuvier geschildert hat; ihre beiden Gelenkflächen sind ausgehöhlt. ce. Gliedmassen. Von Knochen der Gliedmassen ist unter den Abgüssen zwar nur Weniges, wohl aber Bemerkenswerthes enthalten. Das Schultergerüste ist sowohl im Schulterblatt als Schlüssel- bein [Rabenschnabelbein] vorhanden und beide unterscheiden sich auffallend von den gleichnamigen Theilen des Mystriosaurus und insbesondere der Krokodile durch ihre weit schlankeren schmächti- gen Formen, während dabei vom ersteren der Schaft nach unten zu verhältnissmässig sich mehr verdickt., Die auffallend gestreckten schlanken Formen dieser Knochen ergeben sich am deutlichsten aus folgenden Maassabnabmen: i Schulterhlatt, grösste Länge . . 2.2... 2 za —_ Breite am ohern Ende .0 84 — „ In der Mitte des Schaftes .0 4 Schlüsselben, Länge . . „2.2. "2ug — Breite am Schulterrande . . . .15 — re „ Brustbeinrande . RO — in der Mitte des Schaftes .O 4 2” An dem Block, der die vorhin erwähnten Beckenwirbel ein- schliesst, haften auch noch die beiden sehr verstümmelten Pfannen- gruben des Beckens und das ziemlich gut erhaltene, nur an seinem breiten Rande beschädigte linke Sitzbein, das in entsprechender Grösse zu den übrigen Theilen der Beckengegend steht und in 583 seiner Form ganz mit dem der Krokodile übereinkommt, nur dass der hakenförmige Fortsatz, an welchen sich das Schambein anfügt, nicht ‚so stark entwickelt erscheint. In letzterer Beziehung kommt es mehr mit Mystriosauras überein, nur ist bei diesem der Hals et- was mehr in die Breite gedehnt. Die Länge dieses Sitzbeines be- trägt 3° 3“, die Breite des. Kopfes 1“ 5, des Halses 9, des beschädigten untern Randes ohngefähr noch 24 — Noch findet sich unter den Abgüssen ein einzelnes Sitzbein, das bei geringerer Länge als das vorige doch einen breitern und kürzern Hals hat und, da es nicht die gewöhnliche rothbraune Farbe der andern Knochen besitzt, wohl von einer andern Art, vielleicht von der, zu welcher das vor- hin ‚beschriebene Unterkiefer-Fragment gehört, herrühren dürfte. Ganz - vollständig erhalten ist ein isolirter rechter Oberschenkelknochen und von der nämlichen Färbung wie -der Wirbel- und Beckenapparat, daher ohne Zweifel mit demselben zusammengehörig. Alsein freier isolirter Knochen gewährt er uns den Vortheil, dass wir ihn von allen Seiten betrachten können, während die sämmtlichen Oberschen- kelknochen unserer Mystriosauren vom Gesteine so weit umgeben sind, dass sie nur ihre äussere Fläche zur Beobachtung darbieten. Dieses Schenkelbein unterscheidet sich von dem der Mystriosauren gleich durch seine stärkere Krümmung, in welcher Beziehung es mit dem der lebenden Krokodile übereinkommt; von den letzteren weicht es aber sehr auffallend ab, dass seine breiteste Fläche nicht wie bei diesen die Unterhälfte der vordern, sondern die äussere Seite ist, indem nämlich der Kuochen von beiden Seiten [der äus- sern und iunera] zusammengedrückt ist in der Art, dass er nach vorn in eine stumpfe abgerundete Leiste ausläuft, während bei den Krokodilen umgekehrt gerade an diesem Theile der Knochen seine grösste Breite hat. Wie sich in dieser Beziehung die Mystriosauren verhalten, Jässt sich an unsern Exemplaren nieht wahrnehmen und auch bei Bronn finde ich hierüber keine Angabe; es scheint jedoch Abhandlungen der Il. Cl. d. k. Ak d Wiss. V Bd. (ll. Abth. 75 584 dies eine: allgemeine charakteristische Eigenthümlichkeit ihres Schen- kelknochens zu seyn, da aus Owen’s Beschreibung dasselbe Verhal- ten. bei seinem Teleosaurus Chapmani hervorgeht. Als mothwendige Folge ergiebt es sich weiter, dass das untere Ende des Femurs seinen grössten Durchmesser nicht, wie bei den Krokodilen, von rechts nach links hat, sondern dass; dieser von dem vorder-hintern noch etwas ühertreffen wird. Während aber bei dem fossilen: Kno- cheu in der angegebenen Weise die” untere Hälfte seitlich zusam- mengedrückt ist, ist dagegen der Hals desselben oberhalb der in- nern Rauhigkeit. beträchtlich verdickt, eine Verdickung, die ebenfalls auf den Gelenkkopf übergeht. Die beiden untern Gelenkknorren sind wie bei den Krokodilen vollständig ausgebildet. Nachstehendes sind die Hauptmaasse dieses Knochens: Länge [in gerader Linie gemessen] . . EZ ER 22." Breite [von voru nach hinten] des Gelenkkopte a ae — des Mittelstücks . - . . IRRE — des untern Endes, am äussern Gelenkliipe. eg 207 Dicke [von aussen nach innen] des Gelenkkopfs . 10 — des; Schaftes im untern Drittel, hinten... ....08 >— „0 2 nad ”, ” ” 2) ”„ vorn — des untern Endes: zwischen den: beiden Gelenkköpfen d. Panzer. Der grosse Block, welcher den grössten Theil der Rückenwir- bel enthält, ist auch mit 2 Längsreihen von obern Schildern ver- sehen, von denen die eine auf der rechten: Seite noch! den rechten Querfortsätzen: mit ihren Rippen: aufliegt, während zwischen die an- dere Reihe und den von ihnen bedeckten: linken Querfortsätzen und Rippen, die zugleich mit den Wirbelkörpern von jenen gewalt- 585 sam getrennt sind, sich die Gesteinsmasse dazwischen hineingescho- ben hat, so dass diese beiden Längsreihen durch die Wurzeln der abgesprengten Dornfortsätze voneinander getrennt werden. Die Schilder dieser beiden Reihen sind fast alle vollständig erhalten und baben sich aus dem Gesteine so leicht herauslösen lassen, dass je- des Schild einzeln abgenommen und somit von seinen beiden Sei- ten betrachtet werden kann. Dadurch sieht man nun auch den Ein- druck, den ihre untere Seite auf dem Gestein zurückgelassen hat, und da ferner von dem Theil des Blocks, der die Rückenschuppen überdeckte, ehenfalls ein Abguss gemacht wurde, so lerut man auch den Eindruck kennen, den ihre obere Seite zurückgelassen hat. In- dem endlich unter unsern Gipsabgüssen ein grosses Stück vom Bauch- panzer sich befindet, bin ich in den Stand gesetzt, eine genauere Beschreibung von der Beschaffenheit der Schilder dieses Sauriers zu geben, als sie in den kurzen Notizen von Ouvier*) und Geof- froy***) enthalten ist. Die auf 4 reducirte Abbildung eines solchen Schildes, welche sich in den Recherches befindet, kann ohnedies kein deutliches Bild von ihrer Eigenthümlichkeit gewähren. Um mit den Rückenschildern zu beginnen, so sind von densel- ben, wie erwähnt, 2 Längsreihen vorhanden, die längs der Mitte des Rückens verlaufen und in 13 Querreihen, der gleichen Anzahl von Rückenwirbeln entsprechend, gestellt sind, was in Uebereinstim- mung ist mit Cuvier’s Angabe, der eine Reihe von 10 Rücken-, 3 Lenden- und 2 Beckenwirbeln mit 15—46 Querreihen von Rücken- schildern bedeckt fand. Das vorderste Paar ‚der Schilder ist noch ziemlich klein, die nächstfolgenden nehmen schnell an Grösse zu und die hintersten fangen wieder an, sich etwas zu verkleinern. *) Recherches V. 2. p. 439 **) Mem. de l’Academ. des scienc. de l’Instit. de France. XIL p. 24. 75* 586 Die Schilder sind nach der Breite [von rechts nach links] mehr als nach der Länge [von vorn nach hinten] ausgedehnt und ihrem läu- gern Durchmesser nach, zumal gegen den äussern Rand hin, gewölbt. Der innere Rand jeder Schuppe ist gerade; die beiden längern Sei- ten sind convex und convergiren gegen den äussern schmalen und gleichfalls abgerundeten Rand, so dass im Ganzen ein solches Schild eine zungenförmige Gestalt hat; der vordere Rand ist ausserdem gegen die Mitte hin seicht ausgebuchtet. Von der Oberfläche jedes Schildes ist das vordere Drittel ganz glatt; das Uehrige ist voll rundlicher oder länglicher Gruben, die 5—7 unregelmässige Quer- reihen bilden. Vor diesen Reihen liegt in einer seiehten Einsenkung noch eine einzelne Reihe rundlicher Gruben. Von einer Längsleiste ist auf der Oberseite aller dieser Schilder auch nicht eine Spur wahrzunehmen. Die untere Fläche der Schilder ist glatt, ohne alle Gruben und ganz von der Bildung, wie wir sie schon bei den gros- sen Schildern unsers Mystriosaurus macrolepidotus kennen gelernt haben; daber wir auch gar nicht zweifeln dürfen, dass letztere eben- falls Rückenschilder, und zwar von ihrer innern Seite, darstellen, Die Verbindung der Schilder untereinander geschieht nach der Längsriehtang des Rückgraths in der Art, dass sieh jedes Schild mit seinem Hinterrande über das hinter ihın folgende Schild so weit hinüberlegt, dass es dessen glätten Vorderraud nebst der ersten seichten Reihe von Grübchen ganz überdeckt. Hinsichtlich der Querverbindung der Schilder, so erfolgt diese dadurch, dass die verdickten innern Ränder mit schiefstehenden und gerunzelten Fur- chen und Leisten, zumal an dem Knorren der Innenseite, wo die Dicke an 6—7'' beträgt, in einander greifen und so eine feste Ver- bindung untereinander zu Stande bringen. Länge | Breite ganze (von | des freien Kon vorm vorn nach | grubigen nach | hinten). Theils. i links). {stes Rückenschild. . . . 17 gel gu zul gu zu 2tes „ LEER LEDER a | 3tes u NER ARTEN SEE Per KR kg Yes RE. ey 5tes e Aa fe „00, 1.3 7. 000 Ttes B u ES U Tage: ae ET ae 12tes . ee 5 ET A Tu Es ist zu bedauern, dass weder Cuvier noch Geoflroy auf eine nähere Beschreibung der Schilder eingegangen sind, ja dass der letztere in der Angabe der Längsreihen sogar im Widerspruche mit den ersteren steht; denn während Cuvier von 10 solchen Reihen spricht, sagt dagegen Geoffroy, dass zwar auf dem Bauche die Rei- hen 6 Schilder enthalten, aber auf dem Rücken jede Reihe zwei. Wie dem auch seyn möge, so haben jedenfalls diese Rückenschil- der eiue sehr abweichende Form von Owen’s Teleosaurus Chap- mani, so wie auch von unserem Mystriosaurus Münsteri, während sie dagegen bei dem Mystriosaurns macrolepidotus ihre Vertretung finden. Ein \ R E = n = + Pa x ‚ 2 R = ER So sehr auch die Zahl der Schriften über gaivanische Tele- graphen bereits angewachsen ist, so findet man doch in keiner das was Jeder sucht — eine klare verständliche Darlegung der ver- schiedenen Prinzipien auf welchen sie beruhen. Noch weniger aber jene thatsächlichen und speciellen Angaben in den wesent- lichen Punkten, von welchen der Erfolg bedingt ist. Ehen so wird man vergebens nach den Erfahrungen suchen, welche sich im wirk- lichen Gebrauche derselben pro und contra herausgestellt haben. Man wird somit nicht im Stande seyn bestimmte Systeme und bestimmte Einrichtungen als die zweckmässigsten zu bezeichnen. Unter solehen Verhältnissen dürfte es vielleicht Manchem nicht unangenehm seyn, meine auf einer amtlichen Inspection der deutschen Telegraphlivien erst kürzlich gesammelten Erfahrungen zu kennen. — Ich unternehme es daher sie hier zusammenzustellen, in der Absicht, die verschiedenen zur Ausführung gekommenen Systeme nach den an ihnen gemachten Erfahrungen zu vergleichen und so die zweckmässigsten Einrichtungen festzustellen. Es dürfte dies jetzt um so mehr an der Zeit seyn, als grossartige, alle deutschen Staaten umfassende Telegrapllinien zum Theil ausgeführt, zum Theil projeetirt sind und nur im Moment des Entstehens solcher Unter- 78* 780 nehmungen die so sehr wünschenswerthe und nöthige Einigung in der technischen Anordnung zu erlangen ist. Mögen die hier ge- gebenen Erfahrungen zur Erreichung dieses Zieles beitragen! Jeder galvanische Telegraph ohne Ausnahme besteht aus drei wesentlichen Theilen: 1stens der Leitungskette, einem isolirten Me- talldrahte, welcher die Stationen unter einander verbinden und in sich zurüekkehren muss; 2tens dem Apparate, welcher den galva- nischen Strom in der Leitungskette, dieser geschlossenen Schleife, erzeugt und 3tens den Apparaten, welche dienen die durch den galvanischen Strom hervorgebrachten telegraphischen Zeichen zu geben und zu empfangen. Anmerkung. In meiner Abhandlung ‚über Telegraphie zunächst durch galvanische Kräfte‘‘ habe ich dies schon 1837 allgemein ausgespro- chen. Dennoch enthält der neueste grössere Aufsatz über galvanısche Telegraphen in Förster’s allgemeiner Wiener Bauzeitung von Stauffert 1848, 9. u. 10. Heft, unter Anderen eine Beschreibung des Münchner Telegraphen von 1837, in weleher als Eigenthümlichkeit desselben her- ausgehoben ist, dass er aus diesen drei Theilen bestehe! Dass aber bei diesem Telegraph zuerst der Boden als Hälfte der Leitungskette benutzt wurde, *) dass er der erste war, weleher die gemachten Mittheilungen in einer Zeichensprache niederschrieb und durch Combination von Glocken- tönen die Rede nachahmend aussprach — dass Gauss durch meine Er- fahrungen über die Leitung des Stromes dureh das Erdreich veranlasst war die Enden: der Kette ‘mit Kupfer- und Zinkplatten zu versehen und so zuerst**) den Erdstrom heryorrief — das alles ist mit Stillschweigen übergangen. Dagegen sind gerade diese Dinge den Engländern und Nordamerikanern als wichtigste Erfindungen jahrelang später vindizirt. *) Schumacher's Jahrbuch 1839. pag. 172. #%) ) » „' pag. 173. 781 Es ist leicht einzusehen, dass die Leitungskette, eine isolirte Metallverbindung wenigstens von der Länge des Weges auf welchem man telegraphische Mittheilungen machen will, in der Ausführung die grössten Schwierigkeiten bietet und bei Weitem die grössten Kosten in der Anlage verursacht. Daher müssen als die wesent- lichsten Beiträge zur Durchführung der galvanischen Telegraphen diejenigen bezeichnet werden, durch welche die Herstellung der Kette vereinfacht und ihrer Erhaltung grössere Sicherheit verschafft wurde. Zu diesen gehört, ich darf es aussprechen, die von mir zuerst durchgeführte Benützung der leitenden Feuchtigkeit des Erd- bodens als Hälfte der Leitungskette. Man erspart dadureh nicht blos die halbe Länge des Metalldrahtes, sondern man gewinnt da- mit einen ‚Leiter von unbegrenztem Querschnitt, so dass der Strom in. diesem einen Widerstand: findet, einen Leiter, der nie unterbro- chen werden kaun. Diese Vortheile sind so augenfällig, dass die Bodenleitung ohne Ausnahme bei allen deutschen Telegraphen ge- genwärtig eingeführt ist. Aber auch diese möglichst vereinfachte Leitung ist sehr schwer auf grosse Distanzen ununterbrochen zu erhalten. Denn die Wahr- scheinlichkeit einer zufälligen Unterbrechung wächst mit der Entfer- nung und mit der Zeit. Als eine weitere Verbesserung muss es daher betrachtet werden, dass man in Amerika und England statt der schwachen Kupferdraht - Leitungen starke verzinkte Eisendrähte in Anwendung gebracht hat, die sowohl durch Ungewitter als durch Böswilligkeit nicht leicht zu beschädigen sind. Allein auch diese Leitungen bedürfen einer beständigen Aufsicht ‚und sind daber in ihrem Zuge an Eisenbahnen geknüpft, um ihres Schutzes theilhaftig zu seyn. Daher ist das in Preussen durchgeführte System, die Eine Drabtleitung isolirt unter den Boden zu legen, als eine weitere wesentliche Verbesserung zu. betrachten, indem damit die Leitung 182 möglichst gut geschützt ist, nicht bloss den Eisenbahnen sondern jeder Chaussee folgen kann und selbst unter dem Wasser den Zweck erfüllt. Sie bietet noch den weitern Vortheil, dass die zer- störenden Wirkungen des Blitzes, die nicht ganz von den Leitungen dureh die Luft abzuhalten sind, hier aufhören, obschon sie andere Beschränkungen über die Art der Anwendung des galvanischen Stromes und seiner Stärke herbeiführt, von welchen wir später sprechen werden. Die Erzeugung des galvanischen Stromes in der Kette beruht entweder auf Hydrogalvanismus oder auf Induction. Andere Quellen sind bis jetzt nicht benutzt. Der erstere — die galvanische Batte- rie — bietet den Vortheil, ‘dass man über grössere Kräfte disponirt also die Zeichen stärker oder rascher hintereinander geben kann, wogegen die Erhaltung der Batterie, ihre täglich wiederkehrende Reinigung, die Ungleichheit ihres Ganges etc. als Uebelstände zu betrachten sind. Unter den hydroelectrischen Erregern verdient das einfache Element, bei welchem die Kupfer- und Zinkplatte an die Euden der ganzen Leitung verlegt und in das Horizontalwasser des Bodens versenkt wird, auf welches Gauss zuerst 1837 aufmerksam machte, besonderer Beachtung, da viele Mängel der Batterie dabei verschwinden. Die Induction ist zwar von diesen Fehlern völlig frei; denn es tritt mit gleicher Bewegung stets gleiche Kraft hervor. Sie ist aber von dem wesentlichen Uebelstande begleitet, dass die Apparate dadurch complieirter werden, und dass, um die erforder- liche Kraft in sehr langen Leitungsketten zu erzeugen, die Induc- tionsrollen so schwer und massenhaft werden, dass ihr statisches Moment der raschen Folge von Zeichen hinderlich wird. Es kann also a priori keiner der beiden galvanischen Quellen ein entschiedener Vorzug eingeräumt werden. Vielmehr wird sich 783 die Wahl nach dem speciellen Zweck des Telegraphen zu richten haben. Induction scheint vortheilhafter bei kleinen 'Telegraphlinien und in Verbindung mit Zeigerapparaten, also namentlich zu Bahn- dienst-Telegraphen, ‚weil dabei das im Stande halten der Batterie hinweg fällt und mit dem Zeigerapparat jeder Bahnbeamte ohne besondere Einübung telegraphiren kann. Hydrogalvanische Ströme müssen angewandt werden an sehr grossen Telegraphlinien, wo es fast unvermeidlich ist, stäts Strom durch die Kette gehen zu las- sen und durch seine Unterbrechung Zeichen zu bewirken. Alle Apparate zum Zeichengeben beruhen auf der Wechselwir- kung zwischen Magnetismus und Galvanismus, welche eine Bewe- gung zur Folge hat, die als mechanische Kraft alle möglicheu Zeichen hervorbriugen kann. Die benutzte Wechselwirkung ist doppelter Art. Entweder bewegt man constante Stahlmagnete durch Einwirkung des sie umgebenden galvanischen Stromes, — Nadel- Telegraph-Apparate, (In diese Classe von Apparaten gehören die an meinem 'Telegraphen von 1837 angewandten, Bain’s Nadeltelegrapb, Baumgartner's Telegraphapparat, in Anwendung durch ganz Oesterreich, Eisenlohr's Goldblatitelegraph u. a. m.), oder man erzeugt durch den Strom nur zeitweise Magnetismus in weichem Eisen, der auf ande- res Eisen anziehend wirkt und die Bewegung hervorhringt — elec- tromagnetische Apparate. (In diese Classe gehören Morse’s Schreib- Apparat, Wheatstone's Zeigerapparat, Fardelys und Ecklin’s Zeigerapparat, Stöhrer's Zeigerapparat, Siemens’- und Halcke’s Zei- gerapparat, meine. Controltelegraphen u. v. A.) — Bei erstern wird der Apparat einfacher; dagegen ist die erzeugte Kraft in der be- wegten Nadel sehr gering und daher die Zeichenfolge langsamer und ‚weniger sicher, so dass der praktische Vortheil entschieden auf Seite der Electromagnete liegt. Auch finden diese jetzt beinahe bei allen in Deutschland bestehenden Telegraphen Anwendung. 784 Die’ Zeichen aber, welche: durch beide Arten hervorgebracht werden, sind im Allgemeinen bestimmt unsere Schriftsprache nach- zubilden. Man bewirkt dies durch Schreiben, durch Sprechen oder durch Vorzeigen des Buchstabens. Darnach kann man wieder ver- schiedene Systeme bilden, von welchen jedes seine Vortheile, aber auch seine Mängel besitzt. Der sicherste Apparat scheint der Schreibapparat, weil er ein Document über die gemachte Mittheilung liefert und von der Auf- merksamkeit des zweiten Beobachters unabhängig ist; allein er setzt die Kunst voraus den Apparat zu handhaben. Apparate, welche durch verschiedene Töne und deren Combi- nation oder durch denselben Laut, aber in verschiedenen rhytmi- schen Folgen auf das Gehör wirken, bilden gewissermassen die Sprache nach und es können mit einiger Uebung die Mittheilungen durch sie verstanden werden wie die Sprache. Sie bieten also den Vortheil, dass sie unwillkührlich auf das Gehör wirken, daher nicht wie auf die Zeichen für das Gesicht die Aufmerksamkeit schon vorher auf sie gerichtet seyn muss. Dagegen fällt es Vielen, welchen der rhytmische und akustische Tonsinn mangelt, schwer sie zu unterschei- den und eine Wiederholung des Gesagten ist, wie bei der Rede, oft nicht zu vermeiden. Diese Apparate könnten Sprechapparate genannt werden, da sie die Rede imitiren. Die dritte Classe bewegt Zeiger nach dem mit dem Finger bezeichneten Buchstaben, der sich auf der andern Station sichtbar macht. Dieser Apparat ist am leichtesten zu handhaben. Man ‘ braucht gar nicht erst die Kunst des Telegraphirens zu erlernen. Jeder kann gleich Mittheilungen machen; dagegen geht die Mitthei- lung viel langsamer und weniger sicher, weil sie ganz von der Auf- 785 merksamkeit des zweiten Beobachters abhängt. Dieser Apparat kann daher nur für bestimmte gegebene Verhältnisse einen Vorzug vor den Schreibapparate erlangen. Im Allgemeinen aber muss derjenige Apparat als der vollendetste betrachtet werden, welcher bei der einfachsten Construction und Manipulation die Mittheilung am schnell- sten und sichersten macht, und dies ist, wie wir aus Nachfolgendem ersehen werden, bis jetzt der Morse’sche Schreibapparat. Ich lasse nun die Erhebungen über die verschiedenen in Deutsch- land ausgeführten Telegraphlinien folgen, so weit die sehr kurz zu- gemessene Inspectionszeit dieselben möglich machte. Bahnbetriebs- Telegraph von Stuttgart nach Esslingen. 1849. 2ten April. Ist angelegt im verflossenen Winter von Mechanikus Geiger in Stuttgart mit dem Bahn-Ingenieur und mit Benutzung der Betriebs- Werkstätte unter Leitung des Bahn-Direktors Knapp. Die Leitung von Kupferdrabt. (70 Fuss wiegen 1 # württembergisch.) Geliefert von Beck et Comp. in Augsburg, pr. Zoll-® a 534 kr. Schliessung durch den Boden, mit Endplatten von Kupfer, circa 4 Quadratfuss gross, versenkt bis ins Horizontalwasser. Ist aufgelegt auf Stan- gen, welche in der Regel nur 10‘ über die Erde reichen. Abstand derselben 100— 120‘. Die Stange oben eingeschnitten. Der Draht zur Isolirung in einem aufgeschnittenen Kautschoukrohre eingelegt und festgekeilt. Beide Enden des Rohres abwärts gebogen, damit das Wasser abfliesst. Die Isolirung mit einem Blechdach gedeckt. Die Stösse der Leitungskette zusammengewunden und mit Zinn ver- Abhandlungen d. II Cl. d. k. Ak. d. Wiss. V. Bd. III, Abthl. 79 786 löthet.. Isolirung nach. Erfahrung nicht gut. ‚Oft leitende .Verbin- dungen, namentlich an Eis im Tunnel, ‚dann bei Brückenübergängen. Kette nar einmal durch Gewalt unterbrochen. Sie führt von Stutt- gart nach Cannstadt, Unterdürkheim und Esslingen und ist 4 Stun- den lang. Apparat. Ein Zeigerwerk von Geiger konstruirt, unterscheidet sich von dem Wheatstone’schen Buchstaben-Zeiger durch Flaschen- zug-Gewichte, welche bewirken, dass die Zeichen schnell gegeben werden können. Der Zeiger macht eirca in 2 Sekunden einen Umgang. Er springt bis zur berührten Taste. Ein paar Apparate mit Wecker kosten bei Geiger olıne Batterie 170 fl. Die Batterie (Daniel'sche: Ziuk-Kupfer und Kupfer - Vitriol), aus 6 Elementen von 12“ Höhe und 4 Durchmesser, ist aufgestellt in Stuttgart, in Unterdürkheim und in Esslingen. Der Strom geht constant (?) durch die Kette. Die Batterie dauert 3 Wochen, wird jedoch jeden Abend auseinander genommen und gereinigt. Bei Gewittern werden die Batterien ab- gesperrt. Zum Schutz sind Blitzableiter der Leitung nahe gehracht. Die Wirkung der Electromagnete versagte manchmal, so dass die Zeiger wieder rückwärts auf Null gestellt werden mussten. Auch kam es beim Telegraphiren vor, dass der Zeiger bei D hängen blieb, daher die Mittheilung beiderseits nicht verstanden wurde. Die Be- aufsichtigung geschieht jetzt noch durch Geiger. 187 Galvanischer Telegraph von Carlsrube nach Durlach und von Heidelberg nach Mannheim. 1849. 3ten April Ausgeführt nach Angabe und unter Leitung des Hofraths Ei- senlohr. WVollendet von Durlach nach Carlsruhe im Oktober 1847. Von Heidelberg nach Mannheim April 1848. Die Leitungskette besteht aus verzinktem Eisendraht, 2” diek. Der Draht zum ersten Telegraphen, Carlsrube-Darlach, ist aus England bezo- gen, der zur zweiten Leitung von Wörle et Comp. aus Fal- kau bei Nenstadt auf dem Schwarzwalde. Die Zusammenfügung bilden zwei Oesen, neben einander gelegt, mit Draht umwickelt und verlöthet, dann durch die Oesen eine Schraube, mit viereckigem Kopfe und ähnlicher Mutter festgezogen nnd noch mit Zinn verlöthet. Von Carlsruhe nach Durlach sind die Säulen 400° auseinander, von Mannheim nach Heidelberg 500‘, was für zu weit erklärt wird, weil im Winter der Draht schon sechsmal gerissen ist. Ich sehe den Grund des Reissens vielmehr darin, dass der ans dem Schwarzwald bezogene Eisendraht viel brüchiger ist als der englische, wie sich aus vergleichenden Proben beider Sorten ergeben hat; jedoch ist auch der Draht von Carlsruhe nach Durlach schon einmal von selbst gerissen. Die Isolirung der Leitung ist durch Doppelkegel aus Steingutmasse effektuirt. Der Doppelkegel, seiner Länge nach durch- bohrt, wird über den Draht geschoben und durch eine Querklammer oben auf der Säule befestigt. Ueber der Säule ist ein hölzernes Dach oder Kästchen mit ebenfalls isolirten Stiften befestigt. Jede siebente Säule hat einen eigenen Apparat zum Nachspannen der Kette, was mittelst eines Hackenschlüssels bewirkt wird. Der Spannapparat besteht aus verzinktem Gusseisen und ist zweckmässig construirt. 79* 788 >» Zum Schutze vor Blitzstrahlen sind Blitzplatten (s.später) an dem Bahn- hofe angebracht. Ausserdem sind an den Doppelkegeln pr. Stunde Wegs an drei Stellen über die Leitungskette Holzrollen aufgesteckt. Ueber die Ho)zrolle geht ein Draht herunter in den Boden. Die Holzrolle ist höchstens 1” diek. Daher schlägt der Blitz im vorkommenden Falle über und findet Ableitung nach der Erde. Diese Holzrolle befindet sich noch in dem Kästchen und ist somit vor Nässe ge- schützt. — An beiden Enden der Leitung sind Kupferbleche von 6 Quadratfuss Fläebe bis zum Horizontalwasser versenkt. — Der Zeichengeber ist ein von Eisenlohr abgeänderter Wheat- stone’scher, nämlich eine Verbindurg mit Haiden's Goldblatt-Electro- scop. Ausgeführt durch den Mechaniker und Kabinetsdiener Heck- mann. Man bewirkt durch Drehen eines Handgriffes naeh links oder nach rechts, dass das zwischen einem Stahlmagnet senkrecht herabhängende Goldhlatt nach links oder rechts eine zuckende Bewegung macht. Aus der Combination dieser zwei verschiedenen Zeichen ist ein Alplrabet gehildet, durch welches die Mittheilungen_ erfolgen. Ueber dem Apparate ist ein Wecker oder eine Alarmglocke an- gebracht. Sie besteht auy einem Schlagwerk mit zwei Glocken. Die Hemmung erfolgt am Windfügel, um möglichst kleinen Widerstand zu haben. Durch eiıen Commutatar wird bewiykt, dass der Strom entweder nur dureh den Zeichengeber oder nur dureh das Geläute geht. Die Widerstände im beiden sind mögliehst nahe gleich. Um die Aufmerksamkeit des Telegraphissen der andern Station zu er- regen, wird daher vor jeder telegraphischen Mittheilung erst das Geläute in Gang gesetzt. Man kann recht gut zwei Zeichen in einer Sekunde geben. Doch ist grosse Aufmerksamkeit des Beohach- ters nöthig, um Irrungen zu vermeiden. Gegenwärtig ist die Daniel’sche Battetie voch in Anwendung. Man rechnet auf eine Stönde Weges drei Elemente von 4 Quadratzoll 789 Oberfläche. Eisenlohr hat jedoch sehr interessante Versuche über Batte- rien von lange andauernder Wirkung durchgeführt. Eine derselben, die Kupferzink-Batterie, enthält in der Kupferzelle 5 Theile Schwefel- säure von 1,82 spec. Gewicht auf 100 Theile Wasser. In der Ziukzelle, in dem Säckchen ist gereinigter Weiustein und Wasser. Die Zwischenräume in der Batterie sind mit Quarzsand angefüllt. Eine ähnliche Einrichtung hat die Coakes-Batterie. Am Galvanome- ter zeigen beide, obgleich täglich 15—30 Minuten geseblossen, noch nach 56 Tagen gleiche Ablenkung. Nach 24stündigem Schliessen werden sie schwächer, erholen sich jedoch wieder in kurzer Zeit, Sie sind also für Telegraphen, die beiur Schliessen des Stroms ar- beiten, vortreflich. Bei Kardely's lange andanernder Batterie ist die elektromotorische Kraft etwas geringer. Diese Eisentvhr’sche Bat- terie scheint aller Aufmerksanikeit würdig. Balın - Telegraph von Frankfurt nach Castel und Wies- baulen. 1849. 5ten April. Hergestellt unter Beitäng des Ingenienrs Fardely durch die Werkstätte der Bahn und unfer Mitwfikung des Direktors Beil. (Siehe dessen Beschreibung dieses Telegraphen.) — Die Ku- pferdraht - Leitung zwischen Wiesbaden und Castel: ist seit 1845, die von Castel nach Frankfurt seit 1845 in Wirksamkeit. Der Draht wiegt 3 Cir. pr. deutsche Meile. Die Leitwg ist 4 Meilen lang und führt mit beiden Eırden mit angelötheten Kupferblechen bis zum Horizontal-Wasser. Die Stangen sind 40 Meter von einander entfernt, 12 — 18‘hoch. Der Draht ist durchein nach oben aufgeschnittenes Loch dureh 790 die Stange geführt und darin verkeilt, Mittelst eines Blechdaches ist diese Stelle vor Regen geschützt. Die Kette geht von Frank- furt nach Höchst, Hattersheim, Florshbeim, Hochheim und Castel. Auf jeder dieser Stationen ist ein Apparat und eine Batterie aufgestellt. — Der Zeiger-Apparat von Fardely besteht aus zwei Zifferblättern neben einander. Man dreht das Zifferblatt rechts, bis der beabsichtigte Buchstabe auf einen feststehenden nach unten an- gebrachten Zeiger trifft. Dabei geht der Zeiger auf dem Ziferblatte links, von Buchstabe zu Buchstabe springend, bis zu demselben Zeichen. Ein Gleiches erfolgt an dem linken Zifferblatte der andern Station. Auf den Zifferblättern sind die Stationen, das Alphabet, endlich zwei Zahlenreihen von römischen und arabischen Ziffern angebracht. Indessen darf man die Drehung des Zifferblattes rechts nicht zu schnell vornehmen, weil sonst der Zeiger links zurückbleibt und erst wieder, um Missverständnisse zu verhüten, auf Null geführt werden muss. Die Batterie besteht auf den Endstationen aus 18 Elementen, auf den Zwischenstationen aus 6 Elementen. Die Zinkplatte, 5 hoch, 1‘ breit und amalgamirt, steht in verdünnter Schwefelsäure. Die Kupferplatte, 4 hoch und 2“ breit, statt in Kupfer- Vitriol, in schwacher Alaun-Lösung. Sie wirkt 4—6 Wochen. Der Strom geht beständig durch die Kette. u r Die Anlagskosten betragen pr. Meile etwas über 800 fl. Der Apparat kommt etwa auf 100 fl. Er gibt selbstständige‘ Zeichen während der Gewitter und muss daher so lange abgesperrt werden. Er ist geschützt vor den Wirkungen des Blitzes durch einen sehr dünnen Draht im Innern des Zimmers, welcher im vorkommen® den Falle abschmilzt. Dies ist offenbar ein sehr unvollkommenes Schntzmittel, welches den Telegraph-Beamten in Gefahr bringt. Unterbrechungen finden oft während eines Monats keine statt. Mit der Beaufsichtigung und Iustandhaltung ist ein Ingenieur von a WE 791 Fardely beauftragt... Die Unterbrechungen erfolgen meistens im Win- ter und da durch Sturm. ‚Der Ingenieur besorgt mit Maiunschaft des Bahubetriebs die Wiederherstellung. Ein zweiter galvanischer Telegraph von Berlin über Eisenach hat in Frankfurt seine Schluss- Station. Wir werden denselben bei Angabe der Berliner Telegraphen speciell erörtern. Galvanischer Telegraph von Hamburg nach Cuxhaven. 1849. Sten bis fften April. Dieser Telegraph ist von einer Actiengesellschaft errichtet wor- den. Die technische Leitung führte Robinson aus Newyork in Ver- bindung mit dem Telegraph-Inspektor Gerke. Die Kette besteht aus verzinktem Bisendraht. Durch die Stadt ist sie unter dem Bo- den geführt. Der Elbe-Uebergang ist mittelst hoher Masten bewirkt. Die Apparate sind Morse's Schreibapparat mit Relais, wie ihn Robinson von Amerika hieher brachte. Das Stationsbureau in Ham- burg ist in dem Gebäude der Börse. Die Leitung geht hier mit 10 Quadratfuss Kupferblech in den unter der Börse befind- lichen Keller und ist daselbst tief in den nassen Boden eingegra- ben. Sie führt dann in das Zimmer zu den Apparaten, eine Treppe höher zu den Batterien und nun das Gebäude verlassend 2° tief unter dem Pflaster bis zu dem Wall. Der Kupferdralit ist bis da- hin mit Gutta Percha umpresst und isolirt. Die Drähte sind im Ge- bäude an den Wänden befestigt und mit flachen, zum Oeffuen ein- gerichteten Wandschränken geschützt. Unter dem Strassenpfla- ster sind die Drähte in schmiedeiserne Gasröhren gelegt. Ihre 792 innere Weite beträgt 2”; ihr äusserer Durchmesser 1. Schulte und Schemmann in Hamburg haben dieselben geliefert. Sie kosten pr. 100 Fuss 17 Mark 8 Schilling‘ und kommen von Hull. Man hat zur Vorsicht zwei Drähte in die Röhren gelegt, so weit die Leitung unter dem Boden geht, und es ist auch gegen- wärtig bloss einer (derselben noch wirksam. Die Isolirang der Drähte mit Gutta Percha lieferte Emil Müller. Die Arbeit ist je- doch sehr mangelhaft, so dass die Isolirung grosse Schwierigkeiten machte. Je in Abständen von einigen hundert Schritten ist ein gusseiserner Topf unter dem Pflaster eingegraben, in welchem die Drähte eingeführt sind, so dass die richtige Isolirung von dieser Stelle aus untersucht werden kann. Der Topf ist mit einem eiser- nen Deckel verschlossen und ein hölzerner Block statt des Pflaster- steins zur Bezeichnung der Stelle eingesetzt. Der Draht ist mit einer 10° langen Nadel in die Röhren eingezogen, und diese sind zusammengeschraubt durch einen übergreifenden Gewindering der, so wie die Röhrenenden, mit linkem und rechtem Gewinde ange- schnitten ist. Am Wall tritt die Leitung aus dem Boden und ist in äbnlicher schmiedeiserner Röhre auf eine 40° hohe Stange ge- führt. Die unterirdische Leitung ist etwas über 4000’ lang. Die Leitung führt nun über ähnliche Stangen oder Bäume bis zum Elbeufer; »is dahin besteht sie aus verzinktem Eisendraht, gelie- fert von Schulte et Schemmann in Hamburg. Der Ring zu 1600’ lang für 27 Mk. banco eirca. Der Draht ist zur Isolirung in Töpfe von gepresstem Glase eingelegt und mit Kupferdraht festgebunden. Der Uebergang über die Elbe ist mittelst 160‘ hoher Masten in 3 Längen von 1000’, 800° und 700° bewirkt. Die Entfernung ‚beträgt von Hamburg bis Haarburg 1 Meile, bis Stade 6 Meilen, bis Ot- terndorf 15 Meilen, bis Cuxhaven 18 Meilen. Hier geht die Lei- tung wieder, mit Kupferblech versehen, in den Boden. An jeder Endstation sind 7 Daniel’sche Elemente, ausserdem an jeder Station 793 3 Grove’sche Zink -Platina- Elemente zum Betrieb der Schreihap- parate aufgestellt. Die Leitungskette in der Luft ist nicht mit Gutta Percha überzogen, sondern nur auf Säulen aufgelegt, welche in der Regel 150‘ abstehen und 23° über den Boden reichen. Sie sind 5‘ tief eingegraben und 1‘ höher angebrannt. Oben in die Stange ist ein hölzeruer Zapfen eingeschlagen. Auf diesem Zapfen sitzt der schon erwähnte Glaskopf. Dieser hat eine solche Form dass der Regen über den Mantel der Glasglocke abtropft, ohne eine nasse leitende Verbindung mit der Feuchtigkeit des Bodens herzustellen. 100 Stück dieser aus grünem Glase gepressten Köpfe kosten 15 Mk.; sie wurden bezogen durch die Glashandlung Schrader et Ruse in Hamburg. Der Uebergang über die Elbe bot besondere Schwierigkeiten wegen der hochmastigen Segelhote, die passiren. An 3 Stellen musste mal Masten von 160° Höhe errich- ten, welche durch ein System von Eisenstangen in den zwei untern Etagen verstärkt sind. Die Leitung besteht hier aus vierfachem Stahldraht, stark zusammengedreht und nicht geglüht. Er hält für sich, ist jedoch schon einigemal durch Segelschiffe abgerissen wor- den; daher schon vorräthige Längen zum schnellen Aufziehen in Bereitschaft gehalten werden. Die Leitung ist auch schon mehrmals durch Böswilligkeit unterbrochen worden. Zwischen Otterndorf und Cuxhaven hat man sogar Stützbäume abgesägt. Der Telegraph folgt erst der Strasse, danu Feldwegen, theilweise ist er über die Felder gezo- gen. Ein besonderes Beaufsichtigungs-Personal ist dafür nicht an- gestellt. Der Uebergang über die Elbe kostete mehr als 6000 Mk., die ganze Anlage 55,000 Mk., also pr. Meile circa 3000 Mk. Die Oberleitung des Baues führte Robinson und der Telegraph-Inspektor Gerke. Das Unternehmen ist, wie schon erwähnt, auf Actien ge- gründet, die Direktoren sind Mörivg und Godefroy. Der Telegraph kann vom Publikum benutzt werden. Der Preistarif ist gebildet nach den amerikanischen und englischen. Auf jeder Station sind 2 Te- Abhandlungen der II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. V. Bd. Ill. Abth. so 794 legraphisten angestellt. Sie stehen sämmtlich unter Inspektor Gerke. Täglich werden die telegraphischen Mittheilungen von commerzieller oder politischer Wichtigkeit gedruckt. Das Bud- get für die Anstalt ist vorläufig auf jährlich 10,000 Mk. angesetzt. Als Rivale dieses Unternehmens tritt der noch zwei Jahre fort- bestehende optische Telegraph von Hamburg nach Cuxhaven auf. Daher kann der galvanische Telegraph jetzt noch wicht gut renti- ren, doch trägt er schon gegenwärtig nahe seine Unterhaltungs- kosten. Sein Bestehen ist jedoch zu kurz, um hierin sichere Anhaltspunkte zu zeben. Der Telegraph wurde erst im verflosse- nen Oktober fertig. Im Winter kam eine elektrische Erscheinung unter Schneegestöber vor, welche die Pole der Apparate umkehrte. Die Störung verging jedoch allmählig von selbst wieder. Auf dieser Telegraphlinie ist der Morse’sche Schreibapparat, welcher Eindrücke in einem fortlaufenden Papierstreifen macht, in Anwendung. Der Apparat in Hamburg ist das Original-Instrument aus Amerika, bezeichnet Shubbek Utica Ny. Er ist mit Relais versehen. Der Relais besteht in einem getrennten Elektromagnet, über welchem sich ein ganz leichter Anker mit sehr kleinem Gange bewegt. Durch den Multplikator des Relais geht der Strom der Kette constant, während der Strom der Grove’schen Stationsbatterie blos so lange als die Kette unterbrochen ist, durch den Multiplika- tor des Schreibapparates geht. Der Relais bewirkt also, dass mit einer sehr kleinen galvanischen Kraft in der Leitungskette die zum Schreiben nöthige grosse magnetische Kraft hervorgerufen wird. Man macht in Hamburg ein Geheimpiss aus der Wirksamkeit des Relais. Es findet sich jedoch derselbe bereits beschrieben in the American Journal of science and arts by Prof. B. Silliman Vol. V. Mai 1848. pag. 58. Jedenfalls ist das Prinzip nieht neu; denn ich habe schon vor 5 Jahren, den 30. August 1844, ein Privilegium in 795 Bayern erhalten auf Telegraphen, durch deren Keite ein beständiger galvanischer Strom geht, dessen Unterbrechung die Zeichen bewirkt, was das Wesentliche des Relais ist. Ueberdies ist Morse’s Appa- rat beschrieben von Drescher 1848. Cassel bei Fischer, 4°, und von Gerke ist 1848 eine Uebersetzung von Vail’s Beschreibung mit Abbildungen erschienen. Indessen ist in dieser Beschreibung ge- rade der Relais und seine Wirkungsweise hinweggelassen, so wie man überhaupt durch sie keine deutliche Vorstellung von der Ein- richtung des Hamburger Telegraphen erhalten wird. Ich will daher noch einige Worte über das Wesentliche seiner Einrichtung bei- fügen. Man denke sich in die durch den Boden geschlossene Leitungs- kette zwischen Hamburg und Cuxhaven ‘eingeschaltet: 1. an den beiden Endstationen die 2 Daniel’schen Batterien; 2. auf jeder Station den Multiplikator ihres Relais. Durch diese Kette geht be- ständig der Strom, welchen die 2 Endbatterien hervorbringen. Die Electromagnete aller Relais sind also heständig angezogen. Nun ist auch auf jeder Station eine Klappe zum Schreiben oder eigentlich nur zum Oeflnen dieser Leitungskette angebracht. Wie man jetzt auf einer der Stationen die Klappe niederdrückt und damit den Lei- tungsdraht der Kette an dieser Stelle auseinander nimmt, hören alle Electromagnete der Relais auf magnetisch zu seyn. In demselben Augenblicke aber reisst die Feder, welehe an dem Hebel des Re- lais angebracht ist und beständig strebt den Anker vom Blectro- magnet zu trennen, den Anker wirklich ab. Hätte dieser Anker für sich Kraft genug, sichtbare Eindrücke auf dem Papiere hervorzu- bringen, so wäre hiemit auch schon der ganze Telegraph fertig. Allein der Anker der Relais geht nur mit einer sehr geringen Kraft, weil der Widerstand in der sehr langen Leitungskette und in den Multiplikatoren der Relais beträchtlich ist. Darum ist auf jeder Sta- 80* 796 tion ein besonderer Schreibapparat angebracht. Dieser arbeitet nicht mit der Kraft eines Uhrwerkes, was sich ebenfalls machen liesse, sondern mit Electromagnet. Zum Electromagnet des Schreibappa- rates ist nun die Grove’sche sehr kräftige Batterie auf jeder Sta- tion aufgestellt. Ihr Schliessungsdraht bildet die Multiplikatoren des Schreibapparates. Dieser Schliessungsdraht für jeden Schreibappa- rat ist so lange offen, als der Anker des Relais von seinem Blec- tromagnet angezogen wird. Wie aber der Anker des Relais ab- fällt, d. h. wie der Strom in der ganzen Leitungskette an irgend einer Stelle unterbrochen wird, schliesst dieser Anker des Relais an seinem Stützpunkte die Grove’sche Batterie und verwandelt da- durch die Multiplikatoren der Schreibapparate in starke Electromag- nete, welche sogleich den Hebel mit dem Schreibstift anziehen. So bleibt der Hebel aller Schreibapparate gegen den fortrückenden Papierstreifen angedrückt, bis man die Leitungskette wieder schliesst durch Loslassen der Klappe. Denn jetzt werden die Multiplikato- ren der Relais wieder Electromagnete, ziehen ihre Anker an und trennen somit den Schliessungsdraht der Groye’schen Batterie auf allen Stationen, und in diesem Augenblicke wird auch der Hebel mit dem Schreibstift von seiner Feder zurückgezogen, d. h. der Electromagnet des Schreibapparates abgerissen. Ausgeführt wird der ganze Apparat in Hamburg recht gut von W. Bröcking, alter Wall Nr. 36/3. Er kostet mit Relais 200 Mk. Cour., d. i. 144 fl. Auch Klöpfer, Schogenstee Nr. 27, fertigt ihn. Ich habe bei Klöpfer, mit einem von ihm in Wirksamkeit gesetzten Apparat, Versuche angestellt und mich überzeugt, dass er völlig brauchbar ist. Im Allgemeinen sind die Wirkungen des Apparates in hohem Grade befriedigend. Ein gut eingeübter Telegraphist schreibt darch- 197 schnittlich 17 Worte in einer Minute, also eben so schnell als mit der Fe- der. Der Apparat hat keinen Fehler gemacht, so oft und so viel ich zuge- sehenhabe, damit telegraphiren. Man besitzt in dem Papierstreifen ein gedrucktes Document über die gemachte Mittheilung, was auch später noch nachgelesen werden kann. Das jetzt benutzte Alpha- bet von Gerke ist keineswegs möglichst einfach, weil Buch- staben und Zahlen vorkommen, zu welchen 6 einzelne Zeichen er- forderlich sind. Eben so kann es als eim Mangel betrachtet wer- den, dass man mit dem Morse’schen Apparat ungleichartige Zeichen gibt, nämlich Punkte und Striehe, oder kurze und lange Zeichen. Es steht daher zu erwarten, dass der Apparat mit der Zeit noch weitere Vervollkommnıng erhalten werde und also noch raschere Mittheilungen möglich mache. Indessen ist er schon in seiner jetzi- gen Form allen übrigen unzweifelhaft vorzuziehen, wenn es sich darum handelt möglichst schnell und sicher zu telegraphiren. Die Daniel'sche Batterie, also diejenige, welche durch die Kette wirkt, zählt auf jeder Endstation 7 Elemente. Sie arbeitete während meiner Anwesenheit jedoch nar mit 6 Elementen. Die Thongefässe sind 5° hoch 1$“ weit. Batterie wirkt 8 Tage, wird aber jede Nacht über auseinander genommen und gereinigt, wozu fliessendes Wasser im Zimmer angebracht ist, in welchem sie steht. Die Gläser sind etwa 5’ hoch und 4“ weit. Die Ziukplatten sind amalgamirt und angelöthet. Die Grove’sche Batterie mit 3 Elementen steht auf je- der der 5 Stationen; sie verbreitet das sehr lästige salpetrige Gas, was selbst bei offenen Fenstern sehr störend ist. Die Zinkplatten sind Gusscylinder, 3‘ hoch, 0,6‘ dick, vom 2° Durchmesser. Das angegossene Verbindungsstück ist 3“ breit, 3” dick. Die angelöthete Platinaplatte 2° lang, 0,7‘ breit und nur papierdick. Zur Verbindung der Drähte im Innern des Zimmers sind Schraubenklammern benutzt. 793 Ausdehnung der Tele- graphen - Li- nien, Galvanische Telegraphen von Berlin aus. 1849. 12ten bis {7ten April. Die eine galvanische Telegraphenlinie geht bis Frank- furt. Bis Eisenach, so weit die Bahn ‘vollendet, ist die Leitung isolirt unter den Boden gelegt. Von da provi- sorisch über Stangen bis Frankfurt a. M. Die Sta- tionspunkte für erstere sind: Berlin-Jüterbock 8 MI. — Köthen 12 MI. — Halle 4,75 MI. — Erfurt 14 MI. — Eisenach 8 MI. — im Ganzen 47 Meilen. — Für letz- tere sind die Zwischenstationen: Eisenach-Cassel 13 MI. — Giesen 19,5 Ml. — Frankfurt 7,5 = 40 Meilen. Die ganze Entfernung beträgt daher 87 Meilen (deutsche oder geographische). Eine zweite Linie geht von Berlin über Hannover nach Cöln. Die Leitung ist unterirdisch bis Hannover. Von da über Stangen bis Deutz. Von Deutz nach Cöln sind 3 Drähte in einer Gelenkkette aus Schmiedeeisen in den Rhein versenkt und am Grunde des Flusses einge- hackt. Die Leitung bis Hannover. hat die Stationspunkte: Berlin-Magdeburg 19,5 MI. — Oschersleben 5 MI. — Braunschweig 83 Ml. — Hannover S MI. Summe 41,25 Meilen. Die Leitung von dem Deutzer Bahnhof zum Cölner Bahnhof ist 1500’ lang. Alle Uebergänge an Brücken sind in Eisenröhren gelegt und immer 3 Drähte angewendet. Genehmigt und bereits im Angriff befinden sich ferner die Linien nach Hamburg und über Breslau nach Wien. Der Vertrag mit Oesterreich ist hierüber bereits abge- schlossen. Fertig mit Leitung unter der Erde werden noch in diesem Jahre im Ganzen 270 deutsche Meilen. Die Linien sollen vertragsmässig dem Publikum zur Be- nützung zugänglich seyn. Ueher die Dauerhaftigkeit und Sicherheit der Lei- tungen unter dem Boden liegen Erfahrungen vor. Sie- mens hatte galvanische Sprengbatterien unter dem Meere 4 Meile weit angelegt gegen die dänischen Schiffe, wel- che nach mehr als einem Jahre den Platinadraht noch eben so rasch zum Glühen brachten und gar nicht gelit- ten haben. Zudem ist eine Versuchskette von hier bis Grossbeeren 2,5 Meilen doppelt, die eine 2 tief, die andere 3° tief gelegt seit September 1847. Die Drähte in der Erde haben sich vollkommen gut ohne alle Zersetzung der Gutta Percha gehalten. Sehr wesentlich zur Dauerhaftigkeit ist die Vulkanisirung der Gutta Percha zum Ueberzuge. Die Masse wird dadurch fast steinhart und bleibt doch ganz elastisch. Auch hat die Erfahrung ergeben, dass Mäuse nnd Maulwürfe den vulkanisirten Draht vermeiden, indem sie ihre Gänge stets ausweichend anlegen. Vor dem Einlegen in die Erde werden die einzelnen Drahtstösse — von 1000° —- 2000‘ — mit dem Galvanometer aufs Genaueste geprüft. (S. später.) Sie werden zurückgestellt, wenn sich nur eine Spur von Verlurst ergibt. Zu diesem Resultat ist Siemens nur gelangt durch Entfernung der letzten Spur 799 Unterirdi- sche Lei- tung. Isolirung. 800 Einlegung der Rette. Unterbre- chungen. Auffinden der unter- brochenen Stelle, von Feuchtigkeit aus der Gutta Percha, wobei das Vulkanisiren das Wesentlichste ist. Die Leitungen werden jetzt durchaus 2‘ tief einge- graben und festgestampft, ohne kesonderes Einbetten. Nur wo die Leitung in Felsen gesprengt werden musste, ist sie in Lohe gelegt. Bei eingleisigen Bahnen liegt der Draht stäts neben dem Ende der Schwellen. Bei doppel- gleisigen genau zwischen den Schwellen. Die Erdgrube hat bei 2’ Tiefe unten gewöhnlich 8“ Durchmesser und wird nach oben weiter. Im Thüring’sehen wurde die unterirdische Leitung gerade in der revolutionär bewegtesten Zeit gelegt. Hier kamen häufig böswillige Unterbrechungen vor, nament- lich durch Abstossen oder Beschädigung des Ueberzuges mit Spaten (Schaufeln). So oft sie unterbrochen wurde, ward sie sogleich wieder reparirt, was die Böswilligen am Ende ermüdet hat. Auf einer Strecke von 22 Mei- len kamen 26 Unterbrechungen fast gleichzeitig vor. Ein Arbeiter reparirte diese lange Streeke in 3 Wochen. Jeizt kamen seit Monaten keine Unterbrechungen vor. Das Auffinden der Unterbreehungsstelle ist nicht schwierig. Durch den Telegraphen kennt man sogleich die Stationen, zwischen welchen sie stattfindet. Da die Leitung nur an der Bahn hingeht, so kann rasch ein Arbeiter von der einen Station zur Auffindung der schad- haften Stelle abgeschiekt werden. Er nimmt ein astati- sches Galvanometer und eine Batterie von 6 Elementen (transportable) mit. Auf beiden Stationen sind Schwarz- 801 wälder Uhren, welche auf der zweiten Welle ein Kreuz aufgesteckt haben, in Gang gesetzt. Das Kreuz dieser Uhren taucht stets 5 Minuten in Quecksilber ein, 5 Minuten nicht ein. So lange es eintaucht, geht der Strom durch die Kette. Mit dem Galvanometer kann also jetzt untersucht werden, auf Isolirung und auf Verbindung. Der Arbeiter erkennt also sogleich, nach welcher Seite hin die Unterbrechung liegt. Durch fort- gesetztes Halbiren der schadhaften Stelle findet er zuletzt diese selbst. Die Methode lässt somit auch halbschadhafte Stellen erken- nen und verbessern. Dabei muss natürlich jedes Mal die Leitungs- kette aufgegraben und der Draht getrennt, nach dem Versuch aber wieder verlöthet und isolirt werden. Man legte anfangs eigene Untersuchungsstellen von Viertel- zu Viertelmeile an, wo der Draht zu Tag kam, die Untersuchung also kein Aufgraben erforderte. Man hat dies jetzt ganz aufgegeben da Unterbrechungen äusserst selten vorkommen und auch so die Stelle rasch ermittelt wird. Man ist gegenwärtig in Berlin entschlossen alle galvanischen Telegraphlei- tungen für Staats- und Handelszwecke unter den Boden zu legen, weil bei eben so vollständiger Isolirung der Schutz vor Unterbre- chungen ungemein viel grösser ist. Die Leitung der Anlage der Telegraphlinien ist Regierungsrath Nottebohm als technischem Vorstande übertragen. Oberlieutenant Siemens ward als Oberingenieur mit der Ausführung beauftragt, da er das System unterirdischer Leitungen so weit ausgebildet und ei- nen äusserst zweckmässigen Apparat construirt hat. Die Ausführung der Apparate besorgt Mechanikus Halske, Schönbergerstrasse Nr. 193. Solcher Apparate sind gegenwärtig in Wirksamkeit auf der Frankfurter Linie, 9 Stationen, 16 App. auf der Berlin- Potsdamer INTER » » Hannover 49L... » » Braunschweiger Staatsbahn 10 „ ’ » „» Halberstädter Bahn 0 in Summa 53 Apparate. Abbandlungen der II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. V. Bd. Ill. Abth. 81 802 Telegra- phen -Perso- nal. Kosten _ der unterirdi- schen Lei- tung. Die Apparate von Cöln nach Minden und Leerde werden demnächst in Wirksamkeit treten, da die Draht- leitung bereits unter dem Boden gelegt ist. Uebrigens sind auch bei den Leitungen durch die Luft in den Bahnhöfen die Drähte in Eisenröhren geführt. Das Personal für den Telegraphen ist ganz getrennt von dem Personal der Bahn. Auf jeder Zwischenstation sind 4 'Telegraphisten angestellt, jeder erhält jährlich 300 Thlr. Ausserdem auf jeder Station ein Stationschef mit 800 Thlr. und ein Assistent mit 500 Thlr. Beigegeben ist ein Bote. Jede Station kömmt also jährlich circa auf 2800 Thlr. Im Durchschnitt sind die Stationen 8 Meilen auseinander. Der Stationschef erhält die chiflrirte Depesche, deren Inhalt die Telegrapbisten nicht erfahren. Bei oberirdischen Leitungen ist durchschnittlich pr. Meile ein Wächter besonders angestell. Er erhält 10 Tllr. monatlich und hat seine Strecke zu überwachen und zu repariren. Dazu hat er Drahtvorrath und zur Reparatar erforderlichen Apparat. Alle 4 Meilen ist ein Oberwächter. Dieser muss so weit instruirt seyn, dass er die galva- nische Leitung der Kette sicher herstellen kann. Er er- hält monatlich 20 Thir. Der Kupferdraht zur unterirdsichen Leitung wiegt pr. Meile (24,000 pr. Fuss) 44 Ctr. Preuss. Der vulka- nisirte Gutta-Percha-Ueberzug des Drahtes wiegt so schwer als der Draht selbst. Bisher hat das Haus Fon- robert et Pruckner, Spittelbrücke Nr. 18 in Berlin, alle isolirten Dräbte für die preussische Regierung geliefert. Das Eingraben der Drähte mit Einfüllen und Einstam- 803 pfen ward verakkordirt, je nach dem Terrain von 25 — 34 Silbergr. pr. Buthe a 12’, also durchschnittlich pr. Meile za 200 Thlr. Als Anhaltspunkt kann dienen, dass die Meile in der Anlage, mit Ausnahme der Apparate, die preussische Regierung 1100 Thlr. kostet. Nach den obigen Angaben kömmt die Meile Drabi . ... 1.: 4 02038220. Thlr, Gutta-Percha-Ueberzug 720 ,„ Eingraben. . » . . 200 „ im Ganzen auf 1140 Thlr. Der Kupferdraht zu -den oberirdischen Leitungen Oberirdische wiegt pr. Meile 64 Ctr. und kostet aus bestem russischen En Bascokupfer 3184 Thlr. pr. Meile. Kleinere Stücke als 500‘ werden nicht angenommen. Ebenso darf keine Löth- stelle vorkommen. Gewöhnlich sind die Stücke 2000’ lang. Splitteriger und schadhafter Draht wird ebenfalls nicht angenommen. Nach den Erfahrungen in Preussen soll der Draht der Leitungskette hart seyn. Er muss also zuletzt noch einmal gezogen werden. Die Verbin- dung wird wit Oesen bewirkt, die dann verlöthet sind. Der Draht muss auf Rollen abgeliefert werden, um jede kurze Biegung zu vermeiden. Huckmann in Berlin hat ibn geliefert. Er wird über Stangen gespannt. Der Stangen sind 300 pr. Meile. Sie stehen also nur 80‘ auseinander. Sie sind von dreierlei Höhe über dem Bo- den, 19‘, 24° und 30‘. Am Zopf 3 stark. Sind 4‘ und 5’ tief eingegraben, 1‘ höher hinauf anzgebrannt. Sie kosten in Preussen pr. Stück 9, 11 und 13 Sgr. also pr. Meile im Mittel 140 Thlr. Ss 804 An dem oberen Ende jeder ‘Stange ist eine Stütze von Eisen mit 2 Holzschrauben befestigt. Ein halbzölliges Rundeisen. Das Stück kostet mit Aufkitten‘ des Hutes 44 'Sgr.: Das Aufkitten 1 Sgr. 3 Pf, also Eisenstützen pr. Meile 45 Thlr. Auf die Stützen kommt ein Hut von Porzellan.‘ 100 Porzellanhüte kosten 11,66 Thlr., sie sind bezogen aus der kgl. Gesundheits-Geschirr- Manufactur in Berlin, also Hüte pr. Meile 35 Thlr. Eingraben der Säule pr. Meile 20 Thlr. Es kömmt daher eine Meile oberirdischer Leitung die preus- sische Regierung für Draht 318,5 Thlr. „ Stangen 110 ” „ Eisenstützen - 45 » „ Porzellanköpfe 35 » „ Eingraben 20 ” in Summna anf 528,5 Thlr. oder circa auf die Hälfte von unterirdischen Leitungen. Wo Bodenleitungen ans der Erde hervorgetreten, sind sie in eiserne Gasröhren gelegt. So bei Brücken. Hier wird die Eisen- röhre an den Tragbalken augenagelt. Die Röhren werden durch 5‘ lange Muffen zusammengefügt und mit Menigkitt verstrichen. Die Zusammenfügung der isolirten Drähte an Ort und Stelle geschieht durch Ansen, Umwinden und Verlöthen. Die Löthstelle wird dann mit Gutta Percha mehrere Male umwickelt und erwärmt, so dass die Verbindungsstelle vief dicker ist als der Draht und 8—10” nach beiden Seiten deckt. Es werden grosse Strecken unter den Boden gelegt, ehe man die richtige Isolirung untersucht. Oft schon 10 Mei- len und mehr. Zur Untersuchung wendet man eine Torsionswage mit Repetition an, also dieselbe Methode, wie bei Prüfung der Drahtstösse in der Fabrik. 805 Auch Elliot, Kronenstrasse Nr. 38 in Berlin, überpresst Drähte mit Gutta Percha. Er hat die für den magistratischen Telegraphen in München bestimmten Drähte fabrizirt. Die zwei Stösse (3 1000‘) siud von Siemens selbst geprüft. Der eine ist vollkommen gut, der an- dere hat eine Ablenkung, welche auf 10 Meilen noch ganz unschäd- lich wäre. Ueber die Methode, nach welcher die Drähte auf Leitung und auf Isolirung geprüft werden, sehe man die Beilage, „Fabrikation der Gutta - Percha - Drähte.“ In Preussen sind gegenwärtig ausschliesslich Siemens’ und Halske’s Zeiger- Apparate, wie schon erwähnt, in Wirksamkeit. Diese Apparate unterscheiden sich von allen bisherigen Zeiger-Ap- paraten durch eine überaus sinnreiche Constraktion. Eigenthüm- lich ist, dass der Elektromagnet, indem er anzieht, einen zweiten Hebel mitnimmt und se den Strom selbst unterbricht. Der Elektromagnet erhält also nicht länger Strom, als bis er die zum Vorrücken des Zeigers nöthige Bewegung vollzogen hat. Es ist unmöglich hier auf die specielle Beschreibung dieses Apparates einzugehen. Es wird genügen seine äussere Gestalt an- zugeben. Er bildet einen horizontalen Cylinder von 3‘ Höhe und 12‘ Durchmesser, umgeben von einem metallenen Ringe. Die Scheibe ist in 32 Tasten getheilt. Auf diesen sind Buchstaben und Zahlen angebracht. Die am häufigsten vorkommenden Buchstaben, N. S. u. E. sind je zweimal vorhanden. Wie man eine Taste niederdrückt, geht der Zeiger in der Mitte in sehr regelmässigen und raschen Sprüngen (8 in einer Sekunde) auf allen Stationen bis zu dieser Taste. Der Apparat ist in seinem Gange bei gehöriger Regulirung vollkommen fehlerfrei. Ein Geläute wird in Bewegung gesetzt, wenn man telegraphische Mititheilungen geben will. Eine Magnei- % 806 nadel unter Multiplikator gibt stäts die Kraft des Stromes in der Kette an. Man kann sprechen: 1. von Station zu Station, 2. mit Ueberspringung «einzelner Stationen. Dabei ist immer eine Batterie der Zwischenstation eingeschaltet, 3. durch alle Apparate wo der erste Apparat den zweiten, der zweite den dritten u. s. f. auslöst, aber in unendlich kurzen 'Zwwischenzeiten. Strom ist nur in der Kette wenn man telegraphirt. Bei sehr grossen Linien wird man hievon abgehen müssen. Auf jeder Zwischenstation sind 2 Apparate. Einen Apparat bezahlt die preus- sische Regierung mit 200 Thlr. Der Apparat macht in der Minute (in der Telegraphenkette) 20 Umgänge. Dennoch ist das Geben der Zweichen dureh denselben eirca sechsmal langsamer, als mit Morse’s Schreibapparat. Zur buchstäblichen Mittheilung der Thronrede des Königs von Preussen nach Frankfurt mittelst Siemens Apparat wa- ren. 7 volle Stunden Zeit erforderlich. Versuchsweise wurde die- selbe Depesche mit Morse’s Apparat zweimal wiederholt, das erste- mal in 1 Stunde 15 Minuten, das zweitemal in 1 Stunde 10 Minuten. Dies hat in Preussen den Entschluss herbeigeführt, Morse's Schreib- Apparat bei den Staatstelegraphen versuchsweise aufzustellen. Zum Vollzuge liess man Robinson aus Hamburg kommen und beauftragte ihn mit der Einübung von 5 Telegraphisten, welche nach 5 Wochen die nöthbige Uebung im Schreiben und Lesen erlangt hatten. Einer derselben schreibt selbst viel schneller als Robinson. Die Morse'schen Apparate werden in Berlin selbst bei Halske aus- geführt. Die Batterie besteht auf jeder Station aus 15 Daniel'schen Elementen in gewöhnlichen Trinkgläsern. Die 'Thonzellen sind 4“ hoch und 14“ weit. Das Kupferblech steht in Kupfer- Vitriol, das amalgamirte Zinkblech in verdünnter Schwefelsäure. Zink- und Kupferplatte sind an einander gelöthet. Ein ganzes Element kostet 807 bei Halske 10 Sgr. Das Kupferblech ist 8, das Zinkblech 6 Quadrat- zoll gross. Eine solche Batterie wirkt in der Regel 8 Meilen weit. Mit verstärkter Batterie hat man jedoch schon 40 Meilen weit ohne Zwwischenstation signalisirt. Die-Batterie wird’ täglich gereinigt und erneuert. Halske hat auf dasselbe Prinzip einen Wecker constrairt, welcher 45 Thlr. kostet. Fabrikation und Prüfung der mit vulcanisirter Gutta Percha isolirten Kupferdrähte. Fonrobert und Pruckner (Spittelbrücke Nr. 18) in Berlin haben bis jetzt alle zu den preussischen Staatstelegraphen verwendeten Drähte zu unterirdischen Leitangen geliefert. Die Kupferdrähte aus bestem russischen Bascokupfer wurden früher per Centner mit 49 Thlr., jetzt mit 484 Thir. bezahlt. Nach Vertrag sollen 100 Fuss preuss. dieses Dirahtes nicht weniger als 65 Loth und nicht mehr als 67 Loth wägen. Kürzere Stücke des Drahtes als von 500° werden nicht angenommen. Löthstelle darf an dem Draht keine vorkommen. Er soll vor dem Umpressen mit Gutia Percha weich seyn, daher er zuletzt ausgeglübt wird. Die Ablieferung erfolgt auf hölzernen Haspeln. Jede splittrige unganze Stelle genügt den Bund (in der Regel 1000— 2000° lang) zurück- zustellen. Die Gutta Percha mit welcher die Drähte umpresst werden muss vorzüglich gereinigt und gut bearheitet hauptsächlieh aber völlig entwässert werden. Nur dadurch wird sie frei von Poren und völlig isolirend. Der Verlust hiebei ist circa 25 pCt. Die Ori- givalblöcke Gutta Percha werden. erst klein geraspelt dann in 808 heisses Wasser eingeweicht. Dabei setzen sich Sand, Kohlen und fremdartige Beimischungen zu Boden. Die Masse kommt jetzt zwischen Raubwalzen und wird klein zerrissen. Die Spähne wer- den uun zwischen Walzen welche durch heisse Eisenkerne er- wärmt sind in ganz dünne Zeuge ausgewalzt. Dabei springen alle noch darin befindlichen Unreinigkeiten heraus. Die Zeuge werden jetzt aufheissern Walzen wieder verarbeitet zur vollständigen Mengung und zur Verdampfung des Wassers. Man lässt dieMasse so lange unter beständigem Zusammenschlagen durch die Walzen laufen bis sie ein chocolade- oder kastanienbraunes ganz homogenes Ansehen gewinnt. Die Temperatur wird so hoch gehalten als es ohne Ankleben des Stofes an den Walzen thunlich ist. Die so bearbeiteten Quantitä- ten in Zöpfen von 6— 8 % werden warm zerschnitten, abgewogen und so vorbereitet zum Beimeugen von 3 bis 5 pCt. Schwefelblüthe. Der Schwefel wird während des ahermaligen Durchwalzens in abgewogener Menge auf abgewogene Gutta-Percha-Masse allmählig eingestreut und völlig gleichförmig durch Auswalzen eingemengt. Die so bearbeitete Masse in Form von Zöpfen kommt nun in einen Hoch- druckkessel und wird hier einer 8 Atmosphären Druck entsprechen- den Temperatur ausgesetzt. Dabei geht der Schwefel eine innige Verbindung mit der Gutta Percha ein in Folge welcher letztere ihr Anseben völlig ändert und nun dunkelgrau wird. Zugleich bewirkt die hohe Temperatur dass die letzte Spur von Feuchtigkeit in Form von Wassergas entfernt wird. Ein besonderes Gebläse (Ventilator) ist angebracht, um die mit den Wasserdämpfen entweichenden schwef- ligen Gase aus dem Gebäude zu entfernen. Diese vulcanisirte Masse kömmt nun in den zum Umpressen der Drähte bestimmten Apparat. Es ist dies ein circa 8° langer 8“ weiter sehr starker Cylinder in horizontaler Lage. Eine 4" dicke Schraubenspindel drückt den Kolben langsam in die Masse. 809 Die Bewegung der Spindel ist mit 10 Pferdekräften durch Ver- setzung bewirkt. An dem vordera Theil des Cylinders ist der sehr massiv gearbeitete Kopf mit den Mundstücken angebracht. In diesem | (zz 7 V7 7272 Kopfe sind bei der einen Maschine 6, bei der andern 9 Mundstücke angebracht. Eben so viele Drähte werden also gleichzeitig von der Maschine umpresst. Die Masse kömmt aus dem Cylinder a und kann nur durch den conischen Raum b entweichen. Durch die Mitte die- ses Raumes ist aber von unten der Draht e durch ein starkes Me- tallstück dd durchgeführt, so dass die Masse welche bei e mit dem Draht aus dem Mundstück hervortritt, den Draht ungemein fest um- schliesst und mit sich durchpresst. Dabei ist zu bemerken, dass der Draht in. der Secunde eirca einen Zoll fortrückt und dass die Tem- peratur nicht zu hoch gehalten werden darf weil sonst die Masse nicht hart und dieht genug wird. Man ermisst dies am Besten aus dem Ansehen der Umpressung, welche auf der Oberfläche nicht glatt sondern flammig und uneben aussieht wie sich ein sehr zäher Teig bei starker Pression gestaltet. Besondere Vorsicht ist nöthig beim Einlegen der Masse in den Oylinder um wo möglich alle Luft wegzubringen. Denn eingeschlossene Luft beschädigt das Fabrikat Abhandlungen der II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. V. Bd. III. Abthl. 82 810 # indem jede Luftblase vor dem Mundstück mit Knall zerspringt. Viele Luft, die nicht ganz bis jetzt entfernt werden kann, entweicht auch nach unten, wo die Drähte eingeführt werden. Die umpressten Drähte gehen jetzt nach oben erst über einen nassen Schwamm zur Abkühlung und zwischen Tuchlitzen. In der obern Etage aber, wo sie schon mehr Festigkeit gewonnen haben, über nasse Rollen und Schwämme, etwa 60’ weit, wo sie sich auf einen Haspel aufwinden. Sie werden nun auf einen zweiten Has- pel übergewunden und dahei, wo es nöthig ist, ausgebessert. Dazu bedient sich der Arbeiter einiger in einem Kohlenbecken erhitzter Eisen und vorräthiger Streifen der Masse, welche ebenfalls vorher an dem Feuer erweicht und so wo es nöthig angelöthet werden. In diesen Haspel ist zur Prüfung des Drahtes an der einen Grundfläche ein Bleiring eingegossen. Der Anfang der Drahtrolle wird metallisch mit diesem Ring verbunden. Wenn man nun den einen Pol eines galvanischeu Elementes an den Bleiring bringt, den andern Pol aber an das Ende der Drahtrolle, so ist klar dass der Draht den Schliessungsbogen des Elementes bildet und dass also galvanischer Strom durch denselben geht, wenn er nicht unterbrochen ist. Dieser Apparat dient aber auch um zu untersuchen an welcher Stelle die Isolirung etwa noch mangelhaft ist. Die hiezu benutzte sehr ingenieuse Einrichtung ist folgende : Der eine Pol eines galvanischen (Daniel'schen) Elementes führt an den Bleiring des Haspels auf welchem der zu prüfende Draht. Der andere Pol in den Multiplikator des Electromagnetes. Von die- sem in ein Wassergefäss. Das Wassergefäss ist wieder in leitender Verbindung mit dem Wasser in einer hölzernen Wanne welche auf dem Fussboden steht. Der Draht wird jetzt von der Rolle durch sl das Wasser in der Wanne übergewunden auf einen zweiten Has- pel. Dabei hält ein Arbeiter beständig die Finger in das Wasser im’ obern Gefäss und erhält Risse in den Fingern, sobald eine schadhafte Stelle des Drahtes durch das Wasser geht. u a RT en Durch obenstehende Figur wird die Wirkungsart deutlich. Vom Kupferpol k führt der Draht durch den zu prüfenden Theil der Kette, bei w durch's Wasser über ß zurück nach dem Zink- element z. Eine zweite Schleife geht ebenfalls von k’ dem Kupfer- elemente aus, bildet den Multiplikator M und endigt in «. Berührt sich « und ß, so geht der Strom blos durch den Multiplikator von k‘ nach z. Dies erzeugt den Electromagnet, der durch seine mechanische Kraft « und ß wieder trennt, worauf der Strom wieder darch w geht und die zu prüfende Kette durchläuft, im Falle eine Stelle im Wasser bloss liegt, aber ganz unterbleibt, wenn der Draht an der einge- tauchten Stelle W gut isolirt ist. ] Man kann natürlich dieselbe Wirkung auch erzielen durch in- duzirenden und induzirten Draht, der gemeinschaftlich (aber isolirt) um einen Eisenkern geht. Die induzirende Schleife kehrt zu den Polen der Batterie, die induzirte durch unsern zu untersuchenden Leitungsdraht und durch das Wasser zurück. Der Apparat von Neef und Wagner ist jedoch complizirter als die in Berlin angewendete Einrichtung zur Prüfung der Isolirung, welche von Halske ausgeführt 82* 812 wurde. Durch diesen Apparat wird also jede Stelle der isolirten Draht- rolle untersucht. Die schadhafte' wird erkannt vom Arbeiter, wie schon gesagt, durch electrische Risse welche er in demjenigen Au- genblicke verspürt in. welchem die schadhafte Stelle ins Wasser taucht. Sie kann daher verbessert werden bis sich an der Stelle kein Zucken mehr fühlen lässt. Der in dieser Art geprüfte Draht unterliegt jetzt einer zweiten weit strengern Prüfung welche die ganze Länge zugleich umfasst. Diese Prüfung wird durch eine Commission unter Leitung des Ober- Ingenieurs Siemens vorgenommen. Jede geprüfte und gut befundene Drahtrolle erhält eine Plombe mit fortlaufendem Nro., welches Nro. mit dem Verhalten der Rolle in ein amtliches Journal eingetra- gen wird. Die Prüfung untersucht die Vollständigkeit der Isolirung des Ueberzuges und die Vollständigkeit der Leitung des Drahtes. Be- nutzt wird ‘eine Daniel’sche Batterie von 6 Elementen. Erstere gibt eine Torsionsnadel mit Multiplikator von 800 Umgängen. Letz- tere eine Tangentenboussole durch ihre Ablenkung. (Zur Verglei- chung der Leitung wäre es gut einen Rheostats mit veränderlichen Längen anzuwenden und zu sehen ob die Leitung in der Drahtrolle wie im Rheostat denselben der Drahtlänge eutsprechenden Wider- stand erfährt d. h. gleiche Ablenkung gibt.) 813 Batterie 6 Elemente vw. Daniel Dralkrolle welche geprüft wird Die obenstehende Figur macht die hiezu erforderlichen Verbin- dungen anschaulich. Die Pole der Batterie führen in einen Commu- tator dieser nach den verschiedenen Schleifen I, H, II und IIT. Soll die Isolirung des Ueberzuges geprüft werden, so kömmt die Drahtrolle in eine Wanne voll Wasser. Beide Enden des Drabtes stehen aus dem Wasser hervor und werden verbunden mit den Drähten aa’ so dass nun die zu prüfende Rolle die Schleife III bildet. Der Draht a‘ führt aber ebenfalls in das Wasser in welchem die Drahtrolle liegt. Ist nun eine Stelle vom Drahte nicht gut isolirt, so geht der Strom an dieser Stelle vom II zu III im Wasser und erzeugt eine Ablenkung von II, die dadurch vergrös- sert werden kann dass man den Commutator umschlägt, wie die Nadel in II nach ihrer ersten Ablenkung wendet. Indem man also den Commutator stets umlegt wenn die Nadel umkehrt, vergrössert man die Schwingung beständig. Sollte man anfangs die Bewegung der Nadel nicht erkennen können, so legt man in Zeiten der Schwin- gungsdauer derselben den Commutator um und bewirkt so die Ver- grösserung der Ablenkung. 814 Soll aber der Draht auf seine volle Leitungsfähigkeit geprüft werden, so stellt man die Verbindung her welche ..... bezeichnet. Man schliesst also die Torsionswaage II und Wasser II’ aus und hat daher im Schliessungskreise nur Batterie mit Commutator, Tan- gentenbousole I und Drathrolle IH. - Durch den Commutator wird dann auch die Ablenkung nach der entgegengesetzten Seite bewirkt wodurch sich der doppelte Ab- lenkungswinkel ergibt. Schliesst man dann auch die Schleife IM, durch Verbindung von a und a’ ab vom Kreise, so gibt der Unter- schied der Tangenten der Ablenkungswinkel den Widerstand im Draht allein, da dieser der Länge der Drabtrolle proportional seyn muss. Ist der Widerstand im Torsions-Multiplikator und in der Batterie ermittelt und auf gleiche Drahtdicken reduzirt, so gibt die Messung, im Falle bei Prüfung der Isolirung eine Ablenkung wahrnehnbar war, zugleich auch die Quantität der Nebenschliessung durch das Wasser etwa in Procenten des ganzen Stromes, durch eine einfache Rechnung. Ein Fehler in der Isolirung welcher eine Nebenschliessung bewirkt die auf die Meile Drahtlänge 4 Procent also „1, des Stro- mes beträgt wird von der preussischen Regierung nicht mehr ac- ceptrt. Die Rolle wird der Fabrik zur weitern Verbesserung zu- rückgestellt. Telegraph - Apparate von Stöhrer in Leipzig. 1849. 17. April. Mechanikus Stöhrer hat einen Zeigerapparat für galvanische Telegraphen gebaut, welcher durch Induction wirkt. Ich habe an meinem Inductionstelegraph von 1837 die Vortheile gezeigt und im 815 dessen Beschreibung näher entwickelt, welche dieses Prinzip für das Telegraphiren bietet. Man ist dadurch unabhängig von der lästigen hydroelectrischen Batterie. Man hat stets Ströme von gleicher Stärke. Die Zinsen der Kosten des Inductionsapparates betragen viel weniger als die Erhaltungskosten der galvanischen Batterie. Gegen diese Vortheile treten jedoch viele und wesentliche Nachtheile. 1stens kann kein Relais angewandt werden, d. h. man kann nicht wie bei der galvanischen Batterie einen constanten Strom durch die Leitungskette gehen lassen und die Zeichen dann durch Unterbrechung des Stromes geben, was an der ganzen Kette hin allenthalben durch Auseinandernehmen des Drahtes ohne besondere Apparate oder Krafterreger geschehen kanu, sondern man muss das Zeichen durch den Strom selbst bewirken. Man bedarf also auf jeder Station eines Krafterregers und überdies wird der Tele- graph bei Leitung durch die Luft von selbst Zeichen geben so oft die atmosphärische Bleetrizität sich in der Nähe der Telegraphlinie ent- ladet. Dieser Uebelstand hat sich bei allen Telegraphen durch die Erfahrung gezeigt, welche nieht mit constantem Strome durch Unter- brechung arbeiten. Ich werde später bei der Beschreibung des Mün- chener Controltelegraphen zeigen durch welche Mittel dieser Uebel- stand gehoben werden kann. 2tens ist der durch Induction hervorgebrachte Strom stets viel schwächer als der hydrogalva- nische. Schwache Ströme sind aber nie gut beim Telegraphiren weil sie auch langsamere Bewegungen der Apparate zur Folge haben und mit ihnen also nie so schnell. telegraphirt werden kann als mit stärkern. Auch muss der erzeugte Strom stärker seyn als die Erdströme welche häufig vorkommen bei unterirdisch gelegten Leitungsketten. 3tens sind induzirte Ströme nur bei kurzen Lei- tungsketten noch hinreichend stark. Bietet die Kette durch eine grosse Länge nnd durch viele eingeschaltete Multiplikatoren von Zwwischenstalionen einen sehr grossen Widerstand, so müsste auch 816 in den Inductionsrollen ein ähnlicher stattfinden. Ja es wäre am vortheilhaftesten, wenn der Widerstand in der ganzen Leitungskette, mit allen eingeschalteten Multiplikatoren gleich gross wäre mit dem Widerstand in den Inductionsrollen. Man berechne aber welche Grösse und welche Masse ein solcher Inductor erhalten müsste um z. B. durch die Wien-Triester Ketie mit ihren 72 Stationen und 144 Multiplikatoren den vortheilhaftesten Strom zu erzeugen und man wird mit mir die Ansicht theilen, dass Induction nur bei klei- nen Telegraphlinien eine vortheilhafte Anwendung finden kann. End- lich ist 4tens unläugbar der Inductionsapparat immer viel complizir- ter als die Batterie und daher auch allen jenen Mängeln ausgesetzt welche das Complizirte im Vergleich zum Einfachern treffen. Indessen ist der Stöhrer'sche Inductions - Zeiger- Apparat doch für specielle Fälle der Anwendung namentlich für den Betriebs- dienst einer Eisenbahn sehr geeignet und zweckmässig. Die Con- struction dieses Apparates ist sinnreich und in allem reiflich über- legt. Inductionsrollen mit weichem Eisen drehen über liegenden Stahlmagneten. Die erste Bewegung wird durch einen Zug mit der Hand gegeben. Ein Uhrwerk mit ablaufenden Gewichten erhält die Rotationsgeschwindigkeit. Da bei jedem halben Umgange das Zei- chen des im Inductor erzeugten Stromes wechselt, so ist zur Be- wirkung eines Zeigerganges keine Commutation erforderlich. Der Strom der Rolle theilt sich der Kette und den um Electromagnete gelegten eingeschalteten Multiplikatoren mit. Die Pole des Elec- tromagnetes wechseln also nach jedem halben Umgange des Induc- tors und durch diesen Wechsel ist der Gang des Zeigerwerkes in folgender Weise bewirkt: Ein weiches Eisenstück, seiner Länge nach an der Axe des Ankers befestigt, steht zwischen den beiden Polen des Electromagnetes. Es ist ihm constanter und sehr kräf- tiger Stahlmagnetismus gegeben durch einen starken Stahlmagnet der 817 mit seinem einen Pole dem Eisenstücke nahe geführt ist ohne jedoch dieses zu berühren. Die Drehung der Axe des Ankers geht nach keiner Seite so weit dass das Eisenstück die Pole des Electro- magnetes direct berühren könnte. Wie daher die Pole des Electro- magnetes wechseln geht die Anziehung gegen den Stahlmagnetismus im Eisenstück in Abstossung über und umgekehrt. Das Eisen be- wegt sich nach dem andern Pole und dreht dabei die Ankeraxe so viel dass der Anker einen Zahn des Zeigerrades ergreift und fortschiebt. Das Zeigerrad aber ist von Eisen und daher haftet es durch Magnetismus stets am eingreifenden Auker wodurch ein‘ ganz regelmässiger Gang der Zeiger ohne Auslassen oder Uebersprivgen bewirkt wird. Der Zeiger macht daher so viele Sprünge als Pol- wechsel im Inductor vorgehen, . Der Zeiger bewegt sich auf einem in 36 Abtheilungen getheil- ten, mit Zahlen, Buchstaben, Stationsorten und Bahndienstphrasen beschriebenen Zifferblatt. Ein messingener Hebel kann vor- oder rückwärts auf jeden der 36 Theile centrisch mit dem Zeiger gedreht werden und letzterer geht his zu dieser Stelle. Ueber dem Zifler- blatt ist ein Wecker mit Alarmglocke. Derselbe Apparat gibt und empfängt Zeichen. Dieser Apparat bietet wie alle Zeigerapparate für den Bahndienst den wesentlichen Vortheil dass Jeder damit ohne vorherige Einübung telegraphiren kann. Er ist im Gange wohl eben so sicher aber langsamer als der Zeigerapparat von Siemens und Halske. Er kostet vollständig 180 Thaler. Was ihn für Eisenhah- nen besonders empfiehlt, ist dass er keiner galvanischen Batterie bedarf. Stöhrer hatübrigensauch einen transportabeln Inductionsapparat con- struirt, um von demBabnzuge aus im vorkommendenFalle nach den näch- sten Stationen sprechen zu können, der ebenfalls für kleine Telegraph- Abhandlungen der II. Cl. d. kk. A. d. Wiss. V. Bd. Il. Abth. 83 818 Linien sehr zweckmässig ist. Er hat auch eine Aenderung des Morse’- schen Schreib-Apparates durchgeführt, welehe ich jedoch für keine Ver- besserung desselben halte. Er hat nämlich bewirkt dass der Apparat mit 2 Hebeln, 2 Relais und Commutation in 2 parallelen Linien schreibt und also wenn mit jedem Hebel ein kurzes und langes Zeichen gegeben wird, 4 verschiedene Zeichen entstehen, wodurch weniger Zeichen zu der- selben Mittheilung genügen. Allein abgesehen davon dass der Ap- parat dadurch sehr viel complizirter wird, ist es auch schwerer mit demselben rasch zu schreiben wegen des Merkens der 4 Zeichen. Auch sind so viele garnicht nöthig. Schon 2 Zeichen in Gruppen von höchstens 4 einzelnen Zeichen verbunden reichen aus alle Buch- staben und Zahlen wiederzugeben. In dem Alphabet von Morse kommen viererlei Zeichen vor ‚welche er mit ein und demselben Hebel hervorbringt, dreierlei durch verschiedene Zeit der Nieder- drückung, das vierte durch grössere Pausen. Dennoch hat er Buch- staben und Zahlen welche durch 5 und 6 einzelne Zeichen gegeben . werden, was ganz unnöthig ist. Schon 4 Zeichen im Maximo in ei- ner Gruppe bei 2 verschiedenen Zeichen geben alle Buchstaben und alle Zahlen bequem, wie aus meinem Alphabet zu ersehen. (S. die Beilage.) Morse braucht daher durchschnittlich mehr Zeichen als ich, (d.h, die Zeit der telegraphischen Mittheilung könnte blos da- durch dass man statt seines Alphabetes sich des meinigen bediente abgekürzt werden. Man sieht hieraus schon, was durch geschickte Wahl der Zeichen, ohne Abänderung des Apparates, an Zeit ge- wonnen werden kann. 2 1. Gerke. Zweierlei Zeichen. a _—— ä RR b — c _—- — d > ee”. £ ver 8 — Rh "een 2 k —.— 1 _ et n Be OT NEL) Ga ee in ct; EREE q — — — r — ae e mi u ..— ü gg v a w a: En TTS ER AR Zei fE- 2 ae 2'= 105 Beilage. Alphabet von 2. Steinheil. Zweierlei Zeichen. SUN zZ denn nam oo By ren mo mo Tem 819 3. Morse, Viererlei Zeichen. REN Nni42 Galvanische Telegraphen von Wien aus. 1849. 20—29sten April, In Oesterreich bestehen gegenwärtig 3 galvanische Telegraphen- Linien: Von Wien nach Triest, von Wien nach Prag und von Wien nach Pressburg. Hofrath Baumgartner hat dieselben im verflossenen Jahre nach commissioneller Berathung mit Direktor Prechtl und Pro- fessor Stampfer anlegen lassen. Zwei Ketten bestehen vorläufig aus einem Kupferdraht über Stangen gezogen. Indessen ist von der Commis- sion der Antrag gestellt worden an allen Linien 2 Drähte zu ziehen, den einen für den Bahndienst, den andern für Staats- und Handelsmit- theilungen. Dieser Antrag ist auch bereits genehmigt. Das Erdreich ist an allen Linien als halbe Leitung benützt. Die Apparate, von Baumgartner construirt, von Mechanikus Ekling in Wien (Land- strasse Nr. 109) ausgeführt, sind dem Prinzip nach mit Bain’s Na- deltelegraph übereinstimmend. Zwei halbkreisförmige Stahlmagnete dre- hen, durch Multiplikatorrollen geführt, beim Durchgange des Stromes 821 um eine Vertikalaxe. Verbunden mit den Stahlmagneten ist ein horizontaler Zeiger, der an seinen äussern Ende einen vertikalen Pfeil trägt. Der Pfeil bewegt sich links und rechts je nach der Richtung, in welcher der Strom die Kette durchläuft, und schlägt hier an eine tiefer oder an eine höher klingende Glocke an, in ähnlicher Art wie die Einrichtung bei meinem ersten Telegrapben von 1837 war. Mau kann viererlei Zeichen geben, dadurch dass man den Pfeil nach der einen oder andern Seite nur einen raschen Schlag ausführen lässt, worauf er sogleich nach der Mitte zurückkehrt, oder indem man den Pfeil eine kurze Zeit an der Glocke anliegen lässt und somit den Ton dämpft. Erstere nennt man kurze Zeichen, letz- tere lange Zeichen. Das kurze Zeichen links wird mit 1 bezeich- net, das lange Zeichen links mit 2; das kurze Zeichen rechts mit 5, das lange Zeichen rechts mit 6. Aus den 4 Zahlen 1, 2, 5, 6 ist das Alphabet und die chiflrirte Sprache gebildet. Neben dem Apparate sind zwei Klappen angebracht. Beim Nie- derdrücken der Klappe links werden die Pfeile aller Stationen links abgelenkt, beim Niederdrücken der Klappe rechts bewegen sich alle Pfeile nach rechts. Lässt man die Klappe wieder los, so kehrt der Pfeil in die Mitte zurück. Mit diesem Apparate können in der Minute circa 30 einzelne Zeichen gegeben werden, was viermal weniger ist, als mit meinem Nadeltelegraph _ von 1837 effektuirt werden könnte. Der Grund liegt hauptsächlich darin, dass der Pfeil einen sehr beträchtlichen Weg bis zu der Glocke zurückzulegen hat, und darin dass die Stahlmagnete zu gross und schwer sind, wodurch ihr Moment ohne Noth vergrössert ist. Indessen kann dieses Prinzip selbst möglichst verbessert, doch nie in der Schnelligkeit der Mittheilungen in Con- eurrenz treten mit dem Morse’schen Apparat. Es empfiehlt sich 22 jedoch durch die grosse Einfachheit der, Apparate und, den. ge- ringen Kostenaufwand, welchen ihre Anschaffung erheischt. Ein. doppelter Apparat kostet 48 fl. M.; die 2 Taster 10 fl.; der galvanische Wecker 12 fl; der Elektro - Streichmagnet 31 fl.; der Kasten in welchem der. Apparat aufgestellt 20 fl.; der Mode- rateur (eine einzuschaltende Multiplikationsrolle zur Vermehrung, des Widerstandes in der Kette) 4 f. Also der vollständige Apparat 971.C.-M. Zu erhalten bei Ekling, Landstrasse Erdberg Nr. 109, in Wien. Auf dem Telegraphen-Bareau in Wien im k. k. Ministerium des, Handels laufen die 3 Telegraphenlinien zusammen. Jede Linie hat ihren besondern Apparat und zwar diesen doppelt, so dass, wenn durch einen Zufall eine Beschädigung geschehen, sollte, gleich. der zweite Aushülfsapparat in Wirksamkeit gesetzt werden kann. Für jede Linie sind 2 besondere Telegraphisten angestellt. An jedem Apparat ist den ganzen Tag einer, der die Zeichen gibt und die empfangenen aufzeichnet. Der leitende. Vorstand der Telegraphen ist Direktor Gintl. Die Telegrapblinie von Wien über Olmütz bis Prag ist 60 deutsche Meilen lang. Bis Lautenburg 11 Meilen sind 2 Drähte gezogen. Die Linie bis Pressburg ist 10 Meilen lang, einfacher Draht. Die dritte Linie über Grätz, Laibach, Cilly bis Triest hat 72 Stationen. Sie ist bis Cilly längs der Eisenbahn, dann an der Chaussee bis Triest geführt. Der verwendete Kupferdraht. wiegt pr. deutsche Meile 450 — 460 Wiener Pfund. Die Unterstü- tzungssäulen sind in der Regel 24’ lang, 4’ tief eingegraben, etwas weiter angebrannt und getheert. Die Säule kostet mit Aufstellung 1 fl. 30 kr. bis 2 fl. Der Abstand von Säule zu Säule beträgt 150‘. Von dem Bahngeleise sind die Säulen wenigstens 7’ entfernt. Zur Isolirung der Leitung ist oben an der Säule seitlich eine Oese oder ein Ohr aus Porzellanmasse mittelst Kupferdraht befest- 823 igt, durch welches der Telegraphdraht geleitet ist. Zum Schutze vor Regen ist ein Dach von Blech über dieser Stelle. Eine Por- zellan-Oese kostet 33 kr. C.-M. Die Befestigung der Oesen mit- telst Draht hat sich durch die Erfahrung als wicht gut, bewiesen, indem schon öfter Oesen abgerissen sind, wobei der schwankende Draht sich an dem Bahnzuge verfangen hat. Die Stösse der Drähte sind durch hackenförmiges Gegeneinanderbiegen verbunden, dann mit dünnerem Drahte umwickelt und über die Stelle ein zusammen- gebogenes innen schon verzinntes Blech gelöthet. Der Strom geht, wie man aus dem Bisherigen schon ersieht, nur während des Zeichens durch die Kette. Er durchläuft aber alle Apparate der ganzen Telegraphlinie. Um von Wien ohne Wieder- holung direct in Triest Zeichen zu geben, ist in Wien nur eine Batterie, aber von 48 Elementen erforderlich, In der Regel ist je- doch die Telegraphlinie bis Triest in 2 Theile getheilt. Wien-Cilly, Cilly- Triest. Natürlich müssen auf allen Stationen Batterien seyn, weil diese sonst kein Zeichen geben könnten, da das Zeichen nicht durch Unterbrechung des Stromes gegeben wird. Allein es ist im- mer nur die Batterie derjenigen Station in Wirksamkeit, welche Zei- chen gibt. Das Telegraphiren wird durch Regenwetter nicht gehindert, obschon die Zeichengeber dann in Wien stärker gehen, was auf eine nicht vollkommene Isolirung zu deuten scheint. Dagegen ist der Strom bei Stürmen viel schwächer, oft störend schwach für die Mittheilungen. Unterbrechungen kommen häufig vor, wie es bei ei- ner so langen Linie wohl nicht anders zu erwarten ist. Meistens durch Böswilligkeit. Doch hat auch der Blitz schon- starke Beschä- digung au dem Telegraphen bewirkt. (Man sehe Baumgartners Bericht hierüber in den Wiener Denkschriften der Akademie.) 824 Anordnungen, um die Stationszimmer durch die von mir angege- benen Blitzplatten vor starker elektrischer Entladung zu schützen, wurden erst während meiner Anwesenheit in Wien getroffen. An allen österreichischen Telegraphlinien ist Smee’s Batterie eingeführt. Diese Batterie besteht aus einer mit Platinmoor überzo- genen Silberplatte welche zwischen 2 amalgamirte Zinkplatten ge- stellt ist. Die Platten sind 3‘ breit 6‘ lang und tauchen ohue Diaphragma in dieselbe Flüssigkeit, nemlich 25mal verdünnte Schwe- felsäure. Die Zinkplatten sind 4” dick, die Silberplatte ist nur von der Stärke eines Kartenblattes. Um die Berührung von Zink und Platin zu verhüten sind Polster von Gutta Percha dazwischen ge- schoben. 12 Elemente dieser Batterie kosten bei Eckling 35 fl. M. Die Batterie wirkt, gut und reinlich gehalten, 6 Monate lang. Die Drähte im Innern der Stationsgebäude sind isolirt durch einen Ueberzug aus 10 Theilen weissem Pech, 2 Theilen Talg, 2 Theilen gelbem Wachs. Sie werden dann noch mit Wolle umsponnen. Die Klafter kömmt auf 34 kr. C.-M. Auch liefert Bohr zu Kottings- brunn nächst Baden, Bleiröhren, um isolirte Drähte unter der Erde zu schützen, die Klafter zu 20 kr. C.-M. Man hat versuchsweise für den Bahndienst von Stöhrer in Leipzig dessen transportabeln Induetions- Apparat mit laufenden In- ductionsrollen kommen lassen. Allein er war unzureichend zum Zeichengeben befunden und kann nicht benützt werden. Ich bin der Ansicht, dass für so sehr lange Leitungsketten wie die Wien- Triester der Draht der Inductionsrolle viel dünner, die Rollen selbst weit grösser und die Nadelmultiplikatoren von dünnerem Drahte seyn müssten, um durch Induction den Zweck zu er- reichen. Auch ist noch versuchsweise ein Schreibapparat mit 4 Multiplikatorrollen (2 Electromagneten) und 2 Hebeln zum Schreiben 825 für hohe und tiefe Linien an dem Wiener Telegraphen-Bureau auf- gestellt. Er ist construirt vom Ingenieur Matzenauer, ausgeführt von Eckling und geht ganz gut, jedoch nicht so energisch und rasch, wie der Morse’'sche mit Relais. Galvanischer Telegraph von München nach Nannhofen. Zur Controle des Eisenbahndienstes, Man beabsichtigte von Seite der Administration durch diesen Telegraphen eine vollständige Controle zu erlangen: \ . über die Zeit des Abganges jedes Bahnzuges, . über die Geschwindigkeit des Zuges in jedem Punkte, . über die Dauer des Aufenthaltes auf jeder Station, . über die Präsenz jedes einzelnen Bahnwärters und ar oo DD — . über die Dauer der ganzen Fahrt. Man verlangte ferner dass der Obercondukteur von jedem Bahn- wärter aus Mittheilungen nach den nächsten Stationen zu machen im Stande sey, um nöthigen Falles die erforderliche Hülfe zu re- quiriren. Der Telegraph sollte überdies, in Zeiten wo kein Zug unter- weges, zu dienstlichen Mittheilungen benutzt werden. Zur Errei- chung dieses Zweckes gab ich dem Telegraphen folgende Ein- richtung: Die Leitungskette beginnt mit einem zusammengerollten Kupferblech von 240 Quadratfuss Oberfläche. Zwischen die Windungen Abhandlungen der II. Cl.d. k. Ak. d. Wiss. V.Bd. II. Abth. 54 826 sind Coakes gebracht. Die ganze Rolle an den Kupferdraht der Kette angelöthet ist versenkt in einen Brunnen im Bahnhofe zu München. Die Kette ans dreifach zusammengewundenem Kupferdrahte führt nun auf Stangen befestigt blos durch Umsehlingen eines mit Filz um- wickelten Stiftes über Pasing 22710 Fuss nach Lochhausen 17290 „, s Olching 2293205 5 Maisach 19674 „, von da mit einfachem Kopferdraht bis Nannhofen 20966 ., im Ganzen 103650 Fuss und endigt mit einem Zinkhlech von 240 DI’ Oberfläche, welches auf dem Grunde der Maisach flach ausgebreitet und befestigt ist. Durch die Kette geht ein kräftiger galvanischer Strom (hervorgerufen durch die Endplatten) welcher gesäuertes Wasser reichlich zersetzt und ausreichend stark ist zum Geben von Zeichen. Die Stromstärke hatte nach einem Jahr nicht merklich abgenommen. Diese höchst einfache Batterie scheint sich also besonders für Telegraphlinien zu eignen welche mit Relais arbeiten. In die Leitungskeite sind nun eingeschaltet: 1. auf den beiden Endstationen electromagnetische Apparate, die wir später näher beschreiben werden; 2. 6 Klappen zur Unterbrechung der Kette in den 6 Sia- tionsgebäuden zu München, Pasing, Olching, Loochhausen, Maisach und Nannhofen; 3. 42 Klappen zur Unterbrechung der Kette in den Häus- chen der 42 Bahnwärter; 4. 2 Daniel’sche Batterien an den Endstationen zur Verstär- kung des Stromes um recht kräftige Zeichen direkt ge- ben zu können. 827 Die Apparete der Endstationen sind zur Aufzeichnung der Controlen bestimmt. Eine Uhr führt das horizontale Zifferblatt in 2 Stunden einmal herum. Auf diese Scheibe wird Papier gelegt wel- ches in Uebereinstimmung mit dem Gange der Uhr am Rande von Minute zu Minute getheilt ist. Diese Theiluug ist lithographischer Abdruck. Das Papier wird auf der drehenden Scheibe festgehalten durch einen übergeschobenen Ring, welcher nur den äussersten Rand desselben klemmt. Auf der Rückseite der Uhr ist nun ein Electro- magnet befestigt, dessen beide Pole nach oben, etwas höher als das Ziflerblatt in flachen Eisenplatten endigen. Ueber diesen steht der Anker, dessen Verlängung über das Zifferblatt diametral herüber reicht, an der Theiluug des Papiers ein mit schwarzer Oelfarbe ge- fülltes Schreibgefäss trägt und mit einem Hammer endigt. Unter dem Hammer befindet sich eine Uhrglocke vorn an dem Uhrkasten befestigt. Da beständig Strom durch die Kette geht, ist der Anker angezogen. Wird aber eine der Klappen welche sich in der Kette befinden geöffnet, so fällt der durch Gegengewichte regulirte Anker ab. Jetzt ruht das Schreibgefäss auf der Fläche des Papieres und der Hammer auf der Glocke deren Schlag damit gedämpft ist. Wie aber durch die Klappe die Keite wieder geschlossen wird, gebt auch wieder Strom durch die Electromagnete. Diese ziehen ihre Anker an und es erhebt sich somit Schreibgefäss und Hammer, Auf dem Papier ist nun eine Zeichnung entstanden. Entweder nur ein Punkt, wenn nämlich das Schreibgefäss nur kurze Zeit liegen blieb, oder ein Strich. Der Strich ist entstanden durch die Drehung des Papieres vermittelst der Uhr unter dem feststehenden Schreibgefäss. Er misst also so viele Theile des getheilten Papierrandes in seiner Länge, als das Schreibgefäss Minuten gelegen hat. Hiemit ist schon ein Theil der beabsichtigten Zwecke erlangt. Denn denken wir uns, der erste Bahnwärter gebe beim Abgang des 84* 828 Zuges dadurch ein Zeichen, dass er seine Unterbrechungsklappe niederdrückt, so setzt das Schreibgefäss auf das Papier einen Punkt, welcher der Abgangszeit entspricht. Wie nun der Bahuzug am 2ten, 3ten, 4ten Bahnwärter vorüberfährt, gibt auch jeder mit seiner Klappe das Zeichen. Der Abstand des isten Punktes auf dem Papier vom 2ten, des 2ten vom 3ten u. s. f. entspricht der Anzahl von Minuten welche der Bahnzug gebraucht hat um von einem Bahnwärter zum andern zu gelangen. Da aber der Abstand der Bahnwärter bekannt ist, so wird damit auch die Geschwindigkeit bekannt mit welcher der Bahnzug geht. Denn wäre z. B. der Abstand des 3ten vom Aten Bahnwärters 1800 Fuss.‘ Der Abstand des 3ten vom 4ten Punkte auf dem Papier aber 1 Minute oder 60 Secunden, so ist die Geschwindigkeit des Zuges in der Secunde Tr — 30 Fuss. Bleibt aber das Zeichen eines Bahnwärters aus, so beweisst dies dass er nicht an seiner Station war. Kömmt nun der Zug auf einer Station an, so hebt der Cassier die Klappe und schliesst sie erst wieder bei Abgang des Zuges. Auf dem Papiere hat sich also ein Strich gebildet, so viele Minuten lang, als der Aufenthalt des Zuges gedauert hat. So entstehen also auf beiden Endstatio- nen übereinstimmende Zeichungen von der ganzen Fahrt und das mit dem Nr. des Bahnzuges überschriebene Blatt ist ein gedrucktes Document über den ganzen Verlauf der Fahrt. Sollte dem Bahnzug ein Unfall begegnen, was sich an den Endstationen gleich erkennen lässt aus dem Ausbleiben der Balın- wärterzeichen, so begibt sich der Obercondukteur des Zuges an die nächste Bahnwärterhütte und gibt mit der Klappe daselbst das ver- abredete Zeichen au den Endstationen. Ja er kann auch jede Mit- . 829 theilung mit Buchstaben und Worten machen ; denn wie er die Klappe schnell niederdrückt und wieder auslässt, schlägt der Ham- mer einen klingenden Schlag auf die Glocken der Endstationen. Lässt er aber die Klappe etwas niedergedrückt so entsteht ein ge- dämpfter Glockenschlag. Diese zweierlei Zeichen welche sich durch das Gehör sehr gut unterscheiden lassen dienen, in Gruppen geord- net, zur Bildung des Alphabetes, wie ich schon früher angegeben habe. Soll der Condukteur auch Nachricht erhalten können von den Endstationen, so bedarf er blos eines transportablen Eleetromagne- tes mit Hammer und Glocke dessen Draht er in die Leitungskette bei dem Bahnwärter einschaltet. In ganz gleicher Weise kann auch zwischen den Endstationen die den Bahndienst betreffende Mittheilung erfolgen. Bei der Ana- logie zwischen den für die Tongruppen gewählten Bezeichnungen und den grossen lateinischen Lettern erlernt man das Alphabet un- gemein leicht. Ich gebe z. B. ein A durch tiefen Ton, hohen Ton, tiefen Ton. Ich bezeichne die Gruppe mit Punkten wie sie in der Zeit nach einander folgen mit tief hoch tief . '. Ich verbinde die Punkte nach der Zeitfolge durch Linien, so wird A, d. h. ein A daraus. Eben so bezeichne ich V durch V, S durch ./", F durch 7, L durch \., M durch ..., N durch .., 1 durch ., Z durch \_. Für alle diese Buchstaben weiss man so- gleich die Bezeichnung. Es sind also nur noch wenige zu merken, Dies hat sich auch in der Erfahrung bewährt. Jeder ohne Aus- nahme, der es versucht, kann nach wenig Stunden das Alphabet und damit auch telegraphiren. Indessen sind die meisten Menschen sehr schwer dazu zu hewegen etwas Neues zu erlernen, und so mag sich denn auch hieraus erklären, dass nur wenige der Bahnbeamten te- legraphiren lernten, die andern aber ein kleines Zifferblatt vorzo- 830 gen auf welchem der Zeiger bei jedem Niederdrücken der Klappe um ein Zeichen weiter ging und so in derselben Art, nur unvollkom- mener, benutzt werden konnte wie die Zeigertelegraphen. Der Anker des Ganges für die Uhr ist dazu blos mit dem Anker des Electro- magnet in Verbindung gesetzt. Diese Einrichtung hatte die Bahn- Verwaltung beigefügt. Man konnte also den einen oder den au- dern dieser Apparate benutzen. Man sieht leicht dass dieser Telegraph mit verschiedenen Schwie- rigkeiten zu kämpfen hat. Denn es gehört in der That sorgfältige Aufsicht dazu um eine so grosse Anzahl von Unterbrechungs- stellen in der Kette — es sind deren 50 — stets in gutem wirk- samen Staude zu erhalten. Dazu kömmt aber eine noch viel grös- sere Schwierigkeit, nämlich die, dass gerade diejenigen welche den Telegraphen beaufsichtigen und im Stande erhalten sollen, dureh ihn einer sehr strengen Controle unterliegen und sich daher auch wohl nicht veranlasst sehen mögen, nach besten Kräften für seinen regelmässigen Gang zu sorgen. Doch gibt es Mittel diese beiden Schwierigkeiten zu beseitigen. Bringt man nämlich wie bei den amerikanischen Telegraphen an je- der Unterbrechungsklappe eine Sperrschraube an, durch welche der metallische Contract jedesmal nach dem Zeichengeben ganz sicher wieder hergestellt wird, so verschwindet die erste Klasse von Stö- rungen, Die zweite aber, wenn man wie es in Preussen und Oesterreich allenthalben geschieht, ein eigenes Aufsichtspersonal für den Telegraphen bestimmt, so dass wenigstens auf jede Station ein Wächter trifft. Nun ist das allerdings viel verlangt. Indessen hat sich die Unterlassung von Seite der Verwaltung dadurch be- straft, dass grosse Strecken der Drabtleitung längs der Eisenbahn hin entwendet wurden und dass der Telegraph nur selten im Stande 831 war. Es hatten sich übrigens auch sonst noch mancherlei Störungen gezeigt welche ich anführen werde, weil theils belehrende Erfah- rungen, theils die Mittel ihnen entgegen zu wirken, daraus hervor- gegangen sind. Der grösste Theil der Leitungskette ward in meiner Abwesen- heit durch das Personale der Bahnwerkstätte aufgezogen. Dabei wur- den, wie der Erfolg später nachwies, mehrere Versehen begangen. Wir wollen sie aber durch die Erfahrung kennen lehren. In der ersten Zeit nach der Herstellung des Telegraphen im Sommer 1846 gingen die Mittheilungen den Bahndienst betreffend, so wie die Anfertigung der Controlkarten ganz gut von statten. Nach etwa 6 Wochen begann der Telegraph während heftigen Win- des plötzlich selbstständige Zeichen zu geben — die Kette öffnete und schloss sich also ohne menschliches Zuthun. Wie ich alsbald fand, lag der Grund darin dass die Leitungskette an vielen Verbin- dungsstellen nicht so wie ich angegeben hatte verlöthet war, son- dern blos eingehäugt war durch Ausen an welchen sich Kupferoxyd bildete was manchmal die Kette galvanisch trennte, bei Bewegung durch den Wind aber oft taktmässig mit den Schwingungen wieder verband und so die beobachteten Zeichen bewirkte. *) Auch die Drahtleitung ist verhältnissmässig sehr oft gerissen. #) Merkwürdig ist die Erklärungsweise welche sich bei der Bahnver- waltung aktenmässig Eingang verschaffte. Man glaubte den Grund der Erscheinung in einer nur zeitweise wirkenden Leitung des Erdreiches zu finden und somit die Erdleitung als unstatthaft bezeichnen zu kön- nen. Die grossartigen Erfahrungen des Auslandes hierüber müssen diesen Herren ganz unbekannt geblieben seyn. 832 Meist durch Sturm, auch durch Reif und Eis welches die Drähte oft umgibt. Dies trat besonders bei der einfachen Drahtleitung zwi- schen Maisach und Nannhofen ein. Der Grund liegt wohl darin dass die Säulen zu fern von einander stehen (150°), dass die Drähte zu stark gespannt und beim Aufziehen der Kette nicht gehörig ge- schont wurden, vor kurzen Bügen die später immer brechen. Da- gegen waren Unterbrechungen an der mehrfach gewundenen Draht- leitung schwerer zu repariren, da ihrer Steifigkeit wegen mehrere Mann mit Vorrichtung (Spannhebel) eigens dazu abgeschickt wer- den mussten. Ich mache auf diese unbedeutend scheinenden Erfah- rungen aufmerksam, weil gerade der Erfolg des Ganzen von ihnen abhängt. Bedeutende Störungen hat auch der Blitz anfangs verursacht. Am 17. Juli 1846 schlug ein Blitz in die Kette und beschädigte mehrere Bahnwärter in ihren Hütten bedeutend jedoch nicht lebens- gefährlich. Es wurden deshalb sogleich die Unterbrechungsklappen aus den Bahnwärterhäuschen entfernt und die Auslösung mittelst ei- ner Schnur bewirkt. Zweckmässiger wäre jedoch gewesen das bei dieser Gelegenheit gefundene Schutzmittel welches später an den Stationszimmern angebracht wurde, auch hier bei jeder Auslösung anzubringen um die Auslösung nach dem Gebrauche jedesmal mit Sperrschraube anziehen also völlig sichern zu können. Die von mir ausgedachte Vorrichtung um die Wirkungen des Blitzes von bestimmten Theilen der galvanischen Leitungskette ab- zuhalten, beruht darauf, dass die Reibungselectrizität kleine Schlag- weiten bei einer gewissen Spannung überspringt um sich den näch- sten Weg der Vereinigung zu bahnen. Wenn man aber beispiels- weise einen Blitzableiterdraht unterbrechen, die Trennungsflächen aber sich sehr nahe bringen würde, eine metallische Verbindung 833 beider Enden aber durch eine aus sehr dünnem Draht gebildete Jange Schleife erwirkte, so würde der Blitz nicht der dünnen lan- gen Schleife folgen, sondern der grossen electrischen Spannung wegen überschlagen von einem Ende zum andern. Hätte man die sich entgegenstehenden oder genäherten Enden des Blitzableiterdrah- tes zu grossen Flächen erweitert, so müsste das Ueberspringen des Blitzes mit noch grösserer Vollständigkeit erfolgen und es würde kaum eine Spur von Reibungseleetrizität in der dünnen Schleife zu beobachten seyn. Anders verhält sich aber die hier beschriebene Vorrichtung ge- gen galvanische Ströme. Diese finden an den Oberflächen der Me- talle ein unübersteigliches Hinderniss. Sie werden also der metalli- schen Verbindung folgend durch die dünne Schleife gehen, so lange der Zwischenraum zwischen den genäherten Drahtenden — welche wir Blitzplatten nennen wollen — keine leitende Verbindung bietet. Denken wir uns diese Einrichtung jetzt angebracht an der Leitungs- kette des Telegraphen, also an jedem Stationspunkte die Leitungs- kette unterbrochen durch Blitzplatten, diese aber metallisch verbunden durch eine dünne Schleife, welche allein in's Iunere der Stations- gebäude und zu den Apparaten führt, so wird die Reibungselectri- zität oder die atmosphärische Electrizität allenthalben durch die Blitzplatten überschlagen und somit das Innere der Gebäude und die Apparate nicht berühren, während der galvanische Strom dem vor- gezeichneten Weg der metallischen Verbindung wie sonst folgt. Man kann daher durch dieses Mittel die Wirkungen des Blitzes ganz abhalten von den zum Telegraphiren bestimmten Apparaten und somit auch die damit Beschäftigten völlig sichern. Die schützende Wirkung solcher Platten, zwischen welche zur isolirenden Trennung blos ein dünner Seidenzeug gelegt wurde, hat sich an dem hiesigen Abhandlungen der II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. V. Bd. Ill. Abth. 85 834 so wie an dem Carlsruher Telegraphen vielfach bewährt. Die Ein- richtung wird daher wohl allgemeinen Eingang finden. t Den hiesigen Telegraphen traf auch bald nach seiner Herstel- lung der Unfall, dass der eine Apparat der Endstation mit dem Bahnhofe in München verbrannte. Die Verwaltung hat jedoch den- selben nicht wieder ersetzen lassen, auch Niemand mit der Auf- sicht und Erhaltung ausschliesslich beauftragt, selbst die entwende- ten Drähte nicht wieder ersetzt. Die hat somit die ganze Anstalt als Telegraph selbst aufgegeben. Ich habe wohl kaum nöthig zu erwähnen dass unter diesen Verhältnissen von einem günstigen Er- folge auch keine Rede seyn kann. Ich glaubte jedoch die Beschrei- "bung desselben nicht umgehen zu dürfen wegen der vielseitigen Be- lehrungen die er auch bei dieser stiefmütterlichen Behandlung doch geliefert hat und weil das Angeführte bei gehöriger Ausführung sichern Erfolg verbürgt. Vergleichung der verschiedenen ausgeführten Telegraph- Systeme. Fassen wir zuerst die Leitungskette in’s Auge, soist ersichtlich dass bei allen galv. Telegraphen ohne Ausnahme die Leitungsfähigkeit des Bodens benutzt ist als halbe Kette. Auch besteht in ganz Deutschland nur ein Telegraph mit doppeltem Drahte für dieselbe Mittheilung, der von Bremen nach Bremerhafen. Es hat sich also das einfachste Prinzip einer einzigen Metallleitung ungeachtet der vielen Künste- leien welche man in der Zwischenzeit in dem sonst so praktischen England versucht hat, Geltung verschafft. Aber in dem Bau und den Mitteln zum Schutze ‚und zur Erhaltung dieser einen Leitung 835 sind wesentliche Fortschritte sichtbar. Die unvollständigen Isolirun- gen wie sie noch an den Bahntelegraphen von Stuttgart nach Ess- lingen, von Frankfurt nach Castel etc. wahrzunehmen, sind über- boten durch die isolirenden Auflagen in Steingutconen, — Carls- rahe-Durlach — oder die Holzrollen (Hannover), oder die Porzellanösen (Oesterreich) gedeckt durch besondere Dach- oder Schutzkästchen. Aber auch diese sind wieder überboten durch die höchst einfachen und sinnreichen Glockenköpfe von Glas, welche von Nordamerika zu uns übergesiedelt sind. Diese bedürfen keines Daches welches vor Regen schützt weil letzterer ohne leitende Verbindung herzustellen ab- fliesst. In Preussen sind diese Köpfe aus Porzellan gemacht. Sie sind aber gebrechlicher als die von Glas gepressten., Sehr zweck- mässig sind auch die im Hannöver'schen aus Steinkrugmasse gebil- deten. Zugleich wohlfeil und stark. Ihre Form gestattet den Draht um den Kopf herumzuschlingen und so ist zugleich eine sehr be- queme Befestigung der Leitungskette erzielt. Nur wenig Eingang haben die englischen verzinkten Eisen- Drahtleitungen gefunden. Nicht der 30ste Theil der deutschen Te- legraphen besteht aus Eisendraht. Ich glaube mit Recht. Denn es sind zwar diese Leitungen viel fester als die Kupferdrahtleitungen. Sie sind weniger zufälligen und böswilligen Unterbrechungen, we- niger dem Entwenden *) ausgesetzt als Kupferdrahtleitungen; dage- gen fordern sie viel stärkere Stützen, sind schwieriger und von dem Bahnwärter im Augenblick gar nicht zu repariren, behalten keinen bleibenden Metallwerth, bieten verhältnissmässig dem galvanischen Strom sehr grossen Widerstand, **) dagegen der störenden Luftelectri- *) Dies kam übrigens nur bei uns in Bayern in grossartiger Weise vor. **) Der sehr abhängig ist von der Temperatur des Drahtes und bei hö- herer Temperatur bedeutend grösser wird. 85* 836 zität weitgrössere Oberflächeund veranlassen weit grössere Anlagekos- ten als die Kupferdrahtleitungen. Sie waren ihrer grössern Festigkeit wegen’so lange besser bei grossen Telegraphlinien alsman noch keinMit- tel hatte die Drähte unter der Erde zu isoliren. Sie werden jetzt durch diese unterirdischen Leitungen, die eine ungemein viel grös- sere Sicherheit bieten und unabhängig sind vom Blitze bei Anlage grosser Linien, sicher bald verdrängt werden. Für den Bahndienst und seine Mittheilungen genügen die einfachen billig herzustellenden Kupferdrahtleitungen; ja sie gewähren den Vortheil, dass sie jeder Bahnwärter repariren kann. All diese Gründe zusammen müssen sich Geltung verschafft haben, weil, wie gesagt, in Deutschland nicht der 30ste Theil der Telegraphen Eisendrahtleitungen hat. Bezüglich der Apparate muss nach der Bestimmung der Telegraphen unterschieden werden. Kür den Bahndienst taugen nur Apparate mit welchen jeder Bahnbeamte telegraphiren kann ohne vorgängige Einübung. Für diese sind also die Zeigerapparate ohne alle Frage die geeignetsten. Aber auch unter diesen besteht bereits eine grosse Auswahl: Wheatston’s Apparat und seine wenig abgeänderten Nach- bildungen von Fardely, Geiger u. A. ist in Sicherheit des Ganges überboten von dem Inductions-Apparat von Stöhrer. Viel vollendeter in Construction, ich möchte sagen die Aufgabe eines Zeiger- Apparates erschöpfend, ist der Apparat von Siemens. Nur scheint mir für den Bahpdienst seine Behandlung etwas zu schwierig. Namentlich die Regulirung des Ganges wenn viele Apparate in dieselbe Kette eingeschaltet sind, fordert mehr Ueber- legung als man oft unter diesen Verhältnissen voraussetzen darf. Ferner ist auch die Erhaltung der Batterie für das Bahnpersonal sehr lästig so dass mir für diesen Zweck Stöhrer's Apparat als der geeignetste erscheint. Anders dagegen werden die Anforderungen an Telegraph-Ap- 837 parate für Staats- und Handelsmittheilungen. Hier ist Schnelligkeit der Mittheilung und Sicherheit ‘der Maasstab der Beurtheilung, und darin kann kein anderer Apparat in Coneurrenz treten mit dem Schreibapparat von Morse mit Relais. Denn er arbeitet wie wir gesehen haben 6mal schneller als der Siemen’sche und liefert ein gedrucktes Document über die Mittheilung was nachgelesen werden kann und was unabhängig ist von der Aufmerksamkeit des Tele- graphisten der die Nachricht empfängt. Diese Vortheile sind so überwiegend, dass seine Mängel — Schwierigkeit des Telegraphi- rens, mehr Batterien als Stationen ete. — doch dagegen verschwinden, - In Bezug auf die galvanischen Batterien muss man nach dem Telegraphsystem unterscheiden zwischen denen welche beständig zu wirken haben wie bei Anwendung der Relais und denen welche nur während des Zeichens wirken. Für den letzten Fall also bei den meisten Zeigerapparaten möchte die Batterie von Fardely oder die ähnliche von Eisenlohr vor Allen zu empfehlen seyn. Denn Fardely’s Batterie wirkt obne Auseinandernehmen etc. über ein Jahr. Die von Eisenlohr hat nach 60 Tagen noch keine messbare Abnahme an Stärke gezeigt. Aber beide werden bald erschöpft wenn sie eontinuirlich wirken sollen. Für letzten Fall ist jetzt die Daniel’sche Batterie in Anwendung. Ich glaube jedoch dass es gelingen wird das einfache Erdelement der Endplatten der Leitung als constan- ten Strom für den Relais zu benützen. An dem Münchner Telegraphen war der Strom eines solchen Elementes noch nach einem Jahr Wirkung nach meinen Messungen nicht wesentlich schwächer geworden und hiezu ausreichend kräftig. Uehrigens wäre es auch denkbar dass man für diesen Zweck mit grösserem Vortheil thermische Erreger welche blos Temperaturdifferenz fordern, benützen könnte. Ich be- halte mir hierüber weitere Mittheilungen für später vor. G 838 Noch haben wir über die Störungen zu sprechen welche die Luftelectrizität in den oberirdischen Leitungen erzeugt. Es ist ihnen mit Ausnahme weniger Orte nur, sehr unvollkommen begegnet. Ein dünner Platindraht, der schmilzt ehe der Blitz die Appa- rate erreicht, und Blitzableiter nahe an die Leitungskette gebracht, sind fast allenthalben zu finden. Weit vollständiger wird dieser Zweck erreicht durch die Blitzplatten wie ich sie auch in Dingler Jour- nal im vorigen Jahre beschrieben habe. Man kann sogar die selbst- thätigen Zeichen welche durch Blitze veranlasst sind damit vermei- den wenn der Abstand der Platten sehr gering und der zu den Apparaten führeiide Leitungsdraht sehr dünn ist. Von diesen Störungen ist der Relais unabhängig, sobald er mit Blitzplatten verbunden wird. Während so die Leitungen durch die Luft mit den Gewittern zu kämpfen haben, zeigen sich bei den unterirdischen Leitungen ebenfalls störende Ströme, vielleicht thermischer Natur. Durch sie ist man gezwungen die Wirkung der Batterien stets zu ändern und auf grosse Distanzen dürften sie nur durch den Relais, den con- stanten Strom in der Kette, zu überwinden seyn. Verbesserung an Morse’s Apparat. Wir haben gesehen dass Morse’s Apparat unter allen jetzt in Deutschland augewendeten Telegraphen am sichersten und schnell- sten Mittheilungen zu machen gestattet. Dennoch glauben wir dass zwei Punkte bei demselben noch einer wesentlichen Verbesserung fähig sind. Der erste schon berührte betrifft die Wahl der Zeichen. Man 839 kann ohne Abkürzungen in derselben Zeit mehr mittheilen als durch das jetzt übliche Alphabet, wenn man das von mir gegebene einführt. Dies gilt für Mittheilungen ohne Abkürzungen. Aber ich sehe nicht ein warum man sich nicht auch der Abkürzungen bedienen will. Denn sowohl der Schreibende als der Lesende sind angestellte Te- legraphisten welchen man ohnehin schon zumuthet die Fertigkeit des Telegraphirens erlernt zu haben. Warum sollen sie nicht eben so gut stenographiren und dieses lesen lernen? Diese Zumuthung ist keineswegs neu, In Oesterreich besteht auf allen Telegraphlinien seit Anfang ein Phrasen- und Wörterbuch. Auch sind, wenn mit Buchstaben telegraphirt wird, viele Abkürzungen gebräuchlich. (Siehe telegr. Correspondenzbuch für den Eisenbahnbeirieb. Wien.) Die zweite Verbesserung betrifft den Apparat an welchem ge- tadelt werden kann dass er nöthigt ungleichartige Zeichen mit der Hand zu geben — kurze und längere. Sie entstehen dadurch dass die Klappe nur kurze oder längere Zeit niedergedrückt wird. Of- fenbar wäre es viel leichter und schneller zu vollziehen wenn man nur Eine Art von Bewegung und gleich lange Zeit für jedes der beiden Zeichen benöthigte. Ich werde nun zeigen dass man ganz ohne Aenderung an dem Relais und an dem Schreibapparat, blos durch Anbringung einer zweiten Klappe zur Unterbrechung der Kette mit gleichförmigem Niederdrücken, also mif gleichförmigen Zeichen von der Hand gegeben, doch zweierlei Zeichen auf den Papierstrei- fen aller Stationen fixiren kann. Dazu ist blos nöthig, dass die zweite Klappe, bei einem Gange auf und zu, die Kette zweimal unterbreche. Man bewirkt dies, indem nicht blos in der ruhenden Lage durch die Klappe die Kette geschlossen wird, sondern auch in der niedergedrückten Lage. Jedes Tippen auf die Klappe be- wirkt also von der Verbindung aus Trennung, Verbindung, Tren- nung, Verbindung. Weil aber der Schreibapparat nur so lange wirkt 840 als die Kette gefrennt ist, so entstehen hiedurch zwei Punkte oder Eindrücke auf dem Papiere, während die gewöhnliche Klappe durch dieselbe Bewegung der Hand nur Einen Eindruck gemacht hat. Die Eine Klappe erzeugt also einfache Eindrücke, die andere doppelte, zusammen genommen von derselben Länge wie der einfache. Man gibt also gleichförmige Zeichen mit der Hand und erzeugt doch mit jeder Klappe verschiedene Zeichen. Dies ist nicht nur leichter für den Telegraphisten, sondern fordert auch weniger Zeit und erscheint um so leichter durchzuführen, als an jedem der jetzi- gen Apparate nur die zweite Klappe angebracht zu werden braucht. Will man sich derselben zeitweise nicht bedienen, so bleibt alles wie bisher. Ueber den Zahnbau von Myliobates und dem verwandten Rochen Trikeras. Von Dr. E. Harless. Mit drei Tafeln. Abhaudlungen der II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. V. Bd. III. Abth. Ss6 . ’ ' B ‘ - % E° N D ' 1 i j' 4 FR Be = 2 ea @, ae sh ar SM En. en * * er + ad m: u 7 ui. is Rn vi Tr DEE " 3% r MEN he ; Er ng” An Er ER m - Ba F2 > x Von Koch in Triest wurde eine neue Rochenart, Trikeras, vor einigen Jahren um die Zeit meines Aufenthaltes daselbst ent- deckt. So viel ich weiss, sind bis jetzt nur 2 Exemplare im Triestiner Museum. Die Aehnlichkeit des Zahnbaues hei diesem Thiere mit dem bei Myliobates aquila, lässt mit Bestimmtheit ver- muthen, dass auch die feinere Struktur keine wesentliche Differenz bei beiden darbiete. Bei der Seltenheit des Vorkommens von Tri- keras konnte ich nicht das Gebiss dieses Rochens erhalten; dafür hatte Herr Direktor Koch die Güte, mir ein sehr schönes Gebiss von Myliobates aquila und mehrere Embryonen und ganz junge Thiere die- ser Species zu überlassen, an welchen die nachfolgenden Untersu- chungen gemacht sind. Es dürfte diese Untersuchung einerseits als Beitrag zu der zoologischen Beschreibung des neuen Rochen, welche von Herrn Director Koch an einem auderen Orte geliefert worden, andererseits als Gegenstück zu der von Herrn Professor Erdl gelieferten Anatomie der Zähne in diesen Blättern einen Platz finden. Die Zähne von Trikeras haben die grösste Aehnlichkeit mit denen von Myliobates aquila sowohl ihrer äusseren Form als ihrer inneren Struktur nach. Eine Beschreibung der letzteren haben wir in Owen's vortrefllichem Werk, aus welchem auch die Abbildung 86 * 8414 Tab. 3. Fig. 1. genommen ist, welche die Ansicht des ganzen Gebisses darstellt. Alle übrigen Abbildungen sind nach meinen eig- nen Untersuchungen von mir selbst gezeichnet, und da ich noch mehr in das feinere Detail bei der Untersuchung und Darstellung eingehen konnte, als dies Owen in seinem grossen Werke möglich war, so glaube ich einem ergänzenden Beitrag hier eine Stelle gön- nen zu dürfen, um so mehr, als ich in Beziehung auf die Entwick- lungsgeschichte und die chemische Zusammensetzung dieser interes- santen, von der Zahnbildung höherer Thiere so abweichenden Formationen manches Neue beizubringen im Stande bin, was Owen nicht berührt hat, Was zuerst die zahntragenden Knorpel und ihre Verbindung mit den Zähnen betrifft, so ist zu erwähnen, dass jene vom verglei- chend anatomischen Standpunkt als die verschmolzenen ossa ma- xillaria und intermaxillaria einerseits und die zusammenstossenden Articular- und Dentalelemente der unteren Kiunlade andererseits zu betrachten sind *). Lippenknorpel fehlen wie bei Raja Trychon, Rbinobates, Cephalophora und Myliobates, so auch bei Trikeras. Eben so wenig wie jeder andere Knorpelfisch ‚besitzt Trikeras Zähne, welche in Alveolarhöhlen der Mandibeln eingesenkt wären, sondern sie sitzen auf der mit fibrösen Fasern durchwebten Schleim- haut auf, welche die Maxillarknorpeln überkleidet. Diese Knorpelu selbst zeigen bei Trikeras ähnlich wie bei Myliobates eine eigenthümliche Struktur, welche die übrigen Knor- pel dieser Thiere nicht besitzen. Sie bestehen nämlich nicht aus *) Owen Il. c. p. 25. 845 einer homogenen Masse, in welcher die einzelnen Mischungs- und Form-Bestandtheile gleichmässig verbreitet sind, sondern man ge- wahrt auf ihrer Oberfläche, am besten, wenn sie getrocknet sind, mit blossem Auge eine Menge dichtstehender polygonaler, meist sechs- eckiger Figuren, welche dem Ganzen das Aussehen einer Mosaik geben. Dass dieses nicht der Oberfläche allein angehört, sondern durch die ganze Dicke des Knorpels hindurch geht, sieht man leicht, wenn man einen solchen Knorpel bricht, wobei die Bruchfläche je- desmal entsprechend den Ecken der Polygone eine Menge von Kanten zeigt, so dass also der ganze Knorpel aus einer unend- lichen Menge neben einander stehender Säulen gebildet ist *). Bei gauz jungen Tbieren ist die Oberfläche so wie das ganze Innere des Kuorpels homogen, gebildet aus Knorpelzellen und ihrer struk- turlosen Intercellularsubstanz. Die Knorpelzellen messen im Durch- schnitt 0,004“ in der Breite, 0,007‘ in der Länge. Bei etwas älteren Embryonen von Myliobates aquila fand ich diese homogene Grundlage des Knorpels in so fern verändert, als sich dunkle Anhäufungen an der oberen und unteren Grenze der Mandibeln zeigten, wie man auf Tab. 3. Fig. 5. bei b sieht, wo c d der Durchschnitt der dicken Schleimhaut ist, in der sich später die Zähne entwickeln. Bei a ist der Knorpel noch ganz pellucid, die Intercellularsubstanz fast ganz glashell, nur mit wenigen dunk- *) Dicht aneinander gereiht, ohne irgend einen Zwischenraum zu zeigen, stehen diese Säulen in einer 2’ mächtigen Schicht in der ganzen Pe- ripherie der Knorpe! ; weiter gegen die Milte hin lassen sie häufig Lücken von oft ansehnlicher Grösse, wodurch bei getrockneten Präparaten der Durchschnitt einem Schwamm ähnlich sieht. Die Begrenzung dieser Hohl- räume hat aber eine ganz ähnliche Gruppirung der Knorpelelemente, wie an der Peripherie. 846 len Pünktchen bestreut, während unten und oben bei b zwei Schich- ten sich zeigen, in welchen die Intercellularsubstanz sehr dicht gra- nulirt ist und ausserdem auch die Knorpelzellen vie! dunklere Con- turen besitzen, die in ihrem Innern selbst wit sehr dunkel conturirten, unregelmässig begrenzten Körperchen erfüllt sind. Auch sind diese begrenzten Knorpelzellen um merkliches grösser als die durchsich- tigen leeren. Macht man nun mit der Oberfläche parallele Schnitte in dieser dunkleren Masse, so gewahrt man bald, dass diese dunk- leren Ansammlungen nicht gleichmässig die ganze Schicht durch- dringen, sondern es zeigt sich eine höchst zierliche Figur, der Be- grenzung der einzelnen dunklen Ansammlungen entsprechend, wie auf Tab. 3. Fig. b wiedergegeben ist, wo man sieht, dass die dunkleren Massen sternförmige Figuren bilden, zwischen deren an- einander stossende Strahlen noch immer durchsichtige Knorpelmasse übrig bleibt. Je tiefer, entfernter von der Oberfläche man den Schnitt führt, um so mehr findet man die Strahlen verlängert und kommt zuletzt auf Schichten, wo man erkennt, dass von einem Punkte ans die Ablagerung der dunkleren Massen strahlenförmig fortschreitet. Offenbar wird also das Material dazu von den den Knorpel um- schliessenden Gefässhäuten bezogen und dringt allmählich erst mehr gegen die Mitte vor. Dass dieses Material aus anorganischen Sub- stanzen besteht, welche in so regelmässigen Formen deponirt wer- den, davon überzeugt uns schon der Widerstand, welchen dasselbe unseren Instrumenten entgegensetzit. Die chemische Untersuchung zeigte denn auch, dass dies Kalk- deposita sind, welche sich sowohl in den Knorpelzellen als in der Intercellularsubstanz gebildet haben. — Wie aus jenen ursprünglich sternförmigen Figuren die sechseckigen Polygone der ausgebildeten Mandibeln durch weiteres Waechsthum sich entwickeln, bedarf kei- ner weiteren Erklärung. Uebrigens findet man in der schwammigen 847 Masse im Innern des Knorpels auch bei dem ausgebildeten Thiere noch sehr viele Formen, welche jenen sternförmigen Figuren gleich oder ähnlich sind, und die hier sehr leicht von einander sich tren- nen, wenn man den Knorpel eine kurze Zeit in heissem Wasser hat liegen lassen. In chemischer Beziehung ist ein Unterschied zwischen den Knorpeln der embryonalen und entwickelten Mandibeln von grossem Interesse, nehmlich der Mangel aller Magnesia in jenen, die bei dem erwachsenen Thiere sich in selbst nicht unbedeutender Menge vor- fand. Die Analyse ergab nehmlich in den Maxillarknochen des Embryo: 45,07 organische Bestandtheile (18,90 Fett, :27,07 Knorpel), 54,93 anorganische Bestandtheile. 100,00. 100,00 anorganische Bestandtheile enthielten: 4,00 in Wasser lösl. Salze, 15,09 Kohlensauren Kalk, 80,91 Phosphorsauren Kalk, keine Spur Magnesia. Dagegen fanden sich in den Maxillarknorpeln der erwachsenen Thiere: 33,58 organische Substanz, 66,42 anorganische Bestandtheile. 100 Theile der letzteren enthielten: 348 12,08 Kohlensauren Kalk, 82,4 Phosphorsauren Kalk, 2,78 Phosphorsaure Magnesia, 2,74 ın Wasser lösliche Salze. 100,00. Vergleicht man beide Analysen, so sieht man die Menge der in Wasser löslichen Salze sehr abnehmen; ebenso vermindert sich die relative Menge des kohlensauren Kalks, während die des phos- pborsauren zunimmt. Gleichzeitig mit der späteren Entwicklung tritt auch die phosphorsaure Magnesia auf, welche bei dem Embryo noch vollkommen fehlt. Wir gehen nun über zu der Beschreibung der Zähne, welche mittelst eines fibrösen Faserstratums an die Knorpeln angeheftet sind. Die Zähne hilden zwei Platten sehr fester, reihenweis geord- neter, dicht zusammenhängender Pflaster, beiderseits begrenzt von einer Anzahl rhombischer Säulen, deren Berührungsflächen ebenfalls fest aneinander liegen (Tab. 3. Fig. 1.). Beide Platten haben nicht gleiche Krümmungsflächen mit den entsprechenden Mandibeln, da ihre vordern Pflasterreihen nur halbmal so hoch sind als die hinteren. Dadurch wird die Berührungsfläche der Zahnplatien eine grössere, als wenn sie parallel der Oberfläche der Mandibeln wä- ren. Die Zahnplatte des Unterkiefers bleibt aber gleichwohl viel flacher als die des Okerkiefers, so zwar, dass jener vollkommen horizontal bis an die sechste Pflasterreihe verläuft, um sich dann mit ganz flacher Wölbung nach unten umzubiegen. Die Zahnplatten des Oberkiefers dagegen bilden eine Krümmungsoberfläche, welche einem halben Cylinder angehört, dessen Radius c. 2 Centim. beträgt. Wenn gleich durch die Verjüngung der Höhenmasse sämmtlicher 849 Pflaster nach vorn die Berührungsfläche beider Zahnplatten um et- was vermehrt ist, so dient doch nur deren dritter Theil zum Kauen, nehmlich an der oberen die 5te—Ste, an der unteren die 4te—.Ste Pflasterreihe von vorn an gerechnet. Die vordersten, welche die grösste Härte besitzen, und die hinteren, welche, je näher dem Schlundeingang, um so weicher werden, dienen nicht als Kauflächen: an der unteren Mandibel wahrscheinlich zum Scharren oder Graben und Losreissen der Muscheln, welche in der Tiefe leben, in der jene Rochen nach Beute jagen. An jener oben bezeichneten, vor- züglich zum Kauen dienenden Stelle der Zabnplatten zeigt sich bei älteren Tieren deutlich ihre Abnutzung durch eine Vertiefung, wie sie etwa bei dem Aufeinanderreiben zweier Steine hervorgebracht wird. Ihre grösste Tiefe liegt an der Zahnplatte des Unterkiefers gerade der grössten Erhabenheit der Zahnplatte des Oberkiefers gegenüber, und zwar bildet diese Vertiefung nicht eine der Qner- achse der Mandibeln parallele Rinne, sondern eine mehr halbkuglige Grube, woraus sich die Art des Kauens dieser Thiere unmittelbar erkennen lässt. Es kann dieselbe nehmlich nicht so seyn, dass die untere Mandibel an der oberen von links nach rechts und umgekehrt hin und her gerieben wird, sondern es geschielt das Kauen durch Vorwärts- und Rückwärts -Bewegung der Mandibel. Ausser dieser nicht in der ursprünglichen Formation der Zahn- platten gelegenen Unebenheit und Rauhigkeit in dem vorderen Dritt- theil, sind dieselben auf ihrer Oberfläche vollkommen glatt und die Aneinanderfügung der Pflasterreihen ist, je weiter nach vorn, um so inniger, so dass sie dort den Fissuren alter Schädel gleicht, die nur noch durch schwache Andeutungen zu erkennen sind, Bis au die abgewetzte Kaufläche hin reicht oben und unten eine Falte der Rachenschleimhaut, wodurch die weicheren und nur locker in ein- ander eingreifenden Pflasterreihen geschützt werden, Abhandlungen der II. C). d. k. Ak. d. Wiss, V. Bd. Il. Abth. 87 350 . Die den Knorpeln aufsitzenden Flächen der Zahnplatten sind nicht glatt, sondern bestehen aus einer grossen Anzahl schmaler, hervorstehender Rippen, welche parallel der Längsachse der Man- dibeln, also in einer Richtung verlaufen, welche die Richtung der 4--7mal breiteren Pflaster rechtwinklig schneidet. Doch bilden diese mit der Längsachse parallel laufenden Rippen keineswegs ein eontinwrliches System von der Länge des ganzen Zahns, auf dem die anderen querstehenden Pflaster aufgebaut wären, sondern jeder querlaufenden Pflasterreihe gehört ein System solcher Längsrippen, an, wie man aus der entsprechenden Abtheilung der Rippen durch querlaufende seichte Einkerbungen erkennen kann. Während die Breite der übergelagerten Pflasterreihen von hin- ten nach vorn abnimmt, bleiben sich die untergelagerten Rippen in ihren Dimensionen gleich (e. 1 Mill. breit) und laufen sämmtlich parallel der Längsachse, geradlinig. Die Pflasterreihen dagegen werden nicht von geraden Linien begrenzt, sondern von Bögen, die, je weiter nach vorn, um so flacher, sämmtlich mit ihrer Con- cavität nach hinten gerichtet sind. Seitlich endigen die Pflaster mit einer schärferen oder stum- pferen Kante, an deren Flächen sich die Flächen je zweier rhom- bischen Säulen anlegen, von deren dreifachen Reihen rechts und links*) die mittleren langen Pflasterreihen begrenzt sind. Diese Säu- len sind sowohl unter sich als mit den letzteren innig vereinigt und auch bier wieder vorn fester als hinten; ebenso sind sie hinten entsprechend den breiteren Mittelpflastern grösser als vorn, überall *) Bei einem Exemplar von Trikeras kommen auf der untern Seite 2, auf der andern 3 Reihen vor. 851 aber an ihrer Oberfläche eben und glatt, so dass sie weder über den Pflasterreihen, noch über einander selbst hervorragen. Die dar- unter liegenden Rippen verlaufen hier ebenso: wie in der Mitte pa- rallel der Längsachse und geradlinig, aber auch bier sieht man auf ihnen dieselbe Zeichnung in einander greifender Rauten wie oben an dem Pflaster, so dass also auch von dieser Abtheilang der Rip- pen in ihrer Beziehung zu dem Pflaster dasselbe gilt, was von den mittleren gesagt wurde. N Um die Festigkeit und Unverschiebbarkeit der einzelnen Theile des ganzen Zahns gegeneinander noch mehr zu sichern, läuft die längere Diagonale der Rauten nicht parallel der Längsachse des ganzen Zahns, sondern in einem sehr spitzen Winkel mit ihr. Hie und da verschmelzen auch die zwei äussersten Säulenrei- hen hinten mit einander und gewinnen dadurch eine weniger regel- mässige Begrenzung. Durch diese gegenseitige Einkeilung der seitlichen und mittle- ren Parthien des ganzen Zahns wird eine ausserordentliche Festig- keit desselhen gewonnen, trotzdem dass er aus gesonderten nicht mit einander verwachsenen Abtheilungen besteht, wie sich nach seiner Behandlung mit Salzsäure zeigt. In Folge ihrer Einwirkung gewahrt man nehmlich, dass die Pflaster an ihren Berührungsflächen wie Kämme in einander grei- fen, die durch eine Menge nicht symmetrisch geordneter, c. + Mill. weit auseinander stehender feiner Vorsprünge gebildet werden. Diese Vorsprünge finden sich in der ganzen Höhe der Wände, welche von hinten rechts und links das Pflaster begrenzen; doch endigen sie noch, ebe sie die äusserste glatte Oberfläche erreicht 87 * 852 haben, wo sie einen scharfen glänzenden, + Mill. breiten Rand üb- rig lassen, der an den gegenüberstehenden unmittelbar anstösst. Ebenso sind auch die randständigen Säulen in einander durch ge- genseitig eingreifende Vorsprünge gefügt. Isolirt man eine solche am Rand stehende Säule, so sieht man, dass sie mit einer kleineren Basis auf den unter ihr hinlaufenden Längsrippen aufsteht, als ihre Oberfläche an Umfang beträgt. Das rhombische Parallelepipedon hat unten nehmlich einen Zapfen oder Stiel von bedeutend geringerem Umfang, mit dem es auf dem Rip- pensysteme aufsitzt; dadurch entsteht rings um diesen Stiel ein ringförmiger Canal (ec. 4 Mill. im Durchmesser), welcher mit den nächsten zu einem System von Hohlräumen verschmilzt, das zwi- schen dem Pflaster und den Rippen die ganze Zahnplatte durch- setzt. Das obere Dach dieser Rinnen wird von vorspringenden Plätt- chen gebildet, welche wie die obersten Kanten der Säulen nicht gezackt, sondern glatt sind (ef. Tab. 3. Fig. 2. d und die Erklä- rung der Abbildung). Diese um die Stiele der seitlichen Säulen herumlaufenden Hohlräume communiciren nicht allein unter einander, sondern auch mit den zwischen je zwei mittleren Pflasterreihen quer durch den Zahn gehenden und ebenso auch mit den zwischen je zwei Rippen befindlichen Rinnen, in welchen sich aller Wahrschein- liehkeit nach die das Innere des Zahns umspühlende Bildungsflüs- sigkeit befindet, welcher derselbe seine fortwährende Ernährung verdankt. Sie sind auch um so weiter, je grösser Säulen und Pfla- ster, also je weiter nach hinten, dort, wo überhaupt auch das Wachs- thum am meisten begünstigt werden muss. Wir werden hierauf noch später zurückkommen. 853 Ehe wir nun zur weiteren mikroskopischen Untersuchung der einzeluen Theile übergehen, werfen wir einen Blick auf die allge- meinen Strukturverhältnisse, so weit man sie mit schwacher Ver- grösserung (durch eine einfache Lupe) bei auffallendem Licht er- kennt. (Hiezu Tab. 1.) Fig. 1. ist ein senkrechter Durchschnitt des unteren Zahns pa- rallel der Längsachse des ganzen Zahns, also den Rippen. Fig. 2. ist ein senkrechter Durchschnitt des oberen Zahns, ebenfalls parallel dem Verlauf der Rippen. Fig. 3. ist ein senkrechter Durchschnitt desselben unteren Zahns in der Mitte geführt, parallel der Querachse des ganzen Zuahns, also den Pflasterreihen. Fig. 4. ist ein wagrechter Durchschnitt aus der Mitte der Höhe des unteren Zahns, parallel der Längsachse desselben, in der Nähe der mit der Richtung des Schnittes parallel laufenden Rippen. Fig. 5. ist ein senkrechter Durchschnitt durch die randständi- gen rhombischen Säulen, parallel der Längsachse des unteren Zahns. Fig. 6. ist ein wagrechter Durchschnitt durch den unteren Zahn von dem Rand bis gegen die Mitte in der Gegend derselben Längsachse, aber parallel geführt mit der Querachse des Zahns. In Fig. 1, 2, 4, 5 gewahrt man als immer wiederkehrend eine stetige Abnahme der Menge und Grösse der sich verzweigenden Canäle, welche den Zahn in einer vorwaltend gegen die Kaufläche hin gehenden Richtung durchsetzen. Während in den hintersten 854 Pflasterreihen kaum noch ein Raum zwischen je zwei solchen sich dichotomisch theilenden Röhren übrig bleibt, wird derselbe, je wei- ter nach vorn, um so grösser, die Röhrchen dagegen um so feiner und seltener. An sämmtlichen vertikalen Durchschnitten findet man die Röh- ren nicht vollkommen sich bis an die Kaufläche fortsetzen, sondern sie hören immer feiner auslaufend, noch ehe sie den Rand erreicht haben, auf. Ihr Verlauf ist ziemlich parallel den Normalen der Curve, welche den Durchschnitt an der Kaufläche begrenzen, dage- gen machen sie eine noch weniger stumpfwinklige Umbeugung nach hinten, da, wo das Pflaster auf den Rippen aufsitzt. An dieser Grenze liegen die Durchschnitte der sowohl parallel als rechtwinklig mit der Schnittfläche laufenden Canäle, welcher wir oben gedachten und die man an Fig. 2. und 5. besonders deutlich sieht. In den Rippen und schon an der Grenze zwischen ihnen und den Pflasterreihen wird der Verlauf der Röhrchen viel unregelmäs- siger und sie stellen dort häufig mit einander anastomosirend ein enges Maschennetz dar, bei welchem die Maschen von hinten nach vorn immer weiter werden, indem die Durchmesser der Bunrare selbst je mehr und mehr nach vorn BE werden. Während die Röhren der Pflasterreihen nieht in einander über- gehen und anastomosiren, findet dies dagegen (wie Fig: 6. zeigt) an der Grenze zwischen den Pflastern und Rippen in ausgedehntem Maase statt, so dass also durch dieses zwischengelagerte Netz von Röhren sowohl alle Röhren in den Pflastern, als alle Röhren in den Rippen unter einander im Zusammenhange stehen. Diese Verschiedenheit der einzelnen Parthieen, besonders der 855- vorderen und hinteren in Beziehung auf die Struktur, zeigt sich auch. in der chemischen Zusammensetzung dieser Theile, woraus wir zugleich eine Einsicht iu die Bestandtheile des Inhalts dieser Röhren gewinnen. Zu dem Ende wurden die Zahuplatten in die hintere weiche, mittlere härtere und vorderste härteste Substanz getheilt und jede Parthie für sich analysiırt. Ich setze der Uebersicht wegen die Analysen, so weit sie hier von Interesse sind, tabellarisch neben einander. I. u. IH. Hint. weiche Substanz Mittl.härt.Subst. Vord.härteste Subst. im Oelbad bei 0,20 getrocknet. in 100 Th. in 100 Th. in 100 Th. BU, — 635 — 773. — . Feuerfeste Bestandtheile. 39,8 — 20,4 —. 10% — Kollens. Kalk. 2,2. — 3835 — 6%3 — Phosphors. Kalk. 2,5 — 4,3. — 4,3 — Phosphors. Talkerde. U — 07 — 05 — In Wasser lösl. Salze. GrösstentheilsKochsalz, wenig Chlor- noch weniger Chlor- verbindungen, verbindungen, etwasphosphors. Natron wenigschwe- mehrschwefels. Salze, und geringen Antheil, fels. Salze, schwefel- und kohlens. vielphosphor- sehr viel phosphor- Verbindungen, saure Salze, saure Salze. DS 0,5, —7 0,2. .—,. ‚Fett. 47,54 — 36,0 .— 23,5 — Organ. Bestandtheile. Daraus folgt, dass in dem Maas, als die Anzahl und Grösse der sich verästeluden Röhren abnimmt, in dem Maas nimmt die Menge der feuerfesten Bestandtheile zu, die der organischen dagegen 856 ab, folglich ist der Inhalt jener Röhren hauptsächlich organische Substanz. und die anorganische noch wo anders deponirt, als in den noch mit freiem Auge oder mit schwacher Vergrösserung sichtbaren Röhren. Zugleich sieht man, dass der kohlensaure Kalk gegen vorn hin immer mebr abnimmt und durch phosphorsauren Kalk er- setzt wird, der an Menge jenen in der vordersten Schichte fast um das sechsfache übertrifft. Ebenso werden der Chlorverbindungen nach vorn immer weniger, dagegen der Phosphorverbindungen und der in Wasser löslichen Salzen immer mehr. Wir gehen nun zu den feineren Strukturverhältnissen jener Röhren und den weiteren mikroskopischen Elementen der Zähne über. Untersucht man an Präparaten, welche mit Salzsäure behandelt wur- den, zuerst jene Vorsprünge, durch welche die einzelnen Pfaster- reihen in einander eingreifen, so findet man eine Menge unregel- mässig, meist mehr oder weniger geschlängelt verlaufender, kolbig oder lancettförmig endigender Körper (Tab. H. Fig. 1. A). Die Breite derselben beträgt 0,04“ — 0,05’, die Dicke c. 0,018, die Länge ORTEN TER Die aufangs solid scheinenden Körper zeigen bei etwas stär- kerer Vergrösserung zu beiden Seiten ungleich dieke Wände, welche einen mit dunklerer Masse erfüllten Hohlraum einschliessen, ähnlich wie der Cylinder eines Haares seinen dunklen Inhalt. Al- lein wenn man sich diese Körper ebenfalls als Cylinder vorstellt, so hat man eine ganz irrige Ansicht, und dass dort, wo mehr ge- gen das Innere, gegen die Achse einer randständigen Säule z. B. ein Querdurchschnitt aussiebt wie ein System durchschnittener run- der oder wenigstens nahezu runder Canäle, Cylinder, mit ziemlich dicken Wandungen, wie auf Tab. 2. Fig. 2., rührt von etwas ganz anderem her und kann nur bei oberflächlicher Betrachtung so 857 gedeutet werden. Sowohl die Entwicklungsgeschichte als die wei- tere Analyse der in Salzsäure erweichten ausgebildeten Zähne führt zu ganz anderen Resultaten. Auf die Entwicklungsgeschichte komme ich später, hier also nur die weitere Zergliederung der ausgebildeten, mit Salzsäure behandelten Zähne. Man sieht auf Tab. 2. Fig. 1. die in Rede stehenden, an den Seitenflächen der Säulen vorspringenden Körper mit ihrer ganzen Masse allmählig in die homogenere Masse übergehen, welche der Kaufläche zunächst liegt. Diese Masse besteht, bei stärkerer Ver- grösserung als die hier angewendete betrachtet, aus einer Menge kleiner, runder, dunkler Körnchen, mit kleinen, ebenfalls dunklen Ausstrahlungen, offenbar also Knochenkörperchen. Dazwischen lau- fen dann grössere sich verzweigende Reiser, von denen später die Rede seyn soll; endlich findet man darin grosse Mengen von Häuf- chen, die aus unregelmässig gestalteten Körnchen bestehen, offenbar Deposita unorganischer Bestandtheile. Die Knochenkörperchen sind hier kaum 0,002‘ gross. Diese honiogenere Masse erstreckt sich von der Kaufläche aus an der Berührungsfläche zweier Säulen gegen 0,13 und darüber hinab, begleitet auch oft noch die vorstehenden Körper eine grosse Strecke an ihrem freien Rand. In dieser Masse wurzeln oben die letzteren mit einer nicht distinkt ausgesprochenen Grenze, die meist einen fast rechten Winkel mit der Achse des hervorragenden Theils des Körpers bildet. Das verwaschene Aussehen der Grenze rührt von einer grossen Menge dort ausgehender feiner Strahlen her, welche einer immer feiner werdenden Schraffirung gleicht. Dort geben unmerklich die zwei dunklen Streifen aus, welche die Körperchen an zwei Seiten begrenzen, [also durchaus nicht eine Abhandlungen d. II. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. V. Bd. III. Abth. 83 858 ringsum gleichmässig dicke Hülle des ganzen Inhalts derselben dar- stellen, so dass das ganze Körperchen einem platt gedrückten Cy- linder gliche] wobei die dickere Substanz gleich zwei Wällen das Körperchen begrenzend bis an dessen ‘freie Endigung hinläuft, und dann in stumpferen oder spitzeren Bogen ‘schleifenartig zusammen- stösst. Diese Substanz ist ganz solid, wie man sich auf schiefen oder "horizontalen Durchschnitten überzeugen kann und besteht aus einem Fasergewebe, welches folgende Beschaffenheit hat. Der Ver- lauf der Fasern ist ein longitudinaler, und die Breite dieser Kasern beträgt nicht viel über 0,001“. Es ist aber nicht möglich, eine Faser von einiger Länge frei heraus zu präpariren, da sie in ihrem Verlauf überall bald wieder unterbrochen wird durch eine Menge feiner, sich verzweigender Canälchen, welche sie quer durchsetzen. Dadurch bekommt man meist Plättehen statt Fasern zu Gesicht, und diese Plättchen zeigen sich ausserordentlich fein granulirt. Zwischen diesen Fasern finden sich keine oder nur äusserst spärlich Pünkt- chen mit strahlenförmigen Ausläufern; dagegen sind jene sie quer durchsetzenden Canälchen Ausläufer von Knochenkörperchen, weiche in dem Achsencanal jener an den Flächen der Säulen hervorste- henden Körper in grosser Anzahl augehäuft sind. Die Structur eines solchen Körperchens ist also dort, wo es frei hervorragt und zwar an seinem Einde so, dass eine ungleichmässig dieke, vorn blind endigende Röhre, von über einander gelagerten, parallel nnter sich und mit den äusseren Conturen des Körperchens verlaufenden Plättchen gebildet, einen Raum umschliesst, der im Innern erfüllt ist mit einer grossen Menge von Knochenkörperchen, die mit sehr lan- gen Fortsätzen jene Röhre durchbohren, bis sie immer mehr und mehr in Aestchen sich zertheilend endlich, ehe sie die Peripherie des Kör- perchens erreicht haben, in kaum wabhrnehmbaren Spitzehen auslau- fen. (Tab. 2. Fig. 3. b.) 859 Die frei an den Wandflächen vorragenden Körper bilden denn auch die weitere ganze Masse der Säulen und der Pflasterreihen. Die Plattenlagen, welche als massige Wälle die freien Enden der Körper umgrenzen, werden je weiter gegen die Mitte der Säule zu um so regelmässiger gestellt, so dass sie durch ihre Aneinander- lagerung endlich zu den Wandungen sechsseitiger Zellenräume wer- den (wie man in Fig. 7. A, 2, 5, Sauf Tab. 2. sieht), deren Entstehung eben allein daraus abzuleiten ist, dass jene an den isolirten Körpern wahrnehmbaren 2 dickeren Wandungen immer gegeneinander in be- stimmte Winkel gestellt werden. Was in Beziehung auf die Strahlen der im Innern der freien Vorsprünge gelegenen Knochenkörperchen gesagt ist, gilt auch von den aggregirten Körpern in der Mitte der Säule oder des Pflasters, nur gehen sie durch die Wand hindurch, endigen nicht, ehe sie die Peripherie erreicht haben, sondern verbinden das System kalkfüh- render Canälchen der einen sechsseitigen Zelle mit dem der daran- stossenden zu derselben Pflasterreihe oder Raute gehörigen, durch eine äusserst feine Verzweigung ihrer Ausläufer. Wenn nun auch die in der Achse der Zelle gelegenen Kalk- röbren nicht mit denen der nächst gelegenen durch gleichweite Ca- näle communiciren, sondern nur durch äusserst feine Reiser, so com- municiren die Kalkröhren selbst doch mit einander und zwar au der Basis der Säulen und Zahnpflaster, wo die Zellen ebenfalls mit einander anastomosiren, wie man aus den vertikalen Durchschnitten (Tab. 2. Fig. 1. B und Fig. 9. Fig. 4.) sieht. Ehe wir die in den verschiedenen Parthien der Zähne sich ändernde Lagerung und Form jener hohen, meist sechsseitigen Zellen betrachten, wollen wir den ganzen Inhalt derselbeu noch genauer un- tersuchen. 83* 860 Betrachten wir nehmlich einen horizontalen Durchschnitt, so fin- den wir die durchschnittenen Zellenwandungen als sechsseitige Po- Iygonale, in deren Innerem bei Präparaten, die in Salzsäure gelegen hatten, erstens die Oefluung eines centralen Canales als rundes oder ovales dunkelbegrenztes Loch erscheint. Von diesem Loch aus (Tab. 2. Fig. 15. b) gehen eine Menge feiner Canälchen (an der Austrittsstelle aus dem centralen Canal maassen die Canälchen 0,0037‘), welche sich dichotomisch theilen als Radien der kreis- förmigen oder ovalen Areolen des centralen Canals. Diese Areolen füllen nicht ganz die sechsseitige Figur aus, sondern bleiben con- centrisch mit der centralen Oefluung und bestehen aus lauter La- mellen, wie man in c deutlich erkennt. So weit geht das Kalk- Depot. Diese Verhältnisse haben darin ihren Grund, dass im Centrum die erdigen Bestandtheile durch keine weitere Masse zusammenge- halten werden, sondern gleich einem Pulver in die Röhre eingefüllt sind, während in der Umgebung dieses centralen Canals die con- centrischen Schichten die anorganischen Massen auch bei den fei- neren Schliffen in ihrer Lage erhalten. Aus diesem Grunde sind die Areolen bei nicht in Salzsäure erweichten Präparaten ganz un- durchsichtig, und erst, wo die concentrischen Schichten aufhören, ist die Masse heller und durchsichtiger. — Au solchen Stellen, wo die Kalkcanäle fast rechtwinklig ineinander übergehen, sieht man den lamellösen Bau ihrer Areolen am deutlichsten, wie in Tab. 2. Fig. 6, wo a die Lamellen der zu e gehörigen Areole, b die La- mellen der fast rechtwinklig auf ihr stehenden zweiten darstellt. Die sechsseitigen Zellenräume sind in Beziehung auf ihre Grösse sehr verschieden, sowohl in den verschiedenen Pflaster- und Säulen- Reihen, als auch in den verschiedenen Tiefen ein und desselben Pflasters oder ein und derselben Säule. Ihre Hohlräume verjüngen 861 sich nehmlich immer mehr gegen die Kaufläche hin, so dass deren Durchschnitte hier einen dreimal geringeren Flächenraum einnehmen, als in der Basis. Dadurch würde nun eine keilförmige Gestalt ei- nes ganzen Pflasters oder einer ganzen randständigen Säule ent- stehen, so dass die Spitze nach oben gerichtet wäre, und es wür- den die einzelnen Pflaster und Säulen nicht innig aneinander liegen können, sondern oben klaffend auseinander stehen. Die Spalträume sind aber ausgefüllt mit der Menge von Vorsprüngen, deren wir gleich anfangs gedachten, zugleich aber ist auch dadurch verhütet, dass die Wandungen der Zellräume um das dreifache gegen die Kau- fläche hin breiter werden. (Fig. 16. senkrechter Durchschnitt eines Pfasters parallel der Längsachse des ganzen Zalns.) Diese regelmässige Nebeneinanderstellung der Zellen, wie wir sie in dieser Figur kennen gelernt haben, findet sich aber nur bis gegen die Kaufläche und gegen die Basis hin. Ehe sie noch diese Grenzen erreicht haben, treten Unregelmässigkeiten und Abweichun- gen von ihrer Form auf, welche gegen die Kaufläche hin leich- ter zu übersehen sind als an der entgegengesetzten Grenze. — Nach oben (d. i. gegen die Kaufläche hin) zeigen sich Spaltungen einer Zellenwandung in zwei, also eine dichotomische Theilung, bei der jedoch die Wandung wieder fast so schmal wird als gegen die entgegengesetzte Grenze hin. Solche dichotomische Theilungen kommen an einer Wand einmal oder höchstens zweimal hinterein- aıder vor und sie bleiben immer in gleicher Ebene mit einander. — Gegen die Kaufläche hin, ce. 0,059‘ davon entfernt, biegen sie schlingenförmig in einauder um (Tab. 2. Fig. 16. d). Macht man daher ganz dicht unter der Kanfläche einen horizontalen Durchschnitt, so stösst man auf viel mehr unter einander ungleich grosse Zellen und zugleich auf viele geschlossene, welche eben durch jene schlei- fenartigen Umbiegungen der Zellenwände gedeckt sind. Und auch 562 hier gehen die Ramificationen der von ihnen eingeschlossenen. Kalk- canäle durch sie hindurch, um mit ‚denen der anstossenden Zellen zu anasiomosiren, und diese Reihen durchsetzen mit kaum noch sicht- baren Ausläufern die ganze Dicke einer solchen secundären oder tertiären Zellenwand. — Weit verwickelter und ganz unregelmäs- sig wird der Verlauf der Zellenwandungen, daher auch die Lage- rung der von ihnen eingeschlossenen Kalkcanäle, gegen die Basis oder Zalinwurzel hin. Noch einmal müssen wir erwähnen, dass jede einzelne Pfla- sterreihe und jede Säule mit der audern nur mechanisch bis zu dem Theil der Basis zusammenhängt, wo dieselbe mit einem glatten Vor- sprung plötzlich in einen viel schmäleren Stiel übergeht, welcher continuirlich mit den darunter weggehenden Rippen zusammenhängt. In diesen Stielen der randständigen Säulen, die natürlich in den Pflasterreihen zu Leisten von ziemlicher Breite werden, welche rechtwinklig auf den Rippen stehen, in diesen Stielen und schon etwas früher fangen die Zeilenwandungen an, ebenfalls sich dicho- tomisch zu theilen und zugleich sich gegen rückwärts umzubiegen. Indem nun diese 'Theilung öfter und öfter geschieht, werden von ihnen immer kleinere Inseln von Substanz mit kalkführenden Canäl- chen abgeschlossen, und indem diese dichotomische Theilung mit einer gewissen Regelmässigkeit in den hiuter und neben einander liegenden Ebenen der: Säulen und Pflasterreihen geschieht, entsteht ein System nener Zellenräume, welche auf den anderen in verschie- denen Winkeln stehen: also ein nicht mehr weiter zu entwirrendes, nach den verschiedensten Richtungen verlaufendes System von Zel- lenräumen, die unter einander ebenso communieiren,; wie die in ihnen liegenden Kalkcanäle, wie man auf Tab. 2. Fig. 4. und Tab. 3. Fig. 9. sieht, Mau mag daher hier die Schnitte legen wie man 863 will: man 'stösst nie mehr auf jene regelmässigen schönen sechs- eckigen Zellenformen, sondern immer auf ganz unregelmässige Fi- guren, die von den verschieden weit und schief geöffneten Canälen und Zellenräumen herrühren. Wie verhalten sich aber die Zellenräume noch weiter hinab an der Grenze der Rippen und Pflaster, wo das schwach bewaffnete Ange die Figur 4. auf Tab. 1. gewahrt? Ein Stückchen dieses horizontalen Durchschnittes ist auf Tab. 3. Fig. 11. bei einer Vergrösserung von 40 linear abgebildet. Man sieht das verworrene Netzwerk der Zellenwandungen des einen Pflasters a und das des daran grenzenden b. Beide sind von einander getrennt durch ein strahlenförmiges Fasergefüge, welches von den in Schlingen endi- genden Zellenwandungen ausgeht und in regelmässigen Abständen die grossen Oefflnungen einschliesst, welche den Ausmündungen der einzelnen Rippenspatia in die Canäle entspricht, die an der einge- kerbten Basis sämtlicher Pflasterreihen und Säulen hinlaufen (ef. oben). Dieselben Oeffnungen, welche wir auf Tab. 1. Fig. 4. sym- metrisch neben nnd hinter einander stehen sehen. In diesem fächer- förmigen Gefüge b (Tab. 3. Fig. 11.), dessen breitere Grenze stets der nächst vorderen Pflasterreihe zugekehrt ist, gewahrt man keine durchsehnittenen Zellräume mehr, sondern nur eine Masse eng ne- ben einander liegender radialer Streifen mit fast gar keiner dicho- tomischen Theilung, die jedoch gegen die beiden benachbarten Pfla- ster hin sieh in eine unendliche Menge ganz feiner Reiser auflösen. Hie und da bemerkte ich einzelne verzweigte durchschnittene Stück- chen von Canälen, so wie sie innerhalb der Zellenräume die Areo- len der kalkführenden centralen Röhre durchsetzen (ef. Tab. 2. Fig. 15.). Ob die fächerförmig ausstrahlenden Linien Röhren sind oder wirkliche blos verkalkte Fasern (Tab. 3. Fig. 11. b), ist schwer zu entscheiden: ich glaube jedoch fast das letztere, indem 364 ich nie auf eigentliche deutlich erkennbare Lumina gestossen bin; die dünnsten Fasern, welche hier aber vorkommen, sind äusserst schmal und messen 0,001’, doch kann ich die Röhrennatur dieser Streifen auch nicht mit aller Bestimmtheit läugnen. Mit welcher Unregelmässigkeit in dieser Gegend die Zellenräume und die von ihnen eingeschlossenen Kalkröhren verlaufen, sieht man auf Tab. 3. Fig. 1i. a u. b, wo a u. b die Grenzen einer Pflasterreihe zeigen, und Fig. 9. Wir kommen nun zur letzten hieher gehörigen Frage: ob nehm- lich jene den Fuss der Säulen und Pflaster umgrenzenden Hohlräume in direktem Zusammenhang mit den Zellenräumen stehen oder nicht. Schon mit blossem Auge sieht man die in Rede stehenden Hohl- räume umschlossen von einer überall ganz glatten glänzenden Wan- dung, welche bei den in Salzsäure erweichten Präparaten eine feine Membran darstellt, welche die Dieke von 0,21 hat, und in der sich mikroskopisch keine Spur von Zellenräumen mehr zeigt, indem diese vielmehr alle vorher gedeckt sind, wie unmittelbar unter der Kaufläche, nur dort etwas früher als hier. Diese Laamelle ist an einer Säule auf Tab. 3. Fig. 2. d angedeutet. Die Structurverhältnisse dieser Lamellen stellen wir sogleich zusammen mit jenen der Kaufläche selbst, in welcher sich ebenfalls keine Zellenräume mehr befinden. Es sivd parallele Schichten von Fasern, welche zuerst paral- lel der Oberfläche, dann aber mehr und mehr wellenförmig verlau- fen; gleichzeitig aber bemerkt man Faserzüge, welche jene recht- winklig kreuzen, und von denen man sich bei genauer Einstellung überzeugt, dass sie mit jenen nicht in derselben Ebene liegen. Es scheint also ein senkrecht aufsteigendes und ein horizontales Faser- 865 stratum abwechselnd über einander zu liegen. Die horizontalen Schichten gehen weit verfolgbar herunter in die Masse, in welcher die Zellenräume liegen, und über deren Wandungen hinweg, wie man an ganz feinen Durchschnitten «sieht. Zwischen den einzelnen Lagen ist eine grosse Menge langgestreckter Knochenkörperchen eingestreut, und je mehr nach hinten, um so mehr dichotomisch ge- theilter, ziemlich weiter Canäle finden sich, welche von den Enden der Zellenräume auszustrahlen scheinen; je mehr nach vorn, um so weniger finden sich von letzteren in dem glatten Ueberzug und den Vorsprüngen der Zahnpflaster. Wir haben jetzt nur noch Weniges über den Bau der Rippen beizufügen, mittelst welcher die Zahnplatten in die Falten der fibrö- sen Schleimhaut eingebettet und festgehalieu sind. Die mikroskopischen Elemente sind hier dieselben, nur ist der Verlauf der Zellenräume und ihrer Kalkröhren ein viel unregelmäs- sigerer, wie man aus dem vertikalen, der Querachse der ganzen Zahbnplatte parallelen Schnitte (Tab. 3. Fig. 10.) sieht. Das Ge- webe a ist fibrös und gehört dem Knorpelüberzug der Mandibeln an. In jeder Rippe verläuft in ihrer Längsachse ein bie und da sich spaltender und dann wieder verschmelzender Knochencanal mit wenigen kurzen Seitenästen. Es ist schon früher bemerkt wor- den, dass diese Rippen, obwohl immer in einer Richtung, nehmlich senkrecht auf die Richtung der Pflasterreihen gestellt, unter densel- ben verlaufen, so jedoch, dass man Abtheilungen an ihnen bemerkt, welche Linien bilden, die wieder parallel mit den Begrenzungen der Pflasterreihen verlaufen. Diese Linien liegen aber nicht in der gleichen senkrechten Ebene mit den Begrenzungen der Pflasterrei- hen, sondern wie etwa die senkrechten Linien der Steine bei einer Mauer, wodurch die Festigkeit des Ganzen natürlich noch mehr ge- Abhandlungen der Il. Cl. d. k. Ak, d. Wiss. V. Bd. Ill. Abth. 89 566 winnen muss. Eine Grenze der einzelnen Rippensysteme ist jedoch mikroskopisch nur bis zu sehr geringen Tiefen wahrnehmbar. Führt man nehmlich Schnitte parallel ihrer Oberfläche, so findet man bei den ersten immer jene Umgebungen der Knochencanäle in Bogen- linien geschlossen, da wo das eine System von Rippen an das nächste anstösst. Es wird also hier immer ein soleher Kuochen- Canal beschränkt auf die Eine Rippe seines Systemes. Je mehr man aber solche Schnitte führt, um so häufiger stösst man auf Kno- chencanäle, die jetzt unter der äusserlich als Einkerhung sichtbaren Grenze von einem System in das andere continuirlich übergehen. So stellt also die ganze Zahnplatte eine aus Schichten, Kalk- Cauälen grösseren Calibers und Knochenkörperchen gebildetes Ge- webe dar, welches durch Wandungen in gewissen regelmässig ge- bildeten Räumen, theils longitudinal, theils vertikal gestellter Zellen abgetheilt ist. Ueber die Entwicklungsweise dieser einzelnen Elemente kann ich Folgendes mittheilen: Die Zähne bilden sich nach und nach am hinteren Ende derPflasterreihe in dem Maass, als sie vorn abgenützt werden *). Unter dem Schutz, einer Duplikatur der Schleimhaut entwickeln sie sich dort aus der unteren Lamelle derselben. Diese Schleimhaut besteht aus einem mächtigen Stratum. geschiehteten Epitheliums (Tab. 3. Fig. 5. d), dessen Zellen zu oberst die deutlichsten Formen des Pflasterepithels bieten, während man weiter nach innen gegen den Koorpel zu einzelne spindelförmig ausgezogene Zellen, also begin- nende Faserbildung, entdeckt. Unter diesem geschichteten Pflaster- Epitbelium findet sich eine etwas weniger breite Lage von fibrösen *) Ch, Owen Il. c. p. 48. 867 Fasern von wellenförmigem Verlauf (Fig. 5. ce), die in ihrem Ver- lauf mit der Ebene der Kuorpelplatten einen ziemlich spitzen Win- kel machen. Das Pflasterepithelium hat eine sehr glatte Oberfläche ohne alle Hervorragungen, allein es lässt sich noch keine darstellbare Haut als gesonderter Ueberzug bemerken. Nach und nach bildet sich jedoch eine ganz schmale unmessbare, völlig durchsichtige Schicht. Dann beginnt das Epithelium immer mehr undurchsichtig zu werden, die Conturen der einzelnen Zellen werden viel schärfer und dunkler. Durch Salzsäure werden sie unter Entwicklung von Kohlensäure vollkommen aufgehellt. Es beginnt also zuerst das Epithelium zu verkalken. Andere Deposita von dieser anorganischen Substanz finden sich noch vorläufig in keinerlei Form. Zugleich waren aber noch andere Veränderungen in dieser fihrösen Schleim- haut vor sich gegangen. Es wachsen uehmlich einzelne Faserzüge in die Masse des Epitheliums hinein und gewinnen dadurch vollkom- men das Aussehen von Darmzotten. Aus diesen Gebilden werden Röhren, deren Wand bald eine Stärke von 0,0045‘ bekommt und eben aus jenen Fasern gebildet ist (Tab. 3. Fig. 8. A). Das In- nere dieser Röhren, deren Lumen bis zu 0,022‘ beträgt, ist mit einem feinkörnigen Inhalt erfüllt, welcher durch Salzsäure unter Entwicklung von sehr sparsamen Bläschen von Kohlensäure aufge- hellt wird. Hier scheint also der phosphorsaure Kalk vorzuherr- schen. Man stösst bei horizontalen Schnitten auf. die schönsten Netzwerke dieser Röhren, welche polygonale Inseln von verkalk- ten Epithelialzellen umschliessen (Tab. 3. Fig. 7. B). An den Rändern der Zahnpflaster, wo sich die früher erwähnten Schlingen befinden, sieht man denn auch schon hier die entsprechenden Ge- bilde (Fig. 8. B), wo nicht sehr selten aus dem Gipfel der nach 89* 868 innen umgebogenen Schleife eine neue Röhre entspringt (c). So wie die Entwicklung etwas weiter vorgeschritten ist, wird es aus- serordentlich schwer, zu entscheiden, ob diese Schleifen (Fig. S. B) wirklich noch Röhren sind oder nicht. Man bemerkt erstens meist nur auf der einen Seite einen stärkeren Schatten, niemals eine scharfe Grenze eines inneren Canals, der sich durch die doppelte Contur seiner Wandungen zu erkennen geben müsste, sondern es sehen diese Gehilde daun wie solide Glasstäbchen aus mit sehr starkem Lichtbrechungsvermögen. Aus der regelmässigen Ueber- einanderstappelung dieser Maschen entstehen dann zuletzt jene Zel- lenräume, deren Verlauf im Obigen umständlich besprochen wurde. Innerbalb dieser Zellenräume liegen die Gefässe und Nerven, und die Ausschwitzung der ersteren verkalkt immer mehr, so dass zuerst ein in der Achse verlaufender Kalkcanal entsteht, von dem aus die Seitenzweige radial ausstrahlen, während gleichzeitig um den centralen Canal immer mehr und mehr Lamellen sich bilden, die verknöchern und durch ihre Verdiekung endlich das Lumen ganz schliessen, in welchem sich die Gefässe befunden hatten, die dann in dem entwickelten Zahn nur noch in den den Knorpeln nä- her gelegenen Parthien persistiren. In der Anfangs gauz structurlosen glashellen Haut, welche sich über dem Epithelium hinzieht (Tab.2. Fig. 10. a), finden sich dann später äusserst dunkle Faserzüge parallel der Kaufläche, die in dicken Stränugen neben einander liegen (Tab. 2. Fig. 11. a). Auf ihnen stehen glashelle, unregelmässig begrenzte Platten (b). Nach Behandlung mit Salzsäure hellen sich diese dunklen Faserbündel unter Entwicklung von Kohlensäure auf, und ihre Elemente (11. ce u. d) von 0,007 Breite haben grosse Aehnlichkeit mit Nerven- primitivröbren, deren Inhalt geronnen ist. Bei gelungenen sehr dün- 869 nen Durchschnitten erkennt man die Structur dieser Fasern (Tab, 2. Fig. 13.) genau. Sie zeigen da einige Aehnlichkeit mit animalen Muskelfasern, indem man eine grosse Menge dicht hinter einander stehender Querstreifen findet, welche jedoch auf den verschiedenen Fasern abwechselnd in verschiedenen Richtungen verlaufen (Fig. 13.). Es sind dieses Schmelzfasern, und die eigentliche Structur der auch hier nicht fehlenden Schmelzsubstanz ist ganz analog der bei höheren 'Thieren. Es sind nehmlich kleine über einander geschich- tete sehr niedrige Säulchen, oft mit dunkleren Punkten in ihrem In- nern (2. 10. b), welche eine Verwechslung mit Zellen einen Au- genblick zulassen könnten. Man sieht diese Theile auch bei sehr dünnen Schnitten auf der äussersten Oberfläche der entwickelten Zähne. Unter dieser Membran entwickelt sich sehr bald in dem an- grenzenden Epithel eine Menge von Knochenkörperchen (Fig. 14. a Tab. 2.), von denen einzelne zu grösseren erweiterten und ver- zweigten kurzen Canälchen werden, wie oben gezeigt wurde. Ausser der erwähnten Vertheilung des kohlensauren und phos- phorsauren Kalkes war mir das Auftreten von Cholestearin an ei- ner sehr beschränkten Stelle eines ganz jungen unteren Zahnes bemerkenswertb, nehmlich nur an der hinteren Hälfte der 10ten Pflasterreihe (von vorn an gerechnet), während dieser Körper sich sonst nirgends fand. Dann kommt noch bei ganz jungen Exemplaren ein Pigment vor, welches bei älteren Zähnen wieder verschwindet. Die Reihe A (Tab. 3. Fig. 4.) hat nehmlich eine ganz blasse Neischfarbige Oberfläche, die Reihe B eine rostfarbene, die Reihe 870 C eine bernsteingelbe. Die Farbe bei A und B verschwindet nach längerem Liegen des Präparats in kaltem Alkohol gänzlich, dage- gen wird die bernsteingelbe Farbe von Alkohol durchaus nicht ver- ändert. Diese Farbunterschiede in den einzelnen Abtheilungen des Zahnes verschwinden nach und nach, und zuletzt ist die ganze Oberfläche graulich gelb. Was nun die Vergleichung der verschiedenen Elemente dieser Rochenzähne mit denen der Zähne höherer Thiere und des Men- schen betrifft, so dürfte Folgendes noch zu erwähnen seyn: Eine Schmelzsubstanz fehlt diesen Zähnen nicht und weicht in ihrer Formation im Wesentlichen durchaus nicht ab von dem, was Henle und Gerlach hiebei gefunden haben; nur stellt sich der Bau des Schmelzes noch leichter deutlich heraus, als bei anderen Zähnen. Auch hier nehmlich jene wellenförmigen äusserst feinen Linien und jene Prismen, welche zuerst als die oben beschriebenen glasartigen Plättchen auftreten. Zugleich aber findet man ganz deutlich erkeunbare, in weitem Verlauf isolirbare Fasern (Tab. 2. Fig. 11..c D), welche neben den glashellen Plättchen we- nigstens in gewissen Entwicklungsstadien gefunden werden. Als Zahnhöhle figurirt bier ein ganzes System mit einander in Communication stehender Canäle zwischen je zwei Pflasterreihen und um jede randstäudige Raute sich hinziehend. Die übrigen Theile des Zahnes zerfallen in zwei Parthieen, nehmlich in das Zahnbein und das Cement. 871 Als Zahnbein wird nehmlich bei den Zähnen höherer Thiere und des Menschen diejenige Parthie beschrieben, welche von weis- ser Farbe bei feinen Schliffen perlmutterglänzend ist, eine homo- gene Grundsubstanz darstellend, durch welche feine Röhrchen nach der Oberfläche des Zahns hinlaufen. Henle beschreibt ferner die Grundsubstanz des Zahnbeines als faserig, wobei immer zwischen je zwei Fasern ein Röhrchen ver- laufe, Gerlach konnte jedoch solche Fasern nicht isolirt darstellen *). Die wesentlichsten Elemente wären sonach die feinen sich verzweigenden Cauälchen und die Kasern. Wir finden dieselben’ Elemente auch in dem Rochenzahn. Dür- fen wir auch argwöhnen, dass die parallel verlaufenden Längsfa- sern (Tab. 2. Fig. 6. a) Kunstprodukte des Schnittes sind, so kön- nen wir dies von den concentrischen Linien (auf derselben Figur b) nicht annehmen. Ausserdem zeigt auch die Entwicklungsgeschiechte das ursprüngliche Vorbandenseyn von Fasern (Tab. 3. Fig. 8. A), wenn gleich diese Faserstructur später sich mehr verwischen sollte. Gehen wir, um uns mehr verständlich zu machen, zurück zu den auf der natürlichen Grenze eines Pflasters oder einer Säule vorragenden zapfenartigen Körperchen, so finden wir die den Hohl- raum umschliessenden Wände aus solchen Fasern gebildet, von den verzweigten Kanälchen dorchbohrt, die aus jenem inneren Raum entspringen. *) Gerlach, Handbuch der allgememen und speciellen Geweblehre p. 148 ff. 872 Dieses also dürfte die eigentliche Zahnsubstanz des Zahnbeins seyn (auf Tab. 2. Fig. 16. a b, Fig. 3. b, Fig. A. Tab. 3. Fig. 9. Substanz zwischen e c). Ist dann für die Knochensubstanz und für das Cement der Zähne charakteristisch: eine‘grosse Menge von Knochenkörperchen, deren Ausläufer mit den Endverzweigungen der Zahnröhrchen communiei- ren, so werden wir die Analogie hiefür bei unseren Zähnen in den Räumen zu suchen haben, welche ganz mit Knochenkörperchen er- füllt sind (Tab. 2. Fig. 15. b, Fig, 16. e, Fig. 3. a, Fig. 7. B. Tab. 3. Fig. 9. ce e etc.). Die Ausläufer der Knochenkörperchen setzen sich unmittelbar in die Röhrchen der umgebenden Zahnsub- stanz fort, und sehr häufig trifft man auf Verbindungscanälchen zwi- schen je zwei solchen mit Knochenkörperchen erfüllten Röhren in- nerhalb derselben Säule oder desselben Pflasters. Die mit Ramificationen versehenen grösseren und kleineren Punkte, welche man in der Zahnsubstanz bei sehr dünnen Schliffen findet, sind keineswegs als Knochenkörperchen zu betrachten, son- dern gleichen nur Knotenpunkten der Ausläufer unter einander com- municirender Röhrchen, deren senkrecht aufsteigendes Canälchen quer durchschnitten ist. Der ganze Zahn stellt uns daher eine mit Schmelz an der Oberfläche überkleidete Grundsubstanz (Zalmbein) dar, in welche theils senkrecht (in der ganzen Höhe der Säule), theils schief (gegen de- ren Basis hin), theils horizontal (in den Rippen) Knochensubstanz in der Form von Strängen eingesprengt ist, welche oben und unten mehr oder weniger Aeste durch dichotomische Theilung abgeben, und von denen strablenförmig Röhrchen in jene übergehen, die im- mer mehr sich verzweigend die Grundsubstanz durchsetzen, um mit 873 den Röhrchen der nächstgelegenen Knochensubstanz zu communiei- ren. Diese Grundsubstanz ist im Ganzen überall die gleiche. Ein Unterschied findet sich nur in Beziehung auf die grössere oder ge- ringere Menge darin enthaltenen anorganischen Kalkes, die am gröss- ten ist in der um den centralen Canal befindlichen eoncentrischen Schichtung, am geringsten zwischen dieser und der polygonalen Be- grenzung (Tab. 2. 15. a), grösser wieder in dieser, durch welche eben diese Begrenzung als dunklerer Streifen (Tab. 2. Fig. 15. a) optisch sich darstell. Während der Entwicklung des Zahns oder bei dem allmähligen Verschieben der hinteren Parthieen nach vorn tritt der Charakter der Knochensubstanz immer deutlicher hervor, indem die Kalkdeposita sich dabei theils in der Knochensubstanz vermehren, theils diese selbst immer mehr auf Kosten der sich ver- grössernden Grundsubstanz eingeengt wird, und in den vordersten Pflasterreiben in der Form sehr dünner und seltnerer mit Kalk- salzen und Knochenkörperchen_ erfüllter Röhrchen persistiren. Die Grundsubstanz entwickelt, sich denn auch zuerst in jener auf Tab. 3. Fig. 7. dargestellten Weise und dann erst die eigentliche Kno- cheusubstanz in den Lücken derselben. Zeugniss von dieser embry- onalen Entwicklung der Grundsubstanz aus Zellen liefert selbst noch die Untersuchung derselben an ausgebildeten Zähnen nach ih- rer Behandlung mit Schwefelsäure, wobei ganz deutlich Zellen, ja se!bst mit-ihren Kernen’ nach vollkommener Extraction der Kalk- salze, zum Vorschein kommen. Dann verschwinden auch die ästigen Canäle in ihr, welche man also als ganz imprägnirt, ja man darf sagen, als solid geworden durch diese anorganischen Bestandtheile betrachten darf. Je ein Pflaster und je eine Säule bilden immer ei- nen Zahu, von dem nie Kalkröhren zu dem nächsten wo anders als in.der Gegend der Rippen: übergehen. Abhandlungen der It CH. d. k Ak. d. Wiss. V. Bd. Ill. Abıh 90 Fig. Fig. Erklärung der Kupfertafeln. Tab. 1. Die Erklärung der Figuren ist auf pag. 853. im Text bereits gegeben. Tab. 2. Senkrechter Schnitt parallel der senkrechten Wand einer Platte oder Säule, wobei oben die vorspringenden Körper gesehen werden, die an je zwei Wänden zahnartig in einander greifen A. — Gegen B hin ist ihr Ver- lauf geändert, wodurch hier ihre Durchschnitte gesehen werden. Durchschnitt parallel der Kaufläche, dieser ziemlich nahe. Feiner Durchschnitt eines der an der Wand hervorstehenden Körper, die in Fig. 1. bei geringerer Vergrösserung gezeichnet sind. a der cen- trale Canal; b die Wandung, in welcher die Ausläufer des centralen Ca- nales sich zeigen. Horizontaler Durchschnitt in der Nähe der Rippengegend. a geschlossene, b’ geöffnete Canäle mit ihren‘ Anastomosen. Nicht ganz horizontaler Schnitt in derGegend' der Wand des Pflasters, wobei einzelne Canäle schief geöffnet sind, Feinster Durchschnitt ‚an. einer Stelle, wo ‚zwei Canäle fast: ganz senkrecht auf einander stehen. Die concentrischen Schichten gehören ‘dem senkrecht auf dem Canal b stehenden, die parallelen dem theilweise: geöffneten Ca- nal b an. Ein senkrechter Schnitt parallel der Längsachse einer Pflasterreihe gegen die Basis hin. Bei A noch die mehr regelmässige polygonale Begrenzung der Zellräume, während bei B durch denselben Schnitt schon mehrere Canäle der Länge nach geöffnet sind. Der ganze Schnitt ist dicht über den Rippen geführt. Ein wagrechter Schnitt aus jener Gegend. Fig, 9. Fig. 10. Fig. 11. Fig. 12. Fig. 13. Fig. 14. Fig. 15. Fig. 16. Fig. 1. Fig. 2. 875 Durchschnitt ‚eines, Pflasters parallel der Längsachse der Kaufläche: a. die Wandungen der Zellräume, b. die Kalkcanäle in der Nähe der Kaufläche. Beginnende. Schmelzbildung:: a. die feine überziehende Membran, b. die zellenähnlichen Schmelzplättchen. Schmelzsubstanz auf einem früheren Entwicklungsstadium : a. Faserbündel derselben, b. Schmelzplättchen, c. primitive Fasern der Schmelzsubstanz, d. die letzteren stärker vergrössert und mit Salzsäure behandelt. Erste Entwicklung von Fasern im Schmelz: a b c wie in der vorigen Figur. Eben vollendete Entwicklung der Schmelzsubstanz: a. die wellenförmig verlaufenden Schichten, b. die zerklüfteten Plättchen. Erstes Auftreten von Knochenkörperchen a, unter der Kaufläche b. Horizontaler Durchschnitt einer 6seitigen Zahnzelle mit ihrem .centralen Canal b, den davon ausgehenden ramificirten Seitencanälchen d in der Areole und der dunkleren Wandbegrenzung der Zelle c. — a Wandung der daranstossenden Zelle. Senkrechter Durchschnitt, wobei man die Verdickung der Zellenwandung a bei b und deren schleifenförmige Umbiegung bei d nach ihrer dicho- tomischen Theilung bei c sieht. e das Kalkdepot mit seinen Ausstrah- lungen in die Zellenwandungen. Tab. 3. Die aus Owens Werk entlehnte Abbildung des ganzen Gebisses von My- liobates aquila. Eine randständige Säule mit der Lupe betrachte. A der Körper der Säule. b der verjüngte Stiel derselben, um welchen der ringlörmige Er- nährungscanal läuft. c die Kaufläche. d der dachförmige Vorsprung über dem Ernährungscanal. B die Rippen. g90* Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. 10. 14. . Ideale Figur der ersten Anlage des Zahns: a oberes, b’unteres Blatt der Schleimhaut, c. knorpelige Grundlage’ (ef. Fig. 5)! Die Kaufläche eines Zahnes von einem jungen Myliobates aquila: A die fleischfarbige, B die rothfarbene, c die'bernsteingelbe Zahnreihe. Zur ersten Entwicklung des Zahns: a die knorplige Mandibel, b erstes Kalkdepositum in ihr, b‘ ein solches einzeln stärker VERBTÜDEEEN K das fibröse Faserstratüm, d’das geschichtete Epitheliüm.' | Die Schicht b der vorigen Figur von oben betrachtet. A die sternförmigen Kalkdeposita mit dazwischen liegender Knorpelsubstanz B. Erste, Bildung von netzförmigen Abtheilungen B in dem. geschichteten Epi- thelium A, die hie und da wie Glieder einer Kette ineinander hängen B'. Aa die Fasern einer solchen Abtheilung, B ihre freien schlingenförmigen Umbiegungen an der Wand einer Pflasterreihe, a ihre Canäle, c ein- geschlossene Zellenlager. Horizontaler Durchschnitt einer Pflasterreihe gegen die Rippen. hin. a u. b Grenzen der Pflasterreihen, c die in den verschiedensten Richtungen ver- laufenden Kalkcanäle. Senkrechter Durchschnitt zweier Rippen: a die fibröse Masse, durch welche die Zähne auf den Knorpeln befestigt sind. b u. d quergeöffnete Kalkcanäle, c die Zellenwandungen, e die Ernährungscanäle. Horizontaler Durchschnitt zweier Pflasterreihen dicht über den Rippen. a u. c die verwickelten Zellräume, b die faserförmige Ausstrahlung als Brücke von einer Pflasterreihe zur andern. Ueber die Uebereinstimmung des Pygopteruslucius ac. mit dem Archegosaurus Dechenii soLpr. Von Dr, G. Jäger, ordentl. ausw. Mitgliede der k. Akademie Mit einer Tafel. © Imarpeiige Gertpeilger Ten v Fig, h ie mac. oines Zilnia. on ie W s Weiechtarbige „ Bi E71 to fig Fi Bar vrsten ON balkıleposikuug in Ba. v uor A, er pr 4 ES Be 2 a @renern der Pastereihen, ‚ee indem we AR aha. det N able, ar Bert h AL 3 AR EN . v de. TE & Eu ET. er u u Fl u 2 ’ Ueber die Uebereinstimmung des Pygopterus lucius AGAss. mit dem Archegosaurus Dechenii 60LDF. Von Dr. @. Jäger, ordentl., ausw. Mitgliede der königlichen Akademie. In der von dem verstorbenen Prof. Storr zu Tübingen im Jahre 1817 an das k. Naturaliencabinet zu Stuttgart gekommenen Naturaliensamnlung) befand sich auch ein in einer Sphärosiderit- Niere eingeschlossener Kopf, der in dem 1777 gedruckten Kataloge der Pasquay’schen ‘Sammlung ‘(der ersten Grundlage der Storr'- schen), ohne Angabe des Fundorts, als ein in einem ungespaltenen grauen Schiefer enthaltener Fischkopf unter Nr. 192 eingetragen war. Agassizs, welchem bald darauf sämmtliche fossile Fische des k. Naturaliencabinets zur Verfügung gestellt worden waren, benannte dieses Exemplar auf'der von ihm selbst geschriebenen Etikette zu- erst Aspidorhynchus nov. sp. Auf einer später von ihm geschrie- benen Etikette ist es als Pygopterus lucius bezeichnet. In der sten Abtheilung ‘des 2ten Bandes der Poissons fossiles pag. 10. führt Agassiz diesen Kopf in der Familie der Sauroiden als zweite Species der Gattung Pygopterus mit der kurzen Beschreibung an: 880 „Pygopterus lucius Ag., une tete seulement, dont Ja mächoire supe- rieure est plus allongee. Houille de Saarbrück.“ Ebendaselbst Pars 2. pag. 78. ist dieses Exemplar als fünfte Species der Gat- tung Pygopterus mit der Bezeichnung aufgeführt: „une tete avec des dents tres acerees, de la houille de Saarbrück. L/original se trouve au Musee de Stuttgart.“ Als dritte Species führt er dasselbe in dem l. c. pag. 162. mitgetheilten Tableau synoptique de la fa- mille des Sauroides rangee par ordre des terrains unter den der Kohlenformation angehörigen Sauroiden auf, "welche Stellung ibm auch in dem 1844 erschienenen 'Tableau general’ des Poissons fos- siles pag. XXXVI. gegeben wurde. Was nun zuerst die Angabe des Fundorts dieses Exemplars betrifft, so ist als‘ solcher Saarbrücken zwar nieht durch die vor- handene schriftliche oder gedruckte Bezeichnung desselben beur- kundet, wohl aber durch die Vergleichung mit den, mehr oder we- niger vollständige Exemplare von.Fischen ‚ (z.B. von Amblypterus maerophthalmus) ‚enthaltenden Sphärosiderit-Nieren von Saarbrücken sehr wahrscheinlich ‚gemacht, ‚an ‚welchen. ‚der. .schwärzlichgraue Thonschiefer‘ auch zum Theil noch unverändert ist, .indess. der grös- sere Theil, der Sphärosiderit-Niere mit ‚Eisen. durchdrungen- ist und daher. eine mehr oder weniger dunkelbraune Farbe erhalten, hat. Ich ‚glaube deshalb’ 'die Bestimmung des Fundorts als richtig anneh- men ‚zu dürfen. Dagegen erheben sich gegen die Bestimmung der ‚Köpfe selbst, als einem zu den Sauroiden von Agassiz gezählten Fische, gerechte Zweifel. Die nähere Betrachtung des Kopfs für sich (Tab. 1. Fig.1.) reicht hin, ‘seine Stellung unter den. Reptilien und zwar unter. den Sauriern höchst wahrscheinlich zu machen, ‚unter, welchen er eine Zwischenbildung zwischen. dem, Schädel. der Crocodile und, ‚der 881 Izuanen darstellt. Ich wählte daher zur näheren Vergleichung den Schädel eines sehr jungen gemeinen Crocodils, an welchem die Tänge von der oberen Leiste des Hinterhauptbeins (Os oceipitale superius) bis zur Spitze der Schnautze 26’ beträgt, und einen fast gleich grossen Schädel des gemeinen Leguans (Iguana tuberculata) aus Surinam, so wie den Schädel einer etwas grösseren Warnei- dechse (Tejas monitor Merr., Tejus teguixin Cuv.) aus Bahia und der Lacerta ocellata Daud. aus dem südlichen Frankreich. An dem fossilen Schädel beträgt das oben angegebene Maass der Länge 29%, also nur 3“ mehr als bei dem Schädel des jungen Crocodils; die Breite der Leiste des Os oceipitale superius ist bei ersterem 10‘, bei letzterem $'. An dem 42‘ langen Schädel der Mumie eines jungen Crocodils beträgt die Breite jener Leiste nur 1344“; an dem Schädel der Mumie eines neugebornen Crocodils beträgt die Länge 20, die Breite der Leiste 7’. Die Länge der Schnautze von der Mitte des vorderen Randes jeder Augenhöhle bis zur Spitze der Schnautze beträgt an der Mumie des neugebornen Cro- codils 9”, an der grösseren Mumie 25‘, an dem frischen Schädel des jungen Crocodils 133‘, an dem fossilen Kopfe von Saarbrücken 154‘. Diesen Messungen zu Folge ergibt sich, dass die Schnautze des letzteren wenig mehr als die Hälfte, an dem Schädel der grös- seren Mumie mehr als die Hälfte, dagegen an der kleineren Mumie weniger als die Hälfte der Länge des Schädels beträgt, ein Resul- tat, das dem aus der Ansicht des Schädels des Crocodilus bipor- catus in verschiedenen Altern*) sich ergebenden entspricht. Sehon aus diesen Verhältnissen dürfte sich abnehmen lassen, dass der fossile Schädel wenigstens einem nicht mehr ganz jungen Tbiere angehört habe, wofür auch die Verbindung einzelner Knochen des *) Cuvier, Oss. foss. Tom. V. 2. Tab. 1. Fig. 18. 19. und Fig. 4. Abhandlungen der II, Cl. d. k. Ak, d. Wiss. V. Bd. Ill. Abth. 91 882 Schädels spricht. Die Schnautze ist ohue Querbruch etwas nach oben gebogen, wie dies an den noch mit Haut überzogenen Schä- deln der Mumien der Fall ist, deren Vertrocknung man als aus- schliessliche Ursache dieser Biegung der Schuautze nach oben an- zunehmen hätte, wenn dies nicht mehreren Crocodilen normal zukäme. Die Zahnreihe reicht, den Abdrücken nach, welche die Zähne hinterlassen haben, bis fast zu der Mitte der Augenhöhlen. Die Zähne selbst fehlen fast durchaus, ihren Abdrücken nach aber glei- chen sie schmalen spitzigen Kegeln. Sie sind denen des Crocodils ohne Zweifel sehr ähnlich, jedoch spitziger, aber nur ohugefähr von der Grösse der Zähne des neugeborneu Crocodils und hohl, wie dies an einigen Resten von Zähnen zu erkennen ist. Am vor- dersten Theile des Unterkiefers befinden sich indess zwei Zähne, welche ohngefähr die doppelte Grösse der übrigen haben, wie dies aus der vergrösserten Abbildung beider Fig. 2. und 3. erhellt, an welchen sich übrigens keine deutliche Streifung erkennen lässt. Die Länge der Augenhöblen beträgt beinahe 6‘, die Breite 4’, an der Mumie des nengebornen Crocodils 6° und 44‘, an dem frischen Schädel des jungen Crocodils 64 und 5’. Demnach kommt die Lage und Form der Augenhöhlen mit der der Crocodile überein und ebenso auch die Form der von dem Zwischenraume zwischen den Augenhöhlen nach vorne sich erstreckenden Nasen- beine, deren Näthe jedoch ebenso wie die der übrigen Knochen des Schädels nicht deutlich zu erkennen sind, ohne Zweifel, weil sie noch zum Theil mit der Haut überzogen sind, worauf wohl die gelbbraune Farbe der Oberfläche hindeutet. Der linke Ast des Un- terkiefers liegt, nach den deutlichen Eindrücken der nach oben ge- richteten Zähne, auf der linken Seite des Schädels, und zwischen 383 beiden sind abgebrochene Stücke der andern Hälfte des Unterkie- fers erkennbar, die einzelnen Knochen ‘des Schädels aber nicht deutlich zu unterscheiden. Seine Form im Ganzen ist der beim Cro- eodil ähnlich, doch entfernt er sich davon auffallend durch das 24 über dem oberen Rande der Augenhöhlen befindliche Scheitel- loch; er stimmt darin mit den Iguanen überein, von welchen dage- gen die Form des Schädels überhaupt und insbesondere der Augen- höhlen abweicht. Der fossile Kopf hat ferner die höchst wahr- scheinlich seitliche Stellung der Nasenöffnuungen mit den Iguanen, Monitoren und den eigentlichen Eidechsen gemein, indess die Be- schaffenheit der Zähne sehr von der der drei letztgenannten Gat- tungen abweicht. Unter den fossilen Reptilien würde er sich da- durch und durch das Vorhandenseyn eines Scheitellochs zugleich dem Zygosaurus *), dem Rhinosaurus **) und den Labyrinthodon- ten nähern, welche jedoch in anderer Beziehung mehr den Batra- chiern sich anreihen. Dagegen scheint die Beschaffenheit der Zähne des fossilen Schädels merklich von der der drei zuletzt genannten Gattungen zu differiren. Bei der Versammlung der Naturforscher in Aachen 1847 ***) wurden mehrere Exemplare solcher Sphärosiderit-Nieren bei Ver- lesung einer von Goldfuss eingesandten Abhandlung vorgezeigt, welche gleichfalls Schädel eines Reptils enthielten, dem Goldfuss *) Eichwald über die Saurier des Kupferschiefers und Zechsteins Russlands, im Bulletin de la Soc. imper. des Naturalistes de Moscou. 1848. Nr. III. p- 198. **) Notice sur quelques Sauriens de l'Oolith du Gouvernement de Simbirsk par M. Fischer de Waldheim. #**) Tagbl. Nr. 4., amtlicher Bericht der geolog. Section p.. 10. g1* 884 den Namen Archegosaurus gab. Er stellte davon drei Arten auf, deren Beschreibung später in einer besondern Schrift *) erschienen ist, nachdem von einer Species dieser Gattung, dem Archegosaurus Dechenii, im Jahrb. f. Mineral. 1847. Tab. VI, eine Linearzeich- nung mitgetheilt worden war. Durch Vermittlung meines verehrten Freundes, Herrn Oberhergraths v. Nöggerath, hatte Herr Professor Budge die Güte, mir die Abhandlung von Goldfuss mitzutheilen, so wie die weiteren gedruckten Bemerkungen über die Gattung Ar- chegosaurus, welche Herr Jordan für den Jahrgang 1850 der Ver- handlungen des naturhistorischen Vereins für die preussischen Rhein- lande bestimmt hatte, und in welchen, ausser einem weiteren Exem- plar von Archegosaurus Dechenii, eine vierte Species, nämlich A. latirostris Jord. beschrieben und abgebildet ist. In der Goldfass’- schen Schrift sind nämlich ausser dem A. Dechenii die Schädel von zwei kleineren Arten, dem A. medius und minor beschrieben und Tab. IH. abgebildet. Das hiesige Exemplar Tab. I. Fig. 1. steht in Absicht auf Grösse in der Mitte zwischen beiden letzteren, weicht aber von denselben auf den ersten Blick durch die gerin- gere Breite des Hinterkopfs und die grössere Länge des vorwärts von den Augen gelegenen Theils des Kopfs oder der Schnautze ab und nähert sich darin mehr dem A. Dechenii, wie sich dies aus der Vergleichung der Tab. I. Fig. 1. von Goldfuss und der Abbil- dung eines kleineren Exemplars von Herrn Jordan Tab. IV. Fig. 1. ergibt. Ein zwischen diesen beiden Exemplaren in der Mitte ohngefähr stehendes Exemplar wurde mir von meinem Freunde, Herrn Berg- *) Beilräge zur vorweltlichen Fauna des Steinkohlengebirgs von Goldfuss. Bonn, 1847, 885 rath v. Alberti, mitgetheilt, dessen Abbildung Fig. 6. ich zugleich zur Bezeichnung der einzelnen Knochen nach Anleitung der Gold- fuss’schen Abbildungen im Jahrb. f. Mineral. 1847. Tab. VI. und iu den Beiträgen Tab. I. Fig. 2. benützt habe. Es ist daran die Uebereinstimmung der Form überhaupt mit dem kleineren Exemplar Fig. 1. und insbesondere der Form des oberen Hinterhauptbeins und seiner Leiste, so wie des Unterkiefers erkenntlich, dessen linke Hälfte auf gleiche Weise in beiden Exemplaren von dem Oberkie- fer getrennt zur Seite liegt. Die Spur des letzten abgebrochenen Zahns des Oberkiefers, welcher an dem grösseren Exemplare er- kennbar ist, befindet sich zunächst der Augenhöhle bei a, die Form der Zähne selbst ist wie bei den Crocodilen verschieden, nament- lich deutet ein bei h befindlicher vertiefter Abdruck eines Zahns auf eine nicht sehr zugespitzte conische Form, indess die bei c er- kenntlichen Zähne des Ober- und Unterkiefers eine scharf zuge- spitzte Form haben, und darin mit den Zähnen des kleineren Exem- plars Fig. 1. übereinkommen. Nach Tab. II. Fig. 4. der Beiträge von Goldfuss sind die Hautschuppen des Archegosaurus Dechenü zugespitzt, die des A. medius Tab. IH. Fig. 1. m und m * vergrös- sert mehr länglicht viereckig; nach der Bestimmung von Joh. Mül- ler (Verhandl. des naturh. Vereins der preuss. Rheinlande. V. Jahrg. Tab. IV. Fig. 3.) aber bilden die Schuppen mehr bandartige Strei- fen. An den beiden hiesigen Exemplaren schienen mir letztere so- wohl als die mehr zugespitzte Form der Schuppen an einzelnen Stellen nicht so deutlich erkennbar, dass ich mich für berechtigt hielte, sie zur Bestimmung der Species zu benützen. Für letztere dürften jedoch die von Goldfuss für den Archegosaurus Dechenü aufgestellten Charaktere (l. ec. p. 6.) entscheidend seyn, dass näm- lich bei dieser Species die grösste Breite des Schädels die Hälfte seiner Länge beirage, und dass die Augenhöhlen hinter der Mitte des Schädels liegen. Beide Charaktere treffen bei den hiesigen 336 Exemplaren zu, und namentlich der erste Charakter bei dem klei- neren Exemplar, sofern eine bedeutendere Veränderung der Breite des Schädels durch Druck sich nicht zu erkennen gibt, wie denn auch das Verhältniss der Länge des vor den Augenhöhlen gelege- nen Theils des Kopfs jeglichenfalls schon bei diesem jüngeren Exem- plar, dem angeführten Charakter: dass er nämlich wenigstens die Hälfte der Länge des Schädels betrage oder dass die Augenhöhlen hinter der Mitte des Schädels liegen, entspricht. Es scheint diese grössere Länge des vor den Augen gelegenen Theils des Kopfs bei den älteren Exemplaren in noch erheblicherem Verhältnisse statt- zufinden, und somit dem oben von den Croeodilen in verschiedenen Altern Bemerkten sich anzureihen, dessen ich auch aus Veranlas- sung des Vortrags über den Archegosaurus in Aachen p. 11. des amtlichen Berichtes erwähnte. Der Archegosaurus Dechenii, welchem den voranstehenden Bemerkungen zu Folge die hiesigen Exemplare ohne Zweifel ange- hören, kommt also nicht blos in der äusseren Gestalt, nach Goldfuss Bemerkung 1. c. p. 12., sondern auch in jener morphologischen Be- ziehung wenigstens mehr mit den Crocodilen überein, die jedoch ohne Zweifel auch bei manchen Batrachiern, wie den Labyrintho- donten zutrifft. Es ist zu bedauern, dass auch die hiesigen Exem- plare über die Beschaffenheit des Hinterhauptgelenks keinen Auf- schluss geben. Zu der Verwandtschaft des Archegosaurus mit den Labyrinthodonten kommt übrigens noch der äussere Umstand hinzu, dass letztere vorzugsweise der Lettenkohle des Keupers, wie der Archegosaurus der älteren Steinkohlenformation angehört. Erklärung der Abbildungen auf Tab. 1. Fig. 1. Der von Agassiz als Pygopterus lucius bezeichnete Schädel. Fig. 2. und 3. Vergrösserte Zähne desselben. Fig. 4. und 5. Vergrösserte Hautschuppen desselben. Fig. 6. Schädel im Besitze des Herrn Bergrathes v. Alberti, theilweise nach der Gegenplalte ergänzt. Die Bezeichnung der einzelnen Knochen des Schädels ist nach Tab. VI. des Jahrbuchs für Mineral. 1847 und nach den Beiträgen von Goldfuss Tab. 1. Fig. 2. vorgenommen. F. _ Hauptstirnbein. Fa. Vorderes Stirnbein. Fp. Hinteres Stirnbein. . Thränenbein. Z. _ Jochbein. P. Scheitelbein. Tm. Zitzenbein. Tt. Paukenbein. Tsq. Schuppenbein. „ Os. Oberes Hinterhauptbein. Ol. Seitliches Hinterhauptbein. Abgebrochener Zahn des Oberkiefers. b. Vertiefter Abdruck eines oberen stumpfconischen Zahns. c. Spitze Zähne des Ober- und Unterkiefers. l ' \ 22 „ [3 # % d ı a er ra . er E22 NZ win > ach, Ver tiinine pr 1: ie; ser Pal RER wc Kalle ee j 1er DE Or Kharektpe- desde: ar ai en 2er dukebli een et a at den Min BEN Peter gig Deinen don me 2a j 2 a EEE re se Wunia)-gehiin.. Zur der eriangae, 2 ie Ku $ Bosyrinibcdontgu. Luck, rckengge NR Alan keitikoro a f n ® 4 „ 4 .% er ) Kerey arts WER... N ., SAG 3 s Be‘ ER PA Erratum. Durch ein Versehen in der Druckerei springt die Paginirung von der Abhandlung des Akademikers Steinheil an, von S. 606 auf S. 780. J. Georg Weiss. Dee GERT Ka a ac tn a an F [ae N Tab. XV. a ee ae u mE EEER | EEEEEEDRT Mystriosaurus Muensteri. der math. physik. Classe _Bad.V Abtheil. 3 Zu A Mägners .2bh. über d. fossil. Omvial Tab. 2 Tab. X. Mystriosaurus Muensteri. Zu<4. Hagners dh. über dfbssıl. Gurint Tab. 2 Baer mh physik. Oasse. BadV Abtheil. 3 [| allabA Fiß.1.2. Mystriosaurus Münsteri .Fig.3. Mystriosaurus Egertoni . 20.4 Wagners Jbh uberd. fossil. Oavıal Tabs, Praih physik (lasse Bd X Abtheil.3 Mystriosaurus Muensteri. der weath physih Casse Dd Y; HD HhelI j/ u PR 7 Ggrer5. LER 3 über d üssıl Oavıallab4 Mystriosaurus Muensteri. malh physik. (lasse Bd AbtheilS. Au. d Mägners Sbhüber d fossil. GamalJabS Au. 2 Hagrers Zeh uber fassıl Cavial Tab FA ‚der math uhysik (lasse Bd Abthueil3. Mystriosaurus Muensteri. Abe. der ma Z Tab. XL Yu. 4 Hagners Abh uber d fossıl danal Tab % Bi. dermath yhysik (lasse Bd PAbtheil3 Fig. 1-8 Mystriosaurus macrolepidotus.. Fig.9. Mystriosaurus canalifer. Tab XXL Fig.1. 2. Mystriosaurus speciosus. Fig. 3. M. fenuirostris. Fig. A=6.M. franconicus. Fig. 7. Glaphyrorhynchus. Fig.8.M.canalifer. ‚der math physik (lasse Bd F Abtheil 3. ku.] Wagners.dIbh über .d fossU.0avial Tab 8. TahXXIL a. Teleosaurus cadomensis. «Zbh. der math. physik (lasse Bd EJBhel3 #u.d Wagners dbhn über. d fossil Gavtal Tab Sa | Tab.XXIV, ee Abk. der matk ‚Phys. dd BAT. Abt. 3 Zu Harlef Jbh. über ders Zahebazı Zaf: 2 E m / / Äh d math phus e£ Ba 7 Abk. 3 Zu Hardess Jbh. über den Zahnbaru Zaf 3 “> Tab. XXVT. Archegosaurus Dechenil. 4öh. der mat physik. Classe Bd. TV .Abthedl. 3. Au Jägers Al: über .Irchegos. Tab. I.